Oedenburger Zeitung, 1882. Oktober (Jahrgang 15, nr. 226-251)

1882-10-10 / nr. 233

EX— -«xe-—"-·'·« ER RER­EN EEE­RN NE » ER « Dienstag,10.Oätob­er 1882. XV. Jahrgang. | r Az. 233: Erdenk­ungerzeikun . &vormals „Dedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Chr? — Berichten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ 7 Administenkion, Deving und Inferatennufuahne; Buchbrideri­n, Romiwalter , Sohn, Graberunde I, BEI Einzelne Nummern Rotten 5 Kreuzer. u Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Wall­­fischgasse 10, A. Oppelit, 1, Stubenbastei 2, Heinvi Scales, h, Wollzeile 12, I. Moffe, Seilerstätte 2, M. Dukes, 1, Nies­mergasse 12, In­­ Budapest: Santıs Gy. Dorotheagasse 11, Leop. Lang, Gisellaplag 3, A. 3, Goldberger, Servitenplag 3. 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Seit einigen Tagen schwirren Ge­­rüchte durch die Luft, das unser Ministerpräsident mit dem Gedanken umgeht, in die Fußzapfen seines ebensor wenig genialen, als freiheitlic gesinnten, da­­für aber desto mehr von autokratischen Gelüsten durchtränften transleithanischen Kollegen zu treten, nämlich die öffentliche Kritik, welche selbstverständ­­is allen Hochmögenden Exzellenzen ein Gräuel ist, lahm zu legen. Wenn Solches in Wahrheit ge­schehen sollte, würde dieser Schritt unseres weifen und fürsichtigen Premiers bei Allen, die ihn nach seinen Thaten und nicht nach den Lobeshymmen der von ihm bezahlten Mameluten-Dienstboten zu bes­urtheilen gewohnt sind, kaum große Verwunderung erregen. Denn so viel ist da schon Längst klar geworden, daß Herr von ZTipa sich nach Zuständen sehnt, welche ihn einerseits in den Stand seßen, ganz nach Belieben zu wirthschaften und anderer­­seits, um seine Stellung für Lebensdauer behalten zu können, ihm ermöglichen, gegebenen Falls fi in den Staub zu werfen, ohne daß er wegen solcher grandioser Handlungen zu befürchten hätte, öffent­­lich dur die Presse nach Gebühr gezüchtigt oder gar, von seinem Götterfige entfernt zu werden. Auch ist es Schon Lange Fein­geheimung mehr, das unter geniale Premier, troß seiner oftmaligen Betheuerun­­gen, er werde das Fundament aller wahren Frei­heit, nämlich die Pfesse, niemals antasten, mit heißer Ankrunft auf den Augenblid paßt, wo zur Beschränkung der öffentlichen Kritik seiner maßlosen Wirehsschaft sich die nöthige Handhabe findet. Wahr­­s­einlich dürfte ihm nun der Augenblick gefom­­­men, wo er, auf den Dach seines von ihm hoch­ verehrten, sonst aber von allen der Freiheit auf,­richtig ergebenen Männern bestgehaßten transleitha­­nischen Kollegen, dessen­ Rezept zur Berballhorni­­sirung des Konstitutionalismus auch in Ungarn ungestraft anzuwenden sie erlauben darf, un wissen wie Alle, daß er nicht nur mit der Ver­­ehrung des großen ungarischen Premiers für die holde Y Jungfrau Libertas übel genug bestellt ist, sondern daß leider (!!) auch sein ganzer Anhang — (der, zur Schande Ungarns sei es gesagt, zum großen Theile aus, sich „Volksvertreter nennenden Dopportunisten besteht) — nur jenem „Liberalis­­mus“ Huldigt, der es ermöglicht, Die Mlaffen des Bolfes als rechtlose Knechte zu behandeln und diese demnach nur zu Steuerzwecken auszu­­nüßen oder aber, wenn es hoch­kommt, als Lands­chaftsstaffage bei von oben herab anbefohlenen Östlichkeiten zu gebrauchen. Denn der Chorus der Dame rufen würde, trug feiner zahlreichen Stim­­men, bei solchen Anlässen sie