Kassa-Eperjesi Értesitő, 1872 (Jahrgang 34, nr. 1-104)

1872-08-07 / nr. 63

„öd Erscheint jeden­­twoc­h und Samstag. 7308 Pränumeration für Kaschau vierteljährig Vil. 25 fr., mit Postver­­­ jendung 1 fl. 50 fr. Pränumeration s wird jeden Tag angenom­­­­men bei der Administration '% sasauer Zeitung, Hauptgasse Mr. 60, bei alz +. ha Westanstalten u. Buch­­handlungen. Nr. 63. Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petit­­zeile. =­ Inseratenstempel 50 tr. für jede Anzeige. Bei größeren Ankündigun­­gen und öfterer Einschaltung entsprechender Jiachlaß. In Wien übernehmen Inserate für uns die Herz­­en A. Oppelik, Wollzeile ger. 22, Hansgenstein - Vogler, Neuer-Martit Nr. 11 und Rudolf Mosse Annoncen - Expedition. Megjelen minden Szerdán és Szombaton, „Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Vokalblatt für Volks-, Haus- und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. (KASSA-EPERJESL ÉRTESÍTŐ. In Pest L. Lang's internationale Annoncen-Expedition und Alexander Singer. Jn Berlin S. Kornik. JIn Stuttgart EB. Stöckhardt. In Paris Havas Laffitt-Bullier & Comp. Place de la Bourse. . Kundschaft­sblatt für Kaschau und Spezies A nonyme Briefe werden nicht berüc­­­htigt und Manuskripte nicht zuzü­­r­gegeben. 4 / / - — — D / Kaschau, Mittwoch 7. August. "Das­­­­­­­­­­­­­­­ „PET “ Kaschau, 6. August 1872. Ereigniß der jüngsten Tage bildet der außer­­ordentliche Erfolg, welchen die französische Milliarden-Anleihe ncht nur in Frankreich selbst, sondern in ganz Europa ge­­hen hatte. Statt der drei Milliarden, die erforderlich waren, wurden nämlich einundvierzig Milliarden Francs zeichnet, d. h. vierrzehn Mal überzeichnet. Dieser Erfolg ist im doppelter Beziehung merkwürdig und lehrreich, einmal dadurch, daß hiermit das große Vertrauen augenfällig dar­­elegt wird, welches ganz Europa in die Zahlungsfähigkeit­rankreichs und in seine gegenwärtige Regierung setzt, zum adern dadur<, daß hiermit der Reichthum und die Ca­­italskraft der gegenwärtig lebenden menschlichen Gesellschaft Überraschender Weise offenbart wird. Man hielt die­­jenigen, welche eine dieiface Ueberzeichnung dieser Anleihe vorhergesagt hatten, für Optimisten, und es zeigte sich nun, daß selbst die gewiegtesten Finanzmänner und Volkswirthe den Reichthum und die Energie der Speculation Europas weitaus unterschäßt hatten. Die von Paris insbesondere und von ganz Frankreich überhaupt gezeichnete Summe von 16 Milliarden liefert den Beweis, daß der Kriegssturm der Jahre 1870 und 1871 die Hilfsquellen Frankreics nur mäßig angegriffen hat, denn ohngeachtet der Plagen und Qualen, die er gebracht hatte, war er kurz und hat nur­­ einen verhältnißmäßig kleinen Theil des Landes betroffen und berührt. Die moderne Kriegsführung kann auch den Handel, diese wichtige Quelle des Nationalwohlstandes, nicht so unterdrücken, wie es frühere Zeiten erlaubten , sie kann „ihn sistiren, aber sie zerstört ihn nicht, deshalb konnten die Gschäfte bald nach Beendigung des Krieges ihren alten Schwung wieder erreichen, und selbst an den Orten, wo der Krieg am heftigsten wütdete, sieht man heut­zu Tage kaum mehr ie Spuren davon. Obschon der sittliche Verfall Frankreichs „unter dem zweiten Kaiserreiche und unter der Herrschaft des­­ „Ultramontanismus in der Schule stark fortgeschritten war, so hat er, wie sich jekt zeigt, die industriellen und commer­­ciellen Kräfte und Tugenden Frankreichs noch nicht in ihren edelsten Theilen ergriffen, und man ist daher auch berechtigt zu der Erwartung, die unerhörte militärische Niederlage, welche­rankreich