Oedenburger Zeitung, 1880. Oktober (Jahrgang 13, nr. 118-131)

1880-10-10 / nr. 122

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Nicht unsere traurige Finanzlage, über die selbst das beschönigende Expose des Finanzministers Grafen Szapäry (von dem wir in voriger Nummer das Wichtigste im Auszuge mittheilten) seine Täuschung versucht und dur welches unser Defizit mit 24 Millionen beziffert wird, obgleich sich der wirkliche Ausfall, aller Wahrschinlichkeit nach, noch um beinahe 10 Millionen Höher gestalten dürfte, wein­ nicht diese Kalamität ist das furchtbarste Gespenst, das unsere Zukunft bedroht, denn wenn Ungarn im Inne­ren start wäre, so fände es im Auslande genügenden Kredit, um sich über die 33­­,, Millionen Schulden seinen besonderen Kummer machen zu müssen; auch das ebenfalls set schon lauernde und uns überfallende Gespenst des Sozialismus, welches, ermuthigt dur das Anschwellen der „Äußersten Linken“, an uns heran­­treten und dem Besige noch viel gefährlicher werden kann, als selbst das drafonisierte Steuergefeg: Nein, ein abermals in den Köpfen der Diplomaten findender Weltkrieg, dessen erste Vorboten schon die Pa­­nique auf der Börse signalisirt, das ist das wahre Gespenst der Zukunft Die legten türkischen Noten und die Aufnahme, welche dieselben bei den Mächten fanden, haben der bisher an der Börse zur Geltung gelangten Friedens» zuver nicht ein jähes Ende bereitet. Die Hauffe-Speku­­lation sieht ihre schönsten Erwartungen, gleichsam über Nacht vernichtet und die Contremine sperirt mit er­­neuertem, für die wahren Patrioten, welche das Heil ihres Vaterlandes nur im einer längeren Neihe von Friedensjahren erblichen, sehr peinlichen Vertrauen. Die Schuld an dem Rückgange unserer Hoffnun­­gen in Bezug auf möglichst friedfertige Beilegung der Orientfragen, trägt, wie gesagt,­der Sultan. Er ver­­langt nämlich abermals ‚eine F­rist von Hundert Tagen um jene Grenzberichtigungen vorzunehmen, welche den Forderungen der Signatarmächte nicht etwa entsprechen, o nein, sondern bloß denselben so weit nahekommen, als es ihm ohne zu große Schädigung der Integrität der Pforte thunlich erscheint. Nachdem der­ Padishah unter Einem verspricht (!) in Armenien Reformen durchzuführen, durch welche die ristliche Bevölkerung „vollkommen zufrieden“ gestellt werden würde, verlangt er ziemlich peremptorisch die­­ Auflassung der Slotten- Demonstration, widrigenfalls seine Verständigung möglich sei. Europa soi also einen Schritt nach südwärts thun,­­ soll sich selber desavouiren, um zu erringen, daß die Pforte Zeit gewinnt, nach neuen Ausflüchten zu suchen ! Das ist in der That eine starre Zumuthung und das umso mehr, als die Pforte mit derselben bereits feierli­­ übernommene Berpflitungen vereck­t. Der Kunstgrist, doch Leere D Versprechungen, welche das Gebiet der ganzen orientalischen Frage umfassen, einen Aufschub in Bezug auf die Evolution vor Dulcigno zu erreichen, liegt doch gar zu far am Tage; auf solche Linien geht das „vereinigte Europa“ nicht ein. E83 war eim arger Fehler der Pforte, die Dulcigno- Affaire mit der griechischen und armenischen Frage in Verbindung zu besprechen ; ein Fehler, der wahrschein­­lich sehr bittere Früchte tragen dürfte. Statt zufrieden zu sein, daß die Konferenzmächte