Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1893. Januar (Jahrgang 20, nr. 5796-5820)

1893-01-13 / nr. 5805

. a) Siebenbürgisch-Deutsches Hermannstadt, Freitag 13. Januar Medaktion und­ Administration Heltauergasse 28. Erscheint mit Ausnahme des auf Honn- und Feiertage folgenden Wochentages täglich. 1 Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 Kr., vierteljährlich 2 fl. 50 kr., halb­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. in Zustellung in’3 Haus, mit Zustellung 1 fl. 3 fl., 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Wortversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 fl., halbjährig 7 fl., ganz­jährig 14 fl. Für das Ausland: vierteljährig 7 RM. oder 10 Fres., halbjährig 114 NM.oder 20 Fres.,gan­zjährig Ls RMJ der OFcm Eine einzelne Nummer tostet 5 fr... W. Unfrantirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. Nr. 5805. XX. Jahrgang Pränumerafionen und Anferate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dannen­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube , Co., Hamburg Infeationspreis: Der Naum einer einspaltigen Garmonbzeile fostet beim einmaligen Einrüden 7 fr., 003 zweite mal je 6 Er., das drittemal jed tr. 6. Wem­clusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1893, Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Die ungarische­­ Hofhaftung. Budapest, 9. Januar. Auf der Tagesordnung des Reichstages stand die Spezialdebatte über den 1893er Staatsvoranschlag: Heinere Portefeuilles. Bei der Bost „Hofhaftung” richtete Referent Johann Alboth an den Ministerpräsidenten die Frage, ob er seine, als Finanzminister abgegebene Er­­kärung, wornach er die Regierung mit der Frage beschäftige, in welcher Weise unsere staatsrechtliche Situation, wenn auch nicht duch Errichtung einer besonderen Hofhaltung, so doch in der äußeren Erscheinung des Hofes zum Ausbruch gebracht werde, aufrechterhafte.­­ Dionys Pazmandy bemerkte,die vom Referenten soeben erwähnte Aeußerung sei infolge einer vom­ Redner im Vorjahre ausgegangenen Anregung vom dam­aligen Finanzminister,dem jetzigen Ministerpräsidenten,in einer aller­­dings recht dunklen Weise abgegeben worden.Hierauf sagte Pazmandy,der Referent möge seine Ausdrücke besser wählen;das ungarische Budget kenne keine kaiserliche und königliche Hofhaltung,sondern nur eine königliche Hof­­haltung.Die Präzision der Ausdrücke sei Oesterreich gegenüber notwendig Das Hofi und Staatshandbuch für 1893 bediene sich folgender Worte: „Vom staat Sr. österreichisch kaiserlichen und königlich apostolischen Majestät“. € 3 sei eine Schmälerung unserer Rechte, daß in diesem Titel Ungarn gar nicht er­­wähnt ist. "Dies verrate die Gesinnung der Oesterreicher. Daß im Hofstaate einige Ungarn angestellt sind, sei noch seine­­ Anerkennung des Rechtes Ungarns auf eine besondere Hofhaltung. Diese bestand durch Jahrhunderte, König Sig­­mund nahm sie sogar nach Konstanz und Aachen mit, um den Glanz seines Auftretens zu erhöhen. Es sei thatsächlich von großer Wichtigkeit, was für Versonen den König umgeben, deshalb verlangt jede Nation, daß der Hofstaat nur aus Einheimischen gebildet werde, deshalb forderte Rumänien, daß sein einziger Deutscher den König Karl begleite. Ungarns Geschichte hätte gewiß nicht so viele traurige Blätter, wenn es stets eine ungarische Hofhaltung ge­­geben hätte. Die volle Eintracht zwischen König und Nation sei ein nationales Interesse, das man durch nichts besser fördern künne, als durch die Errichtung einer ungarischen Hofhaltung. Redner brachte schließlich im Auftrage seiner Partei den folgenden Beschlußantrag ein: „Die Regierung wird angewiesen, wo im Laufe der jenigen Session einen Gelegentwurf über die Wiederher­­stellung der ungarischen Hofhaltung einzubringen.