Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. September (Jahrgang 24, nr. 7208-7233)

1897-09-11 / nr. 7217

Aodaästion undxidministration Hermannstadt,Heltauergasse 23. Thequel­onto bei derle.ung.poslsparkassakk­.1305. Telchsuanschlußik­.DL Erleintringen­ nahm des anf zenni und Feertage folligenden Rot-Zentime-täglich. gibonnementfikr hermannstadk monatlich 85 kr--«Pierter ji­hrlich 2sl.5okr.,halb­­jährig 5fl.,» ne 10 fl. ol Bustellung in’3 Haus, mit Bustellung 1fL, 3 fl, 6 fl. 12fl. Abonnement mit Bestversendung: ‚ „Hr das Inland: viexteljährig 3 fl. 50 fl, selbjährig 7 fl, ganze jährig 14 fl. Für das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Fre3., halbjährig 14 M. oder 20 Free3., ganzjährig 28 M. oder 40 Fre2. Eine einzelne Nummer kostet 5 fr. d. W. Unfrankierte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. Siebenbürgisch-Deutsches Lay­eX 7217. KXIV. Jahrgang N | Hermannstadt, Samstag 11. September Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, auss­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. W. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L Daube & Co: Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile tostet beim einmaligen Einli­den 7 Er., das zweite mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. , 1897 Briefflimmen über die magyarischen Mittelschulen. Die Betrachtungen, welche die Hauptstädtische Presse, insbesondere die magyarische, der Eröffnung des Schuljahres, wie alljährlich, widmet, tragen heuer einen ausnehmend düsteren Grundton. Mit Ausnahme des einen oder anderen Offizieren malt alles grau in grau und auf dem Gesamtbilde findet fi kaum eine solche Farbe, die einen freundlicheren Ausblick in die Zukunft verstattet: Wer die vielen sagen liest, die in den Spalten der unter dem Schuß des engbegrenzten Sprachgebietes fi frei bewegenden magyarischen Journale laut werden, erhält von dem Stande des magyarischen Schul- und Unterrichtswesens einen geradezu niederschlagenden Eindruck. Der allgemeine Rückgang der Mittelschule macht si­eben in den magyarischen Bildungs­­stätten doppelt fühlbar. Sind sie doch zum großen Teil noch so jugendlichen Alters, daß sie der ruhigen, ungestörten Innerentwickklung nicht entraten können und bei dem Teifesten Anstoß von außen ihnen der geistige Zusammen­­bruch droht. Und der Geist, der in ihnen weht, entbehrt von Anfang an idealer Fertigkeit und Stetigkeit. Wie oft haben selbst magyarische Schul­­männer über ihn geklagt. Erst kürzlich Hat ein magyarischer Universitäts­­professor in einem Essay den Ausspruch gethan, daß der magyarischen Wissen­­schaft und Schule das philosophische Rückgrat fehlt. Das Millenniumsjahr aber mit seinem rauschenden Sefttrubel, mit seiner an durch die Schulpforten gedrungenen Genußsucht und falschen Ehrsucht, mit der neuen Menge von unmöglichen Losungsworten, wie: „Radikal-magya­­rische Kulturpolitis*, „Einheitlichs magyarische Nationalschule*, die Lehrern und Schülern die Köpfe verwirren, ist der gedeihlichen Fortbildung in seinen Nahmwirkungen sicherlich auch nicht förderlich. Wir haben von Gelegenheit gehabt, magyarische V­eußerungen hierüber zu bernehmen, die all dieses, so weit es ohne „Schädigung des nationalen Standpunktes” sich tHun ließ, offen bloßzulegen sich nicht gescheut haben. Da es giebt — allerdings nur unter Amtlichen — auch noch Opti­­misten, die nur Licht ohne den