Neues Pester Journal, Oktober 1878 (Jahrgang 7, nr. 272-302)

1878-10-10 / nr. 281

58 s Vukopst Donnerstag Ordnung erhalten können, nun sie des Krieges ledig ist und wenn die Behörden in Dalmatien und Kroatien zur Beachtung des Völkerrechtes angehalten werden. Sind wir mit der Pforte im Einverständ­ site, so Dürfen Serbien und Montenegro nicht wagen, sich zu rühren, und von Semlin und Jattaro aus halten wir die beiden kleinen Staaten adertmal leichter unter der Faust, als von Jewa und Mostar her. Serbien und Monte­­d wühlen in Bosnien und Südungarn nur, upland es befiehlt, und leiteres wird nicht Bosnien, sondern von Galizien und Sieben­­bürgen her in Schady gehalten — umsoviel weniger, als wir Truppen in Bosnien festflemmen. Darum laufen alle Lebensinteressen der Mon­­orchie darauf hinaus, daß Oesterreich-Ungarn feier: ich auf die Anner­on verzichte, die nur Opfer fordert und nicht einmal die Vortheile sichert, welche wir ohne sie erringen können. Und wäre dem an­­ders, wäre selbst aus der Annerion Gewinn zu er­­hoffen, so spricht doch wider sie das Gebot der­­ Ehre. Im Memorandum und den folgenden Erk­lärungen Andrasfy’s auf dem Berliner Kongreß, wie in den Auslassungen sämmtlicher anderer Bes­vollmächtigter ist die Annerion verworfen worden. Es soll nicht heißen, daß in den leitenden Kreisen Oesterreich-Ungarns Treu’ und Glauben geschwun­­den und die Versicherungen unserer Staatsmänner 10 nichtig seien, wie ihre Achtung vor Not und Vertrag. Was wüßte er uns, daß wir die ganze Welt gewännen, und litten doch Schaden an unse­rer Ehre ! ·KaiZS"Pestc­3idükdent. 10. Oktober 1876. Zur Strafe. Neben den österreichischen Parlamentsmitgliedern, welche an das Allerhöchste Hoflager behufs Meinungs­­äußerung über die Lage berufen wurden, waren für heute auch zwei ungarische Abgeordnete, nämlich Kolos­man GhyYyczY und Baron Ludwig Simonyi nach Wien zur Audienz ,berufen. Außer diesen beiden Abgeordneten hat Tipa seine anderen zur Berufung vorgeschlagen. Tiba und M­endheim begeben sich heute nach Wien, um Sr. Majestät den von dem heute ab­­gehaltenen Ministerrath festgestellten Vorschlag wegen­­ der provisorischen Führung des Finanzministeriums zu unterbreiten und da der Ministerpräsent selbst die oberste Leitung des Finanzressorts zu egeket gez benft, so dürfte sich die Nothwendigkeit ei­­n, an für die Führung des von Tipa geleiteten Ministeriums des Innern eine Vorsorge zu treffen. Bei dem GStillstande, welcher in der Krise ein­­getreten it, wird in politischen Kreisen das Arbeits­­programm des am 17. b.­SU OniIDEHSLELene­­n ReichE­­tages lebhaft besprochen, zumal dieses Programm nicht nur eine formelle, sondern insoferne auch eine mater vielle Bedeutung hat, aller von demselben abhängt, ob die Delegationen oder der Neiddtag zuerst Das maß­­gebende Wort spricht und auf die Krise die entschei­­dende Wirkung ausübt. Weber diesen Gegenstand schreibt heute der offiziöse , Hon" : 3 sk Wenn die österreichische Krise nicht d­iesen Ver­­lauf nimmt, wenn dort die Entscheidung rascher er­folgt, so ist die Ursache in dem verschiedenen Charak­­ter der beiden Krisen zu at Die österreichische Nest­­ierung steht seinem neuen Parlamente gegenüber und sie ist nicht genöthigt, Fi Verhältnis zum Parlamente dar zu stellen. Dort hat in erster Linie das Parla­­ment der gegenwärtigen Regierung das Verbleiben im Amte unmöglich gemacht, während die parlamentarische Stellung der ungarischen Regierung ‚bis­­ heute uner­­schüttert blieb , sollten in dieser Beziehung die Tab­­len und neuere Ereignisse eine Renderung herbeige­­führt haben, so kann sich diese nur in der Folge do­­kumentiren. Die Regierung it daher im vollen Nechte, wenn sie hierüber eine Manifestation ider Parlaments provozirt. Da die Regierung dur­ Einreihung ihrer