Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1939. április (86. évfolyam, 75-98. szám)

1939-04-01 / 75. szám

Samstag, 1. April 1939 PESTER LLOYD Die englische Garantieerklärung für Polen Chamberlain kündist im Unterhaus an: England übernehme für die Dauer der Verhandlungen mit anderen Mächten die Pflicht, Polen im Falle eines Angriffs beizustehen - Für eine breit angelegte Zusammenarbeit der Mächte London, 31. März (MTI) Der stellvertretende Führer der Labour- Opposition Greenwood hatte am Mittwoch vormittag vom Ministerpräsidenten Aufklärungen über die europäische Lage verlangt, der diese für den Nach­mittag versprach. Am Nachmittag verlas Chamberlain die fol­gende Erklärung: — Die Regierung hat nicht die amtliche Be­stätigung der Gerüchte über angeblich gegen Polen geplante Angriffe erhalten, daher Ikainn niemand annehmen, daß die Regierung diese Gerüchte als wahr anerkennt. — Die allgemeine Politik der englischen Regie­rung ist die folgende: Wir haben ständig die Er­ledigung von Gegensätzen durch freie Verhandlun­gen zwischen den interessierten Parteien unterstützt. Dies ist das einzige Vorgehen, das wir für den tFall des Auftretens von Gegensätzen als natürlich und angemessen betrachten. Nach unserer Überzeugung gibt es keine Streitfrage, die nicht auf friedlichem Wege gelöst werden könnte, und wir sehen es nicht als gerechtfertigt an, daß die Methode der Verhand­lungen durch Gewalt oder durch Gewaltandrohung ersetzt werde. — Wie das Haus mit Bestimmtheit weiß, sind gewisse Verhandlungen mit anderen Regierungen im Gange. Um bis zur Beendigung dieser Verhand­lungen den Standpunkt der englischen Regierung völlig klarzumachen, habe ich dem Hause mitzu­teilen, daß falls in dieser Periode eine Aktion ein­geleitet würde (nämlich während der Dauer der Ver­handlungen), die die polnische Unabhängigkeit ein­deutig bedrohte und die nach Ansicht der polni­schen Regierung einen Widerstand mit ihrer na­tionalen Heeresmacht lebensnotwendig machen würde, die englische Regierung sich dazu verpflichtet sähe, der polnischen Regierung unverzüglich jede in ihrer Macht stehende Hilfe zu leisten. Die eng­lische Regierung hat der polnischen Regierung Zu­sicherungen in dieser Richtung gegeben. Ich kann hinzufügen, daß mich die französische Regierung ermächtigt hat, klarzumachen, daß Frankreichs Standpunkt in dieser Angelegenheit mit dem der englischen Regierung identisch ist. Greenwood: Das Haus sieht die aus der Er­klärung des Ministerpräsidenten hervorgehenden Möglichkeiten gewiß klar. Es mag sein, daß deren Folgen von ebenso schicksalsentscheidender Wich­tigkeit sein werden, wie die Folgen jener Erklärung, die ein Vierteljahrhundert früher in diesem Hause verlautete. Ich frage den Herrn Ministerpräsidenten, ob seine soeben verlesene Erklärung als ein erster Schritt zur Entwicklung einer Politik aufgefaßt werden könne, die darauf hinzielt, den Angriff abzu­­schrecken oder zurückzuhalten, und wenn dies der Fall sei, ob die Regierung unverzüglich aktive und energische Schritte einleite, um andere Mächte zum * • Beitritt zu bewegen, die Sowjetrepublik mitinbe­­griffen, wie auch die übrigen großen und kleinen Mächte. Ist der Ministerpräsident bestrebt, das höchstmögliche Maß der Zusammenarbeit zum Schutze des Friedens zu sichern und überlegt er jetzt die Wünschbarkeit dessen, unverzüglich alle Mächte zu einer Konferenz einzuberufen, die sich wahrscheinlich auf der Seite des Friedens gegen den Angreifer aufstellen würden? Chamberlain: Meine Erklärung bezieht sich nur auf die genannte vorläufige Periode. Die englische Regierung berät mit verschiedenen anderen Mäch­ten, die Sowjetregieriing natürlich inbegriffen. — Außenminister Lord Halifax empfing heute früh den Sowjetbotschafter, mit dem er eine sehr ausführliche Besprechung hatte. Ich zweifle nicht daran, daß die Sowjetregierung jene Prinzipien, auf derén Grundlage wir handeln, in vollstem Maße ver­steht und hochgeschätzt. — Wie das Haus weiß, erwarten wir für die nächste Woche den Besuch des Obersten Beck, des polnischen Außenministers. (Begeisterte Hochrufe auf allen Seiten des Hauses.) Mit ihm werden wir über verschiedene andere Maßregeln Beratungen führen, die wir zu ergreifen gedenken, um das höchste Maß der Zusammenarbeit im