Pester Lloyd - esti kiadás, 1938. október (85. évfolyam, 221-246. szám)

1938-10-01 / 221. szám

4 Tschechen einen polnischen Flüchtling getötet. Die Zahl der Flüchtlinge vermehrt sich von Tag zu Tag. Bisher sind etwa 4000 Polen über die Grenze ge­kommen. Neuerlich kommen nicht nur Polen, sondern (inch fahnenflüchtige Tschechen über die Grenze, die nicht kämpfen wollen. Die Lage ist in ganz Schlesien äußerst gespannt. Man befürchtet in jedem Augenblick das Schlimmste. »Die Befreiung der Polen ist nur noch die Frage von Minuten» Warschau, 1. Oktober (PAT) In Cieszyn (der polnischen Hälfte der Stadt Teschon) sind Mauerauschlägc angebracht worden, auf denen u. a. verkündet wird, niemand solle glauben, daß die jenseits der Olsa lebenden Polen ein Gegenstand diplomatischen Feilschens bil­den könnten. Das Schicksal Teschen-Schlesiens wird auf Grund des Beschlusses ganz Polens und der polnischen Regierung die polnische Armee ent­scheiden. — Die Viererbesprechung beschloß, heißt es fer­ner, daß um die Tschechoslowakei kein Krieg geführt wird. Man beschloß, daß Europa für diese unglück­liche Schöpfung keinen Krieg führt. Die historische Stunde unserer Brüder jenseits der Olsa nähert sich. Ihre Befreiung ist nicht mehr die Frage von Stunden, sondern nur noch von Minuten. Wenn uns die Tschechoslowakei Schlesien nicht gutwillig zurück­­gibt, wird es durch die polnische Armee genommen. Zwischenfalle Warschau, 1. Oktober (MTI) Auf dem Bahnhof von Oderberg haben polnische Arbeiter einen mit Munition beladenen Güter zug angegriffen und durch eine auf den Zug geworfene Handgranate diesen samt der Besatzung in die Luft gesprengt. Bei Trzuniec haben die Polen eine tschechische Volksschule, in der tschechische Nationalgardisten untergebracht waren, angegriffen. Bei dem Kampfe gab es zahlreiche Tote und Ver­wundete. Bei Konskie entwickelte sich ein Kampf gegen tschechische Gendarmerie. Sechs Gendarmen fielen. Die Tschechen schicken ihre polnischen Truppen in (Uns Innere des Landes Warschau, 1. Oktober (PAT) Im Teschener Schlesien wird der polen­­feindliche Terror immer unerträglicher. Die Terrorakte vermehren sich im Verhältnis zu dem Widerstand der polnischen Volksarmee. Zur Verminderung des polni­schen Widerstandes werden die tschechischerseits mobiliserten Polen scharenweise nach Süden ver­schoben. Paris mahnt zur Vorsicht Paris, 1. Oktober (MTI) Das Verhalten Polens erweckt in Paris Besorgnisse. Außenminister Bonnet besprach sich Freitag mit dem polnischen Botschafter Lukasievic über die Angelegenheit der polnischen Minderheit im Teschener Gebiet. Wie Jour wissen will, habe Außenminister Bon­net Polen zur Vorsicht ermahnt. Zahllose tschechische Gewaltakte in der Slowakei Aus Barabás wird gemeldet: Militärpflichtige Ungarn übertreten fast täglich die Grenze. Vier ungarische Jungen, die gestern geflohen sind, wurden nach Debrecen befördert. Die tschechische Grenze ist von kommunistischem Pöbel besetzt. Ungarische Lainid­­wirte können die Herbstarbeiten nicht verrichten, weil ihr Vieh vom tschechischen Militär in Anspruch genom­men wurde. Aus Mátészalka wird gemeldet: Kleinere kommunistische Gruppen veranstalten Streif­züge an der Grenze und hissen role Flaggen. Auf diesem Gebiet hat die Sicherheit des Vermögens aufgehört. Die Kommunisten brechen die Maiskolben und graben die Kartoffeln aus. Aus Miskolc wird gemeldet: In Rimaszombat wurden als Geiseln verhaftet: Polizei­­hauptmann a. D. Georg Badingi, Hutfabrikant Franz Tel­­lesnyicky, Indeniieur Friedrich Flenzner, Kaufmann La­dislaus Jelűnek, Industrieller Karl Sipos, städtischer Beamter Stefan Szötlössy und Rechtsanwalt Dr. Géza Csak, ferner der Rimaszécser Pastor, wiewohl er bett­lägerig war. Aus Sátoraljaújhely wird gemeldet: In der östlichen Slowakei