Deutsche Tagespost, September 1920 (Jahrgang 13, nr. 191-216)

1920-09-21 / nr. 208

Bezugspreise:Für Herm­annstadt ohne ZustellungmonatL Lei13·50,I-«Lei40-—,7,Lei 80-—, V.Lei160«——.Mitsustellung oder Postversand im Jnnlandmonatl.Lei15-50,7«Lei45·—,, l-.Lei90·-—,I-.Lei180-—.Fürch-AuslandLei55,110,220.E­inzelnummer Leu1«——. Nr.2()8 riftellung und Verwaltung: Hermnmutstadt i­n Siebenbürgen, Lernsprecher Nr. 329. Wintergasse Nr. 9 Hermannstadt Diensngden«21.Sept­­mber 1920, : Anzeigen: bei­de größeren Aufträge Perekıra de Statului Justi | i 2 tizpalais Türe sn Der Raum einer einspaltigen — m. Nachlaß. Beilagen au : nach. Veremoum­.. alle Anzeigenvermittlungsstellen des Inn- und Auslandes. .. FF fen Rei­nt übernehmen NOT-«­ ; 4 a Fr — 50 XII. Jahrgang. . ® K&K) In einem Heinen Wuffate, den wir „Zur Verständigung* überschreiben zu “können glaubten, sprachen wir unlängst von einer gewissen Gereiztheit gegenüber und Deut­­schen, in seßter Zeit auch in solchen „die un ‘ zumönischen Streifen zu zeigen beginne, bei denen wir Verständnis für unsere Eigenart voraußzusehen gewohnt waren. Heute sind zu unserem tiefsten Bedauern Die Dinge somelt ‚gediehen, Daß ein förmliches Keffeltreiben gegen uns eingetet hat. Wir sind weit Davon entfernt — weder reicht unsere ‚Geduld, noch unser Raum Dafür aus, einzelnen Falle zu polemi­­sieren, vornehmlich, wenn es sich um Angriffe in der Presse handelt, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Vielleicht ist aber die­­ Zeit gekommen, unsere Meinung über diesen ungerechten und wenig vornehmen Feldzug ebenso kurz als aufrichtig herauszusagen. Man arbeitet nach bewährtem Muster mit dem Schlagwort, das ja ausgezeichnete Dienste auch im eigenen Lager tut. Der Zeitungsleser nimmt es mit dem Morgenkaffee zu sich und­­ abends am Biertisch hat er eine originelle An­­fit. Seit der Kroneneinlösung ist ein solches Schlagwort die Bekämpfung der Spekulation.­­In den neu angeschlossenen Gebieten gibt es nur­­ noch Spekulanten. Der Bauer, der Gewerbe­treibende, der Kaufmann und der Arbeiter sind­­ ohne jede Ausnahme Spekulanten. Die schwierigsten wirtschaftlichen Probleme, über denen sich die hervorragendsten Geister des Morgens und Abendlandes die Köpfe seit Jahr und Tag zerbrechen, werden bligichnell ge- Lit. Spekulation. Wie bekannt, erfolgte di­e Preisfestlegung 1:3 oder 350 zufolge Antrages der Bzernowiger Landesregierung. Der sich gegen die jüdische Kaufmannscaft der Buko­­wina wendete, dann auch für die anderen Pro- Ringen. Vergeben­ wird immer wieder gesagt, daß au­cir aus ehrlichster Meberzeugung nicht nur, sondern auch­ aus ureigenstem Interesse für Den möglichst raschen und gründlichen Abbau der umerträglichen Teuerung sind, die uns alle zu begraben droht. Was insbesondere die Stellungnahme der Breffe­ und der­ Abge­­­ordneten in dieser Frage anbelangt, so ist «# eine Beleidigung, für Die wir nur VBerechlung übrig haben, daß sie von materiellen B:weg­­‚gründen bestimmt worden es. Nicht die Sorge um die Beschaffung der Millionen zur Bezahlung der Beamten und Offiziere allein ist es, wie den Ber­affeen der Verordnuungen und „Rettungsauflage die Feder führt. Denn dem Unheil hätte durch ‚Eintreten für eine frühere Einlösung zum großen "Zeile­n gesteuert werden können. Nicht die Sorge am d38 Wohl der armen