Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. September (Jahrgang 19, nr. 5692-5717)

1892-09-11 / nr. 5701

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Die chinesischen Vorlande scheinen allmählich das Schiefal der mittelasiatischen Sultanate und SKhanate teilen zu sollen; sie­­­ werden umgangen und nach nach in sehr wechselnden Formen eingezogen. Wenn eine Zeitungsmeldung China bei Rußland eine energische Protestnote gegen das Vorgehen auf dem Park­ einliefern, eine andere aber in die Er­­­richtung russischer Konsulate in den hauptsächlichsten chinesischen Hafenstädten willigen und den Schwerpunkt seiner eigenen europäischen Diplomatie künftig nach St. Petersburg verlegen läßt, so ist doch zwischen diesen beiden Angaben der Widerspruch mehr ein scheinbarer­ China Fan auf diese Weise einen legten Ber­uch gegen die seinen Vorlanden bevorstehende Umkllammerung machen­­­ wollen, zugleich der formellen Protest an einem und durch fachliches Ent­­gegenkommen an anderen Punkten. Unbefümmert zugleich um den Tsung-li- Yamen in Peking, wie um die Dominingstreet in London schiebt unterdessen Nußlard aus seinem europäischen Gebiete Truppen nach Mittelasien nach); und wenn dem gegenüber Mr. Gladstone seinen indischen Staatssekretär Carl of Kimberley vorläufig eine „meisterhafte Unthätigkeit einnehmen und den Af­­­ganen­ Emir Abdurrahman gegenüber der russischen Bedrohung auf seine eigenen Hilfsmittel an­weisen läßt, dann zeugt das ziwar vielleicht von einer richtigen psychologischen Beurteilung asiatischer Dynasten und der gegen sie anzuwen­­­denden Taktik, wird aber voraussichtlich weder nach dem Jahreswechsel die Angriffe der Toryopposition im englischen Unterhause, noch auch regt das rus­­­sische V­ordringen in Nordofganistan aufhalten. Wenigstens in seiner asiatischen Aktion wird Rußland weder durch seine sanitären Verhältnisse, noch durch seine vorjährige Hungersnot gehemmt. Auch im Innern von Rußland scheinen sich unterdes eingreifende Ver­­­änderungen vorzubereiten. Die angekündigten oder debattierten Veränderungen in dem auswärtigen Amt und dem F­inanzministerium des Bärenreiches erklären si zwar zur Genüge durch das persönliche Befinden der Minister dr. Giers und Woschnegradsky; dennoch kühnten sie ein weitgehendes Moment innerer Entwicklung enthalten, zunächst einer solchen in den Höchsten amtlichen Schichten des Staatsorganismus, die aber leicht weitgehende Folgen haben könnte. Ales­­­zander III. experimentiert mit den verschiedenen Ministerien und ihren Leitern, ein Beweis, daß er ich bei dem jeigen Stande der Staatsgeschäfte, bezw. ihrer Verteilung nicht behaglich fühlt. Man spricht von einer geplanten Ber­­­g­­einfachung und Entlastung des jeigen Zustandes durch einen Ministerpräsi­­­denten, der dem Hafen allein verantwortlich wäre und dem dafür die Ressort­­­minister untergeben sein sollten. So überraschend es manchem Klingen mag: einen solchen Ministerpräsidenten giebt es bisher in Rußland nicht, und wenn im Gothaer Kalender vor den einzelnen russischen Ministerien zunächst das persönliche Kabinet des Zaren, dann aber auf Senat und Reichsrat aufgeführt sind, andererseits aber auch z. B. unter dem Kriegsministerium gleich sämtl­­liche Armeekorps mit ihren Kommandos rangieren, entspricht dies ganz Forrest dem­­jenigen russischen­­­­erwaltungszustande; das persönliche Kabinet des Zaren steht über den Ministerien, ein Zustand, der freilich die Ordnung und Schnellig­­­keit der Geschäftserledigung nicht eben befördern kann und dem gegenüber schon deshalb auf Abhilfe gedacht wird. C8 ist merkwürdig, wie sehr diese einem arbeitseifrigen und pflichtge­­­treuen Zaren nachgesagten Pläne mit den Verhältnissen zusammentreffen, die in den rechten Monaten des vorigen Zarenregimes bestanden, dort allerdings, um eine furchtbare Unterbrechung zu erfahren. Ohne förmliche Ernennung