Der Spiegel, 1844. január-december (17. évfolyam, 1-104. szám)

1844-08-07 / 63. szám

Siebzehnter Jahrgang. —-E»----­ DER SPIEGEL für Kurrft, Eleganz nnd Mode. Redakteur: Sam. Rosenthal. Verleger: Fr. Wiesens Wlttwe und S. Rosenthal. 1844. Pesth und Ofen, Mittwoch, 7. August. 63. D i e Taubstumme. (Beschluß.) iraud zeigte hierauf dem Chevalier daS Papier, auf welches der Mar­­^ quiS von Maubray die wenigen Worte geschrieben, die zwar auf lako» ^Dnische, aber klare Art sein Verlangen auSdrükten. — »WaS bedeutet X daS?" sagte der Vater. »Seit wann wissen die Taubstummen die Feder zu führen? WaS plaudert Ihr da, Giraud?" — »Meiner Treu," er­widerte dieser, »ich weiß nicht, was daran ist, noch wie ein solches Ding geschehen kann. Die Wahrheit ist, daß meine Absicht ganz ein­fach war, Camillen zu zerstreuen und mit ihr ein wenig den Springe­­reien zuzusehen. Dieser junge Marquis war auch gegenwärtig, und ge­wiß ist, daß er eine Schiefertafel und einen Griffel hatte, deren er fich sehr flink bediente. Ich hatte immer gleich euch geglaubt, daß ein Stummer nicht sprechen könne; allein eS scheint, daß man heut zu Tage eine Erfindung gemacht hat, vermittels deren auch solche Leute sich verstehen und sehr wohl die Konversation führen können. Man sagt, daß es ein Abbe ist, dessen Namen ich vergessen, welcher daS Mittel erfunden hat. WaS mich betrifft, so wißt Ihr wohl, daß mir ein Schiefer zu nichts Besserem je gut däuchte, als ihn aufs Dach zu legen; aber diese Pariser find so schlau." »Sprecht Ihr wirklich int Ernste?" — »Vollkommen ernst. Der junge Marquis ist reich und ein hübscher Bursch, ein Edelmann und ein braver Mann; ich bürge für ihn; denkt nur, ich bitte euch, an eine Sache. WaS wollt Ihr mit dieser armen Camilla anfangen? Sie sprichst nicht, eS ist wahr, aber das ist nicht ihre Schuld. WaS soll auS ihr werden? Sie kann nicht immer Mädchen bleiben. Nun, da ist Einer, der fie liebt: und dieser wird, wenn er ste erhält, stch niemals ihres ZungenfehlerS halber beklagen, er weiß, daß er nichts voraus hat. Sie verstehen fich, diese Kinder, ohne deshalb nöthig zu haben, zu schreien. Der Marquis kann lesen und schreiben, Camilla wird eS auch lernen; es wird ihr nicht schwieriger sein, alS ihm. Ihr begreift wohl, daß, wenn ich euch den Vorschlag machte, eure Tochter an ei­nen Blinden zu verheirathen, Ihr daS Recht hättet, mich derb auSzulachen; aber ich schlage euch einen Taubstummen vor, und daS ist vernünftig. Ihr wißt, daß feit den sechszehn Jah­ren, in denen Ihr diese Kleine befizt, Ihr euch selbst niemals darüber getröstet habt. Wie könnt Ihr nun verlangen, daß sich ein Mensch, der wie die Andern geschaffen ist, mit ihr abgebe, wenn Ihr alS Vater dies nicht gethan?" Während so der Oheim sprach, warf der Chevalier von Zeit zu Zeit einen Blik nach dem Grabe seiner Frau hin und schien in tiefe Betrachtung versunken. »Meiner Tochter den Gebrauch deS Gedankens zu verleihen! Wäre eS der Wille Gottes? Wäre eS möglich?" sagte er nach langem Schweigen. — »Ich habe eS mit meinen Augen gesehen!" rief Giraud. »Ich kenne einen Taubstummen, der schreibt." — »Ein Ding, welches man steht, kann nicht un­möglich fein, ich bin fünfzig Stunden gereist mit einem Zettel in der Tasche, um ihn dem Chevalier zu zeigen; wohlan, da ist er — daS Ding ist klar wie der Tag." Der Chevalier fuhr fort, stillschweigend umher zu gehen. Seine Ungewißheit wuchs von Minute zu Minute. »Wenn Giraud Recht hat,* dachte er, und ich wiederstrebe ihm, so

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