sich bis nun eine Trennung dieser Faktoren gefallen Tiefen, verquicht die Pforte nun selber das Eine mit dem Anderen, eine Unflugheit, die zu der sonstigen Schlauheit der orien­­talischen Politik nicht eben passen will. England hat auch sofort nicht 608 erklärt, das diese Note nicht als eine Basis von Unterhandlungen dienen könne, sondern auch die Frage aufgeworfen, ob nicht die Flotten-Demonstration vor einem anderen Orte als vor Dulcigno ausgeführt werden solle. Da­­mit ist der ganze Standpunkt verrügt, der bisher der Türkei gegenüber festgehalten worden war; damit ist diese Legiere selbst bedroht und sogar eine vereinigte Ation auf Konstantinopel nicht einmal ausge­­schlossen.­­ Allgemein spricht man sich in den, den Kabi­­neten nahe stehenden Kreisen dahin aus, daß die Orient­­frage nun in ein neues, bewenfliches Sta­d­ium getreten sei, welches die Erhaltung des Fries­dens illusorish mache. Die Mächte werden sich vor re­ feuilleton. Der halbe­rg. Mein Gatte ist Kapitän eines Postdampfers, der zwischen Liverpool und New­ York führt. Bald nach unserer Verheirathung beschlug er, mich mit sich nach Amerika zu nehmen, damit ich Gelegenheit hätte, an einmal etwas von der Neuen Welt zu sehen, und so kam es, daß ich Zeuge derjenigen Begebenheit wurde, welche ich Hier erzählen will. i Eines Morgens lagen wir draußen im Hudson vor Anker und warteten auf das legte Tenderschiff, welches und Passagiere zuführen sollte. Außer mir war alles am Bord beschäftigt. Ich hatte alle nöthigen kleinen Vorkehrungen bereits am Abend zuvor getroffen, und so blieb mit nichts zu thun übrig, als über die Brüstung des Quarterdeds gelehnt den Zender zu beobachten, wie er von Jersey-City auf uns austeuerte, eine Menschen­­ladung an Bord, welche für die nächsten zehn Tage einen Theil unserer Welt auszumachen bestimmt war. Unter vielem Puffen, Schnaufen und Spertätel, wie ihn alle keinen Fahrzeuge und winzigen Mensch­­lein machen, wenn sie irgend etwas zu thun haben, legte er neben uns an. Legt wurde das Fallreep vom De de8 Dampferd hinabgesenkt, die «8 auf dem Rad­­kasten des Tenders ruhte, und die Leute „winkelten“ zu uns herauf. Trogdem ihrer eine ganze Menge war, zog doch nur eine einzige Person meine ganze Aufmerksamkeit auf sie ein shlantes, schünes Deädchen von beiläufig zwanzig Jahren, welches mit einem ältrigen, grauköpfi­­gen, aber sehr rüstig aussehenden Herrn abseits stand, dessen auffallende Aehuligkeit mit ihr mir auf den ersten Eid sagte, dag er ihr Vater sei. Sie kamen dir an den Fled heran, wo ich an die Brüstung ge­­lehnt stand, und ohne laufen zu wollen vernahm ic einen Theil ihrer Unterhaltung. „Nun, Liebes Väterchen, versprich mir, daß Du, so lange ich fort bin, guten W­uths sein und Dir meinethalben seine Sorge machen willst“, sagte die Tochter mit einer Stimme, in welcher si die leichten, hellen Silbertöne, die man aus dem Munde eines glüclichen, fröhlichen jungen Mädchens zu vernehmen ge­­wohnt ist, seltsam mit jener tiefen Melangolie michten, welche sensitive Naturen erfaßt, wenn ein gewaltiger Schmerz alle ihre Lebenshoffnungen vernichtet hat. „Unter einer Bedingung, Lenchen“, erwiderte der Bater, „und die ist, daß auch Du, so lange Du fern von mir bist, allezeit fröhlich und munter bleibst.