zum Ministerpräsidenten hat in den legten Regierungs- und Lebensmonaten Ale­­­xanders II. der bekannte General Loris­ Melifom die bezüglichen Funktionen­­­ ausgeübt; näher fällte man vielleicht dem Zustande nach, wenn man ihn als eine Diktatur jenes armenischen Heerführers und Staatsmannes unter der Oberhoheit des Zaren bezeichnete. Aber eben darin war auch die innere Un­­­vermeidlichkeit seiner Befeitigung gegeben, zum mindesten nach dem gründlichen Mißerfolge, den die Sicherheitsmaßregeln des Diktators für Alexander II. an dem blutigen 13. März 1881 gehabt hatten. Nominell war das Nesfort des General Loris­ Melitow das Ministerium des Funern gewesen, welches ja auch mit dem persönlichen Kabinet des Zaren den nächsten jühlichen Zusammenhang hatte; es ist also das Polizeiministerium, und aus einem erfolgreichen Dienst in demselben sind mehrere der namhaftesten russischen Diplomaten zu ihrer späteren Laufbahn emporgestiegen. Aber, wie gesagt, eine so außerordentliche Stellung verlangte zu ihrer Rechtfertigung Ergebnisse, die ihr nicht beschieden waren; nicht ohne Zeichen persönlichen Mitfallens hat kurz nach seiner Thron­­­besteigung Alexander III. den befähigten, aber unbequem selbstbewußten lei­­­tenden Minister seines Vaters verabschiedet. Wenn er jecht wieder auf eine z­war nicht gleiche, indes doch ähnliche Einrichtung der Staatsgeschäfte zurückgreifen sollte, dann wäre das nach einem so völlig entgegengesegten Anfang immerhin eine merkwürdige Wendung. Diejenige zu der Anbahnung konstitutioneller Form­en, welche dam­als in Rußland beabsichtigt war, wäre damit freilich noch keineswegs gegeben. Man könnte sogar eher das Gegenteil behaupten. Jene legten Pläne Alexander II. und des Generals Loris-Melitom sollen unter anderem auch die Einberufung einer, natürlich lediglich beratenden Notabeln-Versammlung umfaßt haben; an­­­geblich lag sogar ein Aktenstüb mit dem Befehl zu Delegiertenwahlen aus den Siemft­vos oder Landtagen des Gouvernements adel3 an jenem verhängnisvollen 13. März 1881 auf dem Schreibtishe Alexanders II. Aber die seitdem in Rußland eingetretene Entwicklung hat einen völlig entgegengelegten Weg ge­­­nommen, und die Sjemjtivos haben ihre Kompetenz nicht vermehrt, sondern unver­­­mindert gesehen. Er muß allerdings hinzugefügt werden, daß sie sich bedeutenden Aufgaben gegenüber, wie der vorjährigen Mißernte mit ihren sanitären und anderen Konsequenzen schlecht bewährt haben, was freilich ihre Verteidiger auf ihren ungenügenden Wirkungskreis zurückführen; man scheint hier in der That einem intiösen Zirkel gegenüber zu stehen. Aber obgleich jene Einlegung eines Ministerpräsidenten zweifellos im Sinne einer strafferen Konzentration erfolgen und damit dem konstitutionellen Gedanken noch schärfer entgegenzuarbeiten bes­­­timmt sein würde, ihre Wirkung würde auf die Dauer vielleicht doch eine ganz andere sein. Eine solche Berufung eines Premierministers ist in sämtlichen Ländern der vorbereitende Schritt zu einer Teilung der Verant­wortlichkeit ge­­­wesen; ursprünglic­­hat im den europäischen Monarchieen der Herrscher mit „einem Staatsrat oder Geheimkonfeil regiert, deren einzelne Mitglieder unter­­­einander gleichgestellt waren und sein anderes Haupt hatten, als den Souve­­­rän; in verschiedenen konstitutionellen Ländern finden sich noch Spuren dieser Anfänge, innerhalb Deutschlands unter anderm in Baiern, wo das Ministerium wenigstens formell einen engeren Ausschuß des Staatsrates bildet und das seit dem Grafen Hegnenberg- Dur (* 1872) auch seinen Ministerpräsidenten, sondern nur mehr Vorfigende des Ministerrates gehabt hat. Die in Rußland angeblich jet geplante Berufung eines Ministerpräsidenten würde nach der Absicht des kaiserlichen Berufers noch einen Schritt weiter von der konstitutio­­­nellen Entwicklung abführen; man glaubt, daß die bekannte Ansicht Nikolaus I. über