Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Oktober (Jahrgang 11, nr. 3284-3310)

1884-10-09 / nr. 3291

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Wachsmann Nr. 187, Sächs.­Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, ehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Moriz Stern, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. @. L. Daube & Co. Insertionspreis: «­­­Der­ Raum einer einspaltigen Garmonbzeile kostet beim einmaligen Einrücken 7kr.,das z­weite mal je 6tr.,das dritte mal je 5kr.ö.W.exklusive der Stimpelgshcht vonjesokn 1884, Vorstellung der fählichen Universität über ihr Ver­­­fügung stedt. (Schuf.) Die Geießgebung hat, als sie bei der fuf den XII. ©.­X. von 1876 verfügten Aufhebung der sächsischen Munizipalverfassung den Wirkungskreis der sächsiichen Universität einschränkte, eine solche Enteignung weder selbst an­­­geordnet, noch eine Vollmacht hinzu erteilt. Der $ 3 ° des XII. ©.­W. von 1876 bestimmt ausdrücklich: „Der Wirkungskreis der sächsischen Universität (universitas) an einer ausschließlichen Kulturbehörde, wird Hinsichtlich der Verfügung über das Universitätsvermögen, hinsichtlich der Bewersstelligung des widmungsgemäßen Gebrauches der unter ihrer Verwaltung stehenden ’ Stiftungen und hinsichtlich der Kontrolle über jene auch weiter aufrechter­­­halten.“ Und­ der mit diesem Gehege dem Reichetage vorgelegte Motiven­­­­­­bericht der hohen Regierung sagt: „Es bleibt daher von dem früheren Wirkungstreffe­­n der Sächsischen Universität nichts übrig, als die Verfügung „über das s­ehr beträchtliche Nationsvermögen und die Kon­­­­trolle über die der Bestimmung desselben entsprechende „Bermwendung“. „Dieses Recht muß die Sächsische Universität auch in „Zukunft behalten, wenn wir uns nicht dem gerechten Vor­­­„wurfe ausjegen wollen, daß der Staat über das Privat­­­„vermögen von Einzelnen oder von Distrikten eigenmächtig “verfüge.“ » In dem der Universität Hinsichtlich des Vermögens eingeräumten und dur den XI. ©.­X. von 1876 auch weiter aufrechterhaltenen Wirkungs­­­treise ist die Universität vor dem Jahre 1876 niemals durch positive Ver­­­fügungen der Regierung gestört worden. Niemand — von Beiten der Kon­­­figration des Vermögens abgesehen — hat eine der vorher bestandenen Re­­­gierungen eine positive Verfügung über das sächsische Universitätsvermögen ausgeübt oder auch nur beansprucht. Stets hat die fächstische Universität allein darüber verfügt. E­rst nach dem Jahre 1876 und teiß dem XII. G.-4. von 1876, welcher den Wirkungskreis der sächsischen Universität Hinsichtlich der Verfügung über das Vermögen ausdrücklich auch für die Zukunft auf­­­rechterhält, hat die Hohe Regierung eine positive V­erfügungsge­walt über das­­­­­­ sächsische Universitätsvermögen beansprucht und auch thatsächlich ausgeübt. Dieser Zustand der Etablierung der Verfügungsgewalt der Regierung neben dem geweglichen PVBerfügungsrecht der Universität Tann, wie die Erfahrung bereits lehrt, keineswegs als günstig für die V­ermögensverwaltung bezeichnet werden. Vielmehr sind durch Verfügungen der hohen Regierung bereits Be­­­träge verwendet worden, zu deren Bedeuung, wie die Jahresvoranschläge be­­­weisen, das Ertragung der Universitätzwaffe nicht zureiht. So hat — um ein Beispiel zu erwähnen — Se. Erzellenz der Herr Minister für Kultus und Unterricht, troßdem die Generalversammlung