Oedenburger Zeitung, 1884. November (Jahrgang 17, nr. 253-277)

1884-11-08 / nr. 258

EL RER ETE ERMEER XVH. 3aörgang. Se OedenburgerBeifu em (vormals „Oedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Bebrühten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Administration, erlag und Inseratenaufnahme; Suhdenkeri­n, Nommwalter , Sohn, Grabemunde 121. WI Einzelne Nummern Rotten 5 Arcor. ‚ Petitzeile erclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen |­onn= oder Feiertag folgenden Tages. Y Pränumerations­­reife: © 2oeo: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Bierteljährig­­ 02 fl. 50 fl., Monatlich 1 fl. : A Für Auswärts: Sorgjährig­e Ar­metnjägrig 7 fl., Biertel­­jährig 3 . 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Gedachte publizistische Stimme findet es ganz natürlich, daß der gemeinsame Finanzminister nur die günstigen Momente hervorhebt, aber gleichzeitig müsse man gestehen, daß im Hinblick auf die de­­solaten Zustände, welche noch vor wenigen Jahren in Bosnien geherrscht, der Umstand, daß be­­züglich der offupirten Provinzen heute von günsti­­gen Momenten gesprochen werden kann, nicht ge­­ring gescärt werden darf. Man anerkenne ja ger­­ne die persönlichen Verdienste IK Allays auf diesem Gebiete, aber es wäre nicht gut wenn diese Verdienste als Rechtstitel aufgefaßt werden wür­­den, uns weiter auf die Osfupationspolitik einzu­­lassen, als das bisher der Fall war. Vor einigen Jahren war das Schlagwort ausgegeben, daß in Bosnien solange nit Ordnung gemacht werden könne, bi nicht die Okkupation in eine Annexion umgewandelt werden wird. Denn ohne Annexion könne man seine de­finitiven Zustände schaffen, ohne definitive Zustän­­de sei seine D­rdnung denkbar. Die derzeitige Lage hal­e fortwährend Zweifel und Hoffnungen rege, welche Raum für Agitationen gewähren und die Konsolidation verhindern. Der gemeinsame Finanz­­minister Benjamin Ka­llay hat diese Argumente zunichte gemacht. Unter ihm haben sich die Verhältnisse in den offupirten Provinzen wesentlich geändert. Sal­­lay hat gezeigt, wie man all in Ausnahmszu­­ständen gut administriren künne. Die Ausga­­ben der Verwaltung werden auf den Einnah­men Bosnien gedecht. Die militärischen Ausgaben sind nit gestiegen. Die Bewohner unterwerfen sich der Militärpflict. Die Steuern fliegen regelmäßig ein. Die öffentliche Sicherheit hat sich befestigt, die Benügung der kom­­merziellen Konjunkturen und die Annäherung der offupirten Provinzen, vermöge der Mat der ma­­teriellen Spatereffen, ist im Zuge. Die Unterneh­­mungen und Handelsbeziehungen mehren sich, Eisen­­bahnen sind entweder schon im Bau begriffen oder werden gebaut werden. Und das DBemwußtsein, da die Annerion zwar no­cit ausgesprochen, aber b­atfähli vollzogen ist, schlägt in der Bevölkerung immer tiefere Wurzel. Das ist in den Hauptzügen die Vorlage des gemeinsamen Finanzministers, natürli ih viel­ko­­rigeren Farben gemalt, als dieser trockene Extrakt. Vergefsen wir aber nicht, daß all diese gün­­stigen Momente nicht so aufgezählt werden könnten, wenn die äußere Politik, deren Fäden Bismarc in Händen Hält, nicht während der leßten drei Jahre Rußland isolirt hätte. Und vergefsen wir nicht in legter Meihe, das die Äußere Politik, während welcher die inneren Verhältnisse der of­­fupirten