Pester Lloyd - esti kiadás, 1939. január (86. évfolyam, 1-24. szám)

1939-01-02 / 1. szám

Montag, 2. Januar 1939 PESTER LLOYD DER POLITISCHE TAG Neujahrspredigt des reformierten Bischofs Ravasz über die Judenfrage In der reformierten Kirche auf dem Kálvin-tér hielt Bischof Dr. Ladislaus Ravasz gestern die Neujahrs­predigt. Et prüfte u. a. auch die so zeitgemäße Juden­frage, und zwar vom Gesichtspunkt der Kirche. — Es befinden sich sehr viele in der christlichen Kirche — so führte er aus —, die vom Gesetz, von der öffentlichen Auffassung als Juden bezeichnet werden. Es ist durchaus unmöglich zu glauben, daß, sobald das 1raufwasser das Haupt dets zu uns gekommenen Juden benetzte, das Werk der Bekehrung vollendet wäre. Be­kehren kann man sich nur durch eine Wiedergeburt. Diese aber besteht in der ununterbrochenen Abkehr von allem was äußerlich, was Schein ist und besteht in einem ununterbrochenen Befolgen desjenigen, was er­haben, heilig und göttlich ist. Das Werk der Mission ist keine einfache Lehrarbeit, und wir würden den ohne­dies intellektuellen jüdischen Verstand vergeblich mit kirchenrechtlicheh und anderen Kenntnissen vollslopfen: wir müssen die Juden mit Liebe umgeben und ihnen Bei­spiel zeigen. Mit Liebe, weil die Juden seit iOOO Jahren von keinem Menschen geliebt wurden. Auch wir lieben sie nicht axis dem Grunde, weil sie Juden, sondern weil sie Menschen sind', weil sie zu uns fanden und mit uns zu Mitgliedern einer geistigen Familie wurden. Man darf in einer romantischen Stimmung 'die Wahr­heit nicht verschweigen. Die Wahrheit und die Liebe sind miteinander verbunden und schreiten auf dem Wege des Christentums Hand in Hand. Nun gelangte die Frage der 'Abstammung an die Oberfläche. In der Abstammung bekundet sich die Prädestination durch Gott, und man darf sich dieser Vorausbestimmung nicht schämen. Die Abstammung ist etwas wie 'die Geburt, durch 'die wir zu Männern oder Frauen werden. Der andere Gesichtspunkt besteht darin, daß unsere jüdischen Brüder freiwillig das Christentum annehmen. Das Christentum machte daraus nie ein Geheimnis, daß derjenige, der zum Christen werden will, das Kreuz Christi auf sich nehmen und den bitteren Kelch leeren muß. Wir ungarischen Reformierten hatten von 1681 bis 1781, bis zum Toleranzedikt, manches Leiden und manche Verfolgung zu erdulden. Wir durften keine Kirchen b'auen und waren Staatsbürger zweiten Ranges. Trotzdem haben wir unser Los getragen. Unsere Lands­leute jüdischer Herkunft trafen bei uns ein, als bereits alles der Vergangenheit angehörte. Gott sorgt dafür, daß sie gesiebt werden, und daß diejenigen, die treu bleiben, bestehen. Denn eben von diesem Sieben hängt es ab, wer ein richtiger Reformierter und wirklicher Ungar verbleibt. Wer von unseren Landsleuten jüdischer Herkunft jetzt in seinem Ungartum und Christentum standhält, verfügt über die richtige Zeugenschaft. Aus dem Leiden entsteht ein moralisches Kapital, das allein fähig ist, das Gesetz zu ent­kräften. Welcher Abstammung immer wir auch seien, der .Christenmensch ist ein neuer Mensch. Gott spricht: „Das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden!“ Das klingt, wie wenn Gott selber spräche: „Wir bitten Euch um Christi willen, versöhnt Euch mit Gottl“ bebauptungswi 11 en, dem Arbeitssinn und der Tatkraft des Ungartums in Städten und Ortschaften zu unser aller Freude und Nutzen künden. Der Aufruf schließt mit einer Aufforderung zum Spendensammeln auch an die Adresse der. im Mutter­lande wohnenden Ungarn: — Es lebt der Ungar! Er arbeitet und kämpft mit Gotteshilfe für eine bessere ungarische Zukunft! Gaida bezichtigt Benes des Meineids Prag, 2. Januar Eine Meineidklage gegen den früheren Präsidenten der Tschecho-Slowakei Benes erstattete der ehemalige Führer der tschechischen Faschisten Gaida. Die Anzeige gründet sich auf die Behauptung Dr. Benes’ bei seiner Vernehmung vor dem seinerzeit gegen Gaida eingesetzten Untersuchungsausschuß. Damals hatte Dr. Benes erklärt, er habe Anfang 1927 mit Gaida in der japanischen Ge­­standtschaft in Prag nur ein völlig belangloses Gespräch geführt. In Wirklichkeit aber hätten sich, so behauptet Gaida, er und Benes mit Rücksicht auf die damals schon verworrenen innerpolitischen Verhältnisse über die Mög­lichkeit eines Staatsstreichs unterhalten. TSCHECHOSLOWAKEI Die kulturellen Aufgaben des Ungartums Pozsony, 2. Januar (MTI) Der Kulturreferent der Vereinigten Unga­rischen Partei Dr. Julius Fleischmann hat über die kulturellen Aufgaben des Ungartums in der Tschecho-Slowakei im Pozsonyer Rundfunk einen Vortrag gehalten. Er bemerkte einleitend, daß das Aufrechterhalten der ungarischen Kulturgemein­schaft in Hinkunft zweifellos schwerer sein wird, weil kaum zusammenhängende ungarische Sprach­gebiete in der Republik verblieben sind. Man müsse das dortige Ungartum' in einem intensiv nationalen Geiste erziehen. Außerdem müsse man die slowakisch­ungarischen Kulturbeziehungen ausbauen und mit den ungarländischen Kulturkreisen eine Fühlung aufnehmen. Es sei zu hoffen, daß nach der unga­risch-deutschen politischen Waffenbrüderschaft auch die Kulturbeziehung zwischen der deutschen und der ungarischen Minderheit wird ausgebaut werden können. Ohne die Unterstützung der ungarlän­dischen Kulturinstilutionen werde das Ungartum der Tschecho-Slowakei seine kulturellen Ansprüche kaum befriedigen können. Es werde darauf angewie­sen sein, ungarländische Geistesprodukte einzufüh­ren, Vortragende und Schauspielerensembles einzu­laden und auch für die Jugend Studienreisen zu ar­rangieren. Diese Absicht werde kaum einem Hinder­nis begegnen. Ein Aufruf des Grafen Esterházy im In­teresse der Errichtung „ungarischer Hei­­mathäuser“ Pozsony, 31. Dezember (MTI) Die Neujahrsnummer der Uj Hirek veröffent­licht aus der Feder des Grafen Johann Esterházy einen Aufruf im Interesse der Errichtung von „ungarischen Heimat häusern“ in der Slowakei. _ Solche Heimathäuser, heißt es u. a. in dem Auf­ruf, müßten in erster Reihe in Pozsony, Nagyszombat, Nyitra, Eperjes, Igló und anderwärts egbaut werden, wo Ungarn in größerer Zahl leben. Das Heimathaus in Po­zsony soll noch in diesem Jahre unter Dach und Fach gebracht werden. Die Heimathäuser sollen vom Selbst­ Volkszählung nach Angaben der Hausbesitzer und Hausverwalter in der Slowakei Scharfer Protest des Staatssekretärs für die deutsche Volksgruppe Telegramm des Pester Lloyd Pozsony, 1. Januar Die Bevölkerung der Slowakei wurde zumeist nur in den frühen Morgen stunden des Samstag durch die Maueranschläge der Regierung von der für denselben Tag überraschend . angeordneten Volkszählung in Kenntnis gesetzt. Als in der Zips die Anordnung der Duchführung der Volkszählung bekannt wurde, kam es zu Kundgebungen der deutschen Bevölkerung, die erst dann ihr Ende fanden, als die loikalen Verwaltungsbehörden auch die Zuziehung deutscher Zählkommissäre zuließen. In Pozsony kamen bereits in den frühen Mor­genstunden des Samstag Beamte der slowakischen Landesverwaltung und Hlinka-Gardisten in die Häuser, um die Registrierung der