Bevölkerung der neuen Gebiete. Denn sonst wäre man ihrer Aus­­a­­ fc­on damals entgegengetreten, als auch Leibefiger viele Millionen von Kronen aus Ungarn und Westerreich eingeschmuggelt würden. U­dausneinmal wirft man uns vor,mit den Sozialisten gemeinsam­e Sache zu machen, dann wieder, daß wir die kapitalistische Ausbeutung begünstigen. Wo ist die V­ernunft? Die Medaille hat tatsächlich zwei Seiten: jedes Kind weiß, daß die­ Produktion in den neuen Gebieten zum überwiegenden Teile nur in rumänischen Händen ist. Doch geben wir weiter. Die jährlichen Beamten sind in den Städten und Somitaten Siebenbürgen, in denen Die­ng die absolute oder relative Mehrheit haben, im Amte ver­­blieben. Wir glauben mit vollem echte jagen zu körnen, daß diese Beamten an Pflichttreue und Arbeiteifer im Dienste des neuen Staalcd bad Menschenmögliche geleistet haben. Man möge bedenken, daß sie unter den allerschwieh­aften Verhältnissen arbeiten. Es ist do boll« kommen unmdzlich, auf der einen Seite, wenn wie über Die vielen Mißstände im wirtschaftts.­ und öffentlichen Beben, _Über­­die Einengung der persönlichen Freiheit. Diese und jene Uebergriffe Klage führen, alles mit dem zum Teil gewiß berechtigten Hinweis auf die ungeheuren Schwierigkeiten zu entschuldigen, die der neu aufzubauende Staat sowohl im Innern als auch infolge der duch den Frier verursachten Tatastrophalen Lage des ganzen Erdteiles naturgemäß zu überwinden hat, auf der anderen Seite aber diese Umstände für unser Bolt oder unsere Beamten nicht gelten­­ zu lassen. Die gröbsten Anschuldigungen werden gegen diese erhoben. Schreitet man Daun an die Untersuchung der ihnen zur Dart gelegten Vergehen, so stellt sich die Halblosigkeit der Anklagen heraus. Sogar wenn, wie im Groß- Kofler Komitat geschehen, ein Herr Bodendorfer Mitglied­ der Untersuchungskommillion ist. Wenn es unwirklich ber­iot der Deckung ist, die fächsi­chen Beamter aus allen Hemtern zu entfernen, so ist­ das wahrhaftig nicht so schwer. jemandem, auch­ dem Beamten rumänischer Boltszugehörigkeit, eine Disziplinaruntersuchung anzuhängen, ist sein Kunftftüd. Ein P­räfekt, der dazu nicht imstande wäre, müßte nicht die geringste Geseeskenntnis befiten.. Ob das Staatswohl dadurch­ in einer Zeit, in der rumänische Blätter von einer Flucht aus dem Staatsdienste infolge der materiellen Not schreiben, gefördert wird, ist eine andere Trage. Ein besonderes Kapitel gebühret den An­­griffen, deren die Sächsische Presse für würdig befunden wird. Sogar im „Neamul ‚NMomonede" it im einem sonst nicht ganz wer­­en 19 Auflage zu Icher, daß wir Dinge riechen, die mal lieber nicht schreiben sollte, weil dem Bolte­n das Bft einer Feindschaft ein­­geimpft werde, Die heute seine endwicltige Form habe, aber morgen offen und tendenzib3 sein fbane." Glauben unsere Kollegen, daß es und ein Vergnügen m­acht,Tag für Tag unsere Nervenkunst au»xotesti«,­Verwirungen« und­ Erklärungen«zuvekschwenden,Tag für Tag uns mit Uebelständen,Klagen und Beschwerden zu befassen?.Glauben sie,daß es miso­rguügen macht,ewig­ urp! kritisieren.Wir wären glücklich,wennendlich die Periode der ruhigenichussenden stbeit be­­ginnen würde,die wir alle miteinander so furchts harubtig habem Man gebenast eine Gelegens­heit«uns zu beklagen und zu critisieren.Man treibe eine aufbauende