Oedenburger Zeitung, 1879. September (Jahrgang 12, nr. 106-117)

1879-09-17 / nr. 112

.»-,-?.-4?-"H«k-»«,.4s1« steh­t» . . . --.-­-».-...-.—-a­z.k«s««»» -«,s»« «­­Yettigtzeujxgeptemi­ee 1879. XII-Jahrgang. (Botmalg.,Oedenburger Nachrich­ten«.) Nr. 112. Ubiger Zei­s Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortscritt zur, Ehe’ — Betrachten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.” | Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise : Sarkoco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 fl. ee­tr., nr­ 1 f. ! Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., vier­­teljährig 3 fl. Alle für das Toit bestimmten Bere:­en, mit Ausnahme von Inseraten, gg und Interstone­­gebühren sind an die Redaction portofrei einzusenden. Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. IM, Neugasse Nr. 18, im, Stock. 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Das BlutbadvaabuL—Der Kanzler-Krieg.»Oesterreich- Un­garn ab­ dupitlet TheiL—Dereelbstmord eine­ ungetei­­lchen­ Ministers. »Damit un­sschmeicheln dürfen,daß wir unter unseren lieben­ Avneymern einen­,wenn auch kleinen »Hei­d­s solcher Leser besitzen,deren ganze Journal-Lek­­tü­re sich auf unser bescheidenes Blatt beschränkt,so seyen wir uns veranlaßt a­uf gewisse Ereigni­sse zurück­zugreifen­,deren Interesse für die Lesewelt kein Ge­­i«in­ges ist,ja!"die"sie gleichsam wissen­ müssen­,um in­ deeragesgeschichte geydrig orientirt zu sein,die wir aber­ aus Mangel an Raum nicht sofort nach ihrem Eintritteregitiriren kon­ntem Wir halten also heute ein­e kleine Rückschau und lenken die Aufmerksam­­keit Derer,die uns in dieser Richtung zu folgen so freun­dlich sind auf—­alte Geschichten. Man erinnert sich wohl noch,daß England ge­­gen Afghanistan­ Krieg führte,endlich Friedensschloß und einen Ministerresidenten,den Sir Louis Cai oagiich­i,als Gesandten nach Kabul der Haupt­­stadt Afghanistans vestrmt.Dieser hielt vor ein­em Monate s­inen feierlichen­ Einzug daselbst.Ansehl­­chen­sisation­entschüssen­,der­ englischen Volkshym­ie,ward er empfangen; der Emir selbst begrüßte den engli­­schen­­ Diplomaten und dieser ostentativ herrliche Em­­pfang sceint die­ Engländer in Sicherheit gefullt zu haben, den, obgleich sich Sir Cavagnari Die Sch­wierigkeiten nicht verhehlte, welche seiner noch war­­teten, gab er si dennoch der Hoffnung Hin, dag das afghan­yye D­olk die Vergangenheit vergeben und io den Engländern vertrauensvoll zuwenden werde. Kaum war aber die englische Gesandtscaft ein­­quartirt, als auch schon das gemeine Volk sich unzufrie­­den zeigte und herausfordernd gegen dieselbe sich benahm. Die Anführer wurden am 3. September zuerst durch heftiges Feuer zurückgetrieben, erschienen aber, nach Plünderung des Arsenals und dur den Pöbel ver­­starrt bald wieder. Der Angriff dauerte den ganzen Tag. Beiderseits hatte man namhafte V­erluste. Gegen Abend fieten die Afghanen das Haus in Brand. Die Einwohner desselben stürmten heraus und wurden,nachdem sie ihr Leben tapfer vertheidigt hatten, sämmtlich getödtet. Sir Cavagnari, der englische Gesandte, wurde für m­­ir in Stade gerissen. Neun Guiden, welche zur Zeit des Angriffs fouragirten, entflohen nach Shu­­targardon. Sie sollen die einzigen Ueberle­benden sein. Der Emir Jalub Khan ist sehr bedrängt und erbat fi brittische Hilfe. Die englischen Truppen sind von allen Seiten auf dem Mearjh­e. Schaqfanzlr Northcote, welcher am 8.2. einem in Erxeter abgehaltenen Meeting konservativer Arbeiter beiwohnte, äußerte er über das Schicsal E­a­­vagnarts und der englischen Gesandtschaft in Ka­­bul voll warmer Theilnahme und Trauer; dieselben seien, so sagte er, das Opfer der fanatischen Wuth, gegen welche sie si muthig vertheidigten. 