“ Unwillfürlich mußte ich mir das Paar genauer ansehen, und nun bemerkte ich, daß die junge Dame Halbtrauer trug, daß ihr schönes Antlig sehr bleich war und daß ihre großen blauen Augen schmerzlic­h rein schauten. Aber indem ich noch hinblicke, heiterten sich ihre Züge plöglich auf, und mit dem fröhlichsten Lachen entgegnete sie: „O gewiß, Väterchen, das werde ich. Meine selbstsüchtigen Klagen sollen ferner feinen Schatten mehr auf unser Leben werfen. Verlag Dich darauf, Du lieber Vater —” hier legte sie zärtlich ihre Hand in die feine — „verlag Di darauf, daß ich mir ganz so betragen werde, wie Du es wünscelt. Und wenn ic zurückkomme, dann bringe ich auch die schönsten eng­­lischen Rosen auf meinen Wangen mit, und viel, viel gute Nachrichten von Deinen alten Bek­annten.” „Gott segne Dich, Herzenskind,­ sagte er, ihre beiden Hände ergreifend und sie auf die hohe, bleiche Stirne fügend. „Ich wäre mit Dir gereift —­­hab­e gestern noch möglich zu machen versucht — aber das Geschäft erlaubt es jegt wo nicht. So muß ich denn warten und sehen, daß ich Dich im Frühjahr abholen kann. Da komm, ich muß Dich ja dem Kapitän vor­­stellen, sonst weiß er gar nicht, wer die Persönlichkeit ist, auf die er so sehr Acht haben soll. Ich habe Dich ihm auf eine Weise an’8 Herz gelegt, daß er mich be­­stimmt für den albernsten aller Väter hält.“ Mit diesen Worten führte er sie zu meinem Manne, und glei darauf läutete die Glode, welche Allen, die nicht mitreiften, das Zeichen gab, das sie den Dampfer zu verlassen hätten. Jh f schaute dem statt­­lien alten Herrn nach, dessen Blicke auf das s­chöne Mädchen gerichtet blieben, welches dicht neben mir an die Brüstung trat. Sie lächelte so Herzlich und so heiter, daß er gewiß mit viel leichterem Herzen schied, als er gelommen war; und als der Tender fi lang­­sam entfernte, winkte sie ihm noch beständig Grüße zu. Sobald das kleine Fahrzeug unseren Bliden ent­­schwunden war, wandte ich mich zu meiner Weifege­­fährtin. Aber das fröhliche Lachen war von ihrem Ant­­lie geschwunden — die Augen blichen wieder voll Schmerz, und die Lippen waren so frampfhaft ges­chlossen, daß ich mich bestürzt zurückzog. AlS ich am Abend beim Diner meinen Pla zur Rechten meines Gatten einnahm, saß sie mir gegenüber, und der Kapitän wendete sich mit den Worten zu mir: ‚Frau, dies ist Fräulein Helene Douglas. Ich hoffe, da i ir gute Reisekameraden sein werdet.“ Wir tauschten einige freundliche Worte aus und ich sah, das jener sehmerzliche Zug wieder aus ihrem Gesichte gewichen war und dem Ausbruch sorglosester Heiterkeit Bla gemacht hatte. „Fräulein Douglas", sagte mein Mann, „ie habe strifte Ordre, auf Sie zu achten. Sie glauben gar nicht, wie besorgt mich die Anweisungen ires Herrn Vaters machten, wie ich Sie persönlich FTannte. Nun aber ist mir nit mehr bange, denn Sie sehen durchaus nicht so aus, als ob Sie auf Meuterei fännen.* Lachend verfegte sie: „DO, ic habe Alles gehört. Mein guter Bater it viel zu besorgt um mich, seit ich frank gewesen bin. Berlaffen Sie sich darauf, Kapitän — ich werde mich bemühen, recht brav zu sein !" (Fortlegung folgt) eg ee er er · er ee “ “i EAN RED) 32 .".-e»:.."" RD EN uf «- e «h«-««s.»«s1-H-—«M :.«Q--ks;k«ssngkokxs;x

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