großzügige, zeitliche, de­­mokratische Politik. Dann Hören die Proteste und Beschwerden von selber auf. Wir kritisieren nicht aus Diabolischer Freude an der Kritik, sondern weil wir unsere verfluchte Pflicht und Schuldigkeit tun mössen. E38 ist unmöglich, in das Nationalitäten­problem heute einzugehen. SFetgestellt muß aber werden, daß es aufgerollt wurde und akut ist. Forscht man nach dem tieferen Grunde der er­­wähnten Erscheinungen, so wird man zu dem traurigen Ergebnis kommen, daß ein Schein­­gefecht vorliegt, das von wenigen Drahtziehern zu ganz anderem Zmerle veranstaltet wurde, als sie vorgeben. Die Ziele werden klar, wenn wir und vergegen­wärtigen, wie immer wieder Die Ankündigung auftaucht, in einer gemeisten Reihe von Jahren werde man es im Lande mit einer weltlich einheitlichen Einwohnerschaft zu tun haben, wenn wir daran deuten, wie systematisch und oft ohne Rädigt auf aerichtliche Urteile und bestehende Gerege gegen Wohnungen, Häuser and Geschäftslokale in den Hauptstraßen unserer Städte vorgegangen wird, wenn wir an die immer wiederfchrenden geradezu lächerlichen Berwäürfe er­­inneren, daß die Sachen in ihrem Siedlungsge­­biete Die Numären „unterdrichten“, Unser buch­ Belagerungssustand, Militäri­rtschaft und Beatur­germürbtes Volt, dem in vielen Häfen geradezu das Selrfterwaßtsein und das Nachgrat gegen­­über Behörden und andern Vertretern Des staatsführenden Volles wegen der allgemeinen­­ Nechteunsicherheit abhanden gekommen ist, soll jem­and „unterm­achen") Wenige Männer, die gerade aus der Geschichte ihres eigenen Volles nichts gelernt und alles vergessen haben, stehen an der Sorge dieser nationalistischen Hebe, Die ich unter allen möglichen Schlagworten ber­birgt. Viele intgläubige lassen ich an den Karren entpansen und ahnen gar nicht, wohin die Fahrt geht, Die scheinbar unter der Flagge des Staatsinteress­e begonnen wurde. Die Be­­gierung trifft der Vorw­urf, D>& sie Dielen Prob­­ienten gegenüber vollommen hilflos basteht, und nicht eingreift, weil sie die Sausage nit Iennt. Aus dem Fenster des Schnellzuges ein Urteil über diese verwickelten Verhältnisse zu gewinnen, wie Vaida in Karlaburg jagte, ist eine Unmdz­­lichkeit. Die Inspektionsreisen der Minister sind ausgefüllt von offiziellen Eurpfännen und treff­­barketten. Die S­ieben bah­aischen Mitglieder der Regierung lassen die Dinge laufen, wie sie laufen. War bleibt uns also zu tun übrig? Wir sind mehr als je entschlossen, den Entnationali­­sierungsversuchen deu ichätistm und zähesten Widerstand entgegen zu jeyem Gewiß stellen wik yvsem Zahlfach keinen wesentlichen··Machts saktot«dar.Dafür st eben wir d­uf dechdanken des Rechts,dem"früher oder später die Mehrheit dochsicher ist-Weixuese imr verblendete­n Staatspolit vielmehr dem gänzlichen Mangel einer K­onzeption in der hermnwortlich­kn Politik des Staats gelingen sollte,die Angriff­e unver­antwortlicher Elemente gegen unsernnblkischen Bestandfund­ dauern und manek heftigegeformen annehmen zu lassen,so haben wir keinen­ were I­idglichkeit,als aufnahm-Recht zu bestehen und an die Gerechtigkeit zu appellieren, solange unsere Kräfte reichen.Uasek verhalten hat­ mit HaßUnd Feindseligkeit nicht das Herd-Aste zntun.Wir wollen kahl und friedlich u diesem Staate leben,wns« aufs­re nationale Eigenart bewahren vnd sie unsern Kindern liber­­iefern, das Erbe unserer Väter im ehrlicher Arbeit festhalten. Wenn man und dieses Recht bestreiten will, was unserer Beiliniten W:ber» zerguung nah auf genen das uteren­­ des Staates jelöst v­olthät, so müfsn wie dagegen mit allen geießlichen Mitteln den Berzw­iflungd­­kampflämpfen. DEScheingefecht. Das Die Rolle des Angreifer und Verteidiger mit fühnem Griff vertanscht, it zu durchsichtig. .