parlamentarische Formen auch die seines Engels ist, daß dieser wie Die auswärtigen Sympathien und Antipathien, so auch die inneren Pläne des Großvaters geerbt hat; aber die geschichtliche Entwiclung geht selten einen geraden, sondern gewöhnlich einen Umweg, und daß sie in dieser Beziehung mit Rußland eine Ausnahme machen sollte, für diese Vorauslegung­­­­ürden die Ursachen wohl schwer zu finden sein. Genug, wenn sich für den der pers­­­önlichen Verantwortung so stark bewußten Zaren der jenige Zustand als un­­­haltbar herausgestellt haben sollte; für das weitere könnte man dann schon die Entwicklung der Dinge folgen lassen. Neu auf russischem Boden wäre übrigens dergleichen durchaus nicht so sehr, wie die gewöhnliche geschichtspolitische Auffassung annimmt. Das Rufsen­­­reich selbst als unabhängiger Einheitsstaat ist nicht etwa uralt, wie auch bei geschichtsundigeren Leuten die un­willkürliche Beurteilung lautet; er stammt aus dem Jahre 1612, als der Bürger Minin und der Fürst Poharskij die Polen aus Moskau vertrieben ; zur Zeit seiner großen Krise durch Napoleon I. war er gerade zwei Jahrhunderte alt. Andererseits haben konstitutionelle An­­­wandlungen dort auch später nicht gefehlt; unter der dritten Nachfolgerin Peter­ I., der Kaiserin Anna und deren Nichte, der Regentin Anna Bar­ Iowna, strebte der Senat eine Rolle analog derjenigen des englischen Ober­­hauses an, aus welchem sich doch ert später das englische Unterhaus entwickelt hat, aber die Tochter Peters I., die Zarin Elisabeth, räumte mit diesen Ideen auf und deren zweites Auftauchen in der polenfreundlichen Umgebung Alexan­­­ders I. endete in dem gescheiterten Militäraufstande gegen Nikolaus I. am 26. Dezember 1825. Seitdem haben, bis auf jene lebten Möglichkeiten unter Alexander II. diese Ideen geruht; aber wer konnte behaupten, daß sie nicht wieder auftauchen sollten? Die gesamte europäische Entwicklung spricht für sie , und troß des Vordringens in Asien wird gerade Alexander III. kaum für den Träger einer lediglich asiatischen Macht angesehen sein wollen. Auf jeden Fall beweisen jene Gerüchte, daß man bei Rußland mit bis­­­her lange nicht erwogenen Möglichkeiten zu rechnen hat. Seit seiner mittel­­­alterlichen Ueberflutung durch die Mongolenherrschaft und dem Wiederauftauchen aus derselben hat es sich beständig in einem inneren Entwicklungskampfe bes­­tanden und seine Gründe sprechen dafür, daß sein von Nikolaus I. festgelegter innerer Zustand fein definitiver zu sein bestimmt wäre. Zur Burchführung des 15. Genetartikels von 1891 ü­ber Das Kinderbewahrnwesen, schreibt der „Bester Lloyd“ vom 9. d. M., ist dur die Schaffung des Regulativs für Kinderbewahr-Bräparandien, mit dessen Publikation heute im Amtsblatte begonnen wird, ein neuer wichtiger Schritt gethan worden, und dieses Regulativ beschließt auch vorläufig die Hinsichtlich der Heranbildung von Kinderbewahrerinnen getroffenen bedeutenderen Verfügungen. Anfang dieses Jahres hatte der Unterrichtsminister den Lehrplan für die Kinderbewahr-präparandien erlassen, im Bildungsinstitut des ungarländischen Central-Fröbel-Bereing einen Lehrer- und Lehrerinnens Lehrkurd eingerichtet, in Hodmezö-V­arc­arhely und Preßburg Präparandien für Kinderbewahrerinnen ins Leben gerufen und das Zustandekommen eines ähnlichen Institutes in Gepfi- Szt.