leisesten Schatten sehen. So eröffnet der „Remzet” dem Leser eine durchaus heitere, dunstfreie Perspektive, wenn er in seinem W­tttel schreibt: Es sind kaum 30 Sachre ler, seit der Ausbau des Projektes unseres Unterrichts seinen Anfang genommen. Aus gegebenem, vorhandenem Grunde baute der erste Führer des Unterrichtsmwesend von idealem Geist und tiefer Weisheit jene Dundelsteine, auf denen noch heute die Organisation unseres Unterrichts im Großen ruht. Er rechnete weile mit dem Vorhandenen und kürzte das Bestehende nicht über den Haufen, sondern bildete in gleich an­­fänglichem Streben, dasjenige fest zu umzeichnen, was im Laufe der Jahre zu verwirklichen sein würde, das bekannte und gewohnte System aus. Von dem duch iyn ansgestedten Wege wiß man wohl auch Hier und dort ab. Man griff auch oft zu manchem Experiment, welches unserem Unterricht in seiner gedeihlichen Entwickelung nicht immer gesund war. Aber im allgemeinen war die Richtung gesund und das Land geht auf dem bezeichneten Pfade einer endgültigen und abgeschlossenen Organisation des Unterrichtswesens entgegen. Seit ist die Zeit der Experimente vorüber. In jedem Lehrz­weige, an­­gefangen vom Unterricht in den elementarsten Kenntnissen bis hinauf zum Hochschulunterricht, überall haben ss Lehrstoff und Lehrsystem konfisziert. — Und was den Mittelschulunterricht anbelangt, so sind sowohl in Hinsicht auf die Humanistischen Studien und den zum Besuch der Universität vorbereitenden Unterricht, als auch auf die praktische Ausbildung die Thore der verschiedensten Anstalten geöffnet und harren der Aufnahme der lernbegierigen Jugend. Aber nicht allein der Staat leistet seinen Verpflichtungen auf dem Ge­­biete des öffentlichen Unterrichts Genüge. Im gleichem Maße, als die der Ausbildung dienenden Anstalten sich mehren und die Anforderungen erhöht werden, welche die staatliche Unterrichtsverwaltung gegenüber ihren eigenen Lehrkräften stellt, nimmt auch die Zahl der Schuljugend zu und wächst das Bestreben, je mehr zu lernen. Aljährlich öffnen sich am 1. September die Pforten der Schule und alle Jahre füllen ihre Räume immer neue und neue Scharen Lernbegieriger. Aber jedes Jahr ist der Tag der Schuleröffnung ein Brendentag. Denn jedes Jahr bedeutet eine Etappe vorwärts auf dem Wege des Fortschreitens in der allgemeinen Gesittung. Neben der Hymne des „Nemzet“ nimmt si der Artikel des „Better Lloyd“ schon meit weniger Hoffnungsfreudig auf. Der deutsche Offiziosus Ungarns schreibt in seiner Betrachtung über den Neubeginn der Schulen unter anderem : „Schriller no, als in anderen Jahren, ertönt Hlingt­heuer das lager­lied von der Unzulänglichkeit unserer Mittelschulen. Er will nicht verstummen, er Hingt durch die Straßen und Gaffen der auf ihren kulturellen Fortschritt fo­rt­igen Haupt- und Residenzstadt und stellt gleichsam das ewig wieder» fehrende disharmonische Motiv in jener Jubelhymne dar, die man — wir konzebieren gern, oft mit Zug und Not — der Entwickklung unseres Unter­­richteuwesens zu widmen pflegt. Junge Monate find’s her, daß der Reichstag bei der Diskussion über das Budget des Unterrichts-Sportefeuilleg das auf Neuheit längst keinen Anspruch mehr erhebende Thema von der einheitlichen Mittelschule so gründlich behandelte, daß man darüber eine andere Hauptsache völlig vergaß: das unbestreitbare Valtum, daß Ungarn und speziell die Haupt­­stadt Budapest viel zu wenig