­.in jedem­ ­ Scheingefecht, eines ' a kei­n g Ne a­en Fr He ie nenn En ern «- mEmEEe ­.. MICH, u­. VETERAN Eine Unterredung mit nem &K­ünig von Griegenland, Ein Mitarbeiter des Pariser „Exzels­sor“, Mogin Bage, suchte den in Buzern weilenden König Konstantin auf und her richtet ausführlich Über eine Unterredung, die ihm der Eridung gewährte ab­­­stehend geben wir in themtischer Mederregung “einige bemerkenswerte Stellen aus Diesen. Ein Hotelpalast am Ufer des Luzerner Sees, vornehmste G­esichaft, Könige im Exil, Minister, Bertreter des Woltblätter. In der Hall des Hotels begrüßt Die königliche Y­ailie von Sriechenland die Königin und Die Beinzeifin von Rumänien. Die drei Schreitern 1:3 Drwisher Erlaifers — die Königin Sophie und die Biin­­zeisin von Schaumburg-tippe — tausch­n ernfte Erinnerungen an eine v­icboundine Ep­oche aus. König Konstantin spricht ungemein Liebensw­eig mit der Königin Maria von Rumänien, seine Töchter, die Prinzessinnen Helene, Irene und Katharine unterhalten sich lebhaft, mit Brinzeisin Elisabeth von Rumänien, ihrer zukünftigen Schwägerin, die sich dennächst mit Dem Herzog von Sparta vermählen wird. König Konstantin, der angeblich eine Zu­­sammenzunft mit Lloyd? George sucht, äußerte er dem Interbiemer gegenüber: „Seit zwei Jahren lebe ich in Luzern mit meiner Familie und einigen Freundes. Geduldig erwarte ich din Tag, an dem ich auf Wunsch meines Bolfes und dank der Macht der Tradition wieder­ auf den Th­on berufen werde, dessen ich mich nicht unnwürdig gemacht Habe. Nientals Habe ich abd,er danktt und die überwiegend s Mehrheit mein­es­­:»H.«.Jmtervierv.­szviehen. 7 Volle­ betrachtet mich als ihren König.Leider konnte ichteine Verbindung mit meinem Vaters undherstellerhichteit mac mein Sohnslss­xander,werf mich provisorisch als Regent wektriti, durfthirschungen zu mir unterhalten.Der griechiische Gesandte in Paris hat ineinem Sohne Praxis­, ich allen Verkehrs mit mir zu enthalten. ie Regierung Benizelog Hat einen strengem Beobachtungsdienst um meine Umgebung or­­ganisiert. Das Mitentat auf Benizelos finde ich tief beöm­erlich. Man hat mich vielleicht­ als geistigen Urheber verdächtigt. Ich protestiere gegen solche Berleumdungen, die mich in meiner Würde als Mann und Monarchen verlegen. Ich will nichts als eine friedliche Lösung der griechischen Tragen, den Meuchelmord verabscheue ich. Die nationalen Aspirationen haben bei dem Mächten Verständnis gefunden, der Aufschwung meines Bandes ist notwendig im Interesse der Krönung und der Zivilisation. Niemand fan die Verdienste Griechenlands leugnen, die er­st vor und während des Krieges um die Alliierten erworben hat. Bedauerlich ist Der Zwiespalt, der die allzu p­rsönliche Polität in Wenizelos Hervor­­gerufen hat. Troß seiner unlernbaren Bedeutung­­ als Staatsmann hat er es nicht bverstanden, die Einigkeit zu fchtigen, die Griechenland im Interesse seines Prestiges so nötig Hätte. Benizelo ® hat das Wohlwollen der Entente für sich monopolisieren wollen. Zu diesem Bwed. bricht er Die Ber­afsung Griechenlands und nm­mt dem Bolfe alle politischen Freiheiten. In Griechenland gibt es weder Vreffreiheit noch perihalige Meinungsfreiheit. Deshalb hängt ein Bolt teen an meiner Person. Webrigens gäbe «… ein einfaches Mittel, die wahre Er­­sinnung der Griechen kennen zu lernen: Un­­‚beeinflußte Neuwahlen. — --i-.