“ Wenn das Haus „diesen Antrag ablehne, werde die Unabhängigkeitspartei die Kosten der Hofhaltung “ fünfzig nicht mehr bewilligen. (Lebhafter Beifall der äußersten Linken.) Dslar Zovanka richtete an den Ministerpräsidenten dieselbe Frage wie der Referent; der Ministerpräsident möge­ bald antworten. Dann sagte der Redner, daß viele wichtige Punkte des Regierungsprogrammes nur große Frage­­zeichen aufweisen. Das Parlament könne nur dann eine erfolgreiche Thätigkeit entwickeln, wenn sämtliche Mitglieder desselben über Die Absichten und die Politik der Regierung orientiert seien. Der Ministerpräsident möge die wüns­chenswerten Aufklärungen erteilen, denn bisher feine die Opposition nur­­zei That sachen: erstens, daß der von seinen finanziellen Erfolgen eingeno­mmene Ministerpräsident auch ein großer Politiker sein wolle; zweitens, daß er­ selber nicht im reinen zu sein scheine,­­wie er dies erreichen solle, oder, wenn er im reinen sei, bemühe er sich, es zu verbergen. Aros Beöthy drückte die Erwartung aus, daß der Ministerpräsident sich durch seine vorjährige Zusage noch gebunden fühle, denn Versprechungen werden ja gemacht, um erfüllt, nicht um­gebrochen zu werden. Das Recht Ungarns auf eine besondere Hofhaltung werde hier einhellig anerkannt, deshalb sei es aber noch immer nicht überflüssig, daß auch das Haus dies ausdrücklich ausspreche. Der Ministerpräsident hat die volle Eintracht zwischen­ König und Nation als einen Kardinalpunkt der nationalen Politik bezeichnet. Ganz richtig, aber es frage sich, auf welcher Basis die Eintracht erreicht werden so. Keines­­falls dürfe die Nation von ihren Rechten etwas aufgeben. “Und da herrsche eben ein gewisses Dunkel, die Thatsachen stimmen mit den Intentionen der Geiege nicht überein. Die Oesterreicher sagen, die Verbindung mit Ungarn sei eine Realunion, wir sagen, sie sei eine Personalunion; dort meint man, die ungarische Krone sei der österreichischen untergeordnet, wir sagen, sie be­iße vollständige Souveränitätsrechte. Die Geseße sprechen für unsere, die Thatsachen für die österreichische Ansicht. Beim Abschluß des Ausgleiches sei man zu ver­­trauengierig gewesen. Da sei es doch klar, was man nun thun müsse. Wer die Basis von 1867 zu präzisieren wünsche, sei deshalb noch sein Revolutionär. Im Vertrauen auf die Reinheit unserer Intentionen müssen wir sie auch zu verwirklichen trachten, und da sei eine, Politik der Aufrichtigkeit und Ent­­schiedenheit, nicht des Schweigens und der Unterwürfigkeit erforderlich. (Be­­stimmung link.) Der Redner kührte dann zur Frage der Hofhaltung zurück. Er wolle nicht so weit gehen, wie es in England der Fall ist, wo selbst die­­ Hofdamen aus den Reihen der jeweilig herrschenden Partei ernannt werden. Solef Mandarap: Schade! Beöthy: Aber wo vom ungarischen Angelegenheiten die Rede ist, soll der Monarch von Ungarn umgeben sein, die ihn dann gut informieren, Redner nehme daher den Antrag Bazmandys an. (Lebhafte Zustimmung der Opposition.) » Ignaz Dar«angs verm­ied es,auf die staatsrechtlichen Erörterungen des Vorredners einzugehen,und bemerkte dann inbetreffder Ansprüche der Na­­tionalpartei,daß das ganze Haus ohne Ausnahme auch bisher ein­e nation­ale Politikbefolge(lebhafter Widerspruch der Opposition)und auch