Kirchliche Blätter, 1919 (Jahrgang 11, nr. 1-52)

1919-10-18 / nr. 42

geirchliche Stätte > x Verlag: Anland: aus ver eV. Landeskirche R. ». Ev. Wochenschrift fr die Glaubensgenossen aller Stände Der Raum einer einspaltigen Betitzeile fortet bei einmaligen Einrüden Krone 1­—, bei grö­­ßeren Aufträgen Nachlaß, Nummer 42­­­ermannstadt, 18. Oktober 1919 Inhalt: Die Erteilung des Religionsunterrichtes. — Zum Unterricht in der­ Geographie. — Nachrichten aus Nah Bezugspreis: Wangl. K33—, Halbj. K 16:50 Ausland: Banzi. Mi. 33 °—, Halbj. 16 ° 50 Breis einer Einzelnummer 70 h erscheint jeden Sonnabend und Fern. — Unsere Beitschriften. — in Siebenbürgen Amtlicher Teil. — Anzeigen. 3of. Drotleff, Hermannstadt Infertionspreis:. XI. Jahrgang Die Erteilung des Religionsunter­­richtes. Die nachfolgenden Ausführungen beruhen zum Teil auf Erfahrungen und Beobachtungen, die ih seit einer Reihe von Jahren im inneren Leben der Schule und an unserem gesamten Wolfsleben machen konnte, zum Teil und unmittelbar sind sie veranlaßt durch den Auftag in Nr. 16 dieser Blätter (Die Predigtverpflichtung der Mittelsschulprofessoren S. 110), der jene Beobachtungen in betrübender, erschredender Weise bestätigt. »­­Welche Beobachtungen­ ka­nnten,dss ROTHE-Die daß unser sächsischeg Bolt, das einst aus innerem Gewissenszwang evantgelisch wurde. Heute in seiner Gesamtheit sein religiöses Vol mehr ist! Leber, der mit Ernst und Liebe in der Seele dieses Volkes zu lesen versucht, wird finden, daß da an einer Stelle eine Zeere, ein Vacuum ist, und zwar an jener Stelle, an der man sonst bei innerlich gefunden Völkern das Beste und Heiligste, das religiöse Gut vermutet. Dieser Mangel eines rechten religiösen Zuges scheint aber die eigentliche Duelle de3 mannigfachen Unfriedens und Unsegens zu sein, der auf unserem Volke liegt. War das vielleicht immer so? Jch weiß es nit; die Zugehörigkeit unseres Bollsstammes zum großen deutschen olfe spricht dagegen. Aber gegen­wärtig läßt si wohl nicht abstreiten, daß von einem wirklich religiösen Lebensgefühl inmitten unserer Heinen jährlichen Volksgemeinschaft wenig zu merfen ist. Wenn es aber nun wahr ist, daß die Säule auf Denken und Fühlen eines Volkes den größten Einfluß ausübt, dann bleibt nichts verwunderlicher und seltsamer als diese offenbare Leere in unserem Gtauben stehen. Besigen wir nicht einen Erziehungs­­apparat, ein wohlorganisiertes Schulwesen wie kein anderes Bolt? Haben wir nicht Boltsschullehrer, die sich ihre Lehrbefähigung von einem pädagogisc­-­­theologischen Lehrerseminar geholt haben ? Und unterrichten an unseren Bürger- und Mittelschulen nicht Lauter­professoren mit geistlichem „Charakter” 2 I Das bedeutet aber soviel: Einem jährlichen Kinde wird der Religionsunterricht von der ersten Elemen­­tar- bis zur achten O Gymnasialklasse von theologisch vorgebildeten Lehrkräften erteilt! An der religiösen Erziehung seines anderen Wortes arbeitet­ ein so großer Prozentjag von theologisch vorgebildeten Lehrern! Wenn ich recht verstehe, soll der Vorzug dieses Systems nir nur darin bestehen, daß der Zusammenhang zwischen Schule und Kirche erhalten bleibt, sondern auch darin, daß der Religionsunter­­richt mit feinem Gesinnungsstoff das wirkungsvollste Mittel in der Hand eines guten Lehrerss ist, um auf Herz und Willen Des Schiflers einzumirken. Theoretisch wären also bei uns die besten B Vorbe­­dingungen für eine erfolgreiche und durchgreifende religiöse Erziehung des ganzen Volkes gegeben, und man könnte nun mit vollem Recht erwarten, daß ein Volk, dessen Kinder viele Jahre lang dur­ ein so vorzüglich bestelltes Unterrichtsfwesen hindurch gehen, doch irgendwie die Wirkung eines solchen Unterrichtes erkennen lassen müßte. Tatsächlich aber ist unser Volk in religiösen Dingen von erschrechender G­leichgültigkeit und — Unselbständigkeit! it das nicht seltsam? Das Vort des allgemeinen Briester­­tums in Sachen de Glaubens unselbständiger als selbst die katholischen Kirchenschriften ! Was kann die Ursache Dieses ausgesprochenen Miterfolges sein? Ich sehe nur zweierlei: Ent­­weder ist unser Volt von Haus aus so inreligidg veranlagt, daß die besten Erziehungsfünfte an ihm zu Schanden werben, oder unser Religionsunterricht liegt in den unrechten Händen. Das Erstere ist schwerlich anzunehmen, aber wer das Zweite noch­ nicht weiß, dem sagt­­ der oben erwähnte Auflag in Nr. 16 der „Kirchlichen Blätter“. Er handelt von der Predigtverpflichtung der Mittelschulprofessoren, aber er ist von grundlegender Bedeutung auch für die Frage der Erteilung des Religionsunterrichtes. Es sei vorausgescicht, daß die Vertretung der sächsischen Gesamtlehrer fast auf ihrer Tagung in Schäßburg ausgesprochen hat, daß sie die Predigt­­verpflichtung und allen fichlichen Dienst als einen lästigen Zwang empfinde. Es wurde deshalb ein-

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