Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1890 (Jahrgang 52, nr. 112-149)

1890-11-08 / nr. 128

Zweiundfünfzigster Jahrgang 1890. Kaschauer Vei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeig. —— Nr. 128. Kaschau, Samstag S. November­­er Zeitung, en mp menu == - === 4 KASSA-EPERJESI ERTESITO. Prämumerationspreis ohne „Illustr. Unterhaltungsblatt“ Für Kaschau :­anzjährig fl. 5.—, halbjähr. A. 2.50, vierteljähr. Mit Boltversendung:­­— 4 6.60,­­ er­k 3.30, YE t ft. 1.65 Mit Boh­nersendung a 7 7.80, s­ee­zt NB Redacti d E­diti­o­n : "Kagehar, Hauptgasne Nr. 04. Pei Serieraten, welche größeren Raum einneh­men und öfter eingeschaltet werden sie Ericheint­el Donnerstag­tag Mit dem „Illufix. Unterhaltungsblatt“ Ki ja und Samstag. r Raschau : ja . 6.20, halbjähr. . . . . . . 3.18 Heneite Nachrichten. Ungarn. Der Minister-Präsident hat sämmtliche Obergespane zur Meinungsäußerung über die Ver­wal­­tungsreform aufgefordert. Alle Obergespäne haben sich für die Verstaatlichung der Administration gutgesprochen. Oesterreich Am 4 b. hat unter dem Borsige des Kaisers ein Ministerrath in der Hofburg stattgefunden. Die Politische Lage in Böhmen soll bei diesem Anlasse, wenn auch lange nicht als zufriedenstellend, jo doch als gebessert bezeichnet worden sein. Wie man uns von autoritativer Seite mittheilt, werden die Landtage am 25. oder 26. November ihre Berat hangen Schließen Die Einberufung des Reichsrathes ist dann für den 4. December in Aussicht genommen. (Bereits gemeldet.) Holland. Königin Emma tritt die Regentschaft am 18. 08. an und hat ss mit der Errichtung der Regentschaft in Luxemburg einverstanden erklärt. Mittlerweile erklären die Aerzte, daß der König am Ende doch noch wieder geistig gesund werden könne. Armer Herzog von Nassau ! Sollte er das zweitemal wieder ab­­brennen ? Frankreich. General, Zolltarif und Budget stehen im Vordergrunde der Tagesereignisse; mit 34 gegen 5 Stimmen wurde principiell der doppelte Tarif angenommen. Die Tarif- Kommission ermächtigte die Regierung zum Absc­hlusse von Special-U­ebereinkommen, in welchen der Minimaltarif nich­t erwähnt sein wird. Diese Ueberein­­kommen werden keinerlei Bestimmung über die Giftigkeitsdauer erhalten ; die Regierung wird es demzufolge stets in ihrer Macht haben, dieselben zu kündigen und die Anwendung des allgemeinen Tarifs wieder aufzunehmen, sobald sie es für passend erachten wird. Bulgarien. Die Sobranje votirte heute mit Akkla­­mation die in Beantwortung der Thronrede an den Fürsten zu richtende Adresse. Die Vertreter des bulgarischen Volkes Sprechen in der Ueberzeugung, daß der Sultan Alles ausbiete, um auf dem Balkan die Ruhe zu erhalten, die Hoffnung aus. Der erhabene Souverän werde bei den Mächten die erfor­­derlichen Schritte zur endgültigen Lö­­sung der bulgarischen Frage veranlassen. Nordamerika. Depeschen aus Havannah theilen mit, daß in Folge der Mac­Kinley-Bill dreißig Cigarren­­fabriken gesclossen wurden, andere werden ge­­schlossen werden, sobald die europäischen Bestellungen er­­ledigt sind. Siegen Aus allen Theilen des Landes kommen Nachrichten von der demokratischen Partei in den meisten Staaten ; obwohl dieselbe mehr lokale Bedeutung haben, dürfte das Uebergewicht der Demokraten über die Republikaner auch bei den Staatswahlen zum Ausdruc kommen. Australien. Der australische Arbeiterbund in Queens­­land macht amtlich bekannt, der Eitrike sei vorüber, und empfiehlt den Arbeitern die Wiederaufnahme der Arbeit. Auf dem Reichstage. Still und monoton begann am 4. d. die Generaldebatte über das Budget, welche kaum länger als einige Tage währen wird. Die Acteure blieben die alten, als ob seit dem­­ legten Jahre nichts geschehen wäre. Nach dem Abgeordneten Hege­dy, der geschicht wie immer das Budget beleuchtete, sprach H­el fy, der den Beifall seiner engeren Gesinnungs­­genossen erntete, als er die Verurtheilung des Einjährigen Jovanovich als etwas unerhörtes bezeichnete. B­o­­lonyi rief: „Das Urtheil ist ein ungeseßliches !