Oedenburger Zeitung, 1885. Mai (Jahrgang 18, nr. 99-123)

1885-05-23 / nr. 117

».»,«. EEE Samstag, 23. Mai 1885. f ——— XVIIL Zahfgang. Hedenburger Zeitung (vormals „Bedenburger Habrichten“.) Organ für Politik, Kandel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. IRSSEr Motto: „Dem Forttritt zur Ehre! — Bebrichten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gafse.“ D­as Blatt erieint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonne oder Feiertag folgenden Tages. P­ränumerations-Preise: Für Loeo: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl, Bierteljährig A­te, Monatlich If. · MAusroört Q G siizjiihkign Fähalbxiqkig 7n.,Vieeie1­­a jährig 3 fl - « Ille für das Blatt betim­mte Sendun­gen,mit Un­sname ssuInsekaten,Präm­ineratio­ns-und Insertionsgebührnnd ubie Reaktion pottofrei eins-seitdem I­­re gemessene — en Administration, Verlag und Inseratenaufnahme: Subtrukern­ E, Nomwalter &K Sohn, Grabenrunde 121, Bret­tzeile evclusive der Stempelgebü­hr von 30 Ir. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Habatt WE Einzelne Nummern Roten 5 Kreuzer. 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Zur­ guten«(!)alten Zeit,die sich libe­­ral trenn­enden Kannegießer nennen sie die»vor­­märzliche«;wir in Ungarn bezeichnen sie m­it dem Ausdruckn die Bach’sche Periode,richtig aber war es die Zeit der Vorbereitung zu un­seren jegigen Neichsverfassungs-Zuständen, nach der [hmahvollen Unterdrückung der ungarischen Ber­­reiungskämpfe bis zum Jahre des 1867er Aus­­gleiches; — in dieser „guten“ alten Zeit. betreuten die Sicherheitszustände Wiens zum größten Theile böhmische Polizeisoldaten, deren ganze Folge darin bestand, möglichst grobförnig und breitspurig ihre Bernirtheit hinter einem brutalen Auftreten zu verbergen und jedem noch so befeidenen Einwand gegen ihre vermeintlich berechtigte Gewalt­­thätigkit mit dem stereotypen Zurufe: „Zurud!“ (Zurud!) zu begegnen. Hatte so ein protziger Polizist einmal sein „Zarud“ von fi gegeben,­­­ wurde jede Vorstel­­lung dagegen als ein Auflehnen gegen die Behörde betrachtet und mitunter recht schwer geahndet. Der Schulmann aber glaubte nun doppelt wichtig, dop­­pelt imponirend zu sein, da sein „Zarud“ die nach­drücklichste Betätigung Seitens der Behörden ger­­unden hatte. Das Bublitum indeß late die fi prauenhaft brüstenden Wenzelsfühne aus, und harrte geduldig bis das unaufhaltsam vorwärts rol­­lende Rad der Zeit an dem „Zarud” eine ans­dere Wendung und zwar eine F­ortschritt­­liche geben werde und nur die in den ermahn­­ten Polizisten verkörperte Ignoranz, Starrköpfigkeit und Reaktion ein energisches „Zarud“ f“ gefallen werde lassen müssen. An die mehrbetagte­n Schugmänner und Repräsentanten die österreichisch-böhmischen „Za­­ruf“ gemahten uns nun die aufgeblasenen Eng­­länder als Sicherheitswächter in Sudan: sie stellten sich mit gespreizten Beinen ein, um den Mahadi zu züchtigen(!) den General Gordon zu rächen, den Nuffen zu imponieren und ihre ei­­gene Wichtigkeit von ganz Europa beglaubigen zu lassen. a Aber fiche da: jegt müssen sie die Herren Briten selber „zarud“ konzentriren ! General Wolseley weicht wie jeder Tapfere „muthig zurüd“, son ist er mit feinem Stabe aus Suafim abgezogen und ein so rühmendes Zeugniß er an dem Heldenmuthe seiner Soldaten ausstel­­len möchte, so beweist das Scheiden vom Schau­­plage seiner Thaten eben doch nur, daß es für England unmöglich war, im Sudan die Ziele zu erreichen, die er ft dort zu stehen vermessen hatte. England gibt den Sudan auf, und auf der Tagesordnung steht jet in London