Der Spiegel, 1842. július-december (15. évfolyam, 55-105. szám)

1842-07-09 / 55. szám

DER SPIEGEL 181». 435 Redoutensaales einige Herren sie neugierig firirten; aber wie ward der Armen erst beim Eintritt! Diese Menschenmaffen, diese an das höllische Fegefeuer erinnernde Hize, dabei das Schwirren, Summen und Schnattern, die rüksichtslos zudringlichen Blike. „Ó liebe, beste Angiolina!" rief sie, „lassen Sie uns umkehren; ich halte es nicht aus — ich sterbe vor Angst und Hize!" — „Das wird vorübergehen; nur Muth! Jedem Menschen dünkt es das Erstemal so, zum Umkehren bewegen Sie mich nicht, denn ich bin hier in meinem Element." — Indem ging Graf Kors vorüber. „Wie, Graf, zu Fuß?" redete ihn die Italienerin an. — „Wie sollte ich anders?" — „Ich glaubte, Sie könnten nicht gehen, weil ich Sie immer nur im Wagen oder zu Pferde gesehen; aber es scheint, Ihre bösen Pferde lehren Sie jezt gehen — durch öfteres Abwerfen. — Warum wollten Sie aber auch gestern vor der schönen Marie sich gar so sehr produziren? Auf der Erde nah­men Sie sich gar nicht gut aus." — „Du bist boshaft," entgegnete lachend der Graf, „und ich will nichts mit dir zu schaffen haben. Wer ist aber deine schlanke Gefährtin, die sich so ängstlich an dich drängt? Wahrscheinlich deine Tochter, denn du siehst mir ehrwürdig genug aus." Angiolina drükte Almas Arm, zum Zeichen, daß sie reden solle. — „Nun?" ries der Graf. Aengstlich flüsterte die Fürstin: „Sie kennen mich nicht, Graf, gewiß nicht." — „Oho, das gibt mir keinen sehr hohen Begriff von deiner Schönheit; denn alle schönen Frauen in Wien kenne ich." ■— Alma warf ihr Köpfchen zurük und zog die Gefährtin weiter. Vor ihnen steht ein großer Mann mit einer liebenswürdigen, heitern Physiognomie; er strekte Angiolina die Hand entgegen und sagte freundlich lä­chelnd: „Guten Abend, Gräfin." — „Gräfin? für wen halten Sie mich?" — „Für eine Dame, deren ganzes Wesen herrlich zu ihrem engelhaften Namen paßt." — „Wie un­ausstehlich !" sagte sie zu ihrer Begleiterin, „er hat mich auf den ersten Blik erkannt." ES war Graf Wolna, ein Pole. Angiolina machte gute Miene zum bösen Spiel und sagte lachend: „Wenn ich nun auch die wäre, für die Sie mich halten, wer ist denn meine Gefährtin?" — „Auf jeden Fall eine Dame, die zum Erstenmal die Redoute be­sucht, denn sie fürchtet sich. Bist du denn noch so gar jung, mein liebes Kind?" — „Halb so alt wie Sie, mon respectable pére aux cheveux blaues." — Der Graf hatte zu seinem großen Kummer in seinem sechsunddreißigsten Jahre einen ganz weißen Kopf. Diese Bosheit erwarb den Damen freien Abzug. Sie wurden nun verfolgt von zwei ungarischen Magnaten. Angiolina lobte Alma auf französisch, daß sie schon so viel Muth bekommen. „Ja," sagte Alma, „ich fühle mich mit einemMale wie verwandelt." — „Sprich doch deutsch," rief der eine Ungar, „wir verstehen dich doch." Aergerlich antwor­tete die Italienerin: „Lernt nur nicht gar so viel und werdet nur nicht gar so gebildet, zonst weiß man ja gar nicht mehr, an was man Euch für Ungarn erkennen soll." — »Du bist gewiß recht häßlich, weil du so boshaft bist," sagte der Ungar; „die schönen Frauen sind wegen ihrer Eitelkeit unausstehlich, die häßlichen wegen ihrer Bosheit." — »Da lobe ich mir die Männer," sagte Alma, „bei denen ist es ganz einerlei, ob sie schön oder häßlich sind; die sind immer eitel und boshaft und unausstehlich." An einer Säule, vor den beiden Freundinen, lehnte ein blonder, junger Mann und sah ziemlich gleichgiltig in das Gedränge. Seine Wangen waren blühend, seine Augen blau und so gutmüthig, mit einem so unverdorbenen Ausdruk, daß man meinte, sie ge­hören einem Kinde. Sonderbar nahm sich der lange blonde Schnurrbart unter diesen Au­gen aus. »Wer ist das?" fragte Alma. — „Ein Diplomat, Legationsrath Graf Ar­­chenfels, der erst kürzlich hierher gekommen. — Du hast wohl das Heimweh, weil du so melancholisch vor dich hinstehst? O, Schwaben ist ein schönes Land!" — „Ich bin ein Rheinländer." —- „Das sagen Alle," spottete die Dame, „hier in W— will keiner aus Schwaben, und in Schwaben wahrscheinlich keiner aus W— sein" — „Ich wäre flolj darauf, wenn es mein Vaterland wäre, ich kann es aber leider nicht eingestehen, da es nicht wahr ist." <— „Bist du immer wahr?" fragte Alma. — „Gegen dich gewiß, denn ich sehe so ein Paar schöne braune Augen aus deiner Maske herausleuchten — unb solchen Augen gegenüber kann ich nicht lügen." — „Meine Augen sind aber nicht braun, sondern dunkelgrau." — „Bravi!" lachte Angiolina, „welche Aufrichtigkeit für einen Mas­kenball ! Sie hat graue Augen und er ist kein Schwabe. Nun wissen wir genug, wir wollen weiter gehen." „So werde ich Euch begleiten. Sage mir," fragte mit einem Male der junge Mann Alma, „aber ich bitte dich, sage mir die Wahrheit: wie alt bist du> „Achtzehn Jahre." — „Wie?" fragte die Gräfin, „sind wir in einer öffentlichen

Next