Neue Zeitung, 1969 (13. évfolyam, 1-52. szám)
1969-11-21 / 47. szám
NEUE Z E I TU IMG des Demokratischer Verbandes der Deutschen in Dngarn XIII. JAHRGANG, NUMMER 47 Preis: 80 Fillér BUDAPEST, 21. NOV. 1969 Wochenblatt Ungarn im internationalen Leben U nsere Heimat nimmt nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im politischen Bereich immer aktiver teil am internationalen Leben. Jedermann ist sich darüber im klaren, dass die Aussenpolitik des sozialistischen Ungarn lediglich ein kleiner Teil vom Ganzen ist. Ihr Gewicht, ihr Einfluss wird dadurch bestimmt, dass von einem der kleinen Länder Europas die Rede ist. Es bedarf aber auch keines besonderen Beweises, dass unsere Heimat im Vergleich zu ihrer Fläche, ihrer Bevölkerungszahl einen sehr grossen Anteil am internationalen Leben, an der Tätigkeit verschiedener internationaler Organisationen hat. Ihre diplomatische Aktivität und — was noch wesentlicher ist — ihr Wirkungskreis, ihr Einfluss sind bedeutend grösser und überschritten endgültig jene Schranken, die die kapitalistischen Grossmächte vor dem zweiten Weltkrieg den „kleinen Völkern” setzten. Die ungarische Aussenpolitik ist nicht die Aussenpolitik eines „kleinen Volkes”, sondern die eines sozialistischen Landes, das es für seine internationale Pflicht hält, mit maximalen Anstrengungen an der Verbesserung der internationalen Atmosphäre, an der Schaffung einer für alle annehmbaren Verhandlungsbasis teilzunehmen. Das ist selbstverständlich nicht nur für die ungarische Aussenpolitik charakteristisch, sondern auch für die sozialistischen Nachbarländer, die vor einem Vierteljahrhundert noch die unterdrückten „kleinen Völker” Europas — und der Welt — waren. Daraus folgt, dass diese Länder, in Kenntnis der Lehren der Vergangenheit und durch ihre innere gesellschaftliche, wirtschaftliche Umgestaltung, bewusst ihre internationalen Verbindungen ausbauen, ihre allerwichtigsten Aufgaben und Ziele in ihrer ganzen aussenpolitischen Tätigkeit betont hervorheben. Daraus ergibt sich auch, dass sich diese Länder immer enger miteinander — und natürlich mit der stärksten sozialistischen Grossmacht, mit der Sowjetunion — verbinden. Deshalb ist es auch logisch und unentbehrlich, dass sie ihre aussenpolitischen Aktionen über die Kräftigung der zwei- und mehrseitigen sozialistischen Verbindungen hinaus übereinstimmen. Und das ist nicht einfach eine internationalistische Pflicht, sondern eine unerlässliche Notwendigkeit, ohne die die sozialistische Diplomatie und Aussenpolitik einfach nicht existierten. Unser Ansehen in der Welt wird gerade durch die Existenz der sozialistischen Gemeinschaft gefestigt, wie auch wir — unseren Kräften entsprechend — das Gewicht dieser Gemeinschaft, die Wirksamkeit ihrer Aktionen im internationalen Leben fördern. D ie ungarische Diplomatie liess keinen Augenblick ausser acht, dass unsere Heimat im Herzen Europas liegt, dass das weitere Schicksal unseres Volkes und darüber hinaus unmittelbar dieses Raumes, ferner indirekt die ganze Weltlage von der Atmosphäre Europas, von der Gestaltung der europäischen Kräfteverhältnisse beeinflusst wird. Mit anderen Worten: von der europäischen Sicherheit. Für deren Schaffung bzw. deren Garantierung setzt auch die ungarische Diplomatie — Arm in Arm mit den sozialistischen Ländern — all ihre Kräfte ein. Die Mitgliedsstaaten des Warschauer Vertrages erliessen im März dieses Jahres von Budapest aus einen Aufruf an die Welt zwecks Einberufung einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz. Seitdem führten Leiter, Staatsmänner, Diplomaten des sozialistischen Ungarn eine ganze Reihe von Verhandlungen auf höchster Ebene über die Vorbereitung der Konferenz, über die Behebung zwischendurch auftauchender Hindernisse. Die vor kurzem in Prag stattgefundene Konferenz der Aussenminister der sozialistischen Länder trug mit bedeutenden Vorschlägen und nicht zuletzt durch die Demonstrierung geduldiger und beweglicher Aussenpolitik zur Vorbereitung der Beratung bei. Die ungarische Diplomatie geht auch in dieser Hinsicht nicht von Illusionen, von Wunschträumen aus, sie beurteilt die Schwierigkeiten real. Aber ihre ganze beharrliche Tätigkeit basiert auf der Überzeugung, dass die Voraussetzungen für die Ausarbeitung des europäischen Sicherheitssystems vorhanden sind. Deshalb erweckte der Teil des Exposés des Aussenministers auf der letzten Parlamentssitzung grosse Aufmerksamkeit, in der er betonte: In unserer Tätigkeit dürfen wir die Bundesrepublik Deutschland, deren gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und militärische Rolle, die von dort lauernden Gefahren nicht ausser acht lassen, aber freilich auch die zu erwartenden, möglichen Veränderungen nicht. „Wir betrachten auch die Bundesrepublik Deutschland als einen Staat”, sagte János Peter, „der vermutlich einen konstruktiven Faktor bei den Beratungen zur Vorbereitung der Konferenz darstellen wird.” D ie Lenker der ungarischen Aussenpolitik sind sich vollkommen dessen bewusst, dass man dazu, um im Interesse des Friedens eine wirkungsvolle europäische Politik führen zu können, über Europa hinaussehen und auch die Verbindungen mit den Ländern, Völkern anderer Erdteile — unabhängig von ihren Gesellschaftssystemen — ausbauen muss. Verallgemeinern kann und darf man freilich auch in dieser Beziehung nicht. Wir bemühen uns um den Ausbau von Verbindungen zu den kapitalistischen Staaten bis einschliesslich den Vereinigten Staaten. Jedoch andere Beziehungen hält unser Staat zu den kapitalistischen Ländern aufrecht, und wiederum andere verbinden uns mit den Völkern, die um ihre Freiheit, um die Erlangung oder Verteidigung ihrer Unabhängigkeit kämpfen. Unsere Heimat erkannte heuer unter den ersten die revolutionäre Regierung Südvietnams an. Das sozialistische Ungarn betrachtete die Unterstützung des kämpfenden Vietnams, die aktive Solidarität mit dem antiimperialistischen Kampf der Völker Südostasiens nicht einfach als diplomatische, aussenpolitische Aufgabe, sondern als eine Pflicht, die wesentlich die internationale Tätigkeit aller sozialistischen Länder bestimmt. Unsere Freundschaft mit dem kämpfenden Vietnam ist zugleich ein Beispiel für unseren Internationalismus, ein Prüfstein unserer Politik. Pál Losonczi, der Vorsitzende des Präsidialrates der Volksrepublik Ungarn, hielt sich mit seiner Begleitung dieser Tage in Indien auf. Der Besuch illustriert, dass die Leiter des mächtigen Landes, das dabei ist, das schreckliche Erbe der kolonialen Vergangenheit zu liquidieren, und des kleinen Ungarns in gemeinsamer Sprache reden können, dass sie die gemeinsamen Kontaktpunkte suchen, die Indien, das die Politik der Nichtverpflichtung verfolgt, und das sozialistische Ungarn einander näherbringen, die ihren gemeinsamen Kampf um den Frieden, die Minderung der Spannung erfolgreicher gestalten können. Nach Beendigung seiner Beratungen in Indien reiste Pál Losonczi zu einem offiziellen Besuch in das Kaiserreich Iran. Z weifelsohne hat sich die Tätigkeit der ungarischen Aussenpolitik ausserordentlich belebt. Das aber hängt nicht von blosser Entscheidung ab, sondern hat seinen Ursprung viel eher in der Erkenntnis der Notwendigkeit, dass die Kompliziertheit der internationalen Lage, die Gefahrenquellen der Krisenherde von jedem friedliebenden Volk fordern, seine Kräfte auf dem Schauplatz der internationalen Politik, im Kampf um den Frieden und die Sicherheit nach Möglichkeiten zu steigern. Éva Szécsi Sowjetisch-amerikanische Verhandlungen Der Indienbesuch von Pál Losoncai — Friedensdemonstrationen von beispiellosem Ausmass in den USA — Der japanische Ministerpräsident in Washington In feierlichem Rahmen begannen in diesen Tagen in Helsinki die Verhandlungen zwischen Vertretern der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten. Im Namen der finnischen Regierung, die die Rolle des Hausherrn spielt, begrüsste der Aussenminister des Landes den Leiter der sowjetischen Delegation, den stellvertretenden Aussenminister Wladimir Semjonow, und den Leiter des amerikanischen Amtes für Abrüstung und Waffenkontrolle, Gerard Smith, der die Delegation der Vereinigten Staaten leitet. Für die Sicherung der reibungslosen technischen Abwicklung der Verhandlungen hat die finnische Regierung alles unternommen. Die Verhandlungen in der finnischen Hauptstadt finden abwechselnd im Haus der sowjetischen bzw. amerikanischen Botschaft statt. Die in Helsinki geführten Verhandlungen tragen einen Vorbereitungscharakter. Ihr Ziel ist es, über einen Gedankenaustausch, im Laufe dessen bereits über die Einschränkung der strategischen Waffen der SU und der USA eine konkrete Vereinbarung Zustandekommen könnte, ein Abkommen zu erzielen. In Helsinki müssen der Zeitpunkt, der Schauplatz und die Tagesordnung dieser bevorstehenden Verhandlungen vereinbart werden. Amerikanischerseits wurde kein kleiner Widerstand hinsichtlich der sowjetischen Anregung, Verhandlungen zu führen, an den Tag gelegt. Eben deshalb ist die Annahme, dass in Helsinki ernste Diskussionen stattfinden könnten, begründet. Die Festsetzung der Tagesordnung der zu einem späteren Zeitpunkt abzuhaltenden Verhandlungen über eine effektive Einschränkung der Waffen ist nämlich keine formelle Angelegenheit. Es kann nämlich das Anwachsen oder die Verminderung des Nutzens der Monopole — die auf das öffentliche Leben Amerikas eine entscheidende Wirkung ausüben — davon abhängen, die Verminderung welcher strategischen Waffen auf die Tagesordnung gesetzt wird. Die sowjetische Presse lenkt bereits jetzt in der ersten Etappe der Verhandlungen die Aufmerksamkeit auf die amerikanische Propagandakampagne, deren Ziel die Unterminierung der Verhandlungen ist. Diese Propaganda stützt sich vor allem auf die alte kaltkriegerische Argumentation, „gegen die SU könne lediglich die amerikanische Abschreckungskraft Sicherheit bieten”. Gleichzeitig werden Versuche gestartet, die Einschränkung der strategischen Waffen zu verhindern, indem man die Regelung der Frage mit anderen internationalen Problemen verknüpft. Dies würde bedeuten, dass der Beginn meritorischer Verhandlungen an Vorbedingungen geknüpft wird. Trotz der Unterminierungstätigkeit der an der Waffenfabrikation interessierten Monopole der Vereinigten Staaten bedeutet allein die Tatsache der Verhandlungen in Helsinki einen gewissen Fortschritt. Das Zustandekommen der Verhandlungen ist letzten Endes ein indirekter Beweis dafür, dass die Führer der USA die Richtigkeit der sowjetischen Anregung annahmen und erkannten, dass die Abrüstung eine unerlässliche Bedingung zur Herabsetzung der Spannung, zur Schaffung der internationalen Sicherheit sei. detechnik, der Wasserforschung und -berieselung hervorgehoben. Im Laufe der Untersuchung der aktuellen internationalen Probleme kam es klar zutage, dass sich in vielen bedeutenden Fragen die Standpunkte der beiden Staaten nahestehen. Beide Staaten bejahen das Prinzip des friedlichen Nebeneinanderlebens. Sie stellten fest: die Nichtverpflichtungspolitik bleibe auch weiterhin ein wichtiger Faktor zur Herabsetzung der internationalen Spannung und zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens. Die Verhandlungspartner sprachen sich für eine allgemeine und totale Abrüstung unter wirksamer internationaler Kontrolle aus. Beide Seiten drückten wegen der Fortsetzung des Vietnamkrieges ihre Unruhe aus und stellten mit Besorgnis fest, dass im Nahostraum die friedliche Regelung nicht verwirklicht wurde. Die Verhandlungspartner begrüssten den Vorschlag zur Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz und betonten, dass die Schaffung der europäischen Sicherheit den Frieden auf der ganzen Welt festigen würde. In Indien wurden die ungarischen Gäste äusserst herzlich empfangen. Sie waren von einer Atmosphäre der Sympathie und der Achtung umgeben. Der ungarische Staatspräsident lud den Präsidenten und Ministerpräsidenten Indiens ein, Ungarn einen offiziellen Besuch abzustatten. Die Herzlichkeit des Empfanges, der der ungarischen Delegation zuteil wurde, wurde auch dadurch nicht beeinflusst, dass im Laufe ihres Besuches in Indien eine gespannte politische Lage zustandekam. Der rechte Flügel der leitenden Kreise der Kongress-Partei stellte sich gegen den Ministerpräsidenten Frau Indira Gandhi und versuchte, sie ihres Amtes als Regierungschef zu entheben. Der Gipfelpunkt der Steigerung der äusserst viele Schattierungen beinhaltenden Krise in der Kongress-Partei wurde erreicht, indem, der rechte Flügel praktisch als separate Partei auftrat. Frau Indira Gandhi betonte in einer Erklärung, diese Spaltung sei unvermeidbar gewesen, da éine kleine Gruppe der Parteiführer der Partei ihre volksfeindlichen Vorstellungen aufzwingen wollte. Als Folge der Parteispaltung hat Frau Indira Gandhi im Unterhaus des Parlaments die absolute Mehrheit verloren. Trotzdem vertreten viele Beobachter die Meinung, es bestehe die Hoffnung, dass sie ihr Amt als Ministerpräsident behalten werde. Premierminister Frau Indira Gandhi kann nämlich gegen die 60 rechtsgerichteten Abgeordneten, die aus ihrer eigenen Partei ausschieden, mit der Mehrheit der Kongress-Partei, mit der Unterstützung von 210 Abgeordneten rechnen. Ausserdem kann sie sich auf einen Teil der Opposition stützen. Am Montag wurde im Unterhaus im Zusammenhang mit einer bestimmten Angelegenheit die Vertrauensfrage aufgeworfen, und Indira Gandhi wurde im Verhältnis von 306 zu 143 Stimmen das Vertrauen ausgesprochen. Der ungarische Staatspräsident und seine Begleitung begaben sich aus Indien auf dem Luftweg nach Teheran, um der Einladung des iranischen Schahs nachzukommen. Bei Redaktionsschluss war der Iranbesuch der ungarischen Delegation noch nicht beendet. ebenfalls grossangelegte Demonstrationen abgehalten. Die Demonstranten brachten in abwechslungsreicher Form zum Ausdruck, dass sie die Vietnampolitik Nixons für schädlich und sündhaft halten und der Überzeugung sind, sie, die Anhänger des Friedens repräsentieren die Mehrheit des amerikanischen Volkes. Die amerikanische Demonstrationsserie hat durch zwei Faktoren weltpolltisehe Bedeutung erhalten. Vor allem durch die Ausmasse der Demonstrationen. Diese zeigen, dass viele Millionen amerikanischer Bürger erkannt haben: nur ein aktiver Auftritt gegen den Krieg könne dem sinnlosen Blutvergiessen ein Ende bereiten, und die USA können auf dem Weg der Lösung der äusseren und inneren Probleme nur dann vorwärtsschreiten, wenn sie auf die Vietnamaggression verzichten. Der andere Faktor, der die Bedeutung der Demonstrationen hervorhebt, ist, dass der Widerstand der Massen sich mit der Tätigkeit der politischen Opposition Nixons trifft. Senatoren, die gegen den Krieg sind, bereiten sich laut Meldungen der amerikanischen Presse darauf vor, den Bankrott der offiziellen Vietnampolitik völlig zu entlarven und eindeutig zu beweisen, zur sogenannten Vietnamisderung des Krieges, d.h., zum Rückzug der amerikanischen Streitkräfte durch ein militärisches Selbständigmachen des Saigoner Regimes, besteht keine Hoffnung. Gleichzeitig mit den amerikanischen Friedensdemonstrationen forderten in allen Teilen der Welt grosse Menschenmengen die Einstellung des Krieges. Von Madrid bis Helsinki und von Montreal bis Buenos Aires folgten in zahlreichen Hauptstädten der Welt viele hunderttausend Menschen dem Aufruf der im Oktober in Stockholm abgehaltenen Vietnamkonferenz und erklärten sich mit dem gegen die amerikanische Aggression kämpfenden Volk Vietnams solidarisch. •!