Ungarische Revue 2. (Budapest, 1882)
1882 / 1. heft - Friedr. Pesty: Die Entstehung Croatiens, I-IV.
2 DIE ENTSTEHUNG CROATIENS. Diese Anschauungen voraussendend, müssen uns die Aspirationen Croatiens in einem sonderbaren, um nicht zu sagen komischen Lichte erscheinen. Die Croaten haben schon längst aufgehört ein Nomadenvolk zu sein, ihre Zahl drängt sie zu keiner Expansion, Eroberer hatte ihre Nation nie hervorgebracht; eine geistige oder materielle Ueberlegenheit über Nachbarvölker ist nicht vorhanden, — bliebe also nur noch die Freiheitsfrage, die wir nicht unterlassen werden, bezüglich ihrer Echtheit eingehender zu prüfen. Gewiss schwärmen wir nicht für das Recht des Stärkeren, für das Recht des Eroberers, — aber gewiss kommt dieses Recht, welches in der Weltgeschichte wohl immer eine entscheidende Rolle spielen wird, zu Ehren, wenn man die in seiner Art einzige Erscheinung betrachtet, wie von gewisser Seite auf die Bildung eines Gross-Croatiens hingearbeitet wird. Die Mittel hiezu sind ganz einfach : immer und immer nur viel verlangen, und zwar seindreist und ungestüm verlangen, — den Erfolg sichert die Naivität des Gegners, der dem Verlangenden nachgeben soll. ' Das Volk der Croaten besitzt heute Länder, auf welche dasselbe keine historischen Ansprüche hat, — wir meinen den ganzen Landesstrich zwischen der Drave und Save. Die Namen, welche heute diesen Teilen Ungarns gegeben werden, sind nur eine Fiction, die leider schon sehr lange dauert, und deren Gefährlichkeit unsere gutmütigen Staatsmänner nicht erkannt haben. Damit nicht genug, sollten auch Dalmatien, Fiume, Istrien, Krain etc. Bestandteile Zukunfts-Croatiens werden. Mit ungarischen und österreichischen Truppen, mit dem Blute unserer Söhne und mit den Millionen unserer Steuerzahler wurde Bosnien und Herzegowina occupirt; — das soll aber geschehen sein, um diese Länder den Gross-Croaten auf dem Präsentirteller zu überreichen. Das ist wohl die leichteste Art des Ländererwerbs und der Eroberung. Die Autonomie ist wohl ein kostbares Wort für die Croaten, daraus lässt sich Vieles machen. Vorläufig sollen nur die wenigen