Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1844 (Jahrgang 5, nr. 1-89)

1844-03-26 / nr. 25

114 weil er Napoleon während der ersten drei Monate seines Aufenthaltes in St. Helena zur Wohnung gedient hat. Von James­ Town steigt man auf Pfaden, in die Felswand eingehauen, zu Briars hinan. Bei meiner ersten Reise dahin konnte ich mir weder von dem Wege noch von der Landschaft umher ein Bild machen. Ich war in einer Art von Korb eingepackt, den ein Neger auf dem Kopf trug, und fröhlich un­­ter seiner Last wanderte, lustige Liedchen singend. Von Zeit zu Zeit seßte er mich zur Erde „nieder, um Athem zu schöpfen, und dann fragte er, den Mund lachend von einem Ohre bis zum andern ziehend, ob ich mich in meinem Nestchen wohl befände ? Da ich damals den ersten Neger in meinem Leben sah, “so hatte ich große Furcht, doc gewöhnte ich mich bald an seine Farbe, und wir wurden gute Freunde. — Er sagte mir, daß er gewöhnlich nur Gemüse in’s Thal frage, und schien auf die seiner Sorge anvertraute lebendige Last sehr stolz zu sein. Wo­hl­­“behalten seßte er mich am Thore von Briars ab, ich sagte ihm Lebewohl, und er kehrte um, hoh er­­freut über ein kleines Geschenk, welches ihm mein Vater machte, zur Belohnung seiner Dienstbereit­­“willigkeit für mich. Unser Landhaus war nach Art der ungarischen Hütten erbaut, von sehr geringer Höhe, alle Gemä­­­cher zu ebener Erde; an jedem andern Orte würde es geringe Wirkung gemacht haben, so aber wie es lag, von kahlen Bergen umgeben, stellte es eine­­ freundliche Oase in einer trostlosen Wüste vor. — Man gelangte dahin durch eine schöne Baumreihe von Bananen, mit riesigen, immergrünen Lacos zu beiden Seiten beseßt, dazwischen Granat- und Myr­­thenbäume , worunter eine Unzahl wilder Rosen (Briars) wuchsen, wovon der Ort den Namen er­­halten hat. — Eine Allee von Granatbäumen, drei­­ßig bis vierzig Fuß be, führte nach dem Garten, dem nachherigen Lieblingsplaße des Kaisers. Oft träume ich mich zurück in diesen Garten mit seinen Myrthengebüschen, seinen Orangenbäumen mit den zart­grünen Blättern, dem köstlichen Dufte und den goldenen Früchten. Alle tropischen Erzeugnisse fanden sich dort im Ueberflusse, *) Trauben, Citro­­nen, Feigen, Shadocs (eine Art großer Orangen) Guara's, Mangobäume. Als wollte­ sie den lieblichen Ort in Schuß nehmen, hatte die Natur unüber­­steigliche­­ Schranken darum gezogen. Ostwärts war er von einem sehr tiefen­ Abgrund begrenzt, südwärts unzugänglich durch den schroffen Berg Peack­ Hill, westwärts unersteiglich wegen eines sehr gähen Ab­­hangs, und gegenüber donnerte ein Wassersturz von einer so malerischen als ergreifenden Wirkung. Ich erinnere mich nicht genau mehr, von welcher Höhe das Wasser herabstürzte, die Masse war jedoch be­­trächtlich, und das Getöse des Falles machte tiefen Einbruch auf mich. — In diesem glühenden Klima war eine solce Nähe äußerst s<äßbar. Wenn man auch nur das reine, klare Wasser betrachtete, welches in die Ferne hin einen feinen Regen und mehlthäs­tigen Thau verbreitete, so fühlte man­ schon .Erleich­­terung von der drückenden Tageshiße. Zuleßt er­­hielten die natürlichen Schußwehren des Ortes ihre Vollendung durch einen­ Zaun von­ Pfefferbäumen und Allees, so voll und dicht, daß kein lebendes Ge­­schöpf sich einen Durchgang hier brechen konnte. Jahre lang hatten wir schon in diesem romanti­­schen Aufenthalte gelebt, als er mit­ einemmale eine veränderte­ Bestimmung erhielt. Napoleon Bona­­parte­ erhielt ihn zum Wohnsiß angewiesen. Zur gegenwärtigen Zeit ist der Garten von Briars, gleich den Träumen und Hoffnungen meiner Jugend, zerstört, er ist an die ostindische Kompagnie verkauft worden. Die [ouen Bäume, die ihn beschatteten, sind ausgerottet, um Maulbeerbäumen Praß zu ma­­chen; ich glaube, die Spekulation ist nicht gelungen. Im Oktober 1815 war es, als die überraschende Neuigkeit von der Ankunft Napoleons uns erreichte. Eines Morgens hörten wir die Lärmkanone von Lad­­der-Hill ; dieß Signal kündigte ein Schiff im Ange­­sie der Insel an! Am Abend des nämlichen Tages erschienen zwei Marineoffiziere auf Briars. Einer davon war Ka­­pitän D***, Kommandant des Kriegsschiffs Ikarus. Er verlangte meinen Vater zu sprechen, weil er, wie er sagte, eine höchst wichtige Angelegenheit ihm mit? zu theilen habe.­­= Mein Vater erschien, und nun eröffnete ihm der Kapitän, daß Napoleon Bonaparte sich am Bord des Northumberland, unter dem Kom­­mando von Sir Georges Coburn befände, und in wenigen Tagen an's Land gehen würde. Man denke sich, wie betroffen wir waren von dieser Nachricht. Wir hatten nicht einmal erfahren, daß Napoleon Bonaparte von der Insel Elba entwichen war, und folglich auch nichts von den Begebenheiten, welche seinen feßten Feldzug bezeichnet hatten. Ich erin­­nere mich noch unseres Erstaunens­­ und unserer Uns­gläubigkeit. Kapitän D*** sah sich genöthigt, die­­ ©­ Die Einkünfte dieses Gartens betrugen für sich allein fünf­­ bis sechs hundert Pfund jährlich,

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