nur noch die Frage, ob an Suakim definitiv und par tou­­jour oder Hl­8 temporär aufgegeben werden solle. Das „N. W. T“ faßt Die hart an das Lächerliche streifende Situation der nahezu auf’s Terfengeld angewiesenen Engländer in Sualim fol­­gendermaßen auf: Im gegenwärtigen Augenblice ist alle Wahr­­s­einlichkeit vorhanden, daß England der Pforte die Aufgabe zugedacht hat, mit ihren Truppen im Sudan was noch zu retten ist, zu retten. England ist fur die traurigsten Erfahrungen belehrt wor­­den, daß es den Rath Bismard’s nicht hätte in den Wind schlagen sollen, nur unter den Auspi­­zien der Türkei in Egypten einzufgreifen, und sich mit­ der wohlfeilen Anerkennung der Oberhoheit der Pforte die weichvolle Unterfrügung durch die tür­kischen Waffen zu erlaufen. Auch die Entwicklung des Konfliktes mit Rusland hat es England nahe genug gelegt, zu erwägen, ob ihm eine rücksichts­­vollere Behandlung der Pforte nicht unter Um­­ständen au­ßerordentliche Vortheile bringen könnte. England sah sich ja, troß seiner ungeheueren See­­macht, außer Stande, im Kriegsfalle Ausland an den Leib zu rüden, so lange er die Türkei nicht dafür gewinnen konnte, ihm die Durchfahrt dur die Meerengen in das schwarze Meer zu gestatten. &8 deuten denn auch manche Anzeichen darauf hin, daß die gesammte englische Politik nun die „Zar­u­d“-Zendenz adoptiren, d. h. si­ndrückwärts Konzentriren werd müssen und damit zu beginnen haben wird, mit der Pforte wieder als einen sehr beachtens­­­­werthen Haktor zu reinen. Ob eine Wiederannähe­­rung Englands an die Türkei noch eine Aenderung der Situation in der egyptishen Frage selbst und in der Suezfrage herbeizuführen vermöge, das ist allerdings heute äußerst zweifelhaft.­­ Denn, was Egypten betrifft, so haben alle Zwischenfälle der neueren Zeit klar gezeigt, daß ein Einverständnis unter den kontinentalen Mächten besteht, das allgemeine europäische Int­resse wiederum kräftig gegenüber den Sonderansprüchen Englands zu wahren. Unter dem Beistande Deutschlands hat insbesondere Stanfreich neuen Muth gefunden, in den Fragen der finanziellen Ordnung Egyptens, namentlich aber in der Suezfrage, entschieden Enge­land entgegen zu treten. Zu dieser Beziehung hat Herd­ Steyc­mer eine Erbschaft Kerry vorgefunden, die er nicht zu verleugnen gefonnen ist. Der französische Vertreter in der Suezkonferenz ist er, der unter der Zustimmung der kontinentalen Mächte England gegenüber den Grundtag der Neutralität des Kanals verfocht und diesen Grundtag zu dem bestimmten Antrage fort muhirte, der Schuß der Neutralität des Sueze Kanales müsse zu einem gemeinschaftlichen, wirksamen und dauernden gestaltet werden. Wir glauben aber an dieser Stelle auf den Widerstand aufmerksam machen zu sollen, den England in der Konferenz einem solchen Antrage entgegengefegt hat. Im Unterhause hat nun Lord Sigmaurice soeben auf die Anfrage, ob England der internationalen Kontrolle im Suezfanale beigestimmt habe, eine ausweichende Antwort gegeben. Allein, nachdem die Engländer fd vor den Rufsen, vor dem Mahdi, vor Osman Digma konsequentt rückwärts­ konzentrirt haben, ist wohl die Bermuthung zulässig, da sie ein Gleiches auch vor dem einmütht noch thun werden. gen Europa a .« AN TERROR SE er ge pe­n a­a­r4 ns ; j deuillelon. Ein Opfer der Liebe. Bin Talab, wes­chnitt der Eltern stummgetragenes Leid, der vier Heinen Geschwister lauter Sammer in’s Herz; sie wollte, sie mußte helfen, und bald ! Aber wie? Ein Mädchen, allein, unbekannt in der fremden großen Stadt! Da hörte sie, das in einem Konzertfafe eine Kellnerin gesucht werde, deren Be­­zahlung sehr reichlich sei. Der Kampf war lang und bitter, das kindliche Gefühl obsiegte . . . Werner’s Augen hafteten auf diesem blaffen Gesichte, er hörte nicht mehr die Musil,. Als er Heim ging und Dieses Antlig ihm immer vor­­ihm webte, suche er es zuerst mit Geringshäßung zu verscheuchen! „Eine Kellnerin !