Schul- und Kirchen-Bote, 1867 (Jahrgang 2, nr. 1-12)

1867-08-01 / nr. 8

210 u führen; auch nicht darum, weil wir in den Kapiteln nicht immer auch Männer ge­­habt hätten, die auch dem Borne ihres Wissens und ihrer Erfahrung das Goldfern zu schöpfen und auszustreuen im Stande gewesen wären, sondern der Grund davon lag — ich glaube kaum zu irren — in der Einbildung, man werde das Wahre und Richtige auch ohne Beihilfe Anderer treffen. — Woher nun aber, nachdem das Haus morse geworden ist, das eifrige Verlangen nach Pastoral-Konferenzen in den Gaz piteln? woher das Verlangen,­­dieselben sogar zum Hauptgeschäfte der Synode zu machen? — CS ist Died schwer zu begreifen, wenn man nur etwa annehmen will, es habe jenes Verlangen seinen Grund darin, daß man erkenne, daß man sonst nichts zu thun habe. Denn sagen wir ehrlich — wie wenige haben sich seiner Zeit an dem von Mart. Malmer redigirten Kirchenblatte betheiligt, wie wenige am der Kronstädter evang. Kirchenzeitung . . . obgleich beide Zeitschriften Sprechsäle für unsere kirchlichen Zustände waren, und beide ihre Spalten seelsorgerlschen Meditationen und Erfahrungen .c. gerne geöffnet hätten? — Hätten sie fortbestanden, so wäre das unser alleiniges Verdienst sicher nicht gewesen, so wie wir, daß sie zu erscheinen auf­­gehört, sicher mitverschuldet haben. — Nach den vorausgefchteten Erörterungen könnte man leicht auf den Gedanken kommen, ich Sei selbst sein Freund von Pastoralcon­­ferenzen. — So wie ich mich gegen diesen Arzwohn­ auf das Bestimmteste verwahren muß, so muß ich befennen, daß ich, was ich mit weniger Geld und Zeit haben kan, nicht um einen größern Geld- und Zeitaufwand erwerben mag. Ist es nicht genug damit, daß viele Pfarrer ihre Früchte dem Markte zu führen und dadurch ihrem Haufe und Dienste häufig den Rüden fehren? ist es nicht genug, daß Bezirk-Kirchenversammlungen und Bezirks-Consistorien oft dasselbe im Gefolge haben? sollen wir nun noch besondere Anstrengungen machen, um zu den Pastoralconferenzen der Kapitel zu gelangen? — Werden nach den Bezirke-Kirchen­­versammlungen die Pfarrer des Bezirkes nicht viel­ leichter zu einer Pastoralconferenz versammelt werden können? und werden sie in ihrem Streben durch die Begrife- Bibliotheken nicht kräftig unterfragt werden? werden nach jeder Landes-Kirchenver­­sammlung nicht ebenso die geistlichen Mitglieder derselben oder auch nur die Bezirks- Decane unter dem Vorfige des Superintendenten ein Einsehen in die Conferenzen der Bezirke haben können ?? Wenn das ist — dann wollen wir und das Scheiden aus dem alten, ge­wohnten, nun aber seiner wesentlichen Bestandtheile fast ganz entkleideten Haufe nicht gar so schwer fallen lassen, finden wir doc in dem neuen, wohnlichen alles, was wir verloren haben besser, und die Kirche sieht mit Freuden ihre Geistlichen ohne Nachalt die Hand zu einem Werke bieten, das der Geist der Zeit geschaffen hat. Was thut not­? (Schluf.) IV. Die Seminaristen erhalten bei ihrem Austritte aus dem Seminarium ein Zeugniß, in welchem sie für reif erklärt werden, und das wohl mit einigem Unrechte, Echte Reife können sie auf unjerw jegigen Seminarien nicht erlangen, höchstens

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