eine Dotierung des römisch­­­katholischen Gymnasiums in Kronstadt mit 500 fl. unter ausdrücklicher Be­­­rufung auf die ungünstige Finanzlage abgelehnt hatte, mittelst: positiver Ber­­fügung vom 19. März 1880 eine Belastung des durch vorausgegangene Wid­­­mungen der Universität in seinen Einkünften erschöpften Universitätsvermögens mit einer dauernden, jährlich zwiedelführenden Ausgabe von 500 fl. zu Gunsten des genannten Gymnasiums verfügt und dabei der Generalversammlung der sächsischen Universität den durch ihre Widmungen, so von 3000 fl. zu Gunsten des reformierten magyarischen Gymnasiums in Broos, von 5000 fl. für das griechisch-orientalische romanische Gymnasium in Kronstadt, von je 1000 fl. für die romanische Volksschule in Mühlbach und Broos, unwiderlegten Vorwurf gemacht, daß sie aus nationaler und konfessioneller Voreingenommenheit den Geldmangel nur vorschütze und daß die ertragliche Dotation von 500 fl. ohne Gefährdung der bisherigen Dotationen, "wenn nur der Wille da­­bei, an­­bezahlt werden künne. Nach der ersten, auf dem Pflichtbewußsein ihrer Verantwortlichkeit be­­­ruhenden Ueberzeugung der achtungsvoll gefertigten fächsiichen Universität kann die positive Verfügungsge­walt der hohen Regierung über das Vermögen auch nicht aus der „praktischen Anwendung des Gesäßes“ hergeleitet werden, die im hohen Erlasse dahin erläutert wird, daß in dem Falle, wenn an Stelle des außer Kraft gelegten Beichlusses der Generalversammlung, die nur einmal jährlich abgehalten werde, die Regierung nicht auch positiv verfügen könne, der Geschäftsgang unter Gefährdung der durch diesen Beichluß berührten Kulturinteressen eine Stellung erleiden würde. Die Kulturinteressen, deren Pflege in dem Wirkungsfreife der Universität liegt, sind unzweifelhaft wichtig, aber nicht darnach geartet, daß sie eine auf Tag und Stunde dringende Er­­ledigung erheirschen. Da eine wirks­ame Pflege verselben gewöhnlich nicht durch eine vorübergehende Ausgabe, sondern durch eine dauernde, Jahr für Jahr wiederfehrende Belastung des Universitätsvermögens erreicht werden kann, so­­lt Ichon aus diesem Grunde eine rasche Verfügung nicht ratsam, abgesehen davon, daß eine eingehende, naturgemäß längere Zeit erfordernde Prüfung schon durch die Beschaffenheit des Universitätsvermögens geboten, welches nach Umfang und Ertragsfähigkeit fest abgegrenzt ist und zum Ziwede der Sicherung seiner Ertragsfähigkeit eine sorgsame Erhaltung des Kapitalstodes notwendig macht. MUedrigens gewährt in wirklich dringenden Fällen das Gefäß ($ 11 des XI. ©.­X. von 1876) die Handhabe zur Einberufung einer außer­­­ordentlichen Generalversammlung, und die Regierung kann davon im Jahre wiederholt und so oft, als sie es für notwendig erachtet, Gebrauch machen. Die positive Verfügungsgewalt der Regierung kann auf nicht „als Logischer Ausfluß Des Aufsichtsrechtes der Regierung” begründet werden, da aus dem gejeglichen Aufsichtsrecht der Regierung nicht solche Konsequenzen gezogen werden dürfen, welche das in demselben Gesetz ge­währleistete Verfügungsrecht der sächsischen Universität vernichten würden. Das Geset stellt das Aufsichtsrecht der Regierung und das­­­ Verfügungsrecht der Universität neben­­einander und geht daher von der Ansicht aus, daß beide Rechte mit­­einander ver­­­träglich seien. Gewiß fan das Gefet, wenn er das Verfügungsrecht des Eigentümers