Hausbewohner vorzunehmen. Dabei wurden neben den Personalien auch" die Religion und die Volkszugehörigkeit fest­gestellt. Die Eintragungen wurden vielfach nicht auf Grund direkter Befragung, sondern nach Angaben der Hausbesitzer und Hausverwalter gemacht. Eine Kontrolle der Eintragungen war der Bevölkerung nur in Ausniahimefäilen möglich. Der Staatssekretär für die deutsche Volksgruppe in der Slowakei Ing. Karmasin hat beim Minister­präsidenten Dr. Tiso schärfsten telegraphischen Einspruch gegen die überraschende Ausschreibung der Volkszählung für den 31. Dezember eingelegt. Auf das Telegramm folgte ein Protestschreiben, in dem Karmasin die Ergebnisse dieser Volkszählung für die deutsche Volksgruppe als vollkommen un­erheblich ablehnt und die Anwendung dieser Er­gebnisse auf irgendwelche etwa beabsichtigten, die deutsche Volksgruppe betreffenden Maßnahmen auf das entschiedenste zurückweist. Die Huszter Regierung — »karpatho-ukrainisch« Huszt, 2. Januar (Inf) Eine Verordnung der karpathorussischen Landesregierung bewilligt die Anwendung des Na­mens Karpathoukraine für das bisher Karpathoruß­­land genannte Gebiet. Bisher war im offiziellen Verkehr nur der im Versailler Vertrag festgelegte Name Karpathorußland zulässig. KLEINE MELDUNGEN ^ >N |>—ÍUl I HMTim — DER ENGLISCHE KRIEGSMINISTER HÖRE­­BELISHA ist am Sonntag auf dem Luftweg aus Paris nach London zurückgekehrt. Er hatte seinen Weihnachtsurlaub in Frankreich verbracht und am Samstag wichtige Besprechun­gen in der französischen Hauptstadt gehabt. — DER FRANZÖSISCHE AUSSENMINISTER BONNET begab sich Montag abend zu einem mehrtägigen Erholungs­urlaub nach Megeve. — DER EHEMALIGE BELGISCHE MINISTERPRÄSI­DENT VAN ZEELAND ist Samstag aus New York kommend in Le Havre eingetroffen und über Paris nach Brüssel wei tergereist. — DER BEGRÜNDER DER POLNISCHEN NATIONAL­­DEMOKRATISCHEN PARTEI ROMAN DMOWSKI ist auf seinem Gute im Alter von 47 Jahren gestorben. — DAS TSCHECHISCHE AUSSENMINISTERIUM HAT DIE VISUMPFLICHT FÜR ENGLISCHE STAATSBÜRGER wieder eingeführt. Das Pariser Konsulat der Tschecho­slowakei wurde am 1 .Januar aufgelassen. — TSCHECHISCHE TERRORISTEN HABEN IN SOM­­BARK im Gebiet von Cieszyn eine Bombe in eine Gastwirt­schaft geworfen, durch die der Wirt schwer verwundet wurde. Die Attentäter sind anscheinend in die Tschecho­slowakei geflüchtet. 5 Daladier auf der Fahrt nach Tunis Telegramm des Pestei Lloyd Paris, 1. Januar Ministerpräsident Daladier hat sich am Sonntag 12 Uhr mittag nach Marseille begeben, um sich dort zu der angekündigten Reise nach Korsika und Tunis einzuschiffen. Vor seiner Abfahrt hatte Dala­dier auf dem Bahnsteig noch eine halbstündige Aus­sprache mit dem Außenminister Bonnet. Die erste Etappe: Toulon—Ajaceio Paris, 2. Januar (Inf) Ministerpräsident Daladier hat sich vom Marseille aus im Sonderzug nach Toulon begeben, wo er am Sonntag abend eintraf. Er wurde von den Chefs der Militär- und Zivilbehörden dieses franzö­sischen Kriegshafens begrüßt. Die Bevölkerung der Stadt bereitete ihm stürmische Kundgebungen. Da­ladier schiffte sich sofort an Bord des Kreuzers „Foch“ ein. Ajaceio, dtie Geburtsstadt Napoleons, die Dala­dier zuerst besuchen wird, liegt in festlichem Flag­genschmuck. Von Ajaceio aus wird sich Daladier zur Besichtigung von Bastia, dem größten französi­schen Kriegshafen auf Korsika, begeben, wohin ihm Kriegsmarineminister Campinchi auf der „Suffrenne'1 vorauseilen wird. Daladier wird voraussichtlich am Montag nachmittag in Bastia eintreffen und noch am Abend nach Biserta (Tunis) Weiterreisen. Acht Bomber nach Tunis Paris, 2. Januar (Stefani) Acht viennotorige Bomber des 15. Luftgeschwaders sind nach Tunis abgeflogen. 