Neue Zeitung, 1969 (13. évfolyam, 1-52. szám)
1969-10-10 / 41. szám
NEUE ZEITUNG XIII. JAHRGANG, NUMMER 41 Preis: 80 Fillér BUDAPEST, 10. OKTOBER 1969 Wochenblatt des Demokratischen Verbandes der Deutschen In Ungarn Würdig feiern Mehr als ein halbes Jahr sind es noch bis zu dem Apriltag, an dem die siegreich vorwärtsdringende Sowjetarmee vor 25 Jahren des ganze Gebiet unserer Heimat befreite. Aber im wesentlichen haben die Feierlichkeiten dieses grossen Jubiläums schon begonnen. Am 23. September gedachten wir feierlich der Befreiung des Dorfes — Battonya —, das als erstes die Freiheit begrüssen konnte, und 194 Tage später werden wir die vollständige Säuberung unserer Heimat von den deutschen Faschisten feiern. Ein langes Fest — könnte jemand dazu sagen. Wahrlich, so ist es: Nach der Befreiung der ersten ungarischen Gemeinde warteten der sowjetischen Truppen noch schwere Kämpfe. Es dauerte noch mehr als sechs Monate, bis die siegreichen sowjetischen Soldaten — mit dem Preis ihres Blutes — alle deutschen Faschisten endgültig aus dem Land vertreiben konnten. Und die Bewohner der ungarischen Dörfer und Städte erinnern sich selbstverständlich des Tages, als ihr Ort befreit wurde, als für sie ein neues Leben begann. Das grosse — das ganze Land umfassende — Fest wird am 4. April 1970 stattfinden. Und für diesen Tag — für die fünfundzwanzig jährige Jahreswende des Anfanges unseres neuen Lebens — bereiten wir uns würdig vor. In der Weise, wie dies bei uns schon zur Tradition wurde. Jetzt bietet sich dafür eine neue Gelegenheit, und setzen wir gleich hinzu: eine Gelegenheit, die zu Taten aufruft. Wie gross und wie heilig uns die Befreiung ist, die uns die Grundlage für die Gestaltung unseres neuen schönen Lebens bot, so imponierend müssen auch die Taten sein. Haben wir ja im Laufe der Jahre schon oftmals unsere Vaterlandsliebe, unsere Treue zum sozialistischen System durch unserer Hände Arbeit und unsere geistigen Fähigkeiten bewiesen. Das Zentralkomitee der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei und der Landesrat der Patriotischen Volksfront forderte in dem dieser Tage erschienenen gemeinsamen Aufruf die Bevölkerung unserer Heimat zur Verwirklichung edler Ziele, aus Anlass der festlichen Begehung der 25. Jahreswende unserer Befreiung auf. Während dieses Vierteljahrhunderts brachte die Arbeit — unsere Arbeit — glänzende Ergebnisse zuwege. Die Arbeiterklasse — die führende Kraft unserer Gesellschaft — baute zusammen mit ihren Verbündeten, der Bauernschaft und den Geistesschaffenden, das Land und die sozialistische Gesellschaft auf. Der erschienene Aufruf — dem sich der Aufruf des Landesrates der Gewerkschaften und des Kommunistischen Jugendverbandes anschloss — inspirierte unser werktätiges Volk zur Übernahme und Durchführung weiterer Aufgaben, damit sich unser Vaterland zu einer noch blühenderen Heimat entfalte. ,,Wem die Sache des Sozialismus, das Vorwärtskommen unserer Heimat und unseres Volkes teuer ist...”, an all die wendete sich der am vergangenen Sonntag vom SZOT und vom KJV veröffentlichte Aufruf. Kann man sich in unserem Lande einen ehrlichen Menschen vorstellen, der sich von diesem Satz nicht hinreissen Hesse? Ganz gewiss nicht! Deshalb ist der Aufruf zum Arbeitswettbewerb Sache unser aller. Der Aufbau des Sozialismus, das Wohlergeben der Heimat und des Volkes ist nur durch die gute Arbeit der Gesellschaft zu erreichen. Die sozialistischen Arbeitswettbewerbe dienen diesem Ziel. Und der Wettbewerb, den wir zu Ehren unserer Befreiung starten, ist von grosser Bedeutung. Er fördert die Verwirklichung der Planziffern des nächsten Jahres, d. h. des Jahres, das das letzte in unserem dritten Fünfjahrplan ist. Seine erfolgreiche Beendigung wieder sichert günstige Voraussetzungen für die Grundlage des vierten Fünf jahrplanes. Der das Wohl des Landes fördernde sozialistische Arbeitswettbewerb erlegt den Werktätigen und Brigaden der Fabriken, den Wirtschafts- und technischen Leitern der Unternehmen sowie der obersten Leitung gleicherweise eine grosse Pflicht auf. Und das bezieht sich auf alle Gebiete unserer