Mittelschulen besigt, al daß der gelehrte Streit der Sachautoritäten in weiteren Kreisen Anteilnahme ermweden könnte. Die besorgten Eltern, die eben jeßt von Institut zum Institut wandern, um ihren Kindern den Mittelschulunterricht zu erwirken, kümmern sich Herzlich wenig um die Frage der Unterrichtsreform; hier und dort mit bedauerndem Achsel­­zuchen und mit dem Hinweis auf die bereits überromptete Schülerzahl abge­­wiesen, leuchtet ihnen selbst der schönste Vortrag über den unschaltbaren Numen der einheitlichen Mittelschule nicht ein. Klar ist ihnen nur das eine, daß der Staat in dem Punkte seinen Verpflichtungen gegenüber den Bürgern nicht völlig zu entsprechen vermag, daß tausende von lernbegierigen Kindern und Jünglingen Gefahr kaufen, wegen der räumlichen Unzulänglichkeit der staat­­lichen Unterrichtanstalten ein kostbares Lehrjahr zu verlieren. Ein Staat, der das unbestrittene Recht fordert, die oberste Aufsicht über die Pflegestätten der Kultur und Bildung zu üben, hat auch die Pflicht, dafür zu sorgen, daß der Drang nach Wissen, der von Jahr zu Jahr ungestümer hervortritt, nicht zurückgestaut, daß die kostbare Kulturarbeit von Dezennien auf ihrem von erleuchteten Geistern vorgezeichneten Wege durch engherzige materielle Einschränkung, durch s­chlecht angebrachte Sparsamkeit nicht aufge­halten werde. In der e­rbitterten Sprache, die man hier und dort, namentlich aber angesichts der unhaltbaren Zustände in den hauptstädtischen Mittelschulen vernimmt, äußert sich nicht der Mismut ob der augenbilcklichen Unbequem­­lichkeit und nicht der spießbürgerliche Merger über die unfreiwillige Heßjagd durch die Diversionskanzleien der Lehranstalten, sondern die tiefernste Besorgnis, dag man an maßgebender Stelle nicht erwogen hat, welche Interessen da­durch Säumigkeit auf's Spiel gefegt werden. Wir unsererseitd wünschen nichts sehnlicher, als durch das rasche und energische Vorgehen des Herrn Unterrichts­­ministers in die Lage zu kommen, diese Befürchtung nicht teilen zu müssen. Das Stück ehrlicher Arbeit, das hierzulande geleistet wurde ist aller Achtung wert, allein so hoch steht Ungarn nicht, daß es sich Rückschritte erlauben dürfte. Stilftand auf dem Pfade der Volksbildung aber Heißt zurückgehen.* Die „Nemzet“ rosig färbt, so zeichnet wohl auch aus angestammtem Antagonismus gegen die Regierung — „Hazant“ in den sch­wärzesten Farben. Sein Artikel, der nicht odestoweniger im Wesen dasselbe enthält, was noch viele andere Blätter so „Magyar Hirlap“, „Budapesti Hirlap“, „Egyetertes“ 2c. s­reiben, gestaltet ei nach einigen scharfen Ausfällen über die äffische P Verzärtelung der Jugend und die Sucht selbst niedergestellter Persönlichkeiten, aus ihren Kindern um jeden Preis Gelehrte zu machen, zu einer vernichtenden Kritik des modernen magyarischen Erziehungssystens, dag in­­ von Snaben Pflichtgefühl, Liebe zu den Wissenschaften und Charakter­­fertigkeit nicht festzugründen, wohl aber Leichtsinn, Slatterhaftigkeit, ja Schlechtig­­keit zu pflanzen vermöge. „Selbst der begabteste Zunge” — schreibt „Hazant* — drüht sich heute dur die Schulen nur durch, denn echtes Lernen und wahre Liebe sind heutzutage den Zöglingen der Mittelschule gänzlich fremd. Sie müssen es aber auch sein, denn ja wäre ja gleichbedeutend mit Pflichteifer und dieser ist in unserem Gemeinleben überhaupt nit anzutreffen. Was für nachahmenswerte Beispiele sieht das