Demission in ein­ Provisorium gelangt ist, so kann sie nur mit einem umfassenden V Arbeitsprogramme vor den Reichstag eintreten , wohl aber kann sie Die For­­derungen bezeichnen, welche dringende Verfügungen erheifhen , sie kann insbesondere auf die Kroa­­tische und die Wehrfrage Hinweisen, für welche noch vor Ablauf des Jahres ein Provisorium auf Grund des Status quo für das nächte Jahr ge­­schaffen werden muß und sie kann auf die brennende, hochwichtige Tagesfrage hin­weisen, aus welcher ihre provisorische Lage entstanden is, auf Die auß­­wärtigen Bermwidelungen und biedarf aus EN ng Schwierigkeiten ; sie dann endlich an aß das Parlament in dieser Beziehung rüd­­altios Stellung nehme. ... : Es ist also nicht nur unwichtig, daß die unga­­rische Negierung die Mdreßdebatte vertagen wolle, sondern gerade im Gegentheil legt sie Gewicht dar­­auf, daß diese je eher stattfinde und namentlich rüd­­sichtli­cher Orientfrage die Lage kläre ; es dürfte auch in dieser Beziehung an einer Aufforderung vom Throne herab nicht fehlen. Er hieße aber in das entgegengelegte Extrem verfallen, wenn jemand wegen der ungarischen Adreß­­debatte der Wahl der ungarischen Delegation oppo­­niren würde. Die Auffassung, das das Parlament vor der Adresdebatte seinen meritorischen Beschluß fassen könne, hält die Leiterprobe nicht aus, namentlich nicht, soweit es sich um die Wahl der Delegation handelt. Nach der Verifikation des größten Theiles seiner Mitglieder schreitet das Abgeordnetenhaus an Die ah seiner Kommissionen. Es wäre vom Standpunkte des Verfassungsrechtes ein großer Irrthum, wollte man die Wahl der Delegationsmitglieder an eine regel knüpfen, von der das Geiet nichts weiß u­nd nicht nur das Geset weiß nichts hievon, sondern die Praxis bemeist das gerade Gegentheil. So hat die legte Adreßdebatte am­ 15. September 1875 begonnen, zur Berathung des gemeinsamen Budgets für 1876 wurde aber bereit am 14. September die Delegation ewählt. Was also der „Lloyd“ gestern al die An- Folie oppositioneller P­olitiker angeführt hat, daß nämlich die Entsendung der Delegation vor Abhaltung der Adreßdebatte auf formelle Hindernisse stoßen könnte, ist vollständig unrichtig. Sa, da Se. Majestät kraft seines­ Rechtes die Delegationen in diesem Jahre nach Budapest iu berufen gebentt, so ist es ganz gut möglich, daß gleichzeitig­ die ungarische Adreßdebatte und die Budgetberathung der Delegationen stattfindet und er wird ber einen arper Det­­ait zum Nach­­theile gereihen, wenn sie aus den der anderen mitges­theilten Aufklärungen und Daten eine Ergänzung schöpfen kann. Aus vom verfassungsmäßigen Gesichtspunkte aus ist die möglichst baldige Einberufung der Dele­­auch mehr Talent fürs Sentimentale, als fürs Mun­­ter-Naive zu befssen. Und es liegt etwas Merkswürs­tiges in tiefer­ale Belih­ung zwischen nationaler Eigenthümlichkeit­ und Ahnenbefähigung. Unsere Mädchen sind gewiß Feine Sentimentalen, nein und dreimal nein. Sie haben in ihrem Wesen nichts Schmachtendes, das zarte Sehnen, süße Hoffen ge­­langt in disfreter und kaum übertriebener Form in die Erscheinung und eine natürliche, frü­he Munter­­feit, eine naive Freude am Leben und dessen Darbie­­tungen ist ihnen als typisches Merkmal eigen. Aber auf der Bühne diese Munterfeit auszudrücken, biete naive Freude in glaubwürdiger Weise zur Anschauung zu bringen — außer der Frau Soldo% ist dies, meinen Erfahrungen gemäß, selten eine unserer Schau­­spielerinen im Stande. Hingegen können wir wahr­nehmen, daß dies Talent ziemlich häufig bei den deu­ts­chen Mädchen anzutreffen ist, deren Natur Doc­ eher zur Sentimentalität Banat, bei denselben deutschen Mädc­hen, die, sollen sie auf der Bühne empfindsam sein, und jhal und geziert­­ vorkommen. Die größte Kunst eben ist es, sich selb­st natürlich