künftig be­­folgen­t werde.Wenn der Ministerpräsident sich Apponyi gegenüber nicht schroff verschlossen,einen nicht noch starreren Standpunkt eingenomm­en habe,könne die Opposition daraus dem Ministerpräsidenten wahrlich keinen Vork­urf m­achen. Die Majorität betrachte die A­ußerungen der Nationalpartei nicht als ein Attentat auf die Basis von 1867,aber die liberale Partei wolle sich auf eine Erörterung des Ausgleiches teils auls Rücksicht auf die au­sb­ärtigen politischen Verhältnisse,teils deswegen nicht einlassen,damit die Reformarbeit nicht ge­­stört werde.(Unruhelinks.)Wer die Einhaltung eines Vertrages vonseite der Gegenpartei verlangt,muß auch selber den Vertrag einhalten.Deshalb müsse man an­ der Basis von 1867 un­entwegt festhalten(Zusti­mmung rechts.) Es werde von der Notwendigkeit gesprochen,die Nation zu­ kräftigen.Das erreiche man mit theoretischen Gesetzen­ nicht.Die Herstellung des Gleichgewichtes, die Konversiom die Regelung der Valuta kräftigen die Nation nicht nur ma­­teriell,sondern auch politisch,denn wohlhabende und unabhängige Nationen besitzen auch darin Garantien der Freiheit. Graf Gabriel Karolyi:Aber die ungarische Nation ist weder wohl­­habend noch unabhängig. Daranyi setzte ferner auseinander,daß Ivanka keinen Grund habe, dem Ministerpräsidenten Mangel an Aufrichtigkeit vorzumeren.Und was die Thatsache an­belange,daß der Ministerpräsident nicht mit beiden Händen nach den Bedingungen Apponyis für die Unterstützung der Reformen zugriff,habe denn die Nationalpartei geglaubt,der Ministerpräsident werde seine Vergangen­­heit verleugnen und sofort kapitulieren?(Unruhelinks.)Der Ministerpräsiden­t erklärte oft genug,er wolle seine exklusive Politik treiben,nicht die Parteis­herrschaft in den Vordergrund stellen­.Alle Parteien,welche eine Reform prin­­zipiell billigen,werden sie gewiß auch un­terstützen. Pazinandy:Un­d die Hofhaltung? Darauyier­inderte,auch er ersuche den Ministerpräsidenten,der voll­jährigen Zu­sage gemäß zu handeln.Die Angelegenheit erheische einerseits Ernst und Entschiedenheit,andererseits Takt und Mäßigung.Und da der Minister­­präsiden­t diese Eigenschaften besitze,sei es nicht notwendig,ihm mit Beschluß­­ent­würfen zu Hilfe zu eilen.Deshalb möge das Haus den Antrag Pazmandys ablehnen.(Lebhafter Beifall rechts,Heiterkeit und ironische Eljenrufe der Opposition.) Ignaz Helfy bedauerte,daß der Ministerpräsident schweige;die oppos­­itionellen Redner sprechen nacheinander ihre Wünschein betreff der Hofhaltung aus,ohne zu wissen,ob der Ministerpräsident am Ende nicht schon m­ehr ers­reicht habe,als sie wünschen.(Lebhafte Heiterkeit der Opposition.)Der Mi­­nisterpräsident möge sich bald über die Loshaltung dann aber auch über eine andere heikle Angelegenheit äußern.Der Redner erinnerte an­ die­ plötzliche Abreise des Hofes von Gödölld. Ueberall legte man dies so aus, daß der Monarch der ungarischen Nation gegenüber ungehalten sei. Die Nation, die durch 25 Jahre Opfer brachte, um die frühere unangenehme Stimmung zwischen ihr und dem König zu beseitigen, die Nation, die ihrer Loyalität und Treue durch das prachtvolle Krönungsjubiläum Ausdruck gab, kann es nicht zugeben, daß Europa glaube, der Monarch zürne ihre. (Lebhafter Beifall der Opposition.) Wenn wir damals eine ungarische Hofhaltung gehabt hätten, wäre das Mitverständnis wohl vermieden worden. E35 wäre dem Könige gewiß gesagt worden, daß ein kurzsichtiger Ministerpräsident unrichtig vorgegangen sei und ihn falsch informiert habe, daß aber die Nation