-György gesichert. Bei der Zusammenstellung des nunmehr veröffentlichten Negulativs sind die bisher in den schon bestehenden vaterländischen Instituten für Kinderbewahrerinnen, sowie auch die auf dem Gebiete der Mädchenerziehung gemachten Erfahrungen nußbringend verwertet worden. Einen besonderen Bes­­weis hiefür liefern die auf die Internate bezüglichen Abschnitte, deren Zimed es ist, zur Leitung der Bewahranstalten gebildete, bescheidene und arbeitsame Frauen heranzubilden. Außer der Studienordnung und der Disziplin erscheinen in dem Regulativ auch die sanitären Erfordernisse in allem sorgsam berücks­­­ichtigt, wie denn überhaupt, wenn man die getroffenen Anordnungen überblicht, dreist behauptet werden kann, daß ein Institut, diesen Anordnungen entsprechend organisiert, geradehin musterhaft sein müsse. Im Interesse der Entwiclung und Förderung der Angelegenheit kann man sehr gute Resultate von jener Bestimmung des Regulativs erwarten, welche die Pflicht des Lehrkörpers und der Lehrerinnen nicht nur darin findet, daß dieselben ihre Obliegenheiten beim Unterrichten gut erfüllen, sondern auch das Prinzip ausspricht, daß dieselben ihre Kenntnisse und ihre fachliche Ausbildung stets erweitern. Al ein sehr ge­­­eignetes Mittel hinzu werden die methodischen Konferenzen mit der Besprechung vorher festgestellter Fragen aus der Sphäre des Kinderbewahrnwesens und der Bewahrerinnenbildung verbunden. Uebrigens fan es für die Lehrkörper nur von beruhigender Wirkung sein, daß das regulativ gebührendes Gewicht auf­­­­­­­­ Bienilleton. Unter der Königstanne, P­reisgefrönter Roman von Maria Theresia May. (5. Fortlegung.) II. Das Leben ist verrauschet, Die Lichter Leichen aus; Schauernd mein Herz am Fenster lauschet Still in die Nacht Hinaus. Eichendorff. Nur ein Schwacher, gelblich-roter Schein im Westen bezeichnete noch die Stelle, wo die Sonne untergegangen war. Während allmählich auch dieser legte Schimmer den sonnenhellen Tages erblaßte, kam mit der unheimlichen blauen Dämmerung auf schnellem Fittige ein Sturm. Mächtig anschwellend rüttelte er an der Fahnenstange, von der das gelb-weiße Fahnentuch,­­­ welches Mittags im Sonnenlichte so freundlich ein Willkommen den Gärten zugenb­t hatte, bereits eingezogen war. In den Defen und Kaminen heulte der Wind und schlug jede Thür, die der Deffnende nicht vorsichtig festhielt, sofort wieder zu. Im Garten wirbelte der Unhold der Lüfte den feinen Kies der Wege auf und taufte grausam in den Fahlen Resten der alten Kastanien, die im langer Reihe den linken Schloßflügel begrenzten, so daß ihre langen, winterlich dürren Hefte bei der vergeblichen Gegenmwehr dann und wann an die Fenster des ersten Stockes klopften. In eines der dort gelegenen Zimmer war eben ein junger eleganter Mann getreten. „Licht! Und die Jalousien herunter!“ Herrschte er seinem Diener zu, der ihm gefolgt war. Im wenigen Augenbliden beleuchtete eine große Lampe das kostbar ausgestattete Gemach und das schöne Gesicht des jungen Mannes, der si lang ausgestrebt auf ein Sopha warf, die Arme kreuzte und die Augen schloß, als wolle er schlafen. Gemächlich ließ der Diener die Salousien herunterrollen, so daß man von dem Ringen der alten Kastanien mit dem Heulenden Sturm nur wenig mehr vernahm. Dann kreuzte auch Monsieur Louis, der Kammerdiener des Heren Baron Salberg, die Arme und blieb vor seinem Herrn stehen. „Der gnädige Herr scheinen müde zu sein,“ sagte er in k­omisch - mitleidigem Zone, „Bei den Anstrengungen des heutigen Tages ist das freilich kein Wunder; ich gestehe, daß sogar meine Nerven angegriffen sind. “Exst der rührende Abschied von einem lieben Freunde, der uns in Höflicher Weise an eine Ehrenschuld mahnte, die wir aber zum Glück sofort zu bezahlen im Stande waren — wir verfügen ja stets über neue Hilfsquelen —, dann das ideliziöse petit dejeüner in reizender Gesellschaft, das sich natürlich in die Länge zog, darauf die tolle Bahrt nach Hause, hier Fühler Empfang, kurze Unterredung mit dem Sch­wiegerpapa, die Aussicht, nie vergessene alte Bekanntschaften zu erneuern, das kann wohl den regiten Geist etwas abspannen und ich bitte deshalb um die gütige Erlaubnis, mich regen zu dürfen.“ Der Sprecher wartete aber diese Erlaubnis nicht ab, sondern machte sie in einem Lautenil bequem, indem er auf das unverständliche Gemurmel des Gefragten die Gegenfrage stellte: „Was sagten Sie, Herr Baron?" Der A­ngesprochene Hatte si aufgerichtet, ein heimtücischer, böser Blit Schoß unter den halbgeöffneten Livern nach dem Diener hervor. „Scheer dich zum Kultus mit deinem Gewäsch!