Neue Zeitung, 1986 (30. évfolyam, 1-52. szám)

1986-12-06 / 49. szám

49/1986 Neue Direktorin im Frankel-Gymnasium „Vor dreizehn Jahren hatte ich ähnliche Gefühle wie jetzt“, erin­nert sich die neue Direktorin des Leo-Frankel-Gymnasiums in Fran­­kenstadt/Baja, Frau Agnes Nitsch­­mann. „Damals mußte ich mich gleichfalls in einem völlig neuen und fremden Milieu einleben, und zwar in Berlin, wohin ich geheiratet hatte. Später studierte ich an der Humbolt- Universität die Fachrichtung Deutsch-Musik und unterrichtete an­schließend.“ „In den ersten Unterrichtsstunden hatte ich ziemlich großes Lampen­fieber — wahrscheinlich wie jeder Anfänger. Hemmungen aber des­halb, weil ich deutschen Kindern Deutsch unterrichtet habe, hatte ich nie.“ Frau Agnes Mitschmann erzählt gern über ihre „Berliner Zeit“, was wohl daran liegen mag, daß sie sich hier sowohl in ihrem Privat- als auch Berufsleben bestätigt fühlte. Dies nahm mit dem Tod ihres Eheman­nes ein jähes Ende. Ein neues Leben zu beginnen, versuchte sie vor an­derthalb Jahren mit ihren zwei Kin­dern in ihrem alten Zuhause, in Kecskemét. „Oft waren wir samt Familie in Ungarn zu Besuch. Aber jetzt unter anderen Voraussetzungen als in Ber­lin und noch dazu als alleinstehende Frau zu arbeiten, ist gar nicht so ein­fach. Ein Glück, daß meine ungari­schen Schüler in der Kecskeméter Berufsschule für Gastronomie sehr fleißig und wissensbegierig waren.“ Das neue Schuljahr im September begann Frau Nitschmann als Direk­torin der Leo-Frankel-Gymnasiums in Frankenstadt. „Das Ungarndeutschtum war für mich kein ,neues Kapitel“ sagt die junge Direktorin. „Mit der Frage der ungarndeutschen Nationalität be­fasse ich mich seit 1983 eingehender, als ich nämlich auf dem Budapester Kongreß der Deutschlehrer mit der Problematik des Muttersprachun­terrichts der deutschen Nationalitä­ten in Berührung kam “ Das einzige selbständige deutsch­sprachige Gymnasium in Franken­stadt wurde 1956 gegründet. Gegen­wärtig hat es acht Klassen mit je­weils über 20 Schülern. Wie der Generalsekretär des Demokratischen Verbandes der Ungarndeutschen, Géza Hambuch, bei seinem Besuch im Gymnasium betonte, sollten die Abgänger außer guten Sprachkennt­­nissen und reichem Allgemeinwissen auch ein Nationalitätenbewußtsein haben, denn auch aus ihren Reihen sollen Kader kommen, die dann auf Nationalitätengebiet eingesetzt wer­den können. Leider entspricht aber gegenwärtig das Gymnasium den vielseitigen Anforderungen noch nicht, beispielsweise sind die gegen­ständlichen U nterrichtsvorausset­­zungen nicht allseitig zufriedenstel­lend. Einen bedeutenden Umschwung soll in dieser Hinsicht das neue Schul­gebäude bringen. Die Erstellung der Baupläne ist vom Rat der Stadt be­reits in Auftrag gegeben worden, be­tonte der Ratsvorsitzende Dr. Fe­renc Kincses in einem Gespräch mit Géza Hambuch. Wie Frau Nitschmann ihre ersten Eindrücke summierte, sind im Gym­nasium alle Planstellen von Fach­kräften besetzt. Eine qualitativ hö­here Arbeit sei aber vom Sprachni­­veau der Schüler, dessen Grundstei­ne in den Grundschulen und sogar im Elternhaus gelegt wurden, ab­hängig. Damit die künftigen Gymnasia­sten mehr oder weniger ein einheitli­ches Sprachniveau erreichen, wird bereits in diesem Schuljahr ein in­tensiver Vorbereitungskurs an sechs Samstagen organisiert. „Ein wichtiger Faktor in der Fra­ge des Unterrichtsniveaus ist jedoch, ob wir bei der Aufnahmeprüfung se­lektieren können oder nicht“, erläu­tert Frau Nitschmann. „Wir hoffen, daß unsere Einschulungsreisen in den ungarndeutschen Gemeinden ei­ne positive Wirkung auf die Zahl der Bewerber haben werden. Wir —- der Chor und sämtliche Schüler — berei­ten uns mit einem Kulturprogramm vor, das eine Kostprobe aus der klas­sischen Literatur, aber auch aus dem ungarndeutschen Kulturgut bieten wird. Geplant ist noch die Gründung einer Volkstanzgruppe.“ Die Frankel-Gymnasiasten waren auch bislang im Rahmen der UNES­CO tätig. Die Quiz Veranstaltung „Wer weiß mehr ?“ schaffte eine gute Basis dafür, Länder kennenzulernen. Aber auch persönliche Beziehungen trugen dazu bei, wie beispielsweise der diesjährige Besuch der Hildes­heimer aus der BRD (siehe NZ-Nr. 47/86, S. 6) „Für sehr wichtig halte ich, daß unsere Schüler im gleichen Maße In­teresse für die Kultur des eigenen Landes, der eigenen Nationalität und anderer Länder auf bringen“ sagt Frau Nitschmann. „Wir be­mühen uns, die Gymnasiasten ins öffentliche Leben der Stadt einzube­ziehen, indem wir gemeinsame Pro­gramme mit dem städtischen Kultur­haus und der Hochschule für Lehrer­bildung gestalten sowie einen Frem­denführerdienst im Hotel Sugovica einführen.“ Der Gebrauch der Sprache wird dann zur Gewohnheit, wenn sie nicht nur die Sprache des Unterrichtes ist, sondern auch bei Gesprächen auf dem Korridor verwendet wird. Die Schü­ler haben gute Möglichkeiten zur Sprachübung, es stehen ihnen die Bibliothek des Gymnasiums mit 5000-6000 Büchern (davon 70 Pro­zent deutschsprachige) und Filmauf­führungen im Kino zur Verfügung. Aber auch sämtliche außerunter­richtliche Beschäftigungen wie der ethonographische Zirkel, geleitet von Frau Elisabeth Kremmer, sollten dazu beitragen. Margarete! Locher UNTERWEGS GEKNIPST In diesem Gebäude am Hauptplatz von Bonnhard/Bonyhäd (Komitat Tolnán) soll das Museum „Völgység“ untergebraclit werden. Im Haus — das zur Zeit noch reno­viert wird — wird auch ungarndeutsches Material ausgestellt. Ein Teil der ungarn­deutschen Sammlung ist bereits fertig und befindet sich im Székszárder Museum „Béri Balogh Ádám. Zwecks Vervollständigung der Sammlung mit noch fehlenden Gegenständen, Dokumenten, Einricktungsteilen usw. erging ein Aufruf an die Be­völkerung, so u.a. an die Heimatkundezirkel der Grund- und Mittelschulen der Stadt. Gy. V. Neue Zeitung3 Der Weihnachtsmann sendet seine Späher aus Tips für den Einkaufsbummel Weihnachten als Fest des Schen­­kens — es ist schon viel darüber ge­lästert worden. Schlimm, wenn es zur Materialschlacht mißrät, statt Raum für frohe Geselligkeit und Be­sinnlichkeit zu geben. Andererseits würde es ohne die freudestiftenden Gaben —- jedenfalls für die meisten Menschen — viel von seinem eigen­tümlichen Reiz einbüßen. Die Span­nung der festlichen Zeit ist eine drei­fache: Zuerst einmal, kann ich ge­nügend Geld beiseite legen, um mir die Überraschung, die ich mir aus­gedacht habe, leisten zu können? Zweitens, gibt es die gewünschte Ware noch, wenn ich die Summe bei­sammen habe? Und drittens, wird das Geschenk beim Empfänger die erhoffte Wirkung auslösen? Daß es in unserem Land dieses und jenes nicht immer gibt, hat schließlich auch seine gute Seite: Es weckt in uns einen gesunden Jägerinstinkt, der vom Wunsch, Freude zu berei­ten, genährt wird. Die erschwerte Wirtschaftslage scheint nach wie vor keine durch­schlagende Wirkung auf die Kauf­lust zu haben. Im Gegenteil, der Handel stellt sich auf einen weiteren Zuwachs des Weihnachtsgeschäfts ein. Anders läßt sich nicht erklären, daß vor dem Silbernen und Goldenen Sonntag nun erstmals ein Bronzener Sonntag abgehalten wird: Schon am Sonntag, dem 7. Dezember, hält ein Großteil der Warenhäuser und Geschäfte die Türen offen. Mit Blick auf Kunden, die schon früh­zeitig Umschau halten, schlossen einige Skäla-Warenhäuser schon En­de November später als üblich. Einige Budapester Centrum-Wa­renhäuser sichern sich in der Vor­weihnachtszeit zusätzliche Verkaufs­stätten, um ihre Ware noch weiter ausbreiten und noch näher an den Kunden bringen zu können. Mit Volánbussen entsendet das Kispester Centrum-Warenhaus Expeditionen — gewissermaßen als Vorhut des Weihnachtsmannes — in die um­liegenden Dörfer des Komitates Pest, u. a. nach Wetschesch/Vecsés. Auf dem Budapester Kálvin-Platz eröff-net Centrum einige Verkaufsstände unter dem Schutze einer aufblasba­ren zwölf Meter hohen Riesenpuppe. Allein der Anblick wird schon neu­gierige und sicher auch kaufwillige Scharen anziehen. Jeder Handelsmann, der nur ein bißchen auf sich hält, spickt in der Vorweihnachtszeit sein Angebot ge­rade mit jenen Waren, die als Ge­schenke in Frage kommen. Für die Spielzeugabteilungen bricht um die­se Zeit die entscheidende Saison an. Dr. Gyula Décsi von Skála Coop ist sicher, daß auf vielen Gabentischen ein Holzbaukasten für Phantasiebe­gabte liegen wird. Mit den Figuren dieses Spiels (sein ungarischer Name lautet „faterep“) können sich die Kinder ihre eigene Märchenwelt ba­steln. Offenbar wird hier der wieder wachsenden Beliebtheit von Holz­­spielzeug Rechnung getragen. Ob er noch etwas fragen dürfte (Lehet egy kérdéssel több ?) möchte seit längerem der Fernsehjournalist János Egry von seinem Gegenüber vor der TV-Kamera wissen. Diese vergnügliche Form der Wissensver­mittlung kann auch im Familien­kreis betrieben werden, seit die Fra­gen und Antworten in einem Karton erhältlich sind. Da sich in Ungarn der Unternehmergeist kräftig entfal­tet, lag es nicht fern, eine ungarische Variante des Monopoly-Spiels zu entwickeln, bei dem kühl-berechnen­der Geschäftssinn gefragt ist. Unter dem Namen „Balaton Rt.“ kommt dieser Zeitvertreib für Möchtegern- Millionäre in den Handel. Wer noch zu klein ist, um seinem Spielpartner Millionen aus der Tasche zu locken, kann derweil die „Pixy“-Puppe in Pflege nehmen, die sich kämmen und noch anderweitig bemuttern läßt. Schließlich gibt Dr. Décsi noch einen Tip für Ehemänner: Ein Kar­ton der „Planétás“-Serie enthält 25 Karten mit Ratschlägen für Schönheitspflege, gesunde Ernäh­rung usw. Wer ein Jahresabonne­ment bezahlt, erhält jeden Monat einen weiteren Karton frei Haus. Der Ehemann, der sich zu einem solchen Geschenk entschließt, hat möglicherweise einen doppelten Vor­teil im Sinn: Erstens zeigt er, daß ihm das Wohlergehen seiner Frau am Herzen liegt, zweitens hat ja auch er etwas davon, wenn es seiner Gemahlin gut geht. Auf die Frage, welche Importwa­ren besonders Beachtung verdienen, antwortete György Heilig vom Cen­trum-Unternehmen. An erster Stelle nennt er das attraktive Angebot von Strickwaren und Freizeitklei­dung aus der Bundesrepublik Deutschland und China. Erstmals erscheint das fernöstliche Land mit einem Farbfernseher auf dem un­garischen Markt. Da der Preis des chinesischen Geräts „nur“ bei etwa 22 000 Forint liegt, dürfte diese Ware nicht lange auf den Regalen bleiben. Überhaupt ist das Import- Angebot bei Unterhaltungselektro­nik recht breitgefächert. So kommen zum Beispiel zwei Panasonic-Video­­recorder in den Handel, von denen der eine mit 39 000 Forint — für ungarische Verhältnisse — als aus­gesprochen preiswert bezeichnet werden kann. Das ist allmählich eine Preislage, die den Videorecorder auch für mittelmäßig betuchte Leute erschwinglich macht. Bei den Spiel­zeugen lenkt György Heilig die Auf­merksamkeit u. a. auf Importe aus Honkong und Spanien. Etwas knap­per sind in diesem Jahr leider die beliebten Lego-Baukästen. Es lohnt also, sich frühzeitig umzuschauen und zuzugreifen. Im übrigen ist es gar nicht immer vorteilhaft, wenn man gleich bei der ersten Begegnung mit einer Ware zur Geldbörse greift. Diesen Rat gibt uns György Heilig für den Einkaufs­bummel: „Die Warenhäuser, auch wenn sie der gleichen Kette ange­hören, haben heute die Möglichkeit zur selbständigen Preisbildung. Es ist durchaus möglich, daß die gleiche Videokassette im einen Warenhaus, sagen wir, 790 Forint, im anderen dagegen 920 Forint kostet. Wer ein bißchen herumschaut, kann schon ein paar Forint sparen.“ Michael Müller Ein nebeliger Morgen Der Langoschbäcker steht um vier auf, knetet den Teig, macht das 01 heiß. Die erste Kundschaft kommt gegen sechs, wenn die Bude schon in den schweren Duft des frisch Gebak­­kenen gehüllt ist. Auf die Arbeit ei­lende Frauen blasen die heißen Langosch’, die eine streut Käse drauf, die andere nimmt Marmelade. Die meisten essen ihn aber klassisch: gut gesalzen und mit Knoblauch­wasser bestrichen. Nicht gerade das gesündeste Frühstück, aber wer bleibt an diesem nebeligen Novem­bermorgen schon nicht lieber eine Viertelstunde länger in den warmen Federn, anstatt Frühstück zu ma­chen. Der naheliegende Markt ist noch leer — es ist ja ein ganz gewöhnlicher Werktag, das Nötigste kauft man am Nachmittag im Geschäft. Erst am Samstag ist hier großer Verkehr, wenn Gemüsehändler von der Insel mit ihren immer frischen Waren, Bäuerinnen aus den Nachbardör­fern mit langbeinigen Hühnern und maisgemästeten Enten in die Stadt kommen. Jetzt lehnt nur der Fisch­händler an seinem Stand. Fri­sche Karpfen hat er heute und keine Angst, daß er sie nicht los wird. Die Stadt ißt gerne Fisch. Vor dem benachbarten kleinen Lebensmittelgeschäft stehen ein paar Männer herum: „Eine Tüte Milch und zwei Kipfel bitte!“ Oder: „Ein Fläschchen Franzbranntwein!“ Wo­zu denn das? Na ja, hier wird kein Schnaps verkauft, da trinkt man eben... Vor dem Hafen steht ein IBUSZ­­Bus. Tagesausflug in die Pußta, da muß man früh losfahren. Die Fähre kommt von der Insel zurück. Deutsche und ungarische Worte hört man aus dem Nebel heraus: „Mari, was kochst am Sunn­­tag?“ „Megmondtam a gyereknek, ha még egyszer egyest hoz haza. Und Kroatisch, was ich nicht ver­stehe. Nur die Lautstärke läßt dar­auf folgern, daß hier über etwas ge­schimpft wird. Auf dem sowjetischen Kreuzfahrt­dampfer fangen die Matrosen mit dem Putzen an. Nur in einigen Ka­jütenfenstern brennt schon Licht. Es ist kalt auf dem Wasser. Vor dem Hotel parkt ein Lastauto, der Fahrer läßt gerade den Motor an. „Maschinen für Jugoslawien“, sagt er mit rauher Stimme und fährt los. Eine Turmuhr schlägt sieben, das „Bimm-Bamm“ hört sich an wie „Wacht auf, wacht auf!“ In der na­hen Schule antwortet eine Klingel auf den Glockenschlag, als würde sie der Aufforderung folgen. Ein nebe­liger, kühler Morgen. Mohatsch ist aufgewacht. — beinek —

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