Interesse jener Kraftamstrengungen aufzubringen, deren Ziel es ist, einem allfälligen Angriff ein für allemal ein Ende zu setaizen und eine sinnvollere und geordnetere Me­thode der Verhandlung einzuführen. Greenwood: Was die Konferenz anbelangt, würde der Ministerpräsident das höchste Maß der Zusammenarbeit sämtlicher Mächte, Sowjetrußland mitinbegriffen, gern sehen? Chamberlain: Jawohl, wir würden mit Freude das höchste Maß der Zusammenarbeit begrüßen. Die Frage der Konferenz ist unserer Ansicht nach nur die Frage der praktischen Zweckdienlichkeit. Wir haben keine theoretischen Ansichten und wenn sich die Konferenz als das geeignetste Mittel erwei­sen 'würde, so würden wir unverzüglich danach greifen. Ist das jedoch nicht der Fall, so wählen wir andere Methoden. , -Auf zusätzliche Fragen erklärte der Ministerprä­sident, daß die Dominien in vollstem Maße unter­richtet worden sind. Morgan: Kann dér Ministerpräsident das Haus beruhigen, daß keine sogenannten weltanschaulichen Hindernisse zwischen uns Und Rußland stehen? Chamberlain: Jawohl. Ich kann ohne Zögern diese Versicherung geben. Cranborne (der Unterstaatssekretär des frühe­ren Außenministers Eden): Der Ministerpräsident hat eine Erklärung von großer Wichtigkeit abgege­ben, die von sämtlichen Parteien des Hauses mit Be­friedigung aufgenommen wurde. Ich schlage vor, das Haus möge die Debatte über diese Erklärung auf Montag vertagen, da es sehr zweifelhaft ist, daß Der Arzt stellte sich auch in die Reihe. Ein jun­ger Mann in gestreiftem Trikothemd wunderte sich laut, andere wieder schienen ungläubig, meinten, der Stich sei wohil gar nicht bis ans Herz gedrungen und beantragten, man möge die Sache doch noch­mals versuchen! Der Held der Schaustellung, der Rhinozerosmann, die Statue des Lebens, das man nicht zu töten vermocht hatte, erkannte den Arzt erst, als dieser bereits knapp vor ihm stand. Unwillkürlich breitete er die Arme aus, doch da fiel es ihm plötzlich ein, daß er sich ja würdevoll be­nehmen müsse. So flüsterte er bloß mit einem seligen Grinsen: „Wenn ich gewußt hätte, daß der Herr Doktor mich besuchen würden.,.!“ Der Arzt erwiderte nichts. Wozu ihm sagen, daß er von seinem Ruhm nichts gewußt hatte? „Herr Doktor können jetzt sehen, daß ich mich zusammengenommen habe!“ — Der Rhinozeros­­mann sprach hastig und im Flüsterton. — „Ich bin ein anständiger Mensch geworden, arbeite, habe eine Stelle! Zwei Pengő bekomme ich für den Tag! Ich trinke nicht... lege auch noch etwas für den Win­ter zurück!“ Der Arzt lächelte unsicher. War es wohl der Mühe wert gewesen, ein Leben deswegen neu zu schaffen? — dachte er verwirrt. Einen Menschen ins 'Leben zurückzurufen, damit er zwei Pengő im Tage verdiene dadurch, daß er sich dem Pöbel zeigt? Ist denn das alles? Er fühlte eine Bitterkeit in sich aufsteigen, wie etwa ein Vater, wenn er endlich daraufkommt, daß sein Sohn die an ihn geknüpften Hoffnungen nie­mals erfüllen wird. Da blickte er in das Gesicht des Rhinozerosmannes, das ihm mit dem Lächeln des Stolzes, des Wohlstandes, des Geborgenseins entge­genleuchtete ... Und da, für einen Augenblick, fühlte sich Dr. Kiss restlos glücklich. bis dahin neue Ereignisse eintreten könnten. Unter den gegenwärtigen heiklen Bedingungen kann die Debatte mehr schaden als nützen. (Zustimmung bei den Konservativen.) Greenwood: Ich hoffe, daß in der gegenwärtigen schweren Lage das Haus diese Frage am Montag ihren Traditionen entsprechend diskutieren wird. Maxton, der Führer der Unabhängigen Arbeiter­­partéi, setzte sich ebenfalls für den Antrag Cran­­bornes ein. Henderson: Hat die deutsche Regierung Schritte zur friedlichen Erörterung der Gegensätze bei der polnischen Regierung getan? Chamberlain: Ich habe davon keine Kenntnis. Bellenger (Arbeiterpartei): Unsere Parteimitglie­der haben für das Vaterland gekämpft und werden in Zukunft wieder kämpfen. (Ausrufe: Wir alle!) Nichtsdestoweniger sind wir dessen nicht sicher, daß wenn die Stunde des Handelns geschlagen hat, der Ministerpräsident der berufene Führer der Nation wäre. Thurtle (Arbeiterpartei): Ich habe seinerzeit dem Münchner Vorgehen des Ministerpräsidenten zugestimmt. Es mag sein, daß in dieser schweren Stunde ein anderer Ministerpräsident die Lenkung der Angelegenheiten des Vaterlandes in die