“ Der Präsident machte aber jeder Scene ein Ende mit der Erklä­­rung, daß man ein ausgesprochenes­ Urtheil nicht kritisiren solle. He­lfig machte dann der Regierung den Vorwurf, daß sie die Brüche zwischen der Vergangenheit und der Zukunft verbrenne. Mit großem diplomatischen Talente entledigte sie Ab­geordneter HoranLzky (gemäßigte Opposition) seiner Aufgabe. Er machte der Regierung die möglichsten Compli­­mente und gratulirte ihr zu den begonnenen Reformen. Schon glaubte man das Wort „Fusion“ zu vernehmen, da Horanszky erklärte, er hoffe, daß seine Partei keine princi­­piellen Unterschiede von der Regierungspartei trennen, als er mit einemmale den Mißtrauischen zu spielen begann und sagte, seine Partei wolle nun abwarten. „Wie lange?“ trug eine Stimme auf den Bänken der Majorität, das natürlich große Heiterkeit erregte. „Abgeordneter Cornel Mudrony (äußerste Linke plaidirt dann für ein selbstständiges Zollge­­bie­t und meint, die fünfzig Millionen Gulden, welche jetzt von Ungarn „den österreichischen Schußzöllnern“ gezahlt wer­­den, würden dann Ungarn zufallen. Auch für Oesterreich wäre dies nüßlicher, denn für diesen Verlust würde es reiche Entschädigung darin finden, daß für die österreichischen In­­dustrieproducte in Ungarn a­n dem natürlichen Markte durch die wirthschaftliche Entwiclung eine rege Kauflust erblühen werde.­­ Am 5. November legte der Präsident Petitionen zahl­­reicher Gemeinden in Angelegenheit der Wegtaufungen vor. Abgeordneter Emil A­br­anyi erhält krankheitshalber einen sechsmonatlichen Urlaub. Abgeordneter Ist 6­cz­y bringt einen Entwurf ein­en Betreff eines Heimstättengeseße3. Ko­me­rathy meldet eine Interpellation an wegen dem Einjährig- Freiwilligen Joannovic, Gabriel Ugron in Sachen der ungarischen Waffenfabrik. Cornel Abranyi, der publizistische Vorkämpfer der gemäßigten Opposition sprach von der Möglichkeit der Fusion, suchte aber dann nachzuweisen, daß die Opposition nothwendig sei; er wünschte eine conservative Gesellschaft, aber liberale Regierung und führte aus, die Majorität habe keinen Sinn für Aspirationen der Nation. Graf Apponyi schüttelte wiederholt den Kopf zu diesen sonderbaren Aus­­lassungen, die übrigens auf Seite der beiden Oppositionen ganz wirkungslos verklangen. Umso rauschenderen Beifall erzielte Minister Wekerle, indem er für finanzielle Complimente dankt und „die Polis­tischen Argumente der Opposition als haltlos bezeichnete. Die Beseitigung des Deficits sei nicht sein Verdienst, sie habe tiefere Wurzeln (diese Anspielung auf den hinter dem Redner figenden T­i­s­z­a veranlaßte begeisterte Acclamationen), ebenso sei die Verwaltungsreform das Programm Tisza’s gewesen. Der Minister wies auch nag, daß die finanziellen Operatio­­nen nicht Erfolg gehabt hätten, wenn sie im Sinne der Opposition durchgeführt worden wären. Die Interpellation in Angelegenheit des Mediziners Joannovich rief wenig Emotion hervor. Minister Fejerváry erwiderte, er habe auf die diesfällige erste Interpellation nicht geantwortet, weil die Acten von der Obersten Militär-Instanz noch nicht herabgelangt sind. Die heutige Nummer umfaßt 8 Seiten. Ein verhängnisvoller Ausflug. Von Cicada. (Schluß) Adelheid biß sich in die Lippen, warf übermüthig den Kopf zurüc und in demselben Momen fiel die Rose von ihrem Haupte nicht weit von ihrem Reisecompagnon auf den Boden. Adelheid wartete, daß der Fremde Herr ihr die Rose ausheben werde. War er so kühn sie anzureden, so wird er auch eine kleine Galanterie nicht übergehen. Die Blicke des Fremden fesselten aber sehr die wechselnden der Gegend. Er hatte die entfallene Rose nicht Landschaftsbilder bemerkt und die von der Männerwelt so verwöhnte junge Dame wartete vergebens. In der That war das eine­­ Impertinenz ! Und fett hob er den Fuß um die Rose zu vertreten ! „Mein Herr! meine Rose !