25 Stunden lang Silvester-Mitternacht in Kammer und Senat Telegramm des Pester Lloyd Paris, 2. Januar Das französische Parlament ist von der Regie­rung bis zum 10. Januar in die Ferien geschickt worden. Fünfundzwanzig Stunden lang mußten in Kammer und Senat seit Glockenschlag Mitternacht vom alten bis zum neuen Jahr die Uhren ängehalten werden, damit der Haushalt für das Jihr 1939 offi­ziell noch kn alten Jahr verabschiedet werden konnte. In den ersten Nachtstunden zum Montag erfolgte die letzte Lesung im Senate, dann wurden in beiden Häusern die Schlußdekrete verlesen, durch die die Parlamentarier nach der Annahme des Haushaltes in vierter Lesung bis zum 10. Januar in die Ferien geschickt werden. Die neue Tagungs­periode des Parlaments wird mit der lange erwarte­ten allgemeinen Aussprache in der Kammer über die Gesamtpolitik, besonders die Außenpolitik der Re­gierung Daladier beginnen. Gifte, die sich Im Darm des Menschen bilden, werden durch Gebrauch des alterprobten, rein natürlichen „Franz- Joscf“-Bitterwassers sicher und schnell abgeleitet. Fragen Sie Ihren Arzt. Der französische Etat in letzter Minute verabschiedet Telegramm des Pester Lloyd Paris, 1. Januar Die .Linksopposition hat dem Ministerpräsidenten Daladier einen bösen Streich gespielt. Am Vormittag des Neujahrstages war der Haushalt für das Jahr 1939 noch immer nicht durch das Parlament verabschiedet worden. Dabei hatte Daladier in der vergangenen Woche verschie­dentlich erklärt, er könne nur dann seine Tunis-Reise an­­treten, wenn der Haushalt noch in der Nacht zum Neu­jahrstag verabschiedet werden würde. Die sozialistischen und die kommunistischem Abgeordneten aber trieben gegen den Ministerpräsidenten ene Obstruktionspolitik. Sie benutzten die zahlreichen, aber nicht sehr tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Kammer wegen des Haushalts von 1939, um immer wieder neue Gesichtspunkte in die Aussprache werfen zu können und neue Lesungen des Haushaltsvoranschlages als notwendig erscheinen zu lassen. Im Haushaltsausschuß ergriffen in erster Linie die Kommunisten zu endlosen Aussprachen in den frühen Morgenstunden des Sonntags das Wort. Um 7.45 Uhr morgens wurde aber die Mehrzahl der Abgeordneten d r Lage überdrüssig. Eine Abordnung von 30 Abgeordneten, unter denen sich auch der Sozialist Paulin befand, rief den Präsidenten des Finanzausschusses Voliere aus dem Sitzungssaal und legte ihm die Frage vor, wann die Be­ratungen des Ausschusses zu Ende gehen würden. Voliere erklärte, dies sei nicht vor einer Stunde möglich. Der Ministerpräsident erschien in Begleitung des Finanz­­ministers Paul Reynaud in der Kammer. Danach rief Daladier die Abgeordneten seiner eigenen Partei zu einer Sitzung zusammen. Die Radikalsozialisten faßten darauf­hin den Beschluß, sich bei der dritten Lesung des Haus­halts einstimmig für dessen Annahme auszusprechen. Daraufhin entschloß sich Daladier, seine Abreise nicht länger hinauszuzögem. Bis zur Abreise Daladiers hatten auch die Beratun­gen des Finanzausschusses der Kammer ein Ende gefun­den. Die Kammer trat sofort in die dritte Lesung des Haushalts ein und nahm ihn wenige Minuten nach der Abreisie Daladiens von Paris nach Marseille mit 372 gegen 229 Stimmen an. Der Haushaltsvoranschlag wurde dann dem Senat zur weiteren Beratung zugeleitet.

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