Volkswirtschaft. Gleichzeitig muss noch hinzugefügt werden, dass die erfolgreichen Arbeitswettbewerbe nicht nur als Hebel der allgemeinen wirtschaftlichen Ergebnisse, sondern auch des persönlichen Einkommens, der sozialen und kulturellen Lage der Werktätigen zu betrachten sind. Der April vor einem Vierteljahrhundert bedeutete in der Geschichte unserer Heimat zugleich auch die Ouvertüre zu einer neuen Zeitepoche. Seitdem ist dieser Tag unser grösster Nationalfeiertag. Und wenn wir die 25. Jahreswende dieses grossen Tages würdig feiern wollen, dann müssen wir den Beweis auf der erhabensten Front, auf dem Gebiet der Arbeit erbringen. Wir sind überzeugt, dass der Befreiungs-Arbeitswettbewerb seine Früchte zum Wohle unserer Heimat, unseres Volkes bringen wird. Es ist das gemeinsame Interesse unser aller, dass die Schöpfungskraft der Arbeiter, Bauern und Geistesschaffenden in vielen guten Ergebnissen zum Ausdruck komme. Und dann werden wir das Fest würdig begehen, denn die Sache des Sozialismus, das Wohlergehen unserer Heimat und unseres Volkes ist uns teuer und heilig. György Gräber Änderungen in Bonn? Die Schwierigkeiten der Nahostverhandlungen — Nixon und die öffentliche Meinung Am 7. Oktober feierte die DDR den 20. Jahrestag ihres Bestehens. Auf den Berliner Feierlichkeiten nahmen mehr als hundert Delegationen teil. Die Mehrzahl der sozialistischen Staaten liess sich von Delegationen auf höchster Ebene vertreten. Die ungarische Delegation wurde von János Kádár geleitet. Auch die Anwesenheit der Leiter der sozialistischen Staaten brachte zum Ausdruck, welche Bedeutung diese Staaten der Rolle der DDR beimessen, wie sehr sie davon überzeugt sind, dass der selbständige Staat der deutschen Arbeiterund Bauernschaft ein wertvolles Mitglied der sozialistischen Gemeinschaft und eine bedeutende Garantie für Frieden und Sicherheit in Europa ist. Die Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag und jene anerkennungswerten Leistungen, mit denen die Werktätigen der DDR den Geburstag ihres Staates begrüssten, brachten die grosse wirtschaftliche Kraft und die innere Stabilität der DDR würdig zum Ausdruck. Der 20. Jahrestag zeigte aber auch gleichzeitig, in welchem Masse das internationale Gewicht und Ansehen der DDR angewachsen ist. Es wurde bewiesen, dass die konsequente Friedenspolitik ihre Früchte trug, und sie in allen Ecken und Enden der Welt gewürdigt und anerkannt wird. Das internationale Ansehen der DDR muss auch in bezug des anderen deutschen Staates, der Bundesrepublik Deutschland, zur Geltung kommen. Die westdeutsche Innenpolitik befindet sich jetzt kurz nach den Bundestagswahlen im Zustand der Gärung und des Überganges. Mit Sicherheit kann man festlegen, dass jene Anti-DDR-Auffassungen, die 20 Jahre hindurch als Grundlage der westdeutschen Politik dienten, nicht weiter aufrecht zu erhalten sind. Es ist sicher, dass die neue westdeutsche Regierung in Kürze die absurde Forderung auf Alleinvertretung aufgeben, mit der Hallsteindoktrin, die der DDR die Existenz als Staat abspricht, brechen muss. Wenn in der Bundesrepublik die Spielregeln des westlichen Parlamentarismus eingehalten werden, kommt in der zweiten Monatshälfte in Bonn die Regierungskoalition der Sozialdemokraten und der Freien Demokraten zustande. Dies würde bedeuten, dass zum erstenmal in der Geschichte der BRD ein sozialdemokratischer Politiker den Sitz des Kanzlers einnimmt. Mit anderen Worten, dass jener Vorgang, durch den in anderen Staaten Europas bereits früher die Bedeutung der christlichen Parteien vermindert wurde, auch Westdeutschland erreicht. Selbstverständlich ist dieser Prozess vor allem für die Stimmung der Wähler chrakateristisoh, und heute kann noch niemand sagen, wie die praktische Politik der neuen Regierung aussehen wird. Offensichtlich bleibt Westdeutschland auch unter einem sozialdemokratischen Kanzler zuverlässiges Mitglied des Nordatlantikpaktes und weiterhin ein bereitwilliger Durchführer der amerikanischen Politik in Europa. Offensichtlich ist weiterhin, dass für eine Koalitionsregierung mit geringer Mehrheit eine starke CDU/CSUOpposition grosse Schwierigkeiten bedeuten kann. Den Wählern dagegen würde es eine riesige Enttäuschung bereiten, wenn die neue Regierung keine grossen Änderungen mit sich bringen würde. Die Mehrheit der Wähler erwartet vor allem innenpolitische Änderungen, solche Steuermassnahmen, die die Arbeiter und im allgemeinen den kleinen Mann in grösserem Masse als bisher am Genuss der Früchte der wirtschaftlichen Konjunk-. tur teilnehmen lassen würden. Sie erwarten eine wirksamere Geltendmachung der sozialen Blickpunkte im Wirtschaftsleben, energische Massnahmen zur Liquidierung der Schwierigkeiten im Unterrichtswesen. Es untersteht aber auch keinem Zweifel, dass auch eine wesentliche Änderung, ja eine Wende auch innerhalb der Aussenpolitik der BRD notwendig ist. Sämtliche offenen Fragen der europäischen Sicherheit blieben letzten Endes wegen der Haltung der bisherigen Bonner Regierungen ungelöst. Bonn war bis jetzt nicht bereit, die europäischen Grenzen anzuerkennen, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges endgültig und eindeutig zur Kenntnis zu nehmen. Die bisherigen Regierungen in Bonn praktizierten gegen die DDR eine aktive feindliche Politik und machten das Zustandekommen von normalen Kontakten zwischen den beiden deutschen Staaten praktisch unmöglich. Die Kiesinger-Regierung war nicht bereit, den Atomsperrvertrag zu unterzeichnen, und rief damit auch bei einzelnen Kreisen des Westens nicht geringe Antipathie hervor. In all diesen Fragen ist die Zeit zu grundlegenden Änderungen reif geworden. Die ersten Erklärungen der Politiker der SPD und der FDP beinhalten positive Elemente. Diese Erklärungen erwähnen die Anerkennung der Oder— Neisse und der europäischen Grenzen im allgemeinen, die Aufgabe des Anspruchs auf das Alleinvertretungsrecht und eine effektive Anpassung an die europäischen Realitäten. Leider sind aber in diesen Erklärungen viele Vorbehalte erkennbar und sie sind so abgefasst, dass sie so manches Hinterpförtchen offen lassen und Rückzüge ermöglichen. Die sozialistischen Staaten, wir können sogar getrost sagen, die öffentliche Meinung ganz Europas, beobachten mit Interesse und Erwartung die weitere Gestaltung der Lage in Westdeutschland. Nicht nur die sozialistischen Staaten, sondern gewiss auch nüchternere Kreise des Westens hoffen auf eine wirkliche Wachablösung in Bonn und hoffen, dass im Laufe dieser versucht wird, das gefährliche Erbe der bisherigen Bonner Regierungen zu liquidieren. Die folgenden Monate und Jahre werden zeigen, was von diesen Erwartungen verwirklicht wird. der Nahostfrage unverändert sei. Die Kairoer Presse meldet, dass der amerikanische Aussenminister Rogers wiederholt Versuche startete, die arabischen Diplomaten zur Änderung ihres Standpunktes zu bewegen. Nicht zuletzt sind die amerikanischen Versuche darauf abgezielt, die arabischen Diplomaten für unmittelbare Verhandlungen mit Israel zu gewinnen. Der ägyptische Aussenminister Riad und andere arabische Diplomaten halten dies auch weiterhin für unannehmbar. Es muss nicht näher erläutert werden, dass dieses Tauziehen besonders die Ignorierung des Beschlusses des Weltsicherheitsrates vom 22. November 1967 nicht zur Erhöhung des Ansehens der Weltorganisation beiträgt. In diesem Zusammenhang weisen mehrere Kommentatoren darauf hin: die UNOVollversammlung könne bezüglich der Nahostlage nicht weiter untätig bleiben. Wie die Prawda betont, müsse die UNO alle möglichen Mittel, vor allem die in der Charta der Weltorganisation gesicherten Mittel zur gerechten Lösung des Nahostkonfliktes in Anspruch nehmen. Ein Händedruck zwischen den Parteiführern Willi Brandt (SPD) und Walter Scheel (FDP) bei Beginn der Koalitionsverhandlungen Aus dem Inhalt: Der Ausschuss tagte 2 Eine wichtige Verordnung 2 Die Lage der Nationalitäten im Komitat Komárom 3 Eine Million Forint für Bücher in der Sprache der Nationalitäten 5 Der Rohan-Prozess in Jerusalem Ausser auf Europa richtet sich die Aufmerksamkeit der Welt erneut auf den Nahen Osten. Grund dazu ist vor allem, dass in Jerusalem der Prozess gegen Denis Rohan, der beschuldigt wird, die Al-Aksa-Moschee in Brand