Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1843 (Jahrgang 4, nr. 2-100)

1843-06-30 / nr. 51

m­m 1 222 fchmad, der Verfasserin und die ächte Künstlerweihe ihres Lieblings beurkundet: „Augenscheinlich, .. so bemerkt sie da, wo sie von dem Vortrage von Phan­­tasien spricht, in welchen nach ihrer Ansicht sich kaum etwas mehr als Anhäufung“von, „Scwierigkeiten befand,­­­ geben sich seine kleinen Finger zu diesem Spiele nicht gerne her, es ist nicht mehr die Begei­­sterung, sondern bloß­­ der Wille , der ihn dann be­­herrscht, und ein feines Ohr erkennt dieses leicht. Al­­lein sobald er auf eine gesangreiche Stelle trifft, faßt er sie mit Entzücken auf, und die Begeisterung kehrt dem Kinde zurück, sobald er Mozarts Melodien dol­­metsc­ht.“ Und daher, bemerkt sie, sei auch der Vor­­trag von Chopins seelenvollem Notturno und dessen Etüden der Glanzpunkt des Concertos gewesen. Cho­­pin selbst, sagt sie, würde an dem Notturno nichts auszusehen gefunden, mit uns würde er es vom Ans fang bis zum Ende beklatscht haben. Das Gerücht von der­ Reise des jungen Künst­­lers nach London beunruhiget die Verfasserin. Warum ? Hören wir sie selbst: „Was soll er da machen? was soll er da suchen ? Ist die Nachricht gegründet, so betrübt sie uns, denn wir gehören zu denen, welche an den Einfluß des Geschmacks und an die Noth­­wendigkeit einer ernsten Richtung in der musikalischen Erziehung glauben. Man ging ehemals um sich zu vervollkommnen nach Italien, als Italien eine Schule hatte, man ging nach Italien, als man dort die Mei­­ster traf, welche einen Martini, Cimarosa , Piccini, Sab­ini , Pergolese u. s. w. gebildet hatten. Allein wo ist heute diese Schule zu finden, wo ein zwei­­ter Meister, welcher etwas anders lehrte, als die Kunst das Publicum durch einen leeren Aufwand von Be­­hendigkeit und durch Kraftäußerungen zu blenden ? Möge der junge Filtsch sich nicht täuschen. Dies ist der Weg, auf welchem jeder Gedanke untergeht, das Labyrinth, in welchem die Ideen sich verwirren, das sind die modernen Hieroglyphen, welche die mäch­­tige Sprache der Musik begraben werden. Die Fort­ schritte werden die Kunst tödten.“ Wir getrauen uns nicht zu entscheiden, in­wie­­weit dieses harte Urtheil der Verfasserin über die Londoner richtig sei; wahr aber scheint es allerdings, daß unsere Zeit überall sehr geneigt sei, über der Bez­wunderung der bloßen, Virtuosität die Kunst zu ver­­säumen, und über der Technik den Geist zu verges­­sen, und daß diese schiefe Geschmacksrichtung, je all­­gemeiner sie uns begegnet, desto nachtheiliger auf junge Künstler einwirken könne ; wir sind jedoch der Meinung, daß Filtsch durch seine eigene Genialität und durch die Weihe, welche er von Chopin empfan­­­en, vor diesem Abwege­ hinlänglich gesichert sei. Wir übergehen ähnliche, überschwenglich lobende Aeußerungen anderer französischer Zeitschriften, und folgen dem Künstler­ auf den Boden Altenglands. Seit den leßten Tagen des Mai's ist er in London. Noch hat­ er­ bloß in der Familie des berühmten Moschelles , und­ in einigen Privatzirkeln der hohen englischen Aristokratie sic­heren lassen; allein schon hat sich die journalistische Presse seines Namens der mächtige, um ihn zu feiern. Bereits am 6 Mai hatte der Musical Examiner einen Bericht über Filtschens Concert in Paris mitgetheilt, und entzückt darüber, daß er den Engländern das bisher für sie immer noch „versiegelte Buch“ von Chopins Musik öffnen, und „das Gewölk, welches so lange über Cho­­pins Ruhm finster gehangen, in Lichtglanz auflösen werde,“ dem englischen Volke die Begrüßungsworte in­ den Mund gelegt: Willkommen Filtsch , junger Filtsc­h , willkommen du kleiner Halbgott, du bartlo­­ser Bacchus! willkommen! England strebt seine Ar­­me aus, um dich warm und enge zu umfassen — England hält seinen Athem zurück, um dich mit ei­­nem lang gezogenen Seufzer der Befriedigung zu empfangen. England stimmt seine Stimme, um dich mit einem freudigen und lauten Huzza zu begrüßen. Willkommen , willkommen, dreimal willkommen, dreimal dreimal willkommen, kleiner Filtsch, du paus­­badiger Cherubin! Wir sehnen uns darnach , deine Hand zu schütteln.“ Wir haben , sagt ein anderes englisches Blatt in einem „Filtsch““ überschriebenen Artikel, dieses kleine Wunder neulich gehört, und sind entzät sagen zu können, daß alle Berichte über ihn durch die That durchaus übertreffen werden. — Keine Unze von Affectation ist in diesem wahrhaft talentvollen Knaben; und seine anspruchlosen Manieren sind eben so anzie­­hend, als seine überraschende Fertigkeit offenbar ist. Nächste Woche mehr von ihm. Inzwischen hoffen wir ,­ daß der junge Filtsch sich wohl in dem phil­­harmonischen Institut werde hören lassen, zu welcher Auszeichnung ihn sein Talent und die Abwesenheit von Charlatanismus gleichmäßig berechtigen. Wir schließen diesen Bericht mit dem aufrichti­­gen Wunsche, daß das öffentliche Concert, welches Filtsch in Englands­ Hauptstadt zu geben gedenkt, die bedeutende, für uns arme­ Siebenbürger kaum be­­greifliche Auslage von 5000 Franken, welche die Veranstaltung desselben erfordert, reichlich erseße. j­u - Sch—r.

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