doch viel zu Swach­erweisen, um das benöthigte „Efsengebrülfe“ in ge­­höriger Kraft austönen zu laffen. Auch ist uns ferner genügend bekannt, daß leider (!!) der Fluch der Opportunität, die Rücksichtnahme auf Privat­­verhältnisse und Privatverbindungen, vielleicht in seinem anderen Lande der Welt so schwer auf der Bevölkerung lastet, als gerade bei uns in Ungarn. Aber gerade deshalb ist es die Pflicht all jener, welche ihr Vaterland nit nur dem Namen nachh, sondern aus voller Seele und mit der ganzen Js­brunft ihres Herzens lieben, das freie Wort, die freie Pfesse zu flingen. Denn wenn­­ diese lekte Waffe, unsere Nechte zu vertheidigen, uns auch noch aus den Händen gewunden werden möchte, dan­n würden wir, dem Regime Tifa und dem ganzen Heere von Strebern und Stellenjägern gegenüber, eben so rechtlos sein, wie wir es vor Jahren wäh­­rend der glaviosen Bach’schen Wirtdchaft gewesen. Herr von Tipa will — so lautet die Fama — die Judenhegen in Ungarn bemügen, um für seine schon lange gehegten reaktionären Tendenzen Pro­­paganda zu machen. Weil einige erbärmlich Sudel­­schriften, die, wie vielleicht gar nicht schwer nachzu­­weisen sein dürfte, von Gliedern feines Anhang bedient worden sind, gegen eine Staffe von unga­­rischen Staatsbürgern, die stets treu und mit voller Seele zur Freiheit und Geieglichkeit gestanden, ge­­wählt, gehegt, über sie Lügen und Schmähungen verbreitet haben, soll das legte Bollwerk des Volkes, soll die ganze ungarische Pfesse gefiebelt werden ? Doch nein, das ist nicht unseres weisen Premiers Absicht. Sondern nur die regierungsfeindliche Presse soll dafür bestraft werden, daß einige jour­nalistische Waffenjungen, welche von dem Gemwande der Freiheit einige Feten heruntergeriffen, um das mit ihre­n Blößen zu bededen, si erfreht, Necht, Geieglichkeit und Meenschenliebe mit Füßen zu treten. Was hat aber die wahrhaft freie, die wahr­­haft unabhängige Presse mit jenen bezahlten Fli­­bustiern­ zu thun? Doer soll vielleicht die Erstere dei feiner Gnaden, dem Herrn ungarischen Premier, oder dei dessen Deamelusengarde betteln gehen, sich vor D diesen Herren auf den Bauch werfen und flehen: „Laß uns um Gottes Willen Ieben, wir „werden Euch nichts­ mehr zu Leide thun“; Euer „Herr und Minister ist ein großer, ein genialer, „ein vollkommener Exzellenzherr, der nie ein Wasser “trübte, der stet“ und immerdar und nur allein das „Beste des Volkes im Auge hatte, der gar Feine „Lehler und Schwächen “ besigt, der wahrhaft „grandiose Gesee “chuf, unter dessen Regime „Ungarn zur Höchsten Blüthe, das Volk zur Jenifferin. Ein Denkmal großer Vergangenheit. 63 war am 13. September dieses Jahres, zur Zeit der 27. Wanderversammlung der deuts­chen und österreichischen Bienenwirthe in Wiener­ Neustadt. Mittags wurden die Verhandlungen ges­chlossen und mit vielfachen „Doch“ und „Auf Wiedersehen in Frankfurt am M­ain" zogen Die­nsttheilnehmer von dannen. Ein Theil der Kon­­greßmitglieder trat Nachmittags bereit mit den nach Wien abgehenden Zügen die Heimreise in die deutschen Lande an, der andere hielt noch zwei­­oder Dreipaarig, oder gar wie der einsame Epaß, einherziehend, in der „allezeit getreuen Stadt“ und hauptsächlich in den Bier-Restaurationen, die legte Umsch an. Da ich mit den Nachmittagszügen nicht weiterzuweisen beabsichtigte, andererseits aber auch nit durch Bummeln Die Zeit todtschlagen wollte, faßte ich den Entschluß, mit der Wien-Aspanger Bahn einen kleinen Ausflug zu machen und auf dieser Strecke irgend­eine sehenswerthe alte Bette zu besuchen. Der laut Fahrplan um 2 Uhr 25 Minuten fällige Zug ging an diesem Tage mit nur ?