gesteckt zu haben, im Gange ist. Laut westlichen Pressemeldungen, sichert Israel der Prozessverhandlung grosse Öffentlichkeit, da Tel Aviv hofft, mit Hilfe des Prozesses in Jerusalem den Verdacht der arabischen Welt zu zerstreuen oder zumindest zu verringern. Zur Beruhigung der arabischen Welt ist jedoch so eine Schaufensterpolitik kaum geeignet. Die Forderungen der Araber sind auf wichtige Fragen abgezielt, vor allem darauf, dass Israel auf die Eroberungspolitik verzichtet und im Geiste der UNO-Beschlüsse die besetzten arabischen Gebiete räumt. Israel wies diese Forderungen bis jetzt hartnäckig zurück. Es ist einem jeden klar, dass diese israelische Haltung nur dadurch möglich ist, weil sich die USA auoh weiterhin hinter Israel stellen und zulassen, ja Tel Aviv sogar dabei unterstützen, dass es die besetzten Gebiete in seiner Macht behält. Diese Haltung führte soweit, dass die Verhandlungen, die auf die politische Regelung der Nahostfrage abgezielt sind, zur Zeit kein Ergebnis versprechen. Wie der ägyptische Aussenminister Riad in einem Interview die Lage zusammenfasste, ist momenten keine Aussicht vorhanden, die Krise zu lösen. Laut Riad müsse man hinsichtlich der Verhandlungen auch auf zwei weitere wichtige Momente hinweisen. Das eine ist, dass die SU keinen neuen Vorschlag im Zusammenhang mit der Nahostlage unterbreitet, das andere, dass der UNOBeauftragte Jarring vorläufig in New York bleibt und keine Nahostreise unternimmt. Trotz der Erfolglosigkeit der Verhandlungen bleibt in New York der Kontakt zwischen dem sowjetischen Delegierten Dobrinin und dem amerikanischen Vertreter Sisco, die Möglichkeiten der UNO-Vollversammlung ausnützend, auf recht erhalten. Die in New York weilenden arabischen UNO-Delegierten betonen jedoch wiederholt, dass die amerikanische Haltung hinsichtlich Nixon-Opposition wächst an Die Ergebnislosigkeit der Pariser Vietnamverhandlungen und die Fortsetzung der Südostasienpolitik der Vereinigten Staaten im Geiste Johnsons stellt Präsident Nixon vor immer grössere innenpolitische Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten kulminierten jetzt darin, dass der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Senats, Fulbright, für Ende dieses Monats den Senatsausschuss zur Behandlung der Vietnamlage einberufen hat. Wie aufgebracht auch Nixon die Nachricht über die Einberufung des Ausschusses des Senats entgegennahm, musste er doch damit rechnen, dass er früher oder später für seine nichteingehaltenen Versprechen zur Rede gestellt wird. Vor seiner Wahl zum Präsidenten versprach Nixon, er werde Amerika von den Menschenopfern und Ausgaben, die der Vietnamkrieg fordert, befreien. Dagegen nimmt er jetzt immer entscheidender für die Fortsetzung des Krieges Stellung. Er fertigt immer energischer die Gegner des Krieges ab und wiederholt immer öfter, dass seiner Meinung nach die Bewegung der Gegner des Vietnamkrieges den Krieg „nur verlängere”. Diese Haltung ruft jedoch nicht nur unter den Politikern, sondern auoh bei der ganzen öffentlichen Meinung der Vereinigten Staaten immer grössere Missbilligung hervor. Eine der Erscheinungsformen dieser Missbilligung ist die für Sonntag angesagte grossangelegte Studentendemonstration, die in der derzeitigen Lage für die Nixon-Regierung eine schwere verurteilende Kritik bedeutet. Diese kriegsfeindliche Stimmung, durch die letzten Endes die Regierung der Demokraten gestürzt wurde, versuchen natürlich auch die in Opposition geratenen Politiker der Demokratischen Partei auszunützen. Als Folge der allgemeinen öffentlichen Antikriegsstimmung versuchen sich sogar innerhalb der Partei Nixons immer mehr bedeutende Persönlichkeiten, von der Vietnampolitik des Präsidenten zu distanzieren. In dieser Situation hielt es Nixon für notwendig, um eine weitere Geduldszeit von 60 Tagen zur Unterbreitung eines neueren Planes „zur Lösung der Vietnamfrage” anzusuchen. Laut Zeichen ist aber auch dies nichts anderes als ein neues Manöver zur Verzögerung, das auf innenpolitischem Gebiet höchstens eine weitere Stärkung der Opposition Nixons zur Folge haben kann. Georg Kertész