“ Aber immer wieder tauchte es vor ihm auf, und mit dem Ausrufe: „Ob diese Augen trügen ?“ ergriff er seine Beige, um mit Melodien seine Gedanken zu übertönen. Diese Tage ging er bei dem Cafe chantant gesenkten Hauptes und rashen Schrittes vorüber, er wollte nicht mehr an das blafse Antlig des stolz blidenden Mädchens denken, da, eines Abends, als er si gegen den faszinirenden Einfluß der schönen nes gestählt glaubte, trat er wieder ein; er mußte seinem Herzen beweisen, daß es bei ihrem Anblick nit wieder jene raschen Schläge machen würde, wie das erste Dial, wo sie so unerwartet vor ihm gestanden. Ueber Ines Züge flog’8 wie ein Liebliches Leuchten, sie hatte­ ihn wiedererkannt. Er war wiedergekommen, der Jüngling, dessen sie oft ge­­dacht. Und als sie einander wieder in die Augen blichten, da stürmte heiß das Blut zu Werner’s Herzen, stürmischer pochte er als damals in feinen Strafen, und die Gefühle feierten jubelnd ihren Sieg über den Verstand .. .. Allabendlich, nein allnächtlich zu später Stunde, wenn sich das meiste Publikum verlaufen hatte, saß er an ihrer Seite und trank aus ihren Augen feu­­rige Gluthen einer ersten Liebe. Und wenn zu später Stunde der bitteren Pflicht Genüge gethan war und Ines’ Mutter er­­schien, um sie heimzuholen, dann durfte er mit ihr dur die nächtlichen Straßen schreiten, ihren Arm in dem feinen haltend, das Herz voll seliger Em­­pfindung. Er wußte ja, daß sie ihn liebte und er sie auch lieben durfte, denn für ihm war sie nicht die Kellnerin nes, nein, die aufopfernde Tochter und Schwester, welche durch ihre ehrliche Arbeit von blinden Bater, die unmündigen Geschwister vor Hunger und Noth schütte. Lang fon schlummerte Kairo, wenn er s­chließlich seine Wohnung aufsuchte, um dort mit den Befürchtungen und Zweifeln zu kämpfen, die siezu ein halber Bogen Beilage, Bärtligkeit seiner Mutter, wenn er ihre Bei ihrem Anbild geschwiegen hatten. Er gewachte seiner Mutter, ihrer strengen Grundlage und der gesellgaftligen Stellung seiner Alles, ihres Glaus 5e­bene. Doch er baute auf die vermittelnde Liebe, auf die jagen würde... . Und er ergriff die Geige und deren Saiten entquollen in herrlichen Melodien all die drohenden Sorgen, das bange Hoffen und zwie Igendurch das Jauchzen des seligen, übervollen Herzens. ‘Die vielen Nachtwachen schrieben aber bald ihre bleiche Schrift auf Werner’­ Wangen. Die gesunde Fülle seines Antliges war wieder im Schwinden ; das schleichende Uebel, welches wie ein Serpenst an seinem Lager wachte, legte seine mahe­rende Hand mit Fiebershauern auf seine Brust, und ein krampfhafter Husten erschütterte zu Zeiten seinen Körper. Dergebli warnte ich ihn freundschaftlich vor einer Leidenschaft, welche sein Leben und Streben beeinflußen mußte, hielt ihm vor, daß ihm eine schöne Zukunft voll Schaffens und Ruhmes viel­leicht bevorstehe, und er der Welt das halten müsse, was sein Talent so herrlich versprochen. Er wich mir aus. Mit schwerem Herzen entschlug ich mich,­­ der Mutter alles zu s­reichen und ir zu rathen, ihren Sohn zu sich zurückzurufen. Wenige Tage nach Abgang meines Briefes, als Werner, wie gewohnt, zu später Stunde das Kaffeehaus betrat, fusste sein Blic ffe vergebens

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