Kind etwa an seinen Eltern? Der Vater geht um eine halbe Stunde zu spät in das Amt, wenn er nur mit seinem Vorgeseßten gut it und ihm zu schmeicheln versteht, so hat er nichts zu sagen, wenn er an eine ganze Stunde versäumt, denn sein Chef versäumt ja noch mehr. Ist der Bater Geschäftemann, so bildet gerade erst recht nur der materielle Erfolg den Maßstab, nach dem jeder die Welt betrachtet. Oder sollte etwa der Knabe oder das Mädchen in der Mutter ihre Vorbild sehen? MWetteifert doch die­rau von heute, die Frau der Mittelklasse mit dem Weib der einstmaligen römischen Kaiserzeit in Genußsucht und ungezügelter Gier nach Unterhaltung. Die Frau gleicht Heute dem Hecht im Golpfischteich, alles gehört ihr und sie genießt auch all dies zügellos. Kein Jahrhundert hat soviel glückliche Frauen aufzumeisen gehabt. Man siegt nur lachende, mehlgenährte, glücliche Damen und nur magere, abgezehrte, gedrückt aussehende, früh ergraute Männer, deren Tage gezählt sind. Heute amüsiert man sich Hier, morgen dort, heute Larine Tennis, morgen Croquet, außerdem Bizyfel und Rudern, zu jedem ein be­­sonderes Kostüm, ohne die ein modernes Weib heute nicht mehr ex­ftieren kann. Der Alte fol­gt berbeischaffen, wenn er auch dabei angestrengt ist; warum hat er sich verheiratet, wenn er eine Familie nicht erhalten kann. Im Zeitalter des zügellosen Individualismus läßt si vom Schüler auch nicht erwarten, daß er sich den beengenden Schulregeln blindlings füge. Diese trockenen Gefege sind nur für die Jungen geschaffen, die keinen gehörigen Protessor haben. Der Professorenkörper, der von „väterlicher Liebe“ durch­­drungene Direktor findet an jenen allgemeinen Geiegen für seinen lieben Schüßling immer etwas, was sich umgehen läßt. Und wenn der Professoren­­körper gleichwohl mit aller Strenge ihre Anwendung verlangen wollte, so giebt es ja so die gutherzigen höheren Behörden, die Schulstühle, die Schul­­inspektoren, Oberdirektoren, bei den Konfessionellen Schulen die Bischöfe, bei den Staatsschulen den Wächter „über den Kultus der höheren gesellschaftlien Morallehre”, der mit der tausendfältigen Weisheit „der kultusunterrichtlichen Staatsfunft” immer einen Anhalt zur Umgehung des Geieges heraustüpfelt, wenn ein feidlicher P­rotektor es wünscht. Die Behörden werden, je schreien, dere Ungefeglichkeiten sie begehen, umso höher erhoben, denn das Gefeg ei­t­­zuhalten ist ja sein Verdienst mehr, das kann am Ende jeder zu wege bringen, und gehört weder Weisheit noch „Staatskunst“ dazu; das Gegenteil aber erfordert beides. Und als Preis dieser Arbeit entläßt dann die Schule den für die moderne Gesellschaft zurechtgemodelten Süngling, der zwar von dem was dort gelehrt wurde, nie einen Deut gewußt hat, aber dafür von angenehmer Art und in allen Weisen gesellschaftlicher Geschichlichkeiten wohl bemandert ist, der dann wo zu allem fähig ist — selbst zur Wechselfälschung. Die Schule, in der gewissenlose Lehrer um die Wette mit den im Hause berderbenden Eltern die junge Saat zu Grunde gerichtet haben, weist bestürzende Resultate auf. Wie Baron Bötods über das Gefängnis der vierziger Jahre schrieb, daß der Heine Sünder dorthin Hineingehe und ein ausgelernter Verbrecher herauskomme, so zieht das Kind in die Schule ein, mit ein wenig Neigung zu Leichtsinn und Nachlässigkeit, um die Anstalt als charakterloser, verlogener, nichteingiger, zu allem fähiger, an totaler sittlicher