u spielen, wie ja Be Inomierge Erfenntniß eben die Selb­st­erfennt­­niß is. Frl. Schratt nun ist die muntere Naive, wie wir sie ‚gern besigen möchten. Sie Guimme hat den tiefen Klang und das buntle Timbre, welches so wir­­kungsvoll­ mit der Sonnenhelle der Jugend und der Empfindung kontrastirt. Ihre Eigenart it eine gemilte herbe Süße, ein trockener Humor, zwei Badfischeigens­­chaften, die in stets variirenden Quantitäten mitein­­­­ander vermengt die Gefahr der­ Monotonie ausschlie­­en. girl Statt besigt aber nit nur die Mittel, tenschen darzustellen, sie versteht auch die Kunst, dies­tationen nothwendig. Wenn überhaupt das Drängen nach baldiger Einberufung des Neid­etages eine Grundlage hatte, dann gilt Dies in noch erhöhtem Maße von den Delegationen, welche die von den ges­­einsamen Ministerien beanspruchten Ausgaben zu bes­willigen haben. Wenn auf der Regierung deshalb eine schwere Verantwortung lastet, weil sie im Bes­t ihrer Pflicht Ausgaben angemiesen yei welche durch die gejeglichen Organe nit bewilligt waren, so würde diese Verantwortung die­ Pflicht­verlegung nicht deden, welche darin läge, wenn die Einberufung der gefeglichen Organe auch in dem Doll verzögert würde, wenn­ dessen Zusammentritt­ereits möglich geworken ist. 8 ... Wenn daher, wie es unwahrscheinlich ist, Die Krise vor dem Zusammentritte des Meidatages ihre definitive Lösung nicht erhält, so halten wir ez "für wahrscheinlich, Daß das Abgeordnetenhaus sobald‘ als möglich Gelegenheit findet, sich im Wege der Adress­debatte über die ungarische Regierung zu äußern, wie dieß die Delegationen­ bezüglich der gemeinsamen Regierung thun werden. Damit erhält die Krisis den einzig richtigen, weil streng parlamentarischen Abs­chluß, mit welchem alle interessirten Theile si zus­trieren geben müssen.“ . _ So weit das offiziöse Blatt. Wir gehen hier auf die Details dieser Mittheilung nit weiter ein; nur die Bemerkung können wir nicht unterdrücken, daß das hier angedeutete Arbeitsprogramm: Vormittaga Adreß«­debatte, Abends Delegations-Situng, sich) diesmal kaum realisien wird; denn die Delegationen werden diesmal teine sich glatt abwidelnde Budgetdebatte abzuhalten, sondern sehr ernste Debatten zu führen haben — und zwei hochwichtige Debatten können nicht gut von Mit­­gliedern derselben Körperschaft zur selben Zeit geführt werden. Am Medrigen geht aus der obigen Publikation zur Evidenz hervor, daß Tipa die Hoffnung, sr halten k­­­önnen, nicht aufgegeben hat, und daß er alles dglihe aufbieten wird, um den Reichstag zu einem Vertrauensvotum zu bewegen, welches ihn in den Stand fegt, die Rekonstruktion seines Kabinett in die Hand zu nehmen, do­he Ministerpräsident Tipa und Minister Wend­heim begeben sich heute Abends auf zwei Tage nach Wien. Nach seiner Rückunft wird Minister­­präsident Tipa die Leitung des Finanz­ministeriums übernehmen; mit der Leitung des Ministeriums des Innern aber wird ein anderes Mitglied des Kabinets betraut werden. Graf Julius Szapáry wird unter den jenigen Ver­­hältnissen nicht zum Handelsminister ernannt werden und Minister Trefort wird die Agenden des Handelsministeriums auch ferner­ führen, so hat die Regierung jegl blos aus sechs Mitgliedern bes­­tehen wird. Budapeft, 9. Ditober. x Der österreichischen Ministerliufe Liegen fol­­gende Meldungen vor: Dr. Nehbauer wurde gestern, Dr. Herbst heute von Sr. Majestät em. Dam Aud, der un Bürgermeister von Wien, vr. gelder, soll eine Berufung in die Hofburg erhalten haben. Offiziöserseits wird versichert, das Ka­­binet Auersperg werde noch im Neid­grab­e erscheinen und erst dann vom Schauplage der Ereignisse ver­­shmwinden. Einen Pendant zur österreichischen Krise bildet die Demission des österreichischen Presleiters, Hofrath Erb, an dessen Stelle der Chef des