gewährleistet und daneben das Aufsichtsrecht der Regierung wahrt, nicht die Absicht haben, das erstere durch Das fehtere zu annuullieren. Eine Kolision derselben ist auch ausgeschlossen, wenn die im Gesete gezogenen Grenzen von beiden Seiten eingehalten werden. Das Gejeg unterscheidet zwischen den von der sächsischen Universität verwalteten Stiftungen (Fundationen) und den unter freier Verfügung stehenden Vermögenseinkünften. Hinsichtlich der ersteren, der Stiftungen, ist die Universität in ihrem Verfügungsrechte durch die Fundationalbestimmungen beschränkt,­­­nach welchen die Verwaltung und Vernwendung des Stiftungsvermögens zu erfolgen hat. Hinsichtlich der legteren, der unter freier Verfügung stehenden Vermögenseinkünfte, bestimmt das Gefäß, daß sie nur zu kulturellen Zwecken und zwar zu Gunsten der Einwohnerschaft des Königsbodens ohne Unterschied der Religion und Sprache zu verwenden­­­ seien. Die Verfügung der Universität über ihre Vermögen ist also nur in­­sofern gefüglich eingeschränkt, als eine Verwendung desselben zu anderen als kulturellen Sweden unstatthaft ist und als vom Genusse der unter freier Verfügung stehenden Einkünfte nicht einzelne lasjen der Be­­­völkerung des Königsbodens mit Rücsicht auf ihre Religion oder ihre Sprache ausgeschlossen werden dürfen, während bezüglich der Fundationen solche Verfügungen unzulässig sind, welche den Fundationsbestimmungen zuwider laufen. AL geeignetes Mittel zur Einhaltung der dem Verfügungsrechte der Universität durch das Gefeß gezogenen Schranken dient das durch dasselbe Gefeß statuirte Aufsichtsrecht der Staatsregierung. Das Gefeg erläutert aller­­­dings nicht näher, was unter dem Aufsichtsrecht der Regierung zu verstehen sei; da es sich aber hier um die Aufsicht über eine Verwaltung aus Gründen staatlichen Interesses handelt, wann das Aufsichtsrecht nur in seinem gewöhn­­­lichen staatsrechtlichen Sinne gemeint sein. Der Inhalt­­­ des Aufsichtsrechtes im allgemeinen staatsrechtlichen Sinne und abgesehen von weitergehenden positiven Rec­htsvorschriften ist aber der, daß frast desselben gesäßwidrige Hand­­­lungen verhindert werden können, nicht dagegen der, daß Frast desselben in eine gejegmäßig geführte Verwaltung eingegriffen werden darf. Demgemäß man das in die Hände der H. Regierung gelegte Aufsichtsrecht nur den Zied haben, Verfügungen zu hindern, welche dem Gejege widersprechen; es kann nur den Inhalt Haben, daß innerhalb des Umsreifes des Verfü­gungsrechts Verfügungen bestimmten Inhalts erzwungen werden. Ebensowenig Hat jemand, 3.8. ein Bewohner des Königsbodens, gegen­­­­­­über der Dispositionsbefugnis des Eigentümers ein Recht auf eine Zuwendung aus dem Universitätsvermögen. Die Ablehnung einer solchen enthält seine Newitzverlegung und sie bietet eben deshalb auch keinen Anhalt fü­r das Ein­­­greifen der Aufsichtsorgane.­ Er kann aus dem nämlichen Grunde auch von seinem Rekurzrechte die Rede sein, weder für die doch die Ablehnung be­­­troffenen Interessenten noch für die bei der Abstimmung unterlegenen Mit­­­glieder der Generalversammlung. Denn die Beschwerde feßt voraus, daß eine Unterinstanz eine rechtsverlegende Entscheidung gefällt habe. Von einer solchen Entscheidung kann aber nicht gesprochen werden, wo es sich lediglich um eine Verfügung des Eigentümers über sein Eigentum handelt. Nur eine Anzeige an die Aufsichtsbehörde könnte Plab greifen, dahin gehend, daß die General­­­versammlung gejegwidrige Besschlüfse gefaßt habe. Durch die Anzeige gewinnt der Anzeigende aber nicht die Rolle einer Partei und er vermag durch die­­­selbe die Befugnisse der Aufsichtsbehörde nicht zu erweitern.