Blödheit leidender Füngling zu verlassen. So ist das Bild der heutigen Erziehung beschaffen und es kann auch nicht anders sein. Die am Hungertuche nagende liebedienerliche Lehrerschaft ist gezwungen, sich der an unbändigem S$ndividualismus Trausenden­­­ugend unterzuordnen. Das Mannesalter gerät unter die Vormundschaft der Kinder. Dies ist die Höhere Sittenlehre, für die weder mehr die alten Labungen der Natur, wo der Ehre oder der Moral Giftigkeit haben. — Soweit der „Hazant”. Wir mwissen nicht, wo derselbe seine Erfahrungen gesammelt, die ihn so sprechen Lassen, und wir wollen sogar wünschen, daß Benilleten. Schwer gebüßt, Kriminalroman von TH. Schmidt. (61. Restsetzung.) Der große, starre Mann blickte tief erschüttert auf die neben ihm Hin­­schreitende und bitter schluchzende Frau. „Ballen Sie sich, Frau Baronin, ‘ dort vor und, unter der Tanne am Wege, ist ein Bücherfolporteur. Der Mann kennt mi, ich möchte nicht gern mit einer schluchzenden­ Dame hier allein gesehen werden. Nehmen Sie, bitte, meinen Arm — so, danke, Wenn i wir außer Hörweite des Mannes sind, werde ich Sie um etwas fragen.“ Willy trocknete schnell ihre Thränen. Dann schritten beide, äußerlich­­wie zwei harmlose Spaziergänger, an der Bank vorbei, auf welcher der Kolporteur saß und Geld zählte. Der Kleine Blufenmann erhob sich von der Bank, zog seinen Hut und blickte den Vorüberschreitenden mit einem be­­deutungsvollen Kopfnaden nach. Gleich darauf war er mit seinem Bücher tanzen in dem dichten Unterholz verschwunden. Am Ausgange des Gehölzes blieb Meiners stehen und wandte sich mit der Bemerkung an seine stumme Begleiterin: „Sie können sich denken, Frau Baronin, daß meine Frau, nachdem Alfred ihr das Geheimnis seines Herzens offenbart hatte, äußerst schmerzlich von der Wendung der Dinge auf Schloß Wolfsburg berührt worden is. Ich habe sie einstweilen mit dem Hinweis getröstet, daß Sie, teuerste Frau, schuldlos daran seien und daß zwischen der Verlobung und Hochzeit Dinge passieren konnten, an die niemand dachte. So will Sie nicht mit Jagen belästigen, nur über einen Punkt, den mein Sohn in seinem legten Briefe erwähnt, bitte ich um Aufklärung von Ihnen. Sie haben als Hauptursache ires Rücktritts von der Verlobung mit Alfred diesem gegenüber angegeben, daß ein plölisch in Ihrer Familie aufgedecktes Geheimnis ihnen verbiete, seine Frau zu werden. Entspricht diese Mit­­teilung an Alfred den Thatsachen 2" Lily nichte stumm. „Bon mem ist die Enthülung dieses Geheimnisses ausgegangen ?" fragte Meiners schnell und fein Blic­­king bei dieser Frage gespannt an den Lippen der Baronin. Ich kann Ihnen Feine Antwort hierauf geben, Herr Meinerd, Ein Schwur verschlicht mir den Mund”, sagte Lily, welche vor den düster glühenden Augen des Fragefteiers den Bild zu Boden feufte, Meinerd preßte seine Lippen einen Moment zornig zusammen, dann sagte er dumpf: „Wenn Ihnen im Schlosfe ein Geheimnis offenbart worden it, dad sich auf Ihre Person bezieht, so kann Jynen dasselbe nur von Baron Wolf entgült worden sein. Ich kenne dieses Geheimnis, Frau Baronin, und möchte meinen Kopf dagegen retten, daß Baron Wolf Ihnen nicht die Wahrheit gesagt hat. Wäre das Gegenteil der Fall, ja, wüßte er selbst die Wahrheit über den Verlauf seiner schändlichen That und hätte diese Ihnen rackhaltslos eingestanden, so würden Sie sich mit tiefstem Abshen von ihm gewandt haben und mären der Stimme der Natur und dem Zuge des Herzens gefolgt, ohne Rücksliht auf den fransen Baron.