­,stün­­diger Verspätung ab. „Wissen’s, bei der Bahn wird’s nit so g’nan g’nommen" — versicherte mir ein gemüthlicher Oesterreicher, der vom Neustädter Wochenmarkte mit dem genannten Zuge heimwärts fuhr — „er braucht sie nit 3’ eilen, Bis auf d’ Naht kommt er fo’ Hin nach Aspang." — Um 4 Uhr 45 Minuten hielt der Train in Leben­ fein und ich begab mich sogleich auf das von der Bahnstation und dem Orte südöstlich ziemlich hoc gelegene mächtige Schlof. — Der Schloß­­wart, ein geborner Italiener, war erfreut, wieder einen Fremden, und noch dazu einen von jener „guten“ Stadt, in welcher er vor so und so vielen Jahren mit den Dragonern „gelegen“ und manch heitere Tage verlebt, sehen und herumführen zu können. Im Nachfolgenden will ich furz ffizziren, wie sich das Reniere des Schlosses Lebenstein präsentirt. Wen man auf dem zwischen prächtigen Fichten - Partien Hinführenden, mäßig steigenden Fußwege des Schlofberges Hisankommt, gelangt man durch einen alleinstehenden Thorbogen zu einem unweit davon befindlichen 78 Klafter tiefen Brunnen, der aber jet bis über die Hälfte ver­­schüttet und wahrscheinlich um mancher, durch toll­fühne Sprünge und dgl. leicht möglichen Gefahr vorzubeugen, eingeplan­t ist. Sü­dwestlich von diesen Brunnen ist ein weit ausgedehnter T­urnierplan ringsum von hohen Bäumen eingeräumt ; er ge­­währt einen äu­ßerst lieblichen Anblick und — wie ih) bemerkte — das saftige Grün bequeme Weide für die Ziege und das­ Kalb des Schloßhüterse. Wo einstens die fampfgestählten Ritter turniert, für Herren­ und Frauendienst das Schwert geführt, dort turnen heute friedliche Hausihiere, die auch Herrn und Frau dienen. So verweht der Zeiten Sturm das Bestandene, fest Neues an dessen Stelle „und neues Leben blüht aus den Nuinen“ freilich mit einiger Profanation des alten Nitter­­thus. Rechts vom Brunnen ist das über dem ehemaligen Wassergraben mit einer Aufzug-Brücke und einer eisernen Eingangsthüre ‚versehene zweite Thor. Innerhalb­­­ieses Thores ist ein Burg-Bor­­hof und weiter das dritte Eingangsthor, über welchen das Wappen der Königsberger mit einer Inschrift, die besagt, das Herr Wolfg. Matthäus Königsberg Dieses vierhundertjährige Haus im Jahre 1604 erneuern ließ, angebracht erscheint. Hier ist der Burghof; links sehen wir einen Fels, der einen großen schönen Keller birgt. Auf diesem Feld war die ursprüngliche DVefte Leben­­stein (Alt-Lebenstein) erbaut. Die davon noch vor­­handenen Mauerb­eile zeigen sowohl in den äußeren Haupt- als inneren Zwischen-Mauern eine Dide von 5 Schuh, dagegen aber unansehnlich kleine Thüren und Zimmermaße. Dieser Bau war drei­­stöckig: Sm Westende befindet sich ein freistehender runder Wartthurm, fest und starr und wohler­­halten. “(er wurde­­ erst kürzlich neu gedeckt) ein weithin sichtbares, Schönes Stück des Schiffes. Auf den Zwingmauern läuft vielhundertjähriger Epheu dahin; der Mutterstod hat Mannegu­de. Die Zwingmauern­ sind mit Schußlöchern ver­­sehen, dur­ welche sogar no einiges lebensmüdes ‚Benerzeug“ hinauslugt. Ob dieses wohl für Spagen, Falten und ähnliches Geb­iet „Ehrfurcht gebietend‘‘ ist ? (Fortsetzung folgt) ·

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