Tele­­graphen-Bureaus, der seinerseits durch den Sektionsrath Freiberg, trete, Regierungsrat Hirschfeld, de: „Mit Rücksicht auf die (größtentheile in die Oeffentlichkeit gelangten) Ansichten der bißher, ur Audienz Berufenen spricht die volle Wahrscheinlichkeit dafür, daß unter jenen Faktoren, welche auf die Er­­nennung der neuen Regierung Einfluß ausüben, daß Urtheil des­ Reichstages, das demselben kurz nach seinem Zusammentritte abverlangt werden dürfte, entscheidend sein wird, uns eines neuen Mlademies-Favoriten rühmen, der freil­ich zur Genüge Poet, aber zu wenig Weltmann ist, um im modernen Luftspiel Bedeutendes zu­ leiten. Ah meine Gregor Emily, dessen neuestes Luftspiel morgen aufgeführt werden sol, der sie aber durch seine bisherigen Produktionen so weit fernab von dem modernen Leben führen ließ, daß wir eine V­erwerthung desselben für die Bühne kaum von ihm erwarten können. Und das Lustspiel, sol­gz eben mehr als Literarische Erscheinung, sol­ls ein Faktor der nationalen Bil­dung sein, muß das zeitgenössische Leben als Spie­­gelbild auf die Bühne verpflanzen, es muß in gewisser Beziehung an sich sein! Da ich nun son bei der Anerkennung des Utili­­tätsprinzips in Lustspielsacten angelangt bin, so sei denn jenes­­ Verdienst der Eingangs besprochenen Ko­­mödie erwähnt, das darin besteht, dab es und Ge­legenheit gibt, Frl. Schratt in einer congenialen Rolle zu genießen. Leider wüßte ig, wollte ich den parallelisivenden Sprung auf die ungarisch - nationale Bühne wagen, der blonden Naiven vom linken Wien- Ufer sein analoges Künstlertalent an die Seite zu stellen. Frau Molnár hatte an —­er jtnoch sein Zuntrum seither verstrichen — zu den besten Hoffnun­­gen verleitet; sie hat ihren vielen Verehrern aber nur Enttäuschungen bereitet. Was an ihr ursprünglich naiv war, das hat sich zu einer Art von Minauberie herz ausgebildet, ihre Stimme hat sich zu einem, die Noth­­wendigkeit de Megaphon ermweifenden Sclüstern ver­­dünnt und ihre Kunst, Menschen darzustellen, ist auf einer niedrigen Stufe zurückgeblieben. Dann vere fuchte er Szigligeti mit einigen seiner Töchter, es war nichts und immer wieder nichts und der neueste Stern, als welcher sich Frl, Mörkus präsentirt, [dein­­ u thun. Der Badfisch, geistige Contouren ihr u Autor von „Dur die Intendang“ sgeneichnet , um dessen hatte, ist nicht mehr naiv, er ist geradezu dumm; er it nicht Eindlich-unerfahren, sondern Findlsch eingezogen, diese Hedwig ist einfach Fein Gänschen, sondern eine Gand. Und doc, wie findlich-weise Hingt das unver­­ständige Zeug , das Frau Henle dem siebzehnjährigen Mädchen in den Mund gelegt, von den frischen Lippen der Schratt ? Und wie liebenswürdig erscheint sie ung­­roß als der wirklich unangenehmen und unziemlichen Unarten, welche ihr die zartfühlende Autorin ange= der Saluf uffe einen kleinen Zug, der uns die Künstlerin aug menschlich nahe bringt, zugleich aber auch die Erklärung für die gewiß überraschende That­­sache enthält, daß Fräulein Schratt für­ es scheint, hiedurch nichts vergeben, räht die eher denn berühmte Bühne auf dem Herminenplag, auf der ichon das künstlerische Mittelmaß in Webterlebensgröße erscheint, zum Schauplat eines gemacht. Fräulein Schratt hatte im längeren Gastspiels Vorkrachjahre zu­­gleich mit Heren Feld ,dem gegenwärtigen Direktor der erwähnten Bühne, ihre schauspielerische Laufbahn am Wiener Stadttheater begonnen und zu ihrem Auf­­treten in dem Kleinen Theater wurde sie lediglich durch das Gefühl der Kollegialität den Streber bewogen. Nun, Fräulein Schratt hat einstigen Mit „Die Stätte, die ein edler Mensch betrat, Die it gemeiht —" wie und das Theater etwas ber aan bie der Dichter mit A. St, auf ti dem ie bat Dadurch Alles sich, den Worten ausz

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