Der Spiegel, 1840. július-december (13. évfolyam, 53-105. szám)

1840-09-26 / 78. szám

»Ich lvußte, daß ec diesen Arm gefährlich auS der Schulter gerenkt hatte, um mir das Leben zu retten; denn ohne seine bereitwillige und schleunige Hilfe hätte ich vor wenig Wochen einen tödtlichen Fall gethan " — „Ach, mein Herr, und Sie konnten " — — „In meiner Wuth, in meinem Jähzorn waren ein­fache Schläge mir nicht genug, Ich wußte, daß ich ihn am empfindlichsten an dieser Stelle Pakte, darum that ich's." — Der lange schwarze Mann wandte sich, indem ich diese Worte sprach, von mir ah und sah lange schweigend in sein leeres Glas. Ich wollte es wieder mit Wein füllen, aber er zog es eilig zurük und fuhr sich dabei mit der Hand über die Stirne, wie einer, der etwas mit Gewalt vergessen will. „Ich bin aber ein Thor," rief ich, „daß ich Ihnen daS erzähle. Sie sind ja kein Arzt und können dem Menschen, wenn ich ihm wirk­lich Schaden gethan haben sollte, nicht helfen." — „O, wohl bin ich ein Arzt," sagte der Schwarze mit einem kleinen hittern Lächeln. „Aber ich verstehe mich nicht auf die XIebei des äußern Menschen, nur auf die des inner»." — Ich ver­stand das nicht. „Ich möchte Sie gern heilen," fejte er hinzu und sah mich mit seinen sanften Augen scharf und bedeutsam an. — „Mich?" rief ich ver­wundert. „Mir fehlt nichts." — „Doch etwas," entgegnete er. „Sie haben Ioricks Enthaltsamkeit und Sanftmuth nicht. Sonst hätten Sie das nicht thun können, was ich Sie heute habe vollführen sehen." — „Allerdings," rief ich betreten, „Porick hätte nicht so gehandelt." — „Und wenn er auch so gehan­delt ," rief der Schwarze, „so hätte er es im nächsten Augenblik auf's Tiefste bereut und sich ernstlich vorgenommen, nie wieder einem so thierischen Ausbruch kindischer Wuth sich hinzugeben." — „O, ich will den Schuft, den Andreas mit einer Summe Geldes abfinden !" rief ich ; „ja, das will ich !" — „Das ist nickt genug," entgegnete mein Sittenprediger. „Sie müssen sich selbst eine Strafe auflegen, und dazu empfehle ich Ihnen diese Horndose. Ich mache Sie Ihnen zum Geschenk. Sie ist von geringem Werthe, aber jene Tugenden der Seele, die wir nicht mit Golde kaufen, liegen in dem kleinen Raum dieser Dose von Horn. Allemal, wenn Sie sie aus der Tasche ziehen, werden Sie au den Vor­fall des heutige» Morgens erinnert. Der arme Andreas mit seinem gebrochenen Arm wird Ihnen lebhaft vor dem Geist stehen, und mit ihm zugleich der edel­­müthige Porick, und ganz zulezt auch meine geringe Person. Die Schlußfolge aller dieser Erinnerungen wird sein, daß Sie sich vor einem ähnlichen Ausbruch Ihres wilden und leidenschaftlichen Temperaments hüten, und mehr will ich und Noricks Schatten nicht. Nehmen Sie die Dose." — Er drükte sie mir in die Hand und war aus der Gaststube verschwunden, ehe ich mich noch recht auf den ganzen Hergang dieser für mich sonderbaren Angelegenheit besinnen konnte. Ich saß da und drehte die Dose mechanisch in der Hand, wie Einer, der im Traume handelt. Allmä'lig wurde mir jedoch der ganze Sinn dieses Geschenkes klar. Ich sagte aber Niemanden etwas davon, sondern entfernte mich aus dem Orte, wo ich eine so sanfte und doch so eindringliche Ermahnung erhalten hatte, ,n meiner gewöhnlichen barschen, herrischen Weise. Die hörnerne Dose pakte ich eigenhändig, vielleicht daß Andreas sie nicht sehen sollte, in meinen Koffer. Ich muß zu meiner Schande aufrichtig gestehen, daß ich schon am nächsten Tage das Ereigniß fast ganz vergessen hatte. Es war, als sei noch nicht der Zeitpunkt gekommen, wo ich empfinden lernen sollte. Diese Zeit kam jedoch, als ich drei Jahre später zufällig die kleine Wohnung betrat, die Andreas be­

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