“ rief Adelheid mit verhal­­tenem Zorne sich leicht hervorneigend und wollte mit dem Fächer die Rose näher an sich rücken. „O mille pardon mein Fräulein !" Schnell hob er die Blume vom Boden. „Ich hätte es mir nie vergeben, der Mörder dieser Schönen Ro­e gewesen zu sein.“ Um Adelheids Lippen zeigte sie jegt ein spöttisches Löceln Sie war heute gegen die Männer sehr jeder Bli>, jede Bewegung, jedes Wort, welches aufgebracht ! der schöne Fremde, sprach ärgerte sie fürchterlich. „Mir sc­heint mein Herz,“ sagte sie pikirt und das scherz­­haft sein sollende Lächeln um ihre Lippen, verrieth die ganze Innere Empörung, welche sie unterdrüdte: „Sie hätten Lust, meine Rose zu riechen, das aber erlaube ich absolut nicht ! Nur her mit meinem Schmuce !“ Sie lachte dabei so leise, so silberhell, daß der Geheimrath erstaunt aufblicke. „Ich bewunderte nur die Copie,“ sagte er ernst „und Übergebe sie unversehrt dem Orginal.“ Frau von Wallersee ballte die kleine Hand. Auch noch Elogen wagte er ihr zu sagen ! Aufs äußerste empört, wandte sie sich ab und sah wieder zum Fenster hinaus. Die Erleb­­niße der legten Stunden und zulegt die Gesellschaft dieses Fremden, hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Mißmuthig, mit sich selbst unzufrieden blickte, sie in das ferne Abendroth, “das sich am Saume der Gebirksfette ergoß und seine gold- rothen Strahlen in die grauen Wolken wehend langsam er­­bleichte. Adelheid Brust hob ein leiser Seufzer. Sie war des Lebens müde; er kam ihr schal und öde vor. Wie sehnte sie sich nach ihrer Gesellschafterin. Im Beisammensein derselben fand sie einige Zerstreuung. Die Damen hatten mit der­schlossen, eine Badereise zu unternehmen, um in dem regen Treiben des Badelebens einigen Elsaß Aufenthalt in der Provinzstadt zu suchen. für den langweiligen Frau von Wallersee war Großstädterin. Ihr verstorbener­­ Gemal, ein angesehener Grundbesitzer, hatte seine junge Frau auf das Land gebracht. Nach seinem Tode wollte Adelheid Arot der Bitten ihres Bruders die Gegend nicht mehr ver­­lassen, ihre Witwenjahre aus dem Orte verbringen, wo sie als junge Frau freie Jahre eines ungetrübten ehelichen Glückes genossen. Frau von Wallersee, in Gedanken versunken, hing ihren Erinnerungen nach. Plö­glich entfuhr ihren Lippen ein Scre­enslauf. Die Lokomotiv war von den Schienen herab­­gegliten und fuhr in das Bett des breiten Flußes. Kalter Schweiß überrieselte ihren Namen, die Hände mit aller Kraft gegen die Thür stemmend stieß sie dieselbe auf und Adelheid sprang hinaus auf das mit grünen Rasen bedeckte Ufer. „Um Gottes willen ! Mein Fräulein !“ erihol in dem­­selben Moment ein Ruf aus dem Coups. Als aber Berthold das Beispiel seiner Reisegefährtin folgend ebenfalls heraus­­gesprungen war, stand der Zug bereits still. Das in Folge der Dürre trogen gelegte Strandufer, in welches die keuchende Maschine tief einfant, hemmte den weiteren Lauf ; die Gefahr war vorüber. „Mein Fräulein ! Sie sind etwas zu kühn gewesen. Haben Sie keinen Schaden genommen ?“ sagte Herr Berthold, zu Adelheid herantretend, die ganz heil und wohlgemuth in ein heiteres Lachen ausbrach. ‚Ein Glück, daß diese Entgleisung in der Nähe der Station vor sich ging. Ic hoffe hier einen Fiaker zu treffen und gleich nah X fahren zu können.“ „Darf ich Sie bis zur Stat­ion begleiten mein Fräulein ?* trug der Geheimrath, sich leicht verneigend. Die junge Dame bejahte lächelnd und legte ihre Hand auf den dargebotenen Arm. Doch blieb sie in sichtlicher Verwirrung stehen. „Haben Sie vielleicht etwas verloren ?“ „Meinen Schuh !" flüsterte Adelgeid erreichend. „Der muß gleich gesucht werden!" rief der Geheim­­rath dienstfertig. „Das Gras ist feucht. Sie könnten sich sehr leicht erkalten ! Ueberhaupt mein Fräulein ist Ihre Toilette für einen kühlen Frühlingsabend zu leicht. Erlauben Sie, daß ich Ihnen meinen Plaid umlege.“ Adelheid ließ sich willig einhüllen. Ihr Auge blickte j:51 viel milder auf den Fremden und sie gestand sich im Innern, daß bei einer solchen unangenehmen Entgleisung die Dienste eines Cavaliers nicht zu unterschägen seien. Während Herr von Berthold den Schuh seiner reizenden Gefährtin suchte, waren bereits sämmtliche Passagiere ausgestiegen. Ein reger Lärm entstand, der sich aber bald dämpfte, als Hülfe von der Station kam und die Harrenden vernahmen, daß die Fahrt in kurzer Zeit fortgelegt werden könne. „Also haben Sie doch meinen verunglückten Schuh ge­­funden !“ rief Adelheid aufathmend ihrem Cavalier entgegen: „Ic danke für Ihre Mühe herzlich !“ Sie ließ es geschehen, daß der fremde Herr sich vor ihr auf ein Knie niederließ und ihr den kleinen Fuß in das nette Z­ug hineinpressen half. „So !“ sagte er, „Jezt können wir gehen. Oder halt mein Fräulein ! Wie ich sehe haben Sie keinen Hut ? Ist er etwa im Coups geblieben ?" Berthold wollte sich eiligst entfernen, doch hielt ihn Adelheid zurück. „Nicht bemühen Sie sich ! Io war ja ohne Hut Meine Sachen habe ich in A. vergessen ! Mein herzliebster Bruder aus Wien — —" "Adelheid hielt inne, denn von Neuem u­rlebte, sie Berger und Empörung bei der Erinnerung an das „Sie sind vielleicht gar eine Wienerin mein Fräulein 2“ rief der Fremde freudig überrascht aus. „Nein, ich bin eine Pesterin. Mein Bruder aber wohnt in Wien und ist Bankier.“ „Bankier ! Sie sind aus Pest gebürtig !" rief­­ der Geheimrath aus und bliebe dabei tief in Adelheids reizendes Antliß. „Dürfte ich nicht des Bruders Namen erfahren ?“ sagte er endlich mit sichtlicher Erregung kämpfend. „Robert von Osten.“ „Ist Ihr Bruder ?“ „Nun ja!" lächelte Adelheid. „Was bringt dieser Name Sie so in Erstaunen Kennen Sie ihn vielleicht ?“ „Robert von Osten ist mein bester Freund ! Erlauben Sie gnädige Frau, daß ich Ihnen meine Karte überreiche.“ „Geheimrath von Berthold,“ las Adelheid. Eine dunkle Glut stieg jäh in ihre Wangen, doc verschwand dieselbe ebenso schnell und sich zu rechter Zeit fassend lächelte die junge Witwe freundlich. „Es freut mit Herr von Berthold Sie kennen zu lernen. Wenn Sie mit meinem Bruder zusammenkommen, richten Sie meine herzlichsten Grüße aus, an ihn und die Seinen.“ begann „Gnädige Frau ! Ich habe Ihnen etwas vorzuwerfen !" der Geheimrath nach einer kleinen Pause. „hr Scherz war rec­ht grausam, daß Sie mich während der gan­­zen Fahrt in dem Glauben ließen, Sie wären ein Fräu­­lein und = ““ „Und !* rief Adelheid herausfordernd. „Ic bin ge­wohnt, daß man mich für unvermä­hlt hält. Hat Sie das enttäuscht ?" lachte sie „Ich wäre erbost spiz. ? Adelheid ? — Pardon — Gnädige Frau !“ sagte er bei dem strafendem Blice der jungen Frau sich verbessernd. „Nan also, nicht erbost,“ fiel sie ein, sich mit Wo hl­­gefallen an der Verlegenheit ihres Begleiters weidend. „Ich meine Sie waren nur sehr enttäuscht als Sie in dem jun­­gen Mädchen eine Frau entdecken.* „Sie sind sehr schlimm und böse, erwiderte Berthold leise, von Adelheid­s Liebreiz ganz hingerissen. Gnädige Frau hat Ihnen Robert meinen Besuz nicht gemeldet ?* Adelheid zögerte mit der Antwort, doch als sie die dunkeln Augen so aufrichtig und innig auf sich gerichtet sah, konnte sie sich nicht enthalten. Die Wahrheit zu gestehen. „sa !“ sagte sie ernst. „Und wissen Sie warum iH kam ?“ frug er zögernd. „Um die Hand Adelheids von Wallersee zu werben, Be­te 77 WE |­­­­­mn­en nennen nme re

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