Hände nehmen wird. Wenn aber der Ministerpräsident wirklich aufrichtig und ohne jeden Hintergedanken davon überzeugt ist, daß es unbedingt notwendig sei, diese neue Politik der festen Verbindung der Frie­densfreunde zu befolgen, und wenn er aufrichtig diese Politik befolgt und nicht mehr auf die Ver­gangenheit zurückblickt, die für alle Zeiten gestor­ben ist, so glaube ich, daß er der geeignetste Mann zur Führung der Nation sei, da er auf der ganzen Welt den Ruhm genießt, ein Mann des Friedens zu sein. (Langanhaltende begeisterte Hochrufe auf allen Seiten des Hauses.) schmutzigen Weg entlang, versuchte, sich für die Sehenswürdigkeiten zu interessieren, aber das wollte ihm nicht gelingen. Am Ende der Schaubuden reihe erblickte er eine dichtgedrängte Menge. Der Instinkt des Arztes ließ ihn näher herantreten, denn er dachte, es hätte sich ein Unfall ereignet. Mit offenem Mund starrten etwa zweihundert Menschen zum Podium einer Schaubude empor. Drei Artisten standen dort neben dem Ausrufer, der schwitzend und mit der Stimme eines Revolutionärs verkündete, was es dort drinnen alles zu sehen gab: die Hauptattraktionen waren der Mann, der Ketten zerreißen konnte, die Indianerin, die Feuer schluckte und das größte Wunder der Welt, das Phänomen, das einzig auf der Welt dastünde, jawohl, meine Herren und Damen ... Hier können Sie den Rhino­• zerosmanu sehen, dem man das Herz durchstochen hat und der dennoch lebt! Das fachmännische Publikum der Vorstädte murrte ungläubig. Es glaubte an den Mann, der Ketten zerreißen konnte, an das Weib, das Feuer schluckte, — daß aber jemand, dem man das Herz durchstochen, weiterleben sollte? — nein, das glaub­ten die Leute nicht! Und da erblickte der Arzt auf dem Podium plötzlich seinen ehemaligen Patienten im scharlachroten Peplos, mit gewölbter Brust, stölz und ■ zufrieden dastehend, als der Mann, dem man das Herz durchstochen hätte, und der dennoch lebte. Später redete sich der Arzt ein, die Menge habe ihn mit sich fortgerissen. Dann hatte er die zehn Heller bezahlt und war mit in die Bude gegangen. In dem engen, düsteren Raum war das Programm in drei Minuten erledigt. Ein Clown machte Scherze, ein Affe fuhr auf dem Zweirad, ein Mann zerriß Ketten, ein Weib schluckte Feuer und dann kam Franz Listics daran. Er hatte eigentlich gar nichts zu tun, öffnete bloß sein Peplos auf der Brust und ließ dann die im Gänsemarsch vorbeischrei t en den Leute die Wunde bewundern. A-MHÖGAIDASAGI///' XIÁLUTÁSON^W^ Hierauf wurde das Haus vertagt. Chamberlain nach Chequers abgereist London, 31. März (MTI) Ministerpräsident Chamberlain ließ nach der Sitzung des Unterhauses Lloyd George in sein Amtszimmer im Parlament bitten und hatte mit ihm eine längere Beratung über die internationale Lage. Der Ministerpräsident reiste dann nach Che­quers ab, wo er das Wochenende verbringt. Der stellvertretende Leitér der Arbeiterfraktion Green­wood hat sich in seinen Wahlbezirk nach Nord­england begeben. Die Mehrheit der Parteiführer ist zu einer Ruhepause in die Provinz gereist. Die Erklärung des Ministerpräsidenten, die durch die Klärung der Lage die Spannung zum Nachlassen gebracht hat, wurde von den die Regie­rung unterstützenden Parteien mit Begeisterung, von der Opposition mit Zustimmung aufgenommen. Die Opposition gab ihrer Hoffnung Ausdruck, daß die. Regierung bald die ausführlicheren Einzelheiten ihrer Politik bekanntgeben werde. Die Rede des Ministerpräsidenten wurde vor der Sitzung des Unterhauses von einem außerordent­lichen Ministerrat gutgeheißen. Der Text der Erklä­rung wurde vom Foreign Office noch vor der Abgabe dem Londoner Botschafter der Vereinigten Staaten Kennedy und dem Sowjetbotschafter Maiski mitge­teilt. Am Nachmittag sprach auch der deutsche Ge­schäftsträger Kordt im Foreign Office vor. 5 Geheimbesprechungen in London über die sich im Kriegsfall ergebenden > Probleme London, 31. März (MTI) Press Association meldet: Im Arbeits­ministerium fanden wichtige Geheimbesprechungen zwischen den hohen Ministeriaibeamten, dem Natio­nalverband der Arbeitgeber und den Vertretern des Gewerkschaftoberrates über die im Kriegsfall sich ergebenden Probleme statt. Es bandelte sich u. a. auch um die Arbeitermobilisierung,

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