Provinzen sich geändert haben, in ihren Grundlagen von jener äußeren Politik versrieden ist, während welcher sich die Okkupation vollzog. Wir wissen nir, ob seit der Zusammenkunft der drei Kaiser diese Situation in der äußeren Politik sich n­ät geändert hat. Aber wir möchten uns gerne dem Glauben hingeben, daß eine solche Ver­­änderung nit vor sich gegangen ist. Müßten wir an eine solche glauben, und wäre der V­erdacht, das die neuerliche Urgenz der Annerion durch Nieger mit veränderten Verhältnissen zusammenhängt, nicht unbegründet, dann würde das rosige Expose, welches Benjamin Kallay Heute vorgelegt hat, mehr Besorgung als Anerkennung in uns wehen, denn dann würde es nicht eine DBesserung des status quo, sondern die Einleitung eines neuen problematischen Unternehmens zu bedeuten haben. Wir machen sein Hehl daraus, daß wir, obwohl seinerzeit nur Freunde der Offupation de politif, doch au für fruchtlose Defriminationen nit schwärmen.­­ Unserer Ansicht nach ist die Stellung der offupirten Provinzen, wenngleich die Offupation eine vollendete Thatsache ist, in ihrer gegenwär­­tigen Gestalt unhaltbar; die definitive Regelung muß über kurz oder lang Pla greifen. Allein wir stimmen vollkommen mit dem Minister des Reufern, Grafen Kämnofy, darin überein was er Mieger geantwortet hat, daß die Auf­wer­­tung der Annerionsfrage in diesem Augenbliche die „allerunzeitgemäßeste“ sein würde Wir hätten nur noch den Wunsch, der geehrte Here Minister des Aeußern möchte mit uns auch da­vin übereinstimmen, daß, wann immer auch die Zeit kommen sollte, in welcher die Frage der An­­­nerion „unzeitgemäß“ zu sein aufhört, dies nimmermehr die Fortlegung einer Theilungspolis tit auf Grund geheimer Abmachung mit NRuflan zu bedeuten haben werde. Solche Gedanken erwedt­en uns das Expos des gemeinsamen Finanzministers auf das erste Hören. Und diese Gedanken halten uns zwar nit davon ab,­die persönlichen Bemühungen und Er­folge Kalfay’s anzuerkennen ; aber umso mehr hin­dern sie uns daran, vom bisherigen, nit unbe­gründeten Persimismus plöglich in Optimismu zu verfallen und all die Gefahren, welche in den offupirten Provinzen uns noch fortwährend drohen, nur darum als nit vorhanden zu heiraten, weil sie seit einer gewissen Zeit im Dunkeln zu bleiben­­ gezwungen sind. EU 2.5. 205 ’" Gesi­­n ; deuilleton. Gräfin Wildred. Original-Novelle von Elvira Leopoldine Kard. Alle Rechte vorbehalten. (Kortregung.) Und inmitten der sich herandrängenden Gesellshaft stand der alte Freiherr, eine sym­­patische, schmächtige Gestalt mit mild­ernsten Gesichtszügen in der Uniform eines kurfürst­­lichen Kammerherrn. An seiner Seite stand der Emmen Graf von Mindenheim, bei dessen Scheinen die übrigen Gäste ehrfurchtsvoll zu­­rückgetreten waren. — Beruht das Gerüht auf Wahrheit bester Baron, — fragte eben der Hofmarschall mit tiefer, Mangvoller Stimme, daß unser erlauter Erbprinz sein Heutiges Erscheinen zugesagt Hat? — — Samwohl, Erzelenz! Man Hat Ihnen die Wahrheit berichtet — entgegnete der greise Baron mit einem Lächeln der Befriedigung. Seine Hoheit — haben von mir in höchsteigener Berson die Einladung gnädigst anzunehmen gerußt. Der Hofmarschall lächelte fein. — Eine freudige Ueberrafgung für unsere Damenunwelt. Seine Hoheit pflegt sonst nur bei Hofe fehft zu erscheinen. Die