Gutenberg, 1929 (Jahrgang 11, nr. 1-52)

1929-01-04 / nr. 1

GUTENBERG Erscheint jeden Donnerstag mit dem Datum des nächstfolgenden Tages. — Einzelnummer 80 h. — Zuschriften werden nur frankiert angenommen. Nichtversiegelte Reklamationen sind portofrei und sind an die Expedition zu richten. Manuskripte werden nicht retourniert. ZEITSCHRIFT FÜR BUCHDRUCKER# UND VERWANDTE INTERESSEN IN DER TECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK Redaktion: Prag II., Smecky 27 n. — A­dmi­nistration: O. Kinsky, Prag II., Smecky 27 n. Expedition: Grafia, Arbeiterdruckerei, Prag II.t Myslikova 15 n. — Annoncen werden bei der Administration angenommen und mit Kő 2'— pro Petitzeile berechnet. Bei öfterer Insertion Rabatt. XL JAHRGANG. PRAG, 4. JÄNNER 1929. lN­.C,. 3­5 2 21 NUMMER I. .St* *St* At* At* At* At* -ft? V|? V|? * •ft? $ At* •ft? At* *ft? •VA. ^ .ft* .st*­­V* .st*­­st* «St* «st* At* «st* .St* .st­. .st* .st* At*­­st* At* «st* .St* «st* .st* .St* •ft? *ft? »ft? *ft? "ft? "ft? *ft? "ft? VI? *ft? *ft? *ft? *ft? *ft? *ft? *ft? "ft? V|?­­ft?­­ft? VI? V|? V|? An die Spitze unserer heutigen Betrachtung zur Jahreswende wollen wir die Worte eines großen französischen Denkers stellen, der wie kein anderer schon zu seiner Zeit das Elend der Welt und seine Ursachen erkannt hat. J. J. Rousseau (1712–1778) prägte diese Worte: »Der erste, der ein Stück Feld einzäunte und sich dabei einfallen ließ, zu sagen: »Dieses ist mein!« und auch Leute fand, die einfällig genug waren, dies zu glauben — dieser ist der eigentliche Stifter der bürgerlichen Gesellschaft gewesen. Was für Verbrechen, für Kriege, für Mordtaten, was für Elend, was für entsetzliche Dinge wären dem Menschengeschlechte nicht erspart worden, wenn jemand die Pfähle ausgerissen, den Graben zugeworfen und ausgerufen hätte. Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören. Ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte für jedermann da sind, und daß der Erdboden niemandes Eigentum ist.« Wie tiefinnerlich mußte dieser edle Mensch die Welt, seine Welt und die damalige Gesellschaftsord­nung in all ihrer Hohlheit und Nichtswürdigkeit erkannt und ana­lysiert haben! Eine Welt, die wie die heutige auf einer Gesellschafts­­wi­d­ung bitum­, die einen Welt­krieg zulassen konnte, die vorher und nachher noch bis heute unge­heuren Reichtum auf der einen und tiefstes, unnennbares Elend und Not auf der anderen, der größeren Seite, dulden konnte! «St* .st* «st* __ a At* A^Z» .j,f* <(f* At* At* «St* Af* A’* «st* .st* At* .sf£, -ft? V|? *ft? *ft? V|? -ft? *ft? ^|? -ft? *ft? %? 'ft? -ft? *ft? -ft? -ft? -ft? Aft? -ft? Wir mögen auf das vergangene Jahr blicken oder einen Blick in die Zukunft tun, in das kommende Jahr hinein. Immer sehen wir, daß die Arbeiterschaft überall bedrückt und ausgebeutet, daß sie in dieser Ge­sellschafts- und Wirtschaftsordnung eine Klasse für sich ist und eine Klasse für sich bleiben wird. Herr­scher und Beherrschte. Herrscher Kapital — Gebieter über das Eigentum, über die Produk­tionsmittel: die Beherrschten sind die Arbeiter, alle die, die von ihrer Hände Arbeit leben. Wie göttlich und wunderbar ist doch diese Ge­sellschaftsordnung, die den wenigen alles und den vielen, vielen anderen, der übergroßen Masse­n ein Nichts gibt! War es nicht so bisher? Und ist es nicht auch heute so? Muß es so weiter bleiben? Freilich ruht diese Gesellschaftsordnung heute noch auf festen Fundamenten, denn auch die Arbeiter sind mit ihre Stützen, die Arbeiter, die noch immer nicht verstehen und begreifen konnten, daß ihr Platz auf der anderen Seite ist. Die Arbeiter, die noch immer mit dem Stimmzettel gegen ihre Klassen­genossen und für den Kapitalismus entscheiden. Wie wäre es anders möglich, daß in Staaten mit überwiegender Arbeiterbevöl­kerung noch immer in den Parlamenten und den anderen admi­nistrativen Körperschaften sich das Bürgertum in den Besitz der Staatsmacht setzt und bürgerliche Parteien das Staatsruder in ihrem Sinne führen, das heißt für den Besitzenden und gegen den Armen. Zur Jahreswende ist wohl der Anlaß, dieses Umstandes zu ge­denken, denn es heißt nicht umsonst, der Weg in die Zukunft ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Aber wir