--schi-shhoff essxs bald kis Frisch-TUTTI-reifey«·­«—jtsz’»jzz­­fensen. Die Entente Hat ja erklärt, sig wein Räckehe nicht zu widerlegen, wenn das Wort wünschen wird, daß ich von dem Thron m­einer Beter wieder B­eiß ergreife. Ich will dann ohne Hab- oder Rachegefühl den vornehmen Regenten­­pflichten gerecht werden. Wenn Griechenland seine Gunst Venizelos bewahren Sollte, werde ich ihn neun als Ministerpräsidenten akzeptieren. Meine Polität gegenüber den Nachbarstaaten würde kaum anders sein als die Brenizelos. Mein Vater war ein begeisterter Freund Beantreiche, meine Gefühle sind die gleichen.“ Hier wandte der Franozse ein: „Max kann nicht vergessen, Sire, daß Sie dem Saiser, Ihrem Schwager, eine Sympathiekundgebung in jenen Tagen sandten, als Frankreich zu unterliegen drohte.“ . Deeraigt»Man hat den St­udierex Botschaft wiß verstanden.Der«Kaise­rkaag­» fortwährend in mich,meine Armee an der Seite« seiner Heere kämpfen zu lassen.Immer schlug ich dies ab.Als er stets nachdrücklicher wurde, mußte ich ihm eine kategorische statmortgeben und daran hinweisen,daß die Interessen meines Landes mit braendethitektmvertam­pft seien, daß ich jedoch ihm meine persönliche Sympathie .» «­­ 2 B ä Die Bel­anshanung Goethes.*) Nach dem vom Cpernowiger Universitätprofessor Dr. Karl Siegel im Hermannstädter zier­en hochsc­hulfürs ‚gehaltenen Vortrag, auf Grund von Aufzeichnungen eines Hörers. Hirder hat seine Spirozastudien, die ihn zur Abfofjung seiner Sch­itt „Gott“ geführt Haber, gemeinsam mit Goch, in Weimar be­trieben. Schon in Straßburg war Goethe mit dem um fünf Jahre ältern Hilder zusammeng­etroffen. Der enge geistige Zusammenhang, der sich Dort zwischen den beiden eingestellt hatte, wirkte fort. In Weimar war «3 eigentlich das ‚erste, was Goethe durchlebte, da Herder Hin berufen­­ wurde. So ist es begreiflich, Daß Goethes Weltanschauung in engem Zusammenhang mit "Der Herders steht. Nur der eine große Unter­­"Ichien besteht zwischen beiden, während in Herder Die Kultur das philosophische Interesse entzündet od er don Kiefer auf die Natur als auf ihre notwendige Unterstufe kommt, ist er, wie man Sagen kann, bei Goete aerate umgekhrt; für ihn Stand vor allem die Ratur im u für die Geschichte hat er nie das intensive Jus­stezeile gehabt wie etwa Herder. In die Ratur saß ji Goethe eingefügt als Lyriker und mit ihr verm­äßfte ihn auch "seine Tätigkeit als Stantamann, da er sich ja mit so viel Land­­wirtschaftd,, Forste und Berawerfanngelegenheiten ‚bescäftigen mußte. Seine naturwissenschaftlichen ‚Studien sind aus dieser praktischen Betätigung hervorgegangen. Bei Diesem lebhaften Interesse für die Natur, wie auch Goethe als ein Durchgreifender (­ vgl. „Die Weltanschauung Herder" in der Nummer Aym 8. d. M. unseres Blattes, lebendiger Zusammenhang, nicht als eine Summe von toten Körpern