ACTA ANTIQUA TOMUS 31 (A MTA KLASSZIKA-FILOLÓGIAI KÖZLEMÉNYEI, 1985-1988)

1985-1988 / 3-4. sz. - L. HAVAS: Zur Geschichtskonzeption des Cornelius Nepos

L. HAVAS und anspruchsvoller Versuch in der römischen Geschichtsschreibung.9 Später mit dem Unternehmen De viris illustribus beheimatete der Autor eine neue römische Kunstart, die historische Biographie.10 Auch in dieser Kunstgattung hätte Nepos es gern gesehen, wenn sich die römische Historiographie bis zu den griechischen Höhen erhebt (vgl. frg. 3). Daher kommt es, daß der Leser bei ihm sowohl auf eine recht gut umreißbare Geschichtsauffassung als auch auf eine kunstvolle rhetorische Vortragsweise trifft. Was die Geschichtskonzeption anbelangt, so ist ihr bei Nepos bislang im allgemeinen nicht viel Beachtung zuteil geworden. Der Grund hierfür mag sein, daß es einerseits bei Nepos nicht gerade weitschweifendere geschichts­philosophische Exkurse gibt, wie diese z. B. bei Sallust, Tacitus, Ammianus Marcellinus und anderen anzutreffen sind; andererseits erscheinen die Bemer­kungen, die dennoch bei dem Biographen auftauchen, im ersten Augenblick ziemlich konventionell und trivial und lassen kaum den Verweis auf eine ein­heitliche und durchdachte Geschichtsauffassung durchblicken. Aber es ist allgemein bekannt, daß die antike Geschichtsschreibung im ganzen zur Be­schreibung historischer Bewegungen, Abläufe und Veränderungen vorwiegend zu Gemeinplätzen gegriffen hat, ebenso wie die topoi auch für andere Kunst­gattungen gültig waren. Demnach setzen sich einzelne selbständige Vorstellun­gen individueller Prägung eigentlich aus Gemeinplätzen zusammen. Daher dürfen wir, wenn wir auf die Durchdachtheit oder die Konzeptionslosigkeit eines antiken Autors schließen wollen, die Frage nicht demgemäß stellen, ob er sein Werk unter Zunutzemachung gewisser Schemata gebildet hat oder nicht, sondern die interpretierende analysierende Arbeit muß darüber entschei­den, ob die trivialen Elemente ein kohärentes System, ein gedankliches Gebilde von selbständigem Charakter abgeben oder nicht. Denn wenn die einzelnen schablonenhaften Momente schließlich mehr oder weniger organisch miteinan­der verbunden sind, und größere Inkonsequenzen vermieden werden, so bergen letzten Endes auch die konventionellen Details eine wissenschaftlich formu­lierte Geschichtsinterpretation. Diese Frage zu klären, soll auch in Verbindung mit Nepos unsere Aufgabe sein, und zwar so, daß die Handhabung der trivialen Elemente als systembauende Faktoren nahezu als eine Form der philologisch­historischen Interpretation angesehen wird. Im gegebenen Fall gehen wir deshalb so vor, daß wir — haupsächlich unter Nutzung auch der Methode der Begriffsanalyse — versuchen, all die Stellen im Werk des Cornelius Nepos in Rechnung zu stellen, die geschichtsphilosophische Bezüge zeigen. Und auf diese Weise streben wir die Entscheidung an, inwiefern diese Aussagen Ein­heitlichkeit und Konsequenz widerspiegeln. "In dieser Hinsicht siehe z. B. F. CAIRNS: Mnem. 22 (1969) 153—156; D. SING­LETON: ClPh 67 (1972) 192—194. Anderer Meinung ist W. C. MCDERMOTT: ebd., 339. 10 Frühere Versuche des Varro dürften nicht allzu erfolgreich gewesen sein, deshalb sind uns auch keine Biographien von ihm erhaltengeblieben, vgl. E. М. JENKINSON: Genua . . ., 709. Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae 31, 1985 — 1988

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