­­leichviel ob die Aufsichtsbehörde aus eigenem Antriebe oder ob sie auf Anzeige hin einen Beschluß facht, ihr Beschluß wird immer Aufsichtsbeschluß sein müssen, und daher niemals in einer positiven Verfügung über das Universitätvermögen zu Gunsten des Anzeigenden oder der von ihm vertretenen Interessenten be­­­stehen können, soll nicht das V­erfügungsrecht des Eigentü­mers und damit das Eigentumsrecht selbt negiert werden. Aus den hier entwicklten Gründen hält sich die achtungsvoll gefertigte Generalversammlung der sächsischen Universität, da sie in der Wahrung des Eigentumsrechtes eine ihr auch doch das Gefeg auferlegte Pflicht erblicht, für nicht berechtigt, der von Em. Erzellenz empfohlenen Textierung des 8­­13 des von der Geschäftsordnung der Generalversammlung handelnden Reglements beizutreten. Ebenso wenig ist auch ihre auf die symbolische Wahrung ihres Verfügungsrechtes gerichtete Intention doch die auf den $ 2 des Statutes über die Geschäftsordnung des Zentralamtes der sächsischen Universität bezüg­­­lichen Bemerkungen des hd. Ministerialerlasses erfüllt, wornach Ew. Erzellenz sich mit der Gegenzeichnung der Universitätsarten durch den Universitäts­­­sekretär zufrieden erklärt nur „in der V­orauslegung, daß nach der „diesbezüglichen Vorstellung des Sachsen-Romes im Falle der zwischen dem „Sachsen-Romes und dem Universitätssekretär auftauchenden Meinungsdifferenz, „beziehungsweise Kollision, der Geschäftsgang infolge der vom Sekretär ver­­­­weigerten Unterschrift eine Stellung nicht erleiden werde, nachdem nach „S 13 Bost 2 des Statuts der Sachsen-Romes in einem solchen Falle „den Sekretär vom Amte suspendieren,­ einen Substituten „Für denselben ernennen und durch denselben das bezüg­­­liche Schriftstüd unterschreiben lassen kann: mit dem Bor­­­„behalte jedoch, daß, wenn bei alledem infolge einer derartigen Kollision in „dem Geschäftsgange zum Nachteile der öffentlichen Interessen eine Stedlung “eintreten sollte, der betreffende Minister über diesfällige Vorstellung des „Sachsen-Romes Hinsichtlich des weiteren Verfahrens verfügen werde.“ wieder zur Poesie zurücgekührt und Hilft mit echter Begabung diese so weit zurückgebliebene Arbeit unserer deutschen Kultur auf heimischem Boden tüchtig fordern. Im welchem­ Gegentage steht dieses Drama zu Schusters Lyrik, und wie spiegeln sich in beiden zwei so grundverschiedene Perioden unserer jüngsten Geschichte! Die Fünfziger Jahre gaben unter uns noch Raum zur Beschau­­­lichkeit und tonlsicher Genügsamkeit; das Drama „Alboin und Rosimund“, das heute vor und Hintritt, ist ein Werk, wie im Berne geschrieben. Scharf und kantig, knapp und strenge R­­­ec­­ henilfeten. Litterarische Heminiszenzen und Streifzüge. Bon Michael Albert. (Schluß.) Bezüglich der Sachseneinwanderung macht und die magyarische Soutr­­­nalistit bei Besprechung der Hermannstädter Festtage auch auf eine unter ung sehr beliebte Geschichtsfälschung aufmerksam! Umsonst, sagt sie, Habe man uns sonnenflar von magyarischer Seite beiwiesen, daß daß „Ad retinendam coronam“ — auch die „Flandrer” tragen es nämlich auf ihrer Fahne — mit der Königskrone gar nichts gemein habe, sondern daß corona „Kronstadt“ bedeute. Da Haben mwir’s! Wir glaubten, daß dieses Ergebnis scharfsinniger Sorcchung längst aus der Welt hinausgelacht sei, und da steht'­ nun wieder und ruft und zu, daß wir nur zur Erhaltung Kronstadts ins Land herein­­­gerufen seien. Aber diese Forschung wird noch tiefer dringen und unseren Stolz auf jenes Königewort noch um drei Oftaven herabstimmen. Sie wird darauf kommen, daß es in der Mitte des 12. Jahrhunderts weder ein Burzen­­­fand, noch ein Kronstadt gab, und daß, da nach der neuesten Onomatologie der Name „Kronstadt“ seinerseits auch w­eder nicht mit „Krone“ gemein habe, sondern daß corona aus „Kronamette “ (Wacholder) herzuleiten sei, die guten Slandrer zur Erhaltung des Wachholders herbeigezogen worden. Was er mit dieser Konservierung des Wachholders eigentlich auf sich hat und wen man damit allenfalls hat hinausräuchern wollen, das werden diese Herren Gelehrten schon auch noch herausstöbern. Die „Flandrer am Alt“ aber sind und bleiben auf eine Geschichtsfälschung. Doch retten wir und aus diesem Wachholdergestrüpp heraus auf einen freundlicheren Schauplat — auf die Bühne des kleinen, aber anmutenden Theaters in Hermannstadt. Behandelt einer unserer Voeten einen vaterländischen Stoff, so wird er sich schon aus diesem Grunde mehr oder weniger von den Bühnen de Auslandes ausschließen. Gemeinverständlichkeit und Interesse gehen dem Drama ab, mag die Idee so allgemein giltig sein, als sie will, oder Fan; behandelt er aber einen allgemeinen Stoff, so begiebt er sich ins Gedränge einer Konkurrenz, die mit größeren Mitteln und Erfahrungen arbeitet, als mir es vermögen. Die Aufführung der „Flandrer am Alt“ gilt mir in­­soweit als eine nicht hoch genug zu schägende That für unsere bescheidene, poetische Litteratur, als die Bühnen und opferfreudigen Veranstalter dieser Aufführung unserer heimischen Produktion einen Punkt markierten, auf welchem auch diese zu Leben und Wirkung kommen kann und wo sie anfangen muß, die Kinderschuhe wegzumerfen. — Mag diese Aufführung auch manches zu w­ünschen übrig gelassen haben, mag ‚die Weglassung größerer Partien und so mancher Heiner, die Hauptgeschehnisse vermittelnder und motivierender Stellen, dem Stude arg und Leben geschnitten haben, die Verkörperung der Hauptsahen war doc da und widerlegte den Vorwurf, das Drama sei nicht bühnengerecht. Die Beweglichkeit der Handlung, die dramatische Steigerung von Akt zu Art bis zum Schluffe wurde gerade durch diese Aufführung, wie mich dünkt, klar und greifbar Hingestellt, mag sie leugnen, wer will. Ich finde, daß man im Ganzen die Darsteller zu strenge beurteilt hat. Hauptsächlich Herrn Blasel. Wenn das Stück hie und da sich seitwärts senfte, al wolle die Last umschlagen, so war doch hauptsächlich er es in der Hauptrolle, der alles wieder ins Gleiche hob und glückik über die Bühne trug. Er ist ein gebildeter Schauspieler mit schönen Mitteln. Den „Slandrern” hat er tief auf den Grund gesehen, wie ich mich aus manchen Andeutungen, die er per­­­sönlich gegen mich äußerte, zu überzeugen Gelegenheit hatte. Auch die Andern leisteten alle ihr Bestes; es würde mich Hier, so lange post festum, zu sehr ins Breite führen, Einzelnes zu besprechen. Ich erwähne nur, daß ich während der Aufführung mit seltsamenm Interesse an jedem dieser Darsteller