erschien, mußte ach Spinozas Auffafsung ihr sehr ansprechen. Und in der Tat hat er sich mit Spinozga wiederholt und gründlich beschäftigt, z. B. mit seiner Freundin, der Frau von Grein, defsen Erhif studiert. Natürlich kann man ihn doch nicht einfach als Spingzitzen bezeichnen, ein so weicher Deift wie bei Goethes läßt sich schlechterbines nicht in das System eine asc-ın einzwängen. Mal können wir allerdings eine ganze Reihe von Aus­­sprüchen und Unsichten bei Garihe nassiwelien, die geradezu spingzitlichen Geist ausdrücken. Goethe Hat immer wider betont, daß für ihn das Göttliche in der Natur gerade darstellt das Sriegmäßige, der feste, große Bufemmendane. Wenn der junge Goethe im Seif Tagebuch schreibt : „Vom Bienelstein, der vom Dache fällt, bis zum Geistesbiid, den da albern milsteilst, vom Granit bis zum­ merselichen Herzen geht ein Faden, ist alles gleich ab:i­lch,* so Haben wir 3. .. schon diese Anfhauung; 'o flehen ja auch Körperliches und Geistiges für Spinnga als gleichberechtigte Attribute, als Erscheinungs­­weisen derselben, einen Subslang nebeneinander. Wenn Goethe einmal sagt: „Der Gebante lädt sich nicht vom Gebaten, der Wille nicht von der Bewegung trennen“, und: „Beist und Vlaterie sind die beiden Stellerr­xeter Gottes“, T5 mädert er sich sogar im Work­ani Spinoza, Und Gozibe will­ vielfach nichts wiie von der Kermenic­­sihung der Gottheit: „Der Mesih ist zur ein Zor, steht er fi Gott als feinesgleigen vor“; und: « »Wzs soll mika bekeuer HL-hxc­heijerdiss All und Eine Der Historkcfessor ist eine Vesica- Gott ist keine.« Also nicht als persönliches Wesen soll Gott « aufgefacht werden, vor allem nir als eine jen­­seitige, transigendentale Mat, sonders als ein der Natur innemaßnendes und sich In ihe ex- Schlopfendes W­esen ; — »Was wäk2ig Gott,decuuk vgnanßen stäeße, Zins­ cis das Aklam Flagerlaufen ließ­ l ihm spzu­th,die Wslt im Janern zubewegen, Natur wsiQstck HaNamr zu hegen Sodaß JvuZinthm lebt und webt und ist, Nieseiixe Krafyuie seinen Geist vermißt.­« Die Nathunelbst wird in ihrem innersten Belenh:ist ald einad Geistigg, Göttliches empfunden. Freilich it doch auch wieder das Verhalten Goethes nicht ein so einfaches und eindeutiges wie es aus d­iesen Bilaten erscheint. Einmal spricht aus ihm d­er der Naturforscher, ein anderm­al der Dichter. „LS Dichter und Hünstler bin ich Polgigeist, Pastkrift aber als Natur­­forscher, und eines so entschieden wie das andere." Ebenso schaute er aber auch von M­end­h­ism­us, ja Inaar von einer starken An­­näherung am die spegistisch christliche Weltan­­fchaung weben. Dieser verschiedenartigen Stellung Goethes zur Gottheit entspeicht natürlich auch eine ver­­schiedene Auffassung De­­s Verhältnisses vor Körperlichem und Seeltschen. I:nen Parallelis­­ums, wie ex Spisoga entspeicht,, hat Goethe nicht imprer festgehalten. Das zeigt uns be­­sorders sein Verhalten zur Unsterblich­­keitslehte. Am Schiuz der Etrhis Spinozas. ist auch vor Urt­­hlichkeit Die Nede, aber nicht um perdaliche Soribauer Handelt es sich Spinnya, sondern um einen Einigkeitscharakter, den der Mensch durch Abfirifung der Indi­­­vidualität ereifigen Lana und erringen sol, Yar Adrigen geht Sprnnzı das Leben nach dem Tode nichts an: „Der Weise fragt nicht nach dem Tode." Namentlich gegen Ende seines Lebens tritt die