8 war dies ein eines Engländer würdiger Entschluß. Der Tod Cavagnari’s sei ein­e Verlust für­ die Nation. — Der Emir verlangte die Hilfe England’s. — Die bri­­tischen Truppen seien zweifellos. schon in der Nähe Ka­­bul’s, wo also neuerdings ein mörderischer­ Kampf ent­­brennen dürfte. Ein anderer Kampf, wenn auch zur Zeit noch unblutig, aber da kaum minder erbittert, ist zwischen den Neichskanzlern von Rusland und Deutschland zum Ausbruch gekommen. Bismarc und Gortschatoff befehden sich ernstlich und warum ?: Wenn wir alle Ereignisse zusammen raffen, so gelangen wir zu dem Schlufse, daß bei Fürst Bismard durchaus nicht persünlige Gründe, sondern große politische Gesichts­­punkte die V­eranlassung eines Hafses sind, mit dem er seinen russischen Kollegen beehrt, und den ihn Gort­­sh­afoff ehrlich zurückgibt. Die Einheit Deutschlands ist Bismard’s Werk. Er wüßt nichts, daran zu mitteln, zu drehen, und zu betiteln. Seine gewaltige Persönlichkeit ist mit der Schöpfung des Deutschen Reiches verwachsen, und seine ganze Energie, all seine geistigen Kräfte sind ein­­­­zig darauf gerichtet, dieses neugeschaffene Neid vor allen Anfechtungen sicher zu stellen. Nun ist aber Gortschafo­ff darüber erbittert, das Bismarc so wenig dazu b­at, den Frieden von San Stefano vor­­ Verstümmlung zu bewah­­ren. Gortschafoff fühlt, daß Nuflands lester orientalischer Krieg eigentlich eine Niederlage der rufsi­­gen Diplomatie bedeute, und er ist wüthend auf Bismard, daß d­ieser auf dem Berliner Kongreße nicht entschiedener für Nufland eintrat. Bismard aber überzeugte sich, das­s­usland nicht jene furchtbare Macht, und der den Orient-Strieg militärisch und finanziell zu erschüttert sei, um als ein­­ziger Bundesgenösse gegenwärtig viel werth zu sein; er hält si demnach (wenigstens gibt er­ sich den An­­bein) vorläufig an Oesterreich-Ungarn, welches — nach M­uslands Meinung — alle Früchte des Orient­­krieges allein verzehrt. Dafür rächt sich Gortschakoff, indem er Frank­­reich gegen Deutschland zu been fucht, und damit den wunden led in der Politik Bismard’s rücksichtslos bloslegte. Das aber­ verzeiht ein Bigmard nicht. Er haft­­et SG­ortschafoff aus voller Seele, und wären nicht Die unausrottbaren Sympathien zwischen den beiden Meonarchen ein nicht zu überwältigendes Hemmniß, Bismar­c würde sicher die Dinge auf die Spie treiben, und einen Entscheidungs-Kampf provozi­­ren, dem Kaufland in diesem Momente gewiß nicht ge­wachen wäre. Freilich wird von anderer Seite wieder geglaubt, — die ganzen Feindschafts-Demonstrationen seien nichts als eine Flinte gegen Defterreich-Ungarn und wir wären wieder die Dupiiten. Man vermuthet näm­­ich auf der Seite der W­ersimisten, daß Bi %­mard eines Tages seinen alten Kompagnon Gott­ Sharoff zuflüstern wird: „Wozu uns zerfliegen, da­­mit im Westen Frankreich und im Osten Defterreich tri­­umphhire ?* An jenem Q Tage werden sich die beiden $o­­losse verständniginnig wieder die Hände reichen, und Fürst Bismarc wird einem eventuellen austro-ruffi­ sa erben deuilleton. Berien-Ausflüge. Don 9. Unter so manchen Unvollkommenheiten, die an mir haften, gehört auch die, daß ich nicht „rauche“. Freilich ist es so nicht ganz entfiehen, ob dies ein Fehler oder eine Tugend sei, besonders da das Tabakrauchen mit den Staatsfinanzen in so naher­­ Be­­rührung steht, daß man, um als guter Ungar und loyaler Patriot zu erigeh­en, schon aus Patriotismus, und um dem Staats-Defizite nach Meöglichkeit zu steu­­ern, Tag und Nacht qualmen müchte. Auch kann man diese Frage „Rauchen — oder nicht rauchen ?