legten Worte Hatte der Hofmarschall besonders hervorgehoben ; sie sollten gleichzeitig eine Artigkeit für seinen Wirth sein. Der Baron verneigte si verbindlich und sprach leise: — %G habe heute Exzellenz n­oe eine kleine Ueberraschung vor, die diesmal die Hier vertretene — Herrenwelt betrifft. — — Ach?! Und diese wäre? fragte der Graf gespannt. — Gräfin Mildred von Mindenheim wird heute durch meine Gemahlin in der Gesellschaft ein­­geführt! — Der Hofmarschall blickte verblüfft dem Spre­­cher in’s harmlose Antlig. Seine Lippen’hatten si fest aufeinandergepreßt und sie öffneten si fest nur, um in schneidendstem Tone zu erwidern. — Gräfin Mildred von Mindenheim ? In der That diese Dame ist mir entschieden fremd. Steht sie etwa mit ihnen, Herr Baron, in irgend­welchen näheren Beziehungen ? — Leider nicht, entgegnete gutmüthig der alte Herr. Die junge Gräfin behauptete übrigens, gar seine Verwandten zu besigen, auch nir einen einzigen, — setze er mit boshaftem Gestenblide hinzu —, auf dem ganzen Erdenrund. — Nun, verfegte der Hofmarschall mit ‚ver­­bhaltener S$ronie, es dürfte ihnen vielleicht gar nicht so schwer fallen, der jungen Dame zu all diesen zu verhelfen, umso mehr, da mich ihre Frau Gemahlin, Baronin von Herther, erst kürzli ver­­sierte, wie fehwer sie eine liebende­­ Tochter vers­tiffe! — — Mein Gott — gab der Kammerherr, mit leiser Trauer das Haupt schüttelnd zurück, — das, was sie da sagen, beschäftigte mon lange meinen Geist; aber ich fürchte stets, all meine schönen Hoffnungen werden zu Nichts. — It denn die junge Dame so vermögend, daß si ihre Bemühungen überhaupt belohnen ? — Dieser Punkt kommt bei mir nit in Betracht, versierte der alte Herr schlagfertig in­ dem er den Spott parkrte. — Es wäre auf zu shhm adpoll, ginge die ganze Beriebung nachher zurück, weil si der Vater oder Sohn in­­—— die Berehnung geirrt, wie er sich in unserer Residenz zuweilen ereignen mag. — Sie seinen von dem Gedanken sehr durchdrungen zu sein, daß nur VBerrehnungen halber Berlöbnisse gelöst werden und daß weitere Rüde Ha gar nit einftiren — entgegnete gereizt der raf. Der Kammerherr mußte irgend eine wund Stelle in dessen Jnnerem berührt haben ; denn ein finsterer Zornesbiid fuhr nach dem schwächligen Greife herüber. — Aber Ereellenz, ich spreche ja nur von der Mehrheit der Fälle, versicherte er in aufrich­tigem Zone, — in der oberen Schichte der Gesell­schaft kommen dergleichen Dinge — ich möchte ja sagen gar nie vor. Freilich, Sie haben Recht, wenn sie vom Zwange der­­Berhältnisse sprechen; Sie werden diesen gewiß schwer genug gefühlt haben! Sun Shrer werthen Familie fam ja erst kürzlich ein solchh bedauerlicher Fall vor. Der Hofmarschall wollte antworten. Eine dunkle Gluth färbte ihm Stirn und Schläfe, dann sanken die Blutwellen nieder, so stürmii wie sie gelommen; nur in seinen Augen lodert­e ein düsteres Feuer. Die scharfen Worte auf feinen Lippen, sie waren aber zurückgedrängt; die Auf­merksamkeit des Barond ward von neuangek­ms­­enen Gästen in Ansprug genommen und der Hofmarschall mischte sich im Bewußtsein, einen ihm ebenbürtigen Gegner gefunden zu haben unter die übrigen Höflinge. (Fortjegung folgt.) « »Hei-;- fragte der Hofmarschall beigend. eis, SR; Fer ne ee 0% EEE? = 3 Rd = e

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