hing und sein Schidsal all das meine empfand. Ich habe das Gefühl, als hätten sie mir einen großen Freundesdienst ertwiesen, vom Ersten bi zum Lebten. Doch ich bin schon zu lange und vielleicht mehr, als gut und schicklich ist, in Bezug auf die „Slandrer“ mein eigener Anwalt gewesen. Mögen sie sich auch künftig in der Gunst der Bolfsgenossen zu­ erhalten versuchen. Sagte ich früher von der „Schwarzburg”, Traugott Tentsch Habe mit ihr unvermutet und kräftig Durchgeschlagen und einen tüchtigen Nik in den Zweifel und die Teilnahmlosigkeit gegenüber unserer heimischen, poetischen Litteratur gemacht, so haben die Werte der „Slandrer“, und zwar nicht wenig auch durch ihre Darstellung auf der Bühne, in den Urwald jener nüchternen Gleichgiltigkeit einen Weg gehauen, auf dem Größeres und Vollendeteres von Anderen nach­­folgen mag, ohne sich bei der Designation zu Ti­che zu sehen. Schon in Schullers epische Dichtung „Reinold“ ein beliebtes Werk geworden, da er sich durch leichten, fließenden Erzählerton, hübische Episoden und einfachen, schlanfen Aufbau auszeichnet und schon erhebt si Hinter den „Slandrern” auch ein neues Drama, das diese gerade in jenen Eigenschaften, die bei ihnen an Schwäche empfunden worden. kräftig überragt, ich meine Friedrich Wilhelm Schusters „Alboin und Rosimund.” Schuster ist somit nach langer P­ause ist sein Stil, dü­fter, voll Sturmgemwölf sein Hintergrund, und rücsichtslos, ins Ungeheure ausgreifend, die in Konflikt geratenen Leidenschaften. . .,Sie sperren ihren Rachen hungernd auf, Weit wie der Wolfhund,voller Gier nach Fraß.« Das­ Stück hat einen echten und starken dramatischen Zug,aber der Stoff,an sich schon wild und erschreckend,vertrug eher mildernde,als verstärkende Farbe 11.Allerdings vertritt Albiswind im Gegensatze zu Rosimund dieses mildernde Element,aber sie verdämmert,wie ein müdes Licht,in den tiefen Nachtschatten einer fessellosen Urwelt mensch­­­licher Leidenschaften.Die Konsequenz des Bösen entreißt schließlich die Hauptpersonen vollständig unserer Teilnahme,so zuletzt den Helmichis, so Rosimund.Daß sich diese zuletzt feil und ehrlos dem lendenlahmen Longinus in die Arme wirft,macht sie reif zum Untergange.Es ist das alles wohl erworgene Absicht des Dichters;es ist,wie gesagt,die Konsequenz des Bösen.Schichter will nicht tragische Rührung erwecken,welche aus menschlicher Teilnahme am Helden entsteht;«er will,dünkt mich,wie Shake­­­speare in RichardlII.,die Erhabenheit des Bösen hinstellen,die durch das Moment der Freiheit ästhetisch wirkt,denn es entzückt und erhebt den Menschen, wenigstens für Augenblicke das ewige Maßerhalten der Gesetze zerrissen zu sehen und im ausbrechenden Vulkane ein Bild der Kraft und Entfesselung des eigenen Geistes zu sehen,in der Zerstörung die Freiheit zu fühlen Das Weltgesetz sorgt sofort dafür,daß diese Freiheit sich selbst vernichtet und setzt die Schranke des Sollens unerbittlich wieder an ihre Stelle.So erscheint mir diese düstere Tragödie mit dem Totenschädel.Die Szene,in welcher dieser als Trinkschale benutzt wird,ist meisterhaft aufgebaut. Ich aber schließe diese Reminiszenzen und Streifzüge mit einer schönen, wie direkt an unser Volk gerichteten Stelle aus,,Alboin und Rosimund«: »Ein elend Volk,dem nicht gesungen wirdl Es that wohl nichts,das würdig wär’des Liedes.« «

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