ist weder die Verpflegung des Militärs, noch die der Zivilbevölkerung gesichert. Die ungarische Bevölkerung Kassas leidet ttot. In den Apo­theken Kassas sind keine Arzneien erhältlich, da die Fabriken sich größteyrnls auf sudeter,deutschem Gebiet befinden. Viele militärpflichtige Ungarn umd Slowaken aus den Kcmitaten Zemplén, Sáros und Abaujtorna haben sich nicht zum Dienst gemeldet und verstecken sich in den Wäldern der Umgebung. Kassa ist seit Tagen verdunkelt. Die Dunkelheit be­nützen die Tschechen, um Truppenbewegungen durchzu­führen und die Stadt zu evakuieren. Aus Pulitok wird gemeldet: Sechs Ungarn aus dem Kreis Tornagörgöly wurden zur Dienstleistung an der ungarischen Grenze eingeteilt. PESTER LLOYD Samstag, 1 Oktober 1938 Sie erklärten einstimmig, daß sie auf ihre ungarischen Brüder nicht schießen werden. Die sechs Ungarn wurden vor das Kriegsgericht gestellt und erschossen. Vierzehn Ungarn aus Tornaalja wurden gleichfalls auf sudetendeufschem Gebiet erschossen, weil sie erklär­ten, nicht auf die Deutschen schießen zu wollen. Ungarische Flüchtlinge in Polen Warschau, 1. Oktober (PAT) Unter den aus der Tschechoslowakei kommenden FlüchUingsmassen befinden «ich auch viele Ungarn, die wegen der tschechischen Mobili­sierung mit Frau und Kind auf polnisches Gebiet flüchteten. Polnische Flüchtlingskommissionen be­treuen auch die Ungarn, die alle, namentlich die Frauen, über die Unrtienschlichkeit der Tschechen klagen. Die Londoner Presse feiert den Frieden Notwendigkeit der Befriedigung der ungarischen und politischen Ansprüche. — Die Times für den Prä­ventivfrieden, der an die Stelle des Präventiv­krieges tritt Telegramm des Pesier Lloyd London, 1. Oktober Die Begeisterung, mit der die Londoner Bevölkerung am Freitag abend die Heimkehr Chamberlains von der historischen Münchner Viererbesprechung feierte, findet am Samstag morgen auch in der Presse ihren Nieder­schlag. Die Eklärung Chamberlains, daß er mit einem ehrenvollen Frieden zurückgekehrt sei und dieser Frieden diese Generation überdauern werde, sowie die gemeinsame deutsch-englische Erklärung bilden das Leitmotiv aller Meldungen und -Artikel, in denen immer wieder auf die freundschaftliche Aufnahme hingewiesen wird, die Cham­berlain durch die Münchner Bevölkerung erhalten habe. Sogar die beiden Linksblülter, News Chronicle und Daily Herald, müssen die Wahrung des Friedens fest­stellen. Auf jeden Fall werden diese beiden oppositionel­len Blätter vom allgemeinen Chor der Zustimmung und Dankbarkeit für die in München versammelten Staats­männer übertönt. Daily Mail gibt diesem Gefühl u- a. mit folgenden M orten Ausdruck: Der Alpdruck, der noch vor drei Tagen auf uns lastete, verschwand im Dämmerlicht eines neuen Tages, aber die bangen Stunden, in denen die zivilisierte A eit dem Schreckgespenst des Krieges-ins Auge sah. dür­fen nie vergessen werden. Die Erinnerung daran sollten uns alle anfeuern, sich fiir die Männer einzusetzen, die den Frieden wollen. Die Losung der Zukunft lautet: „Nie­mals wieder!'“ Die Hoffnung, daß mit der Lösung der sudeten­­deulsdhen Frage das größte Hindernis auf dem Wege zur europäischen Verständigung vercchwunde» sein wird, taucht in allen Kommentaren auf und stützt sich in erster Linie auf dis gemeinsame deutsch-englische Erklä­rung, die von allen Blättern in Facsimile wiedergegeben und von einigen von ihnen soll Freud? bereits als Pakt bezeichnet wird. „Das neue Dokument ist für England von ungeheurer Bedeutung,“ schreibt Daily Express. „Es liegt eindeutig fest, daß in Zukunft alle Deutschland und England berührenden Fragen auf dem Wege der Ver­ständigung gelöst werden. Dieser Pakt zerstört das Ge­spenst der kollektiven Sicherheit.