seine Schuld trage. Nedner stimmt für Bazmandyg Antrag. (Beifall der Opposition.) Ministerpräsident Weterle. Geehrtes Haus! Daß ich auf die an mich gerichteten Fragen nicht sofort antwortete, Habe ich darum gethan, weil ich auf die im weiteren Verlaufe der Debatte auftauchenden Fragen gemeinsam zu antworten beabsichtigte. Ich glaube, daß ich dies mit Recht thun konnte, weil ich gelegentlich einer früheren Verhandlung, wenn ich mich gut erinnere, auf die seitens de Herrn Abgeordneten Grafen Albert Apponyi an mich ge­­richteten Fragen erklärte, daß ich alles, was ich sagte,­ zu dessen Erfüllung ich mich verpflichtete, auch wenn er nicht im Regierungsprogramm enthalten ist, im ganzen Umfange aufrechthalte und­ dessen V­ermwirklichung übernommen habe. (Lebhafte Zustimmung rechts.) So glaube, daß mich nach einer so bestimmten Erklärung, wenn ich es schon als berechtigt anerkenne, daß diese Fragen an mich gerichtet werden, wenigstens Fein Vorwurf treffen man, daß ich mich nicht sofort ausspreche, wenn es irgend jemanden einfällt, schon früher aufgeworfene Fragen zu wiederholen. Bevor ich auf das Wesen der Sache übergehe, kann ich z­wei im Ver­­laufe der Debatte aufgetauchte Fragen nicht unberührt lassen. Die erste betrifft die Behauptung des Abgeordneten Aros Beöthy, al würde in Oesterreich die Auffassung herrschen, daß die ungarische Krone der österreichischen K­aiserkrone untergeordnet ist. Unterscheiden wir diese einzelnen Erklärungen und Auf­­fassungen, welche in den Köpfen einzelner vorkommen künnen,­­welche einzelne äußern können, von den Weußerungen maßgebender Männer, welche anders lauten. Ich kann dem geehrten Haufe versichern, daß in Desterreich sein maß­­gebender P­olitiker em­ftiert, welcher den im 12. Gefeß-Artikel von 1867 ent­­haltenen, mit Desterreich geschlosfenen Ausgleich nicht als eine bleibende ständige Schöpfung betrachten würde (Lebhafte Zustimmung), und ich wage zu sagen, daß die dortigen maßgebenden Woritifer dies für ihre eigenen öffentlichen Ver­­hältnisse ebenso als eine Garantie betrachten wie wir. Ich glaube also, daß wir die dort herrschende Auffassung nicht nach einzelnen fallengelassenen Worten, nicht nach den Bestrebungen einzelner, nicht maßgebender Politiker, sondern nach der Ansicht der hiezu berufenen Faktoren, welche mit unserer Ansicht in jeder Beziehung übereinstimmt, beurteilen müssen. (Lebhafte Zustimmung.) Die zweite Frage, welche der Herr Abgeordnete aufgetroffen, bezieht sich auf die Hofhaltung. Der Here Abgeordnete sagte nämlich, daß eine ungarische Hofhaltung notwendig sei, damit der König entsprechend informiert werde. Ich bitte um Entschuldigung, aus jeder anderen Ursache könnte ich die ungarische Hofhaltung akzeptieren, nur aus dieser einzigen nicht, daß nämlich die Hof­­haltung den König informiere. („So ifts! So ists!” reis.) Wenn der Herr Abgeordnete erwähnte, daß er über diese Fragen viel nachgedacht, dann möge er mir gestatten, dies als seine solche Erklärung aufzufassen, welche er in solchem Sinne aufrechtzuerhalten wünscht, sondern daß ich Dieselbe unter jene Fragen einweihe, über welche der Herr Ageordnete nicht nachgedacht hat. Allvs Besthy: Also die Engländer verstehen die Sache nicht. Der Herr Ministerpräsident hat ja nicht einmal meine Rede angehört. (Lärm, Hört! Hört! rechts.) Ministerpräsident Weierle: Das andere, was mich zu einer Bemerkung verpflichtet, ist, daß mich der Herr Abgeordnete Dsfar Jvanfa in seiner Rede mit sehr vielen Beschuldigungen bedachte, weil ich in meinem