Oedenburger Zeitung, 1888. November (Jahrgang 21, nr. 252-276)

1888-11-08 / nr. 257

,»« k­­r ne a Oldenburger Zeitung. (vormals „Bedenburger Nachrichten“) . Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr! — Betrüd­en zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ . S­ER Kuhdrukerei ©. Nommwalter & Sohn, Grabenrunde 11. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn= oder Feiertag folgenden Tages. YPränumerations:Xreife:­ür Loco: Pan. 9 fl., Halbjährig 5 fl., BVierteljährig­e 50 fl., Monatlich ı fl. Für Auswärts: Ganzjährig II fl. „Betbiäßrig Ti Biertel­­jährig 3 fl. 50 fr Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme­­ von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind au­ch die­­ Redaktion portofrei einzusenden. Administeation, Herlan und Inferatenaufnahme: WI Einzelne Nummern Rotten 5 Kreuzer. uU Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Wall- Frage­affe 10, A. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinrich Schalek, Sollzeile 12, At. are "Seilerstätte 2, M. Dufes, ı., Nies­mergaffe 12, An Bud­abeit: Paulus S. Dorotheagaffe 11, Leop. Lang, Gisellaplag 3, A. B. Goldberger, Servitenplan 3. Infertions-Gebühren: 5 fr. für die eins, 10 %. für die zweis, 15 fr. für die Dreis, 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für die durchlaufende Petitzeile evclusive der Stempelgebühr von 50 kr. Bei mehrmaliger Einschaltung­­ bedeutender. Nabatt, in dem Schadbrette der Diplomatie. Oedenburg, 7. November. Wir sehen sei gleichsam im Geiste die weißen und Schwarzen Felder der verschiedenen Neiche vor uns, in welchem d­en Hauptfiguren geract werden, deren Stellung vielleicht für die fünftige Gestaltung der politischen Lage von entscheidender Wichtigkeit ist. Da haben wir zunäc­hst England. Die Ernennung des Grafen Deym zum österreichische ungarischen Botschafter an­ großbritan­­n Hofe hat eine Reihe weiterer Bereicie­­bungen im unglamgrihdich Korps noch- Den Gesandtenposten in Min­­den wird, wie heute ae wird, der bisherige Vertreter am Stuttgarter Hofe, Fürst Wrede, be­­ziehen, der wieder durch den österreichisch-ungarischen Gesandten in Dresden, Baron Herbert, er­­regt wird. Nach Dresden soll der bisherige österreichisch-ungarische Gesandte in Brüssel, Graf Bohuslav Chotel, berufen und an dessen Stelle der außerordentliche Gesandte in Disponibilität, Graf Rudolf Khevenhüller-Metsch, ernannt werden. Der für ganz Europa überraschend gewesene Zug des deutschen Kaisers nach dem V­ati­­kan in Rom, gibt in diplomatischen Kreisen noch­ immer starf zu denken. So schiebt eine dem Fürsten Bismard sehr nahestehende Hand eine Art „Läufer“ vor, welcher berufen zu sein scheint, dem einen Stein im Brett des Bapstes, welchen ihn der Besuch Kaiser Wilhelm II. zugewendet hat, ein Schach zu bieten; man vernimmt nämlich­ von der jenigen Bismarck’schen Stellung folgen­­des: Die noch während der Anwesenheit des deutschen Skaijers in Rom versendete vatikanische Note gipfelt in der wohl kaum­ zu erschütternden Thatsache, daß der Besuch des veutschen Kaisers seