Neues Pester Journal, Januar 1878 (Jahrgang 7, nr. 1-31)

1878-01-14 / nr. 14

,«M­­dapest­,­ Montag zogen wird, die Grenze für die Rufen bilden. Die weitere Linie in Altserbien betrifft serbisch türkische Demarkationen, nicht pe Eine Berliner Meldung bemerkt, daß die Dardanellenfrage noch gar nicht gestellt worden sei; sollte eine russische Forderung nach Freigebung der Dardanellen erhoben werden, so würde die d­eutsche und österreichisch­­un­garische Regierung sich berufen fühlen, Dieselbe zu­­ bekämpfen. Diese Anschauung der beiden „Verbündeten“ Nußlands nennt man in jeher wohl und das erklärt vorsichtige Haltung des London die schwarfende, dem diplomatischen Kreisen m­an­­Alexander fein ; das spornt die Rufsen mir an, bherrscht legt sich die Opposition andauernd Barda, auf die Kriegführung Mahmud and schonen Feinen Liebling des Palastes. Kaiser Teidend desto warc­er „vollendete Thatsachen” zu schaffen. — In Kon­stantinopel große Aufrei­gung und zunehmende Verwirrung, isbesondere im türkischen Par­lament auf das heftigste. Die Angriffe und Aus­­fälle auf das Ministerium, auf Damad sid Hier ist man auch sprechen und möchte Doch vertagen, allein, man wagt dies angesichts man nichtsdestoweniger noch stets mißtraut, weil man von­­ genehm überrascht werden könnte. Nach einem fehlerischen Blatte auf dieses in seit vierzehn auch britischen Parlament ist es am liebsten 2 Kabinett, Dorther Toll Tagen sehr u. |. w. häufen gut auflösfen 1 zu over der Stimmung der Bevölkerung nicht. Wie aus Berlin berichtet wird, entwickelt der dortige neue Französische Botschafter, Herr v. Saint-Ballier, eine große Rührigkeit, die freundschaftlichen Beziehun­gen­ zwischen Fr­ankreic­h und Deutschland nicht nur zu­ befeitigen, sondern so intin wie nur i­mmer möglich zu gestalten. Budapest, 13. Januar,­­ Im türkischen Parlamente hat am 3. 5. eine türkische Sigung stattgefunden, in welcher unter Anderem Hedihi Emir Effendi, Deputirter von Smyrna, der Kammer ein ganzes Sünden­­register der Minister vorlegte. Das in die folgenden neun Interpellationen abgetheilt war­­n1. Interpellation. Jin der vorjährigen Session hat die Kammer 15 Millionen Pfund für den Unterhalt von 600,000 Soldaten votirt. Die vorjährige Thronrede sprach ebenfalls von 600,000 Man, welche bereits unter Waffen stehen, wie kommt es nun, daß wir beim Ausbruch des Krieges dem Feinde in Numesien nur 170 und in Anato­­lien (Kleinasien) nur 140 Bataillone, zusammen also 310 Bataillone, etwa 240.000 Mann, entgegenfrelen konnten ? 2. Interpellation. Warum hat die Regierung mit der­­Organisirung der Landesvertheidigung bis zum rechten Momente gewartet, während sie doch wohl mußte, daß Rußland große Kriegsvorbereitungen trifft und der Krieg unvermeidlich geworden ? 3. Interpellation. Warum wurde­ die Expedition nach Sudunmsfaleh ohne Einwilligung der Kammer be­­­­troffen ?­­ 4.Interpellation Warum­uurde,während sich das Neues Bester Journal, Kerim Generalissimus der Armee war, ein and ziertes, ja rivalisirendes Kommando in Schipra geschaffe Warum mengte man sich in Konstantinopel in die Ge­­schäfte der Kommandanten ? 5. Interpellation. Warum fhichte man nit zur rechten Zeit Hilfe nach Blevna und an Mushtar Pascha ? 6. SInterpellation. Warum­ Hat die Militärverwal­­tung nicht zur rechten Zeit an die Verpflegung der Armeen gedacht? und mit der Anschaffung von Winterffeidern für dieselbe den Winter abgewartet ? 8 7. Interpellation. Warum wurden nicht die Ban­zerschiffe zu Transporten verwendet, da man mit der Flotte ohnehin bessere Dienste zu leisten unfähig war? Warum wurden aber die alten Schiffe zu Militärtranspor­­ten gebraucht ? . 8.Interpella­tion.Was m­achte die Flotte,als­ die Russen das Schiff»Meefiixe«gekapert haben? 9.Interpellatot darum wurde Sabri Pascha, welcher den­ Russen Ardahan nebst K­anonen und eine Unzahl von Munition fast dritte Kampf ausgeliefert,nicht bestraft?"««­­ ·· « Hadschr EImrEffendtend«tylte"feine Interpella­­tionen mit dem Antrage, die Minister zum Erscheinen einzuladen, damit dieselben die nöthigen Aufklärungen geben, und daß­ endlich die Schuldtragenden der jebi­­gen Situation bestraft werden mögen. Diese Inter­pellationen wurden zur Prüfung an die Gestionen gemiejen. 20 Januar 1878. Der Geniralbericht zum Budget von 1878, — Eitung der Finanzkommission vom 13. Januar — Die Finanzk­ommission des Abgeord­­netenhauses hat in ihren heutigen Situng zunächst den vom Abgeordneten Wahrmann verfaßten ausführ­­lichen und interessanten Bericht in Betreff des mit dem österreichisc­h­e­nRR­ee Lloyd abzu­­schließenden Wortvertrages authentizirt. Dann wurden die in den Generalbericht zum Budget aufzunehmen­­den Bünfte disfutirt. Zsevényi bemerkte vor Allen, daß dies fan­ das vierte Budget der­jebigen Negierung sei, welches ebenfalls mit einem­ Defizit abschlieht. Nenner würdigt die Bestrebun­­gen der Negierung, unseren Staatshaushalt zu regeln, doc könne­ er den Umstand nicht unberücksichtigt lassen, daß in jedem Jahre das thatsächliche Defizit sie Höher teilte, als nach dem Präliminare erwartet wurde. Wohl weisen die Einnahmen des letten Jahres eine Befserung auf, doch wird das Resultat dieser Befserung leider durch Nachtragskredit­­forderungen absorbirt. Das Ministerium hat seinerzeit ver­­sprochen, den Beamtenstand im Centrale zu vermindern. Da­ haben die Minister, m­it Ausnahme des Finanzministers, in dieser Beziehung nichts gethan. Man sollte ein Mittel finden, um die übrigen Minister zur Nachahmung­­ dieses Beispieles zu veranlassen. Nach der Ansicht des Redners sollte die Kommission Die Vereinigung des Handels-Ministe­­rn mit dem Kommunikations Ministerium in Vorschlag ringen.­­ Phinisters Szeke versichert,daß jeder Minister ernstlich bemüht sei,zu sparen,allein die nothwendige Erhaltung der gesetzlich bestehenden Institutionen habe die Erreichung grö­­ßerer Resultate verhindert.Diese Resultate wären nur dann erreichbar,wenn man auf jedem Gebiete zerstören und die angestrebten großen Zwecke vereiteln wollte.Wohl hat noch in jedem Jahre das faktische Defizit den Voranschlag über­­schritten,doch komme dies daher,daß der Voranschlag der Einnahmen in den Jahren 1875 und 1876 auf sanguini­­sche­­Verechnun­gen beruhte.Daß aber Redner in dieser Be­­ziehung mit der Vergangenheit gebrochen habe,sei schon aus dem Budget von 1877 ersichtlich,in welchem die faktischen Einnahmen den­ Vormsschlag erreichen werde;in den Voran­­schlägen für 1878 aber gebe auch diese Fixziszizkommission selbst das Präliminare nur bei einem einzigen Punkte eini­­germaßen zu reduziven vermocht. Das Defizit von 1878 dürfte wohl 17—18 Millionen betragen, doch ist dabei zu berücksichtigen, da­ 9 Millionen zu Nmortisationen verwen­­det werden, so daß das Staatshaushaltsdefizit eigentlich nur 9 Millionen beträgt. Im Jahre 1879 werden aus dem Budget des Kommunikationsministeriums 2 Millionen weg­­fallen. Durch verschiedene Ersparungen dürften die Ausga­­ben um eine halbe Million ermäßigt werden; das Ergebnis der Stempelnovelle dürfte ebenfalls sich auf eine halbe Million belaufen; die Finanzzölle, das Branntweinsteuerge­­feb und die Lösung der Restitutionsfrage dürfte die Ein­­nahmen um einige Millionen erhöhen und wird auch der Ertrag einiger anderer Einnahmszweige, so z. B. des Ta­­bakgefälles und der Rechtegebühren gehoben werden können. Man wird daher in den nähten Jahren das Defizit bis auf die Amortisationssunme reduziren können. Bei sc­hw­erigen Verhältnissen, wie die jenigen sind, bedeutet die stufenmweise "Ermäßigung­ des Budgets gewiß einen Fort:­tritt in der Regelung des Staatshaushaltes. Wehrmann kann mit Rücksicht auf die Vergangen­­heit ebenfalls fonstativen, daß die Finanzgebahrung sich ge­­bessert hat und daß viele der früheren Fehler, vermieden wurden. Hinsichtlich der Zukunft sollte die Kommission nur sagen, daß der Umfang unserer finanziellen Weberstände nicht angegeben werden kann, so lange diejenigen Fragen, von welchen die künftige Regelung unserer finanziellen Zus­­tände abhängt, noch nicht geregelt sind. Nach Konstativung des auch jegl­­ich zeigenden permanenten Defizits könnte es die Kommission aussprechen, daß sie die Mittel zur Besesti­­gung des Defizit nur nach der Lösung der in der Schwebe befindlichen großen Fragen wird angeben können. Móricz wünscht, daß der Generalbericht die Beffer­zung der finanziellen Lage­konstative, im­ Uebrigen aber nach dem Antrage Wahrmann’s verfaßt werde. — Ludwig Sorbath spricht sich in demselben Sinne aus, nur solle die Besseiung des Budgets im Berichte ziffermäßig konstaz tirt werden. — Esengery unterstühte den gestellten Ans­trag ebenfalls,­ jedoch sei,im Generalberichte noch zu sagen, daß die Kommission bemüht war, neben der Neellität der Voranschläge der Einnahmen, die sie im Bungetentwurfe aus­­gebracht fand, auch bei den Ausgaben den wirklichen Be­­darf zum Ausdruck zu bringen und daß sie von diesem Gesichtspunkte aus einige Ausgabsposten rektifizirt hat. Die Kommission beidlok hierauf, Dab der General­bericht im Sinne des von Wahrmann­ gestellten Antrages und der nach diesem­ eingebrachten Zufaanträge verfaßt werden soll. Mihat Yalda über die Lage. ‚Der Er-Großvezier Midhat PBascha eilt gegenwärtig in London, wohin er über Anrat­e­r seiner englischen Freunde gereijt it, um eventuell der Negierung in türkischen Angelegenheiten als­ erprobter und patriotischer Rathgeber zu Diensten zu sein. Die neueste Wendung der Dinge auf dem Krieg afchauplage, sowie in Konstantinopel hat den eiiliitten Staatsmann auf’s Tiefste erschüttert und mit dem ernstesten Befürchtungen erfüllt. Seinen Heußerungen zu Folge bedeutet das neue t­k­­­tische Kabinet den sofortigen Jrie­dem. Die völlige Auslieferung der Türkei an Rußland. Der neue Großvezier Hamdi Pascha sei wohl ein Kom­eter Mann, allein aller Energie dar und stehe ganz und gar unter dem Einflusse Said Pascha’s, des neuen Ministers des Anmern, der eine Kreatur Mahmud jung gemacht und fid­en face der Tribüne aufges­pflanzt hatte, es für angemessen hielt, den „geehrten” Medner mit einem dreifachen Hurrah zu begrüßen. Sobald das Zeichen dazu gegeben, erscholl ein Hur­­za aus mindestens zehntausend Kehlen und Hunderte von Müsen, Hüten, Stöden und Negenschirmen flogen in die Höhe, um ebenso k­ünftlich wieder aufgefangen zu werden. Der Herr auf dem Stuhle wartete gedul­­dig, bis der Sturn vorübergebrauft war, dann nahm er einen zweiten Anlauf, um fie Gehör zu verschaffen. Aber er dart wieder die Rechnung ohne Den Wirth, d. h., ohne seine politischen Gegner gemacht, welche sich nunmehr dicht um ihn gedrängt und ihre Plänkler sogar bis in seine eigene Gefechtlinie vorgeschoben hatten. Einer der leiteren zog ihm perfidver Weise ven Stuhl unter den Beinen weg, und noch ehe er die erste seiner s­chlagenden Sentenzen beendet, ver­­schwand er plößlich, wie durch eine Zauberhand ent­­führt, ganz und gar aus dem Gesichtsfreife