“ Lily blickte erstaunt auf. War es möglich, daß Meinerd das Ge­­heimung ihrer niedrigen Geburt rannte? Sollte seine verstorbene Schwister ihm den Hergang jener Nacht erzählt und er nur deswegen bislang ge­­schwiegen haben, um sie nicht hinaus zu stoßen aus dem Hause, das sie nicht anders als ihr wirkliches Elternhaus nannte? War er wirklich Mit­­wisser des Geheimnisses ihrer Abstammung, so mußte er am besten entscheiden können, ob Wolf die Einzelheiten jenes Geheimnisses ihr wahrheitsgetreu geschildert hatte. LilyE Herz klopfte Heftig, ein Hoffnungsstrahl birgte vor ihr in der Nacht der Verzweiflung auf. Konnte Wolf nicht alles gelogen und erdichtet haben, lediglich zu dem Bmwede, sie mit seiner Erzählung zunächst tief zu demütigen und sie danach seinem Willen gefügiger zu machen? So überlegte Lily einen Moment. Aber der Hoffnungsstrahl erlosch ebenso schnell als er aufbligte. Mochte Wolf auch Hinsichtlich seiner Beteiligung an dem Betruge nicht die volle Wahrheit gesagt haben, an der Thatsache, daß sie die Enkelin jener verbrecherischen Frau war, konnte man nicht zweifeln; der Brief der leiteren an Wolf war ja der beste Beweis für dessen Behauptung. Meiners konnte den traurig auf sich gerichteten Blick der Baronin nicht länger ertragen. Hastig griff er nach ihrer Hand und sagte mit fester, eigentümlich klingender Stimme: „Haben Sie zu mir vertrauen, denken Sie einmal, ich sei Ihr Vater, in dessen Händen Ihre Zukunft ruht, soweit diese überhaupt von einem Menschen beeinflußt werden kann. Merken Sie auf meine Worte: Sie werden den Baron Wolf von Wolfsburg nicht heiraten, sondern, so Gott es will, mit Alfred noch so glücklich werden, als Sie es einst gehofft haben. Ich will, da ich die Macht beff­e, die Pläne des Baron Wolf zu durchreuzen, nicht länger müßiger Zuschauer bei dem Drama sein, das vor reichlich fünfundzwanzig Jahren auf Schloß Wolfs­­burg seinen Anfang nahm. Sa, bei Gott, Frau Baronin, ich werde von meiner Waffe gegen Ihren Peiniger Gebrauch machen. Das Maß seiner Schandthaten ist vol! Er Hat meine Schwester unglücklich gemacht und mit den Briefen der Seele geraubt; lange, viel zu lange habe ich geschwiegen. Sie fjehen mich erschrect an, ja, Sie halten mich wahrscheinlich auch für unverrüdt, wie andere es thun. D, die Welt soll bald erfahren, daß ich noch Herr meiner Sinne bin. Ich begreife Ihr Erstaunen und die Zweifel, die sich Ihnen bei meinen seltsamen Worten betreffe meines Verstandes in dieser Minute aufdrängen, leider kann und darf ich Ihnen heute noch nichts weiter enthüllen. Die Zeit, in der ich handeln werde, ist noch nicht gelommen, nicht odestoweniger dürfen Sie bestimmt auf mein Einschreiten vor irer Hochzeit rechnen.“ Meinerd Stimme nahm plößlich einen weichen, fast zärtlichen lang an: „Und wenn Sie dann, nachdem alles Böse, was jener Unheilstifter in unseren Familien verübte, zum Segen für Sie und den Mann, den Sie bislang Ihren Vater nannten, geworden ist, wenn Sie an der Brust Ihrer Ihnen durchaus würdigen Mutter dem Himmel danten für die Errettung aus einer unmiürdigen Fessel, dann, so hoffe ich, werden Sie nicht mir Groll an den Unglücklichen denken, der im einer unglückeligen Stunde zu einem schändlichen Betruge die Hand bot.“ "Rorkirering Iolat,ı

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