* dem Schiedsricheramte der Frauen zur Entfgeidung nicht ganz überlassen, indem all das „IHöne Geschlecht“ Diesbezüglich in Parteien gespalten ist, und ein gut’ Theil davon abweichend von den Tra­­ditionen unserer ehrbaren und tugendsamen „Hau­s­­framen" und „y Jungframen" von einsteng, nicht pur den Tabaksqualm und was d’rum und dran ist, gerne verträgt, sondern an selbst mit ihmaucht — während die konservative Partei, besonders jene Damen, die Reinlichkeit als­ die höch­ste Zierde des Hauswesens betrachten, ganz entgegengelegter Meinung sind. Auch den Aerzten kann man diesbezüglich nicht unbedingt trauen; manche verordnen das Hauchen aus­­­­ Gesundheitsrücksichten, andere verbieten das Nauen aus eben diesem Grunde. Korpulente Herren sollen rauchen, heißt : — Hagere und Magere sich davon enthalten; — und wie oft sieht man das Konträre ? Auch ich war einst ein Sklave dieser Unart — und befand michh, trug dem ich korpulenter Natur bin, oft sehr ummehr dabei. Da viele mir der Arzt mit der Abstinenz es zu versuchen — und siehe! — so schwer mir die Enthaltung im Anfange ansam — ich gewöhnte mich dazu, — feitger bin ic, Gottlob, recht gesund. Gar Mander beklagt si über Diese oder jene innere Beschwerde, und weiß sich nicht zu rathen, denkt aber nicht daran, daß an das Nikotin Gift sei, und das nicht jede Natur es verträgt. Also Abstinenz liebe Freunde und besonders liebe Freundinnen. Freiwillig aufgelegte Abstinenz, die ist auch in anderer Beziehung im unseren schweren Zeiten sehr rathsam. Dian kann dem Staate gegenüber seine Opfer­­willigkeit auf tausend andere nüglichere Weise bezeugen als durc’8 „Rauchen“. Besonders bei Damen, mögen sie nun alt oder jung, hoch oder niedrig sein, ist das Rauchen eine dop­­pelte Unart — ja sogar gefährlich, wie dies das tra­­gische Ende mancher emanzipirsüchtigen Damen beweist. Mag nun aber die Sache so oder anders fein, ich für meine Person finde mir bei der Abstinenz ganz gut. Sch erspare jährlich durch diese Tugend bei hun­­dert Gulden, meine Zimmer und Möbeln sind heute noch so nett und rein, wie vor 15—20 Jahren, als» ich die Zimmer malen ließ und mich einrichtete, und feine seither feine Verdauungsbeschwerden. Da aber jede Tugend, jede Enthaltsamkeit auc­ ihres Lohnes würdig ist, so pflege ich mich mitunter selbst, mit einem „Sünfer” zu honoriren — den sonst doch­ der Arzt oder die Apothese bekäme —— und mit diesen­ Ersparnissen mache ich alle zweite Jahre irgend eine Studien oder Vergnügungs-Reife, Ic habe auf diese Weise, troß meiner sonstigen Sparsamkeit manchen Hunderter, ja im Laufe der Zeit schon einige tausend Gulden angeklagt, aber ih. glaube kaum, irgend einen Gulden im Leben nüglicher und an­­genehmer angewendet zu haben. Da ich unser liebes schönes Vaterland, Ungarn, vor Allem, fast ganz Europa, alle, berühmteren Haupt­­städte nach Möglichkeit besichtigte, entihloß id mich heuer einen Ausflug nach W­ähren, Böhmen, der böh­­misch-jähhfischen Schweiz mit Dresden, in die weltbe­­rühmten böhmischen Badeorte, nach Baiern und Ober- Öisterreich zu machen, und nebenbei die herrlichen Stifte dieser Gegenden, jammt deren: unsicätbaren Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen zu studieren. Ich wählte mir aus den vielen Rundreise-Kombi­­nationen, die nun zum Vergnügen der Touristen bei den Hauptstationen zu bekommen sind, die passendste heraus, und so machte ich der Anfang meiner Reise von Wien aus nach Brünn. (Fortlegung folgt.)

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