“ Auch die Times widmen ihren „Die neue Dämme­rung“ (iberischrkbenen Leitartikel zum allergrößtem Teil der deutsch-englischen Erklärung und ihren Möglich­keiten: Das Blatt schreibt: Die gemeinsame Erklärung des Reichskanzlers und des Ministerpräsidenten ist kein from­mer Wunsch, der schnell wieder in Vergessenheit gerät, ehe die Zeit kommt, ihn auf die Probe zu stellen. Die beiden Staatsmänner begreifen, daß zwischen England und Deutschland noch Zwistigkeiten bestehen, und daß diese um des europäischen Friedens Willen so schnell wie möglich beigelcgt werden müssen. Unsere Nation kann am besten dadurch ihre Dankbarkeit beweisen, daß sie aus den großen Gefahren, durch die Chamberlain si» mit geschickter Hand hindurchgeführt hat, etwas gelernt hat, daß nämlich nur ein Volk, das zu allem bereit ist, in einer Krise durch seinen Führer für den Frieden wirken kann, und weiter, daß die Bedrohung der zivilisierten Welt wiederkehren muß, solange nicht alle Ungerechtigkeiten in ruhigen Zeiten erkannt und beseitigt werden, anstatt so lange Giftstoffe aufzuhäufen, bis es fiir ein? Heilung zu spät ist. Sofern diese oft erkannte, aber selten ange­wandte Wahrheit die symptomatischen Bemühungen der nächsten Tage einschneidend beeinflußt, könne» wir die tödliche Theorie eines Präventivkrieges ausmerzen und für einen Prüvenlivfrieden arbeiten. Es läßt sich aber feststellen, daß die englische Presse, auch die Notwendigkeit einer Lösung der Frage der unga­rischen und polnischen Minderheiten nicht übersieht. Daily Telegraph sagt im Leitartikel: Die Münchner Vereinbarung rechnet, abweichend von dem Godesberger Plan, auch mit der Amputierung der ungarischen und pol­nischen Grenzgebiete. Diese Amputierung ist aber unver­meidlich geworden; ihre vernüftige Durchführung könnte vielleicht sogar ein Gewinn sein, weil danach erst die neuen Grenzen die deutsche und die italienische Garantie erhalten würden. Vernon Bartlett schreibt im News Chronicle, daß künftig ede Nationen der durch Artikel 19 der Völker­bund ssa'.z ungen gebotenen Möglichkeit einer friedlichen Überprüfung der Verträge vermutlich mehr Beachtung schenken werden. Nach Press Association gibt es noch einige Schwierig­keilen zu überwinden; vor allem harrt die Sache der un­garischen und polnischen Minderheiten in der Tschecho­slowakei der Lösung. Daily Mail meint, daß die englisch-deutsche Erklärung die folgenden Möglichkeiten eröffnet: 1. Abschluß eines englisch-deutschen Freundschafts­­vertrages. 2. Einberufung einer Weltwirtschaftskonferenz. 3. Englisch-französisch-deutsch-italienisches Abkom­men über Einschränkung der Luftrüstungen und über gegenseitige Hilfe gegen Luftangriffe. Wie Daily Express erfährt, trägt sich Chamberlain mit dem Plan einer Mittelmeerfahrt in der nächsten Woche. Es soll bei dieser Gelegenheit eine Zusammen­kunft mit Mussolini stattfinden, und wahrscheinlich würde sich auch Daladier anschiießen. Press Association hält es für wahrscheinlich, daß Chamberlain und Mussolini energische Schritte zur Liqui­dierung der Frage de: spanischen Frciwiligen unterneh­men werden. Die Pariser Presse zieht die Bilanz Hoffnungen auf gesamteuropäische Regelungen. — Ein „europäisches Direktorium“? —- Sehr große Freundlichkeit gegenüber Italien Telegramm des Pester Lloyd Paris, 1. Oktober Die Begeisterung der Pariser Morgenblätter kennt keine Grenzen. Der triumphale Einzug Daladiers in der französischen Hauptstadt und der nicht weniger groß­artige des englischen Ministerpräsidenten in London wird eingehend geschildert. Dem französischen Ministerpräsi­denten sind nach seiner Rückkehr aus München von allen Seiten Glückwünsche und Blumen zugegangen. Däfadier hat angeordnet, daß mit diesen Blumen das Grabmal des Unbekannten Soldaten geschmückt werden soll. Die Morgenblätter versuchen Samstag die allgemeine europäische