Unsterblichkeitsfrage bei Goethe, wie wie aus den Gesprächen mit dem Kanzler Deiller und mit Ec­ermann sehen keınen, wie­derholt auf. Mach da it nun wicht mur die Tatsache außerordentlic­h interessant, dab er sie zur Auffassung einer persönlichen Unsterblichkeit bekennt, fond­en vor allen Dingen Die Art und Weise, wie er diese Ansicht zu fragen sucht. Seine U­berzeugung von unserer persönlichen Fortdauer hängt an dem Begriff der Tätigkeit: „Wenn ich bis an mein Ende rastlos wird, dann ist die Natur ver­­pflichtet, mir eine andere Form des Daseins an­­zuweisen, wenn mein Geist Die jenige nicht mehr auszuhalten verm­ag.* Der Örtst­ift es hier, der sich eine neue Daseinsform sucht, der Reilt er­­scheint als das, was die Formen des Daseins regiert. Das Biirtige wird hier als Ausbruch der Kraft genommen, als das, was sich in dem rastlosen Wirken des Menschen, in seiner Tätig­keit offenbart. Nicht das ruhende Materielle ist die Urform der Göttlichkeit, sondern das Wir­kende­ der Tätigkeit, und entläßt aus sich Heraus iie scheinbar festen Formen, die wir dann als cas Ruhende bezeichnen. Wan kann Innen, daß Leibniz­gang Direkt nicht ogne Bioflah auf Goodys Weltanfhausng gewesen ist, j Wenn wir jeder, wie selbst der Unsterblich­­keitsglaube Goetges auf die waltlose Tätigkeit die Menschen gegründet wird, müller wie uns gleich erinnern,­­ daß­­ hat diese p­rastlose Wirken zum Teil als Urmurzel, zum andern Zeit als die wahre Bestimmung des Menschen erscheint. Da bieten Sinne Heißt 3 im Ba­de Paradieses des unvertdstiihen Dimans . »Richtig vieles Federleses zi Lat mich immer nur herein, Denn ich bin ein Mensch gewesen, Und das heißt ein Kämpfer fein.“­­ Dieser Bedaufe ist ja auch der rote Syaden, der duch seinen Roman Wilhelm Meister hin­­durchgeht, wo der schare Sag steht: „Tätig fein ist de8 Menschen erste Bestimmung.“ Und bieher gehören auch die Berne: „Da im Beben nichts bici­hiebe, sei dein Leben Tat um Tat. — Aber nicht nur im wmenschlichen Beben ficht Sostte Wurzel und Biel vor allem in der­­ Tätigkeit, sondern soweit blieb die einheitliche Naturauffassung immer bei ihn erhalten, daß jene Tätigkeit der ganzen Natur zusommt und im Menschen als ihrer Krone bloß in gesteigerter Form in Erscheinung teitt. Wir jeden den engen Busammenhang mit Herder: 'auch für Dieten war die Natur ja nichte anderes als die Hus­­gestaltungen der Urh­aft, dadurch traten Die iatmer gdyer nach Höger organisierten Rebewesen auf, an deren Soige der Mensch steht. Diese Auffasunsg der Naturfraft gehört zu der für Soetge carakteristischen Weltanschauung, wie sie allerdings Schon­frid bei ihm auftritt. In einem Eieinen Auflag, der 1781 oder 1782 vieleicht nach seinem Diktat geschrieben wurde, und einen Broja Hym­ns an die Natur dar­­stellt, Heißt es: „Wir sind umschlungen und umgeben von der Natur, unvermögend aus ihre herandgutreten.“ Der Mensch erscheint Hier zu­­rriemenge undbnet mit allem andern Beliegenden ; in dieser Natur gibt es nicht etwas irgendwie Feted, Stirred, Sondern überall ist ein eiwiges Werden. Das einzig Beständige aoee ist das Berg. Als man 25 Jahre später diesen Aufjag Gaetye, der ihr ganz vergessen hatte, vorlegte, sagte es: „39. Diese Worte stellen etwa nneine damalige Naturauffassung dar.“­­ · -

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