Programme seine positiven Versprechungen machte. Bisher bin ich der Beschuldigung begegnet, daß ich sehr viele unerfüllbare Versprechungen gemacht habe, und da entdeckt der Here Abgeordnete heute, daß ich sein Versprechen gemacht. (Beifall recht3.) Benillston. Unter blendender Stille Kriminalnovelle von Gustav Höder. (4. Fortseßung.) Ill. Der Mord hatte das Städtchen in ungeheuere Aufregung wertet. Doch sollte dieselbe ihren Höhepunkt ext erreichen, als noch im Laufe des Vormittags Büllide eingebracht wurde, von Gensdarmen und Polizisten geführt. In einem Heinen Fleden, kaum eine Stunde vom Kurorte entfernt, hat m­an ihn ergriffen. Dort war gestern Jahrmarkt gewesen. Der Saliger Johannimarkt war in der ganzen Umgegend berühmt, weil er dabei sehr Hoch erging ; es gab Schiegbuden, Kartouffeln und dergleichen und bis zum hellen Morgen wurde getrunken und gegessen, getanzt und ge­würfelt. Er war schon ein Uhr nachts gewesen, als Züliche dort in ein Wirtshaus getreten war. Er hatte abwechselnd dort ge­­trunken und getanzt und war sehr luftig gewesen, luftig bs zu jener aufge­regten Ausgelassenheit, die man Galgenhumor nennt. Später hatte er dem Becher Giß zur sinnlosen Betrunkenheit zugesprochen, daß man ihn im Wirth­­hause zu Bett bringen mußte. Um die vorgerückte Stunde, wo Zülliche in Saliz erschienen war, hatten die meisten Marktbesucher aus dem Surorte längst den Heimweg angetreten; von den wenigen, die noch zurückgeblieben waren, hatten ihn nur zwei oder drei gesehen, und diese lagen noch im festen Morgenschlafe, als die Mordthat bekannt wurde. Daher erlangte man erit spät Nachricht, wo der Mörder zulegt gesehen worden war, doch kam die Kunde den Wächtern des Geieges noch immer früh genug zu, um ihn no im Bett zu ergreifen und zur Haft zu bringen. Am Nachmittage langte aus B., der Provinzialhauptstadt, Bredow mit seinem Sohne an. Der Vater war ziemlich gefaßt. Zehn Jahre jünger als seine nun ver­­storbene Frau, und ein lebenzlustiger Mann von einnehmendem, stattlichem Aeußern, hatte er diese Ehe nur geschlossen, weil seine Frau ihm ein bedeu­­tendes Vermögen mitbrachte.Er selbst hatte nur ein kleines Spezereigeschäft besessen,und erst der Thätigkeitsdrang der Verstorbenen,verbunden mit einer unersättlichen Ges­innsucht,"hatte das Geschäft zu der jetzigen Höhe und Auss­dehnung erhoben.Wie sie in angeborener Herrschsucht die Zügel des Hausw­giments ergriff,so war sie auch die alleinige Leiterin des Geschäftes.Herr Bredow küm­merte sich so gut wie gar nicht auf dasselbe,sondern ließ sich an den verschiedenen Ehrenämtern genü­gen,die man­ ihm als dem wohlhabendsten Bürger des Städtchens im Gemeindewesen übertragen hatte,und die er mit Bequemlichkeit verwaltete.Das gesellschaftliche Ansehen hatte ihn entschädigen müssen für die schweren Fesseln­,unter denen er seufzte,wenn der unbeugsame Wille der kleinen energischen Frau mit seinen Wünschen in Konflikt geriet, und diese Fesseln waren jetzt zerbrochen.Auch Rudolf,der einzige Sprosse dieser Ehe,hatte unter dem despotischen Drucke der Mutter zu leiden gehabt, aber er wußte,daß siein liebtez das Band zwischen Mutter und Sohn war­­ nicht,wie beim Vater,das Werk materieller Spekulation,sie war ihm heilig als Mutter,«ihr natürlicher Tod schon würde ihn geschmerzt haben,umso tiefer erschütterte ihn ihr gewaltsames End. Derselbe Eisenbahnzug,mit welchem Vater und Sohn zurückgekehrt waren, hatte aus Rauch den Kriminalkommissär und seine Unterbeamten gebracht, worauf sofort die Untersuchung begann. Bald