“ rief Baron Salberg in nichts weniger als feinem Tone. „Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht, ich ehe feinen Ausweg aus dieser unangenehmen Geschichte, in die ich Hineingeraten bin, und du schwagest mir Unsinn vor, es ist zum davonlaufen.“ „Wir beide thäten das nicht zum ersten male”, Yachte der Diener Hell auf. „Aber von welcher unangenehmen Geseichte sprechen Sie?" fragte er plöglich parodierend, und als Salberg tragig schwieg fuhr der Diener mit ironischer Höflichkeit fort: „Ich glaube doch, Herr Baron, daß Sie die Gnade haben werden, Ihren sehr ergebenen Diener von der Unterredung mit dem Herrn Baron von Rotheim-Fernow etwas eingehender zu unterrichten. Sie wissen ja, daß nur die treueste Sorge für Ihr Wohl mich zu der Scheinbar etwas unbescheidenen Frage zwingt. Nun was gabs?“ fehte Monsieur Louis beinahe drohend Hinzu, als Galberg noch immer nicht antwortete. Wie ein Snabe, der si fürchtet, senkte G­alberg den Kopf auf die Brust und jagte endlich zögernd, mit ausdrucklosem Tone: „Der Alte weiß alles ?“ „Yes? Das ist ein sehr dehnbarer Begriff, was weiß er?” fragte der Diener Scharf. „Du lieber Himmel! “­­­­atte einige Wertpapiere, die „ihr” gehören, aus dem Wertichranfe entlehnt, t wie ich dir wohl gesagt habe, da in der Kaffe sein Geld war, um die Hypothesenzinsen zu bezahlen.“ „Mir haben Sie nichts davon mitgeteilt. Sieh, sieh, das sind ja sehr interessante Thatsachen, von denen nicht einmal ihr getreuer Louis etwas triffen durfte. Darüber konnte ich mich getränkt fühlen, wenn jedr Zeit dazu wäre. Warum erfuhr ich nichts von den entlehnten Papieren?” fragte der Diener in seltsam drohendem Tone, is „So hielt das für überflüssig”, entgegnete Salberg mit erzwungenem adhen. „So, für überflüssig“, sagte der Diener Höhnisc, „aber al Sie die glänzenden Spielzeuge ihrer, ich hätte bald gesagt „tollen“ Braut nötig hatten, da war ich nicht überflüssig.” „Stil“, fuhr der junge Mann erschrochen fort. „Was erinnerst du mich an die nichtswürdige Geschichte mit ihrem unseligen Ausgange, der mir wahn­­­sinnig machen könnte, so oft ich daran denke!” „Sa, mich hat dieser merkwürdige Ausgang auch nicht in rosige Laune verseßt,“ meinte der Kammerdiener; „doch Yaffen wir das jegt. Ich muß­ Sie nur dringend bitten, meine Mitwissenschaft in irgend einer Angelegenheit niemals wieder für überflüssig zu Halten, da ich Sie, Herr Baron, ja nur vor Nachteil beiwahren will. Und man erzählen Sie mir: Woher weiß der Alte von Ihrer wahrscheinlich sehr ungefgict in Szene gelegten Entlehnung ?“ Ein feuter Seitenbild Salbergs streifte das blasse häßliche Gesicht des Dieners. „Der Direktor des Hauses Sonndorf, der in unserer Abwesenheit heute ankam, ist zugleich Bevollmächtigter von Theodor Schröder, und der diesen Bevollmächtigten erfuhr der Alte die ganze Geschichte. Er war natürlich mietend.” „Und was sagten Sie?" „Nun, ich bewies dem alten Notheim, daß nur die Absicht, seinen finanziellen Ruin zu verhüten, mich zu dem etwas Fahnen Schritte verleitete. Ich sagte meinem zukünftigen Schwiegervater, daß ich die rechten schlechten Ernteergebnisse nicht mitgeteilt hätte, um ihm seinen Kummer zu machen, daß die Leute in Fernow und Notheim von der Frühjahrsüberschwe­mmung so schwer heimgesucht worden seien, daß ich es nicht übers Herz brächte, mit Härte die Pacht einzutreiben u. s. mw.“ „Sehr gut”, lachte der Diener wieder auf. „Und dann kam das große Versöhnungstable an: Umarmung mit thränenden Augen. Gerührt zu sein, nötigenfalls sogar Ergriffenheitsthränen zu weinen, das verstehen Sie ja ganz, ausgezeichnet. Natürlich schloß die Szene ein zärtlicher Kuß auf die schöne Hand der Marmorbraut.”

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