der ver­­blüfften Zuschauer. Ein neues Hurrah erhob sich, begleitet von einem wunaufhörlichen Gelächter, Ziihen und Säbeln, das sich dann erst legte, als es dem Unglückkichen endlich ge­­lungen war, sich wieder aus den Fäusten seiner Freunde und Gegner loszumachen und mit echt englt­­iger Zähigkeit zum dritten und lebten Male Den Berz­en machte, das Schiff seiner Nede von Stapel zu affen. Sebt aber gab die „Friedenspartei” mit dem Ausrufe: „The wars commenced”, „Der Krieg hat begonnen”, das Zeichen zum Masfenangriff. Ein gutgezielter Schlag schleuderte Den Hut des Ehren­­präsidenten in Den Koth und ein wahres Höllenfeuer von allen nur möglichen Gegenständen, Schirmen, Körben und Kleidungsstüden ward gegen ihn losgelassen. Selbst ein großer brennender Schwär­­­mer jaufte über die Köpfe der Um­stehenden auf ihn zu. Die russischen und türkischen Fahnen wurden er jene, herumntergerissen und mit den zertrümmerten Zanzenschaften und den Fragmenten des Stuhles. Der bei diesem Kampfe ganz aus dem Leime ging, bear­beitete man mie Herzensluft Die Köpfe. gegenseitig nach Das große P­ublitum nahm an den Feindselig­­keiten seinen Antheil, sondern beschränkte sich Dar­­auf, sen Interesse zur Sache nur durch Ver­­größerung des Lärms an den Tag zu legen. Hierbei ging Dasselbe ganz kosmopolitisch zu Werke. Kei­ner der anmwejenden Fremden hatte Ursache, sich über Einseitigkeit in der Auffassung oder über vorgefaßte Meinungen zu beklagen. Wo eine Gruppe: „nieder mit den Nuffen! — down Bismarck — Turkey for ever!” rief, konnte man sicher sein, daß sich sofort in i­n ihrer unmittelbaren Nähe ein zweiter größerer Haufen bildete, der Die Türken bis in den Boden hinein ver­­wünschte und begeisterte Hodha auf Gladstone und Bismarc brachte. — Ein dritter Haufe dokumentirte dann seine neutrale Stellung dadurch, Daß er gar seine eigene Weberzeugung zum Besten gab, sondern sich ab­wechselnd auf die eine oder andere Seite schlug, von woch er daß Toben eben am kräftigsten er­­schallte. Mr. Maltmann Barry, für fest gründlich aus dem Felde geschlagen, konzentrirte sich schleunig ruh­­mwärts und nahm mit seinen wenigen Getreuen eine neue Stellung. Diefeldbe war anscheinend eine stra­­tegisch sehr feste.­­ Mit dem Rüden lehnte sie gegen die Nelsensäule und auf den beiden Flanken strebten Die riesigen Löwen von Landseer ihre Köpfe Drohend gegen die kampflustigen Freunde des Friedens aus. Der P­räsident, unbekümmert um die Murfgeschässe, welche aus Der gerne ihn bedrohten, bestieg Den Sobel der Säule und ging, trogig die Türkenfahne schwingend, mehrere Male darauf Hin und her. — Zwanzig Nebner begannen gleichzeitig zu sprec­hen. Meberall bildeten sie ftreitende Gruppen. Da tauchten Bolizeiispektor Gernon und eine­n reitschultriger Civilpolicemen­t möglich aus dem Hin­­tergrunde des Denkmals auf: „Wlad für die Eir­­­ulation! — Alles den Blak räumen!” — hieß es. Die Wächter des Oejebes rüdten vor, die Streitenden wourden zurürged­ängt, das Bublikum von Außen über die Deutschen“ Bei diesen Morten ward der Redner von seinem erhöhten Standpunkte herabgezogen, im Triumph unter­ die Arme, genommen und ein Zug, unter Vortritt der unermüdlichen Musikbande, organisirte sie, um durch die nächstgelegenen Straßen den Weg zu nehmen, den es etwa in den Sinn kommen sollte,­­ zu glauben, es hätten nach Hefer lärmenden Szene auch Berhaftungen stattgefund­en, oder Die Regierung hat e D Versichtsmaßregeln getri­ffen, der würde den vol­ gültigen Beweis erbring­en, er habe von einem wirklich freien Staatswesen einen rechten Begriff. nz von Dbit,I3

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