in jüngster Zeit erlitten hat, werde das Sinken „dieses Landes nicht veranlassen, und es werde das Schicsal Spaniens und Neapels von sich abzuwehren wissen. Bei der Beurtheilung des Erfolges dieser Anleihe muß man sich vor Augen halten, daß die sehr günstigen Subscriptions- Bedingungen das ausländische Capital, darunter auch das deutsche, zur Betheiligung veranlaßten, und daß die Specu­­­­lation, welcher es um den Gewinn eines Aufgeldes bei der Abwälzung der gezeichneten Stücke lediglich­ zu thun ist, die eigentliche, auf eine dauernde Capital 38anlage abzielende Zeichnung weitaus in dem vorliegenden Falle übersteigt. Es wird sich daher Niemand darüber täuschen, daß diese ge­­zeichneten einundvierzig Milliarden ein sehr künstliches Pro­­duct sind, wovon der weitaus geringere Theil ernstlich gemeint ist. Hätte man an der Bedingung festgehalten, daß die Einzahlung in klingender Münze zu leisten ist, so würde sich das Gesamm­tresultat dieser Subscription aller­­­dings als ein weniger glänzendes, dagegen ungleich solider gestaltet haben. Von großem Interesse wäre es, zu wissen, wieviel von den Depositen, die bei dieser Subscription an­­geboten wurden, im baaren Gelde oder in kurzem Papier „bestehen, da man daraus zu einem klaren Begriffe über Sjenige Capital gelangen könnte, welches in Europa ohne törung des Verkehrs still liegen kann. Würde sich hierbei rausstellen, daß dieser Subscription zum größten Theile Wechsel als Grundlage dienen, so würde hiermit die Wahr­­einlichkeit, daß die Speculation den größten Antheil an m verblüffenden Erfolge dieser Anleihe genommen hat, zur ewißheit gesteigert werden. Bedenkt man nun, wie leicht solche Wechsel durc­h Gefälligkeits-Accepte zwischen befreunde­­­­ten Bankhäusern fabrieirt werden, so dürften sich die über­­­schwänglichen Vorstellungen über die Größe des in Europa zur Creditgewährung un­flüssigen Capitals, welche durch diese einundvierzig Milliarden-Zeichnung vielfältig hervorge­­rufen wurden, sehr ernüchtern. Selbstverständlich mußte­­ diese beispiellose Finanzoperation eine mannigfaltige kritische­­ Beleuchtung erfahren, und es ist vor der Hand nur so viel gewiß, daß der hiermit gefeierte Triumph des französischen Credits der Schildforderung Deutschlands an Frankreich zu Gute kommt und die baldige Beendigung der deutschen Occu­­pation französischen Gebietes in Aussicht stellt. Es stand zu erwarten, daß sie an den glänzenden Erfolg dieser Milliarden-Anleihe in Frankreich politische Enunciationen knüpfen werden, die neuerdings von Ueber­­hebung und Selbsttäuschung Zeugniß geben, und daß anderer­­seits dadurc­h in den maßgebenden politischen Kreisen Deutsch­­lands das Bedenken wachgerufen werde, als wäre die Be­­sc­hleunigung des Zeitpunktes, wo die deutschen Occupations­­truppen den französischen Boden verlassen, ein zweifelhafter Gewinn für Deutschland. In der That rennt der Jubel der Pariser Blätter über das Ergebnis der Anleihe keine Grenzen, und es ist insbesondere die französische Regierung, das ist Herr Thiers, deren Vortrefflichkeit dieser Erfolg zu­­nächst zugeschrieben wird, und es ist so­mft französisch durch Styl und Inhalt, wenn das Leiborgan des Herrn Thiers bei diesem Anlasse sagt: „Diese Regierung und­ dieser Staatsmann (Thiers) haben Pfänder der Weisheit, Red­­lichkeit und Festigkeit genug gegeben, damit Frankreichs Credit seine glänzendste und ehrenvollste Bestätigung erhielt. Erblicken wir übrigens in diesem Erfolge den Beweis, daß Europa Vertrauen zu unserer Weisheit hat und verdoppeln wir diese Weisheit. Ahmen wir in unserem