Arbeiter haben uns nicht bloß mit guten Vorsätzen für die Zukunft zu versehen, sondern V|? -ft? -ft? At*-ft? vM«. »ft? Af* ^1? & At* •ft? SKl •ft? •ft? •ft? -ft? a»* •ft? Als wir ein neues Jahr begannen ... Als wir ein neues Jahr begannen Und grüßten seinen ersten Tag, Da wünschten wir uns Glück und sannen, Was uns sein Kreislauf bringen mag. Das Horoskop der armen Leute ist jedes Jahr auf »Krebs« gestellt, Wir lam­our_v­­u,­ n Wenn uns kein Ziel zusammenhält. Wir werden nicht die Sorgen meistern, Wenn unser Trotz sich nicht beschwingt, Wenn wir uns nicht zur Tat begeistern, Die einst uns die Befreiung bringt. Wir bleiben Nullen im Geschehen, Das unaufhaltsam vorwärts rollt, Wenn wir nicht zueinander stehen, Wenn ein Gewitter uns umgrollt. Wir werden mit den Nöten ringen Und immer Aschenbrödel sein, Wenn wir im Kampf nicht Opfer bringen, Um uns von Drangsal zu befrein, Wenn eisern wir Zusammenhalten In jeder Stunde der Gefahr, Wird froh auch unser Los gestalten Das rätselhafte neue Jahr! Viktor Kalinowski. Als •ft? wir müssen trachten, daß wir uns über unseren künftigen Weg und über das Ziel, dem wir zustreben sollen, klar werden, daß wir beim Jahreswechsel daran denken und uns selbst versprechen, mitzuhelfen, das große Ziel, das uns voranleuchtet, zu erreichen. Wir müssen Klassenkämpfer mehr als bisher im kommen­den Jahre sein und werden, wir müssen vor allem in unseren Reihen aufklären und Wegbereiter sein. Unser Ideal muß im kommenden Jahre der internationale Sozialismus sein, der unerbittliche Gegner der heutigen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, denn nur er ist imstande, uns einer besseren, •als» At* «st* «st* •ft? ^i? *ft? vi? -'** i't'i v't* At* •ft? -ft? -ft? -ft? schöneren und gerechten Zukunfts­ordnung entgegenzuführen. Wir Buchdrucker in der Tschecho­­slowakei und mit uns die übrige Arbeiterschaft haben im vergange­nen Jahre gesehen, daß wir von dieser Wirtschaftsordnung der bür­gerlichen und kapitalistischen Ge­sellschaft nichts zu erwarten haben. Das vergangene Jahr war für die Arbeiterschaft mit Kämpfen reich ausgefüllt, mit Kämpfen, die nicht um bloße Kulturgüter ausgefochten werden mußten, sondern um ein­­ größeres Stück Brnf. Leider ist die Arbeiterschaft in der Tschechoslo­wakei noch nicht so weit, daß sie ihren Kampf auch auf kulturelle Belange ausdehnen könnte. Ihr muß die Magenfrage an erster Stelle stehen, denn die heute in vielen Industrien gezahlten Hungerlöhne lassen gar nichts anderes zu. Das heutige bürgerliche Regime hat im vergangenen Jahre wahrlich wenig genug für die Arbeiterschaft getan, dafür aber alles gegen sie, so daß wohl auch die Frage berechtigt er­scheint, was im kommenden Jahre für die arbeitende Klasse dieses Staates getan werden wird. Vor Weihnachten des vergange­nen Jahres haben wir Buchdrucker und die übrige Arbeiterschaft der Buch- und Steindruckereien um eine Erhöhung unserer Teuerungs­zulage gekämpft und eine einmalige Aushilfe erhalten. Im Jahre 1929 läuft unser Kollektivvertrag ab, womit wir vor der für uns so unendlich bedeutungsvollen Frage der Zukunft stehen, was sie uns bringen wird: Kampf oder Einigung. Wir haben ein Kampfjahr vor uns, denn wir stehen einem Gegner gegenüber, der so oft schon gezeigt hat, daß er wie jeder andere Unternehmer den Profit an die erste Stelle stellt. Wir wer­den diesen Gegner nicht unterschätzen, aber auch nicht über­schätzen, denn auch wir sind uns unserer Kraft bewußt. Aber ge­rade das muß uns verpflichten, diese Kraft nicht zu verschwenden und zu verzetteln, sondern sie für das Große aufzubewahren. Kraft ist aber nicht nur materielles und ideelles Bewußtsein der Geschlossenheit und der inneren Einigkeit. Kraft ist auch Opfersinn und Solidaritätsgefühl, das der Kämpfermasse innewohnen muß. Und gerade das ist es, wor­auf wir im kommenden Jahre unser Hauptgewicht legen müssen: Unsere Kollegen müssen bereit sein, Opfer in jeder Form und in jedem Ausmaße zu bringen, wenn es die Tatsachen erfordern wer­den; sie müssen solidarisch wie ein Mann dastehen, wenn es gelten sollte, den Schlag zu führen oder abzuwehren. •ft? Al* & i'? 'ili' •ft? •ft? vi? A»* ipa V­? •ft? •ft?

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