Neue Literatur, 1981 (Jahrgang 32, nr. 1-12)
1981-01-01 / nr. 1
verrückten tag“ (S. 139), „das die zeilen begleitet“ (S. 201) u.a. zeigen mJE. eindeutig, daß der Lyriker Franz Storch uns viel und Unveräußerliches zu sagen hat, daß er unbeirrbar und ehrlich auch in seinem nächsten Band auf die offenen Enden unserer Gesellschaft verweisen wird, auf die Traumata und Deformationen in unserer Existenz. Das ist hypothetisch, ich weiß es, doch sollte sich diese Annahme bestätigen, wünsche ich mir als Leser mehrere derartige Texte, denn nie war es in den letzten Jahren nötiger als jetzt, einem unverfälschten Engagement zur öffentlichen Geltung zu verhelfen. H. Samson Florin Manolcscu: Literatura S. F. (Die Science-fiction-Literatur) Editura Univers, Bucureşti, 1980 Das umfangreiche Buch Florin Manolescus setzt sich mit dem Phänomen der SF-Literatur auseinander, einem Genre, das vor allem im 20. Jahrhundert einen sehr breiten Leserkreis gefunden hat. Dank der technisch-wissenschaftlichen Erfindungen unserer Zeit ist die Anzahl der SF-Bücher ungemein gewachsen. Doch Bücher dieser Art sind nicht immer frei von trivialen Elementen, worauf letztlich die massive Nachfrage nach Science fiction zurückzuführen ist Manolescu versucht in erster Linie die qualitativ „hochwertigen“ Produkte dieser Massenliteratur zu untersuchen. Aus diesem Grund kann man es dem Autor nicht übel nehmen, wenn er einige wertvolle deutsche Autoren völlig ignoriert. (Man denke nur an Döblins Berge, Meere und Giganten oder an Werfels Stern der Ungeborenen!) Der Schwerpunkt seiner Untersuchung liegt bei amerikanischen, französischen, englischen, russischen und rumänischen Autoren. Die 13 Definitionen der SF-Literatur, die vom Verfasser zitiert werden, dienen indirekt als Beleg dafür, daß viele Literaturwissenschaftler sich mit dieser Art von Literatur auseinandergesetzt haben. Florin Manolescu untersucht mit beispielhafter Akribie das Verhältnis der Wissenschaft, des Phantastischen und des Märchens zur SFLiteratur. Es ergeben sich für den Autor 5 Arten der Gattung, die einzeln dargestellt werden: — Die Werke eines Edgar Rice Burrougs über Tarzan, jene von Edward Gibbon, Isaac Asimow u.a. bezeichnet er als space opera. — Unter dem Begriff Gegen-Utopien werden jene Bücher zusammengefaßt, deren Autoren eine dem Menschen feindlich gesinnte Welt darstellen, eine Welt in der das Individuum gänzlich der erniedrigenden Repression eines unmenschlichen Machtapparates ausgeliefert ist. Beispiele dafür: Aldous Huxleys Brave New World sowie Georg Orwells Roman 1984. — Die Heroic fantasy oder Science fantasy ist zwischen Phantastik und SF angesiedelt, beispielsweise in den Büchern von H.P. Lovecraft, Vladimir Colin u.a. — Unter politischer Fiktion versteht der Autor eine alternative Beschreibung einer imaginierten Geschichte, z.B. in Napoléon apocryphe von L. Geoffroy wird der Kaiser Napoleon als siegreicher Feldherr aus allen Schlachten hervorgehen und eine Weltmonarchiie ins Leben rufen. — Dei- SF-Kriminalroman operiert mit den bekannten Mechanismen des Krimis, wobei typische SF-Blemente hinzugefügt werden. Auch die Thematik der SF-Literatur ist sehr breit gefächert: Raumfahrten, interplanetarische Reisen (Jules Verne, E.A. Poe), die Invasion der Erde (H. G. Wells, K. Capek), der Kampf zwischen den Welten, das Weitende nach einer atomaren Katastrophe (R. Zelazny), die versteckten und untergegangenen Welten (Atlantis), die parallelen Uni versen (Stanislaw Lern), die Reise durch die Zeit (Wells) usw. usf. Die bevorzugten Personen in Werken der SF-Literatur sind der Wissenschaftler (dieser kann positiv oder negativ handeln), der sogennante Homo futurus, die Roboter, die Androiden, die außerirdischen Lebewesen usw. Im letzten Kapitel des Buches setzt sich Florin Manolescu mit der SF-Literatur in Rumänien auseinander. Ein kurzer, aber wohldokumentierter historischer Überblick vermittelt dem Leser, wie es um dieses Genre hierzulande bestellt ist. Der reiche bibliografische Anhang sowie das Autorenverzeichnis, der kritische Apparat also, machen aus diesem Buch ein wichtiges Nachschlagewerk für den SF-Interessenten. W. Totok