Bilanz der Münchner Zusammenkunft zu ziehen. Allenthalben wird die Frage gestellt, was nun kommen soll. Es tritt dabei die Ansicht zutage, daß es nicht nur mit einer Besserung der europäischen Atmo­sphäre sein Bewenden haben dürfte. Diese bessere Atmo­sphäre müßte bald auch praktisch und sachlich ausge­beutet werden. Zwei Sätze werden besonders hervorgeho­ben. Einmal die Stelle in der gemeinsamen englisch-deut­schen Erklärung „Kein Krieg zwischen Deutschland und England“ und zum anderen die Stelle aus der Unterhal­tung zwischen Göring und Daladier, in der der deutsche Generalfeldmarschall dem französischen Ministerpräsiden­ten versicherte, daß zwischen Deutschland und Frank­reich keine Gefühle des Hasses bestünden. Auch Matin erwägt die Chancen einer deutsch-fran­zösischen Freundschaft und meint, daß Göring die geeig­netste Person sei, diese zu verwirklichen. Pertinax prophezeit im Ordre den wahrscheinlichen Zusammenbruch des französisch-polnischen Bündnisses, an dessen Stelle Warschau eine offene und tätige Zusam­menarbeit mit Deutschland beginnen werde. Der Jour ist der Ansicht, daß eine Dreierkonferenz zwischen England, Frankreich und Italien bald zpsam­­mentreten werde, um das Mitielmeerproblcm und die Spanien-Frage zu verhandeln und damit auch eine end­gültige Inkraftsetzung des englisch-italienischen Oster­­abkommens herbeizuführen. Das Blatt erklärt jedoch, daß die Vorbereitung einer solchen wichtigen Konferenz voll französischer Seite nicht durch einen simplen Geschäfts­träger vorgenonwnen werden könne und daß es für die französische Regierung daher unbedingt notwendig sei, endlich einen Botschafter nach Rom zu entsenden. Journal erklärt ebenfalls, man hätte in München schon jetzt weitere praktische Ergebnisse erzielen kön* nein wenn Frankreich bereits einen Botschafter in Rom besessen hätte. Wegen dieses Schrittes, den Frankreich noch immer nicht getan habe, hätten die Verhandlungen über den bereits erreichten Punkt nicht hinausgetragea werden können. Daraus erkläre sich auch der rasche Aufbruch Mussolinis. Des Blatt fordert die Regelung der französischen Bolschaftcrfrage in Rom, die keinen weite­ren Aufschub mehr dulde. Im übrigen stellt da.s Blatt fest, daß in München ein europäisches Direktorium geboren sei und erklärt, die gemeinsame deutsch-englische Erklä­rung stelle nicht nur den Willen der Regierungen fest, alle europäischen Streitfragen auf friedliche Weise zu regeln. Sie entwerfe zugleich ein neues System von Konsulta­tionen der Regierungschefs zur Lösung dieser Streit­fragen. Dies bedeute einen starken Wandel im bisherigen Mechanismus zur Ordnung internationaler Fugen. Es sei nichts anderes als die Beerdigung des Völkerbundes, der sich unfähig erwiese» habe, internationale Streitfragen auf friedliche Weise zu lösen, obwohl gerade diese Auf­gabe mit zu seinen wesentlichsten gehört habe. Aber nicht nur die Politik der Verständigung und Zusammenarbeit der großen Vier sei notwendig — erklärt der Petit Pá­risién —, sondern auch der wirtschaftliche Aufbau, nach dem Europa so großes Verlangen zeige. Große Aufmerksamkeit widmet man nach wie vor in Paris den polnischen und ungarischen Volksgruppen­forderungen. Die Nachrichtenagentur Radio meldet aus Budapest Samstag vormittag, daß in ungarischen politi­schen Kreisen die Auffassung vorherrsche, die ungarische Regierung werde große diplomatische Anstrengungen machen, damit die Ansprüche der Minderheiten in der Tschechoslowakei in der ihr notwendig erscheinenden Meise beachtet würden. Noch einem Warschauer Be­richt der gleichen Quelle sei nian in polnischen politischen Kreisen der Ansicht, die polnische Regierung sei durch das Abkommen von München in keiner. Weise gebunden.

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