Benehmen, in unserer Haltung die Klugheit der Regierung des Herrn Thiers, des Herrn de Goulard nach, die nichts dem Zufalle überlassen. Seien wir klug!" Diesen Ueberschwänglichkeiten stehen allerdings die clericale, die legitimistische und bona­­partistische Presse mit ihren eiskalten, ernüchternden Bemer­­kungen gegenüber, und jedenfalls haben sie Recht mit ihrer Behauptung, daß die große Mehrzahl dieser Zeichnungen nicht ernst gemeint sein könne, weil die Speculation darin weitaus vorherrscht, und daß ein minder großartiger Erfolg einen viel ernsteren, solideren Eindruck gemacht und der ganzen Anleihe einen echteren patriotischen Stempel aufge­­drückt hätte. Daß Herr Thiers diesen Erfolg hätte erreichen können, wenn er den großen Geldinstituten und Financiers keinerlei Begünstigung gewährt hätte, steht außer allem Zweifel ; “allein Herr Thiers wollte den erzielten außerordentlichen, überraschenden und geradezu verblüffenden Erfolg und wählte hiezu die geeigneten Mittel und Wege. Er hat sich in seinen Berechnungen nicht geirrt und, indem er den unge­­heuren erzielten Erfolg mit Recht als sein Werk bezeichnen kann, hat er seine Stellung neuerdings bedeutend verstärkt. Duch kluge Bewußung der zerfahrenen Zustände in der französischen Nationalversammlung hat es Herr Thiers über­­haupt verstanden, Frankreich nach seinem Willen zu lenken, das neue Wehrgesetz und die Rohstoffsteuer durchzusetzen, die Rechte, d. h. die Legitimisten, Orleanisten und Bonapartisten zu besiegen, die Ultramontanen bei ziemlich guter Laune zu erhalten und Schritt für Schritt zum Dictator Frankreichs zu werden. Die Regierungsform der Republik in Frank­­reich ist es nicht, welcher diese so unerhörte Credit von Seite des Capitals zugewendet wird, denn das leitere pflegt über­­haupt zwischen­­ Regierungsformen keinen Unterschied zu machen, sondern dahin zu strömen, wo Aussicht auf Gewinn bei entsprechender Sicherheit sich darbietet, und da es durch den Gang und die Beschaffenheit der Ereignisse in Frank­­reich seit dem Frankfurter Frieden sichergestellt wurde, daß Thiers der einzige Mann ist, welcher die Befähigung besitz, die GeschiXe Frankreich in ruhige Bahnen zu lenken und den Hader der Parteien niederzuhalten, so schenkt das Capital seiner Regierung Vertrauen, gleichviel ob er Präsident der französischen Republik oder König von Frankreich ist. Zur“ Emancipation der Frauen. Kaschau, 5. August. Unter den socialen Fragen tritt neben der Arbeiter­­bewegung mit ihren Strikes diejenige der Emancipation der Frauen in jüngster Zeit am lebhaftesten in den Vordergrund. Am stärksten mußte diese Bewegung in den nordamerikanischen Freistaaten eintreten, einmal deswegen, weil die gesellschaft­­liche Stellung der Frauen dort eine sehr bevorzugte ist, und zum Andern , weil die dort herrschende individuelle Selbst­­ständigkeit und Unbefangenheit diese Bewegung außerordent­­lich erleichtern. Dieselbe ist in der That dort schon so weit gediehen, daß fast alle öffentlichen Schulen durt Frauen und Mädchen verwaltet, in den meisten Städten weibliche promo­­virte Aerzte gefunden werden, an einzelnen Orten Frauen als Advokaten und sogar als Richter fungiren. Am besten scheint für sie jedoch die Kanzel geschaffen zu sein, denn in New­ York predigen allsonntäglich 10 bis 12 Damen, in Georgia verwaltet eine blonde Schöne eine Presbyter-Gemeinde, in Troy gibt es eine Methodisten-Predigerin, und an den verschiedensten Orten sieht man begeisterte Frauen die Kan­­zel besteigen u. zw. häufig mit dem besten Erfolg. Ein so würdiges Feld für die