« *** Premierminister der Republik Indien, Frau Indira Gandhi, mit dem Vorsitzenden des Präsidialrates der Volksrepublik Ungarn, Pál Losonczi »?» *♦* Die Entwicklung der ungarisch-indischen Beziehungen Der Indienbesuch von Pál Losonczi war ein neuerliches bedeutendes Ergebnis der ungarischen Aussenpolitik. Die erste Auslandsreise des ungarischen Staatspräsidenten zeigte, welch aufrichtige Sympathie das grosse asiatische Land Ungarn entgeganhringt und wie hoch in Indien die Beziehungen zu Ungarn eingeschätzt werden. Nach Beendigung des offiziellen Besuches wurde eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, die feststellt, dass zur Entwicklung von fruchtbaren wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen jede Möglichkeit gegeben . sei. Im Prinzip wurde der Abschluss eines Vertrages über technisch-wissenschaftlichen Austausch vereinbart. Die Verhandlungspartner stellten fest, trotz der entsprechenden Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen seien noch weitere Möglichkeiten der Steigerung vorhanden. Hinsichtlich der spezialisierten Zusammenarbeit wurde die Bedeutung der Aluminiumindustrie, der Fernmel Aus dem Inhalt Menschen in Bautzen2 Isztimér3 Jubiläum des Zentralen Ensembles4 15 Jahre Kulturgruppe Pilisvörösvár5 • • Die Mehrheit will Frieden Die gegen den Vietnamkrieg gerichtete Bewegung erreichte in den Vereinigten Staaten einen neuen Gipfelpunkt. Die in der Geschichte der USA beispiellos dastehenden Massenaktionen zeigen, dass die amerikanische Gesellschaft einen solchen Grad der Kriegsfeindlichkeit erreicht hat, der auch auf die Führer der amerikanischen Politik nicht ohne Wirkung bleiben kann. In Washington beteiligten sich über eine viertel Million Menschen an der gegen die Vietnamaggression gerichteten Demonstration. In New York, Houston und zahlreichen anderen Städten wurden Okinawa und die öffentliche Meinung Japans Der japanische Ministerpräsident Sato ist in die Vereinigten Staaten gereist, um u.a. auch über die Lage der Insel Okinawa, die nach dem 2. Weltkrieg in amerikanischen Besitz geriet, Verhandlungen zu führen. Die diplomatische Mission des japanischen Ministerpräsidenten versprach nicht viel Erfolg. Die USA sind zwar bereit, über die Rückgliederung der Insel zu verhandeln, doch sie fordern als Gegenleistung, dass die amerikanische Armee Okinawa auch weiterhin als Stützpunkt benützen und dort Atomwaffen stationeren kann. Ein grosser Teil der öffentlichen Meinung Japans weist jedoch nicht nur diese Lösung zurück, sondern fordert auch die Überprüfung der amerikanisch-japanischen Kontakte im allgemeinen. Sie protestiert gegen den sogenannten japanisch-amerikanischen Sicherheitsvertrag und betrachtet es als unhaltbaren Zustand, dass die Vereinigten Staaten von in Japan gelegenen Stützpunkten aus gegen die Freiheit der asiatischen Völker auftreten. Dementsprechend kam es vor der Reise von Ministerpräsidenten Sato zu äusserst heftigen Demonstrationen. 100 000 Menschen, darunter sehr viele Jugendliche, protestierten gegen die Reise des Ministerpräsidenten. Im Laufe der äusserst heftigen Demonstrationen kam es zu massenweisen Verhaftungen und lebensgefährlichen Verletzungen. Eine Gruppe von Demonstranten versuchte, den Start der Maschine des Ministerpräsidenten nach Washington zu verhindern. Sato war gezwungen, sich, per Hubschrauber und von Polizei gedeckt, sozusagen aus Tokio „hinauszustehlen” und unter dem Schutz der Sturmpolizei in die nach Washington startende Maschine zu steigen. Georg Kertész