unter Th­ränen,bald unter wilden Ausbrüchen gegen sein tückisches Geschick beteuerte Züllicke seine Unschuld.Als er vor die Leiche der Erm­or­­deten geführt wurde,warf er sich vor derselben in die Knie,bedeckte"die er­­starrten­ Hände uiit Küssen und rief die Tote und alle Mächte des Himmels als Zeugen an, daß er die That nicht­­ begangen habe. Er erzählte, daß er an jenem Abende kurz nach zehn Uhr bereits das Haus verlassen, heimlich und geräuschlos wie gewöhnlich, damit Frau Bredow ihn nicht höre, denn sie duldete selbst von ihrem Manne und ihrem Sohne nicht, daß diese abends ins Wirtshaus gingen. Er habe seinen W­erger, daß ihm Frau Bredow vor allen Leuten die Stelle gekündigt, vertrinken und ver­­tanzen wollen und sei deshalb nach­ Salik gegangen. Der­ Weg dorthin führt in vielfachen Früm­mungen duch den Wald. Zwar habe er den Weg schon oft gemacht, aber diesmal habe er auf denselben nicht Acht gegeben, weil seine Gedanken sich fortwährend mit dem heutigen Auftritte und mit der Sorge um­­­­ ein neues Unterkommen beschäftigten. Infolgedessen sei er vom rechten Wege abgekommen und habe sich immer tiefer und tiefer im Walde verirrt. Er hätte gern gewußt, wie lange er nun schon in der Irre umherlaufe, habe aber das Bifferblatt seiner Uhr nicht zu erkennen vermocht, denn im Walde habe tiefe Sinsterung geherrscht und der Mond sei Hinter Wolfen verborgen gewesen. Da endli brach ein Strahl de Mondes durch das Dunkel und zeigte dem Perirrten wo er sie befand, lautete Zyllides weitere Aussage. Es war eine allgemein bekannte Stelle, deren Nähe von den Bewohnern gemieden wurde: er stand vor dem großen steinernen Kreuz, welches als Wahrzeichen eines vor dreißig Jahren hier begangenen Raubmordes errichtet wurde und von der Farbe des Moves, welches aus dem verwitterten Gestein hervormächst, den Namen das „Grüne Kreuz“ erhalten­­ hatte. Auf dem Gobel des Kreuzes saß eine regungslose Gestalt. — Ein leises Grauen überschlie­hüllide, aber er war bald überwunden. Er rief die Gestalt an, und da er seine Ante wort erhielt, trat ex eniichl offen auf sie zu. Es war Kandler, der Korkschniger. Auf Zülides Frage, warum er­ ihm seine Antwort gegeben, erklärte jener lachend, er habe nur prüfen wollen, ob Züllide sich fürchte. Die flüchtigen Augenblicke benugend, wo der Mond von Wolken frei war, zog Züllide seine Uhr, die eine Biertelstunde nach Mitternacht wies. Das „Grüne Kreuz” lag eine tüchtige Stunde vom Kurorte entfernt. Er erzählte dem Korkichinger, daß er sich verirrt habe und­ nun schon seit zwei­ein­viertel Stunden nach Salit unterwegs sei, und trug ihn, was er hier an diesem abgelegenen und verrufenen Orte mache. Kandler sagte, er füge ebenfalls von Salit und ruhe sich hier ein wenig aus; um nicht mit den verschiedenen rauflustigen Betrunkenen gehen zu müssen, die auf der Nachfehr begriffen seien, habe er diesen Umweg gewählt. Hierauf b­eß Züllide sich von Sandler den Weg nach GSalit betrieben, der von hier aus leicht zu finden war, verabschiedete sich von ihm und langte gegen ein Uhr in dem Wirtshause an, wo er bei Becher und Tanz die Nacht verbrachte. So lautete Zülliches Erzählung, dur­ die er sein Alibi zu beweisen suchte. Über dieser Versuch wurde doch die Aussage der dabei beteiligten Person hinfälig. Kandler gab bei seiner Vernehmung­ bestimmte Erklärung ab, er habe an jenem Abende mit seinem Schritte sein Haus verlasen, könne also weder in­halig gewesen, noch am „Grünen Kreuze” mit Züllide zus

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