Thätigkeit der Frauen, die Beschäftigung derselben in Postämtern, Buchdruckereien, Telegrafen-Bureaux u. dgl., ja sogar im Predigstuhle sein mag, zu welche letzterem sie durch ihre größere Sprechfertig­­keit ohnedies eine natürliche Ueberlegenheit über das genus masculinum besigen, so werden doc­h ihre Bestrebungen auf dem politischen, und noch mehr diejenigen auf dem militäri­­schen Gebiete mißbilligt und geradezu verurtheilt. Eine Frau Woodhall prätendirt nämlich nichts Geringeres, als den Prä­­sidentenstuhl der nordamerikanischen Republik zu besteigen, und die Schwester dieser Dame, Frau Claflin, mit welcher Frau Woodhall gemeinschaftlich ein Wechsler- und Makler­­geschäft in New­ York betreibt, bemühte sich um die Oberstenstelle des neunten Miliz - Regiments, welche durch die Ermordung des Colonel Fisk erledigt worden war. Es gelang ihr endlich dadur<, daß sie dem 85. Neger- Regimente neue Uniformen versprach, von diesen Sans- coulottes (in des Wortes eigentlicher Bedeutung) zu ihrem Obersten erwählt zu werden, während ein wirklicher, echtsarz­farbiger Neger zu ihrem Stellvertreter ernannt wurde. In Mexico besißt die heilige Virgen de los Remedios ein Oberst-Patent, allein dasselbe ist mit einem Gehalte ver­­bunden, was jedoc mit der Obersten-Stelle des 85. Neger­­regiments nicht der Fall ist. Von der Begünstigung, welche die amerikanischen Frauen genießen, vermag man sich erst dann eine richtige Vorstellung zu machen, wenn man erfährt, daß sie nict nur zuweilen den Gesehen des Auslandes Trotz bieten, sondern daß selbst Richter und Geschworene mit­einander wettreifern, über die gesetwidrigsten Handlungen hinweg zu sehen, wenn es sich darum handelt, die angeblich verletzte Frauenehre zu vertheidigen. Daß ein Weib ungestraft ihren Verführer niederschießen darf, mag zu entschuldigen sein, allein wenn ein Mädchen in Viita, welches auf der Eisenbahn einen unsc­huldigen Passagier töd­­tete, von der Jury freigesprochen wird, so ist dies ein Vorgang, welcher für das reisende Publikum in Amerika von den schlimmsten Folgen sein kann. Nicht wenig trägt zur Emancipation der Frauen in den nordamerikanischen Freistaaten die immer mehr zuneh­­mende Gepflogenheit bei, in den Hotel garnis zu leben. Indem die junge Frau gleich nach der Hochzeit mit ihrem Ehmanne ein Hotel garni bezieht, und in einem solchen in dem Falle, als die Ehe kinderlos bleibt, fort verweilt, wird sie der Erfüllung aller derjenigen Pflichten entzogen, die bei uns mit der Gründung eines eigenen Hausstandes der Frau anheim fallen. Während der Mann gleiß nach dem Früh­­stücke, welches er im Speisesaale des Boardinghouse gem­ein­­schaftlich mit den übrigen Bewohnern des Hauses einnimmt, seinem Geschäfte mit amerikanischem Eifer nachjagt, fällt die junge Frau der Langweile anheim, die sie sich durch Lectüre, häufig nicht die geeignete, dann durch Shopping (Kaufladenbesuchen) u. dgl. vertreibt. Zum Mittagmahle, gewöhnlich niit vor 4 Uhr Nachm., kommt dann der Mann in das Boardinghouse zurück, um dann in üblicher gemein­­schaftlicher Weise an demselben Theil zu nehmen, und so fehlt es für die Frau an derjenigen Thätigkeit , welche sie bei uns zur Hausfrau und eigentlichen Lebensgefährten des Mannes hat. Da die Emancipation der Frauen in Amerika mit der Arbeiterfrage in genauer Verbindung steht, so wird sie sich mit derselben fortschreitend entwickln. Sie ist eben ein Theil der großen socialen Umwälzung, in deren Anfängen wir jetzt stehen“ und wovon der Ausgang, wenigstens für Wu

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