Kirchliche Blätter, 1919 (Jahrgang 11, nr. 1-52)

1919-10-18 / nr. 42

-—­220— "stimmig und einmü­tig,ohne jedwede Debatte,be­­schlossen,die Abschaffung dieser Verpflichtung zu fordern. Man geht daher gewiß nicht fehl, wenn man annimmt, daß auch jene Ausführungen in Ar. 16 die Stimmung der fächsischen Gesamtlehrerschaft in dieser Frage wiedergeben. Unter den Gründen, die für die Abschaffung der Predigtverpflichtung geltend gemacht werden, sind neben einigen höc­hst merk­­würdigen und anfechtbaren, auch sehr Schwerwiegende. Es wird gesagt (ich zitiere möglichst wörtlich): Für den Professor bedeute die Verpflichtung eine unver­­hältnismäßig große Belastung . . . vor allem müsse er fi in einen gang fernliegenden Gedan­­kenkreis hineinarbeiten, müsse fi mit den reli­­giösen Problemen des Terte3 auseinanderfegen und besonders schwer falle es ihm, Stellung dazuzunehmen­. Er wird sich gezwungen fühlen, beißt es weiter, entweder unter Berleugnung seines Ich eine Schematische Homilie herunterzuleiern, oder er wird das religiöse Problem vielleicht ganz beiseite lossen oder er wird zu einer hoffnungslosen Kapi­­tulation kommen, die ihm Verweis und Tadel einträgt. (Nebenbei bemerkt: Sit es schon je vor­­gekommen, daß ein verunglückter Prediger von der Gemeinde getadelt worden wäre? Dazu sind unsere Gemeindeglieder religiös viel zu gleichgültig erzogen !). Nun kommt aber das Schwerwiegendste: Es ist nicht jeder im Stande, Kompromisse zu schließen zwischen Ueberzeugung und Aufgabe.“ Das ist eine Behauptung, die man kaum für möglich gehalten hätte! € 3 siegt in ihr ausgesprochen, daß die meisten unserer Professoren ihrer Predigtverpflichtung nur unter Preisgabe ihrer Ueberzeugung nachkommen könnten. Furchtbar, wenn es wirklich so wäre! Hgum Schluß aber heißt es: Die Predigtverpflich­­tung zwingt den P­rofessor innerlich zu Dingen, die er vielleicht gerade seinen Schülern gegenüber am schwersten wird verantworten önnen! Sal Wenn die Sache so steht — und wir müssen dem Schreiber jener Zeilen dankbar sein, daß er einmal offen ausgesprochen Hat, was alle anderen Lehrer genau so fühlen —, dann bleibt freilich nichts anderes übrig, als die Mittelschullehrer von der Predigtverpflichtung zu entbinden. Evange­­lische Christen, denen die innere Wert des Glaubens ein „Ternabliegender“ Gedankenkreis ist; Prediger, die ihre­­ Predigtaufgabe nur unter Preisgabe ihrer besseren Ueberzeugung lösen können; Lehrer, die es innerlich nicht mehr verantworten können, von ihren Schülern religiöse Wahrheiten zu vertreten, solche Lehrer gehören selbstredend nicht auf die Kanzel. Noch viel weniger aber gehören sie dann als Reli­­gionslehrer vor ihre Maffel Denn zur Erteilung de Religionsunterrichtes ist die gleiche innere Stel­­lungnahme nötig wie zur Predigt. Ein Unterricht, dem alle Luft und Liebe zur Sache abgeht, wird entweder ganz wirkungslos bleiben oder hochheiteng Gleichgültigkeit erzeugen, und die Erfahrung lehrt, daß religiöser Indifferentismus in der Schule in seinen Folgen noch viel gefährlicher und seelenver­­derblicher ist als auf der Kanzel! Zum Unterricht in der Geographie. Eine Fachkonferenz sächsischer Mittelschullehrer hat dem Landeskonsistorium den Entwurf eines Lehrplanes für Geographie für die Gymnasien unterbreitet, der auf der Vorauslegung von zwei Wocenstunden in jeder Masse beruht. Da im laufenden Schuljahr überall ein Ueber­­­ gangslehrplan notwendig ist, der eine sofortige Einführung eines allgemeingiftigen Lehrplans un­­möglich macht, wird der von der dachkonferenz vorgeschlagene Lehrplan zur möglichsten Berücksich­­tigung schon in diesem Schuljahr Hier mitgeteilt. A. Biel des Erdkundeunterrichtes: a) Erziehung zu geographischem Sehen und Be­­obachten. b) Einführung in das Kartenverständnis. c) Vermittlung der wichtigsten erdkundlichen Kennt­­nisse. d) Erkenntnis der geographischen Bedingtheit von Natur- und Menschenleben. e) Liebe zu Heimat und Vaterland. B. Lehrstoffverteilung bei Bugtundelegung von zwei Wocenstunden in jeder Maffe: Unterstufe: I. Kaffe. Vaterlandsfunde, Mitteleuropa, Hol­­land, Belgien, Frankreich. II. Kaffe. Das übrige Europa, Afien. II. Kaffe. Austrau­en, Afrika, Amerika, Grund­­züge der Klimalehre, IV. Karfe. Wirtschaftliche Verhältnisse des Vater­­landes und seine Beziehungen zu anderen Staaten: Einiges über den Weltverkehr und seine Mittel. (geogentrisches und heliogentrisches Weltsystem), Anleitung und Uebung im­ Gebrauch der militärischen Spezialkarte, In allen Klassen: Uebungen im Kartenzeichnen, erdfundliche Ausflüge und Verarbeitung des dabei gewonnenen Beobachtungsmateriales in Wort, Schrift und Karte, Mathematische Geographie Planmäßige Beobachtungen zur Vorbereitung und Anwendung der Klimalehre und mathematische Geographie, Re ee dDberitnnern V. Kaffe. Mittelmeerländer (Südeuropa, Nord­­afrika, Vorderasien), das übrige Affen (unter dem Gesichtspunkt der Kulturkreise, geographi­­sche Bedingtheit der Kulturzentren, Ver­­breitung und Mischung der Kulturen). VI Maffe. Afrika (außer dem mediterranen), Australien und Polynesien, Südamerika, Bo­­largebiete. (Mit besonderer Berücksichtigung der Völkerfunde der Naturvölker, als Borstufe in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit). Klimatologie (die großen Bir­ulationen der Atmosphäre). Wegen der winter- und flächen­­treuen Kattenprojektionen, VI. Kaffe. Europa außer Mittelmeergebiet, Nord­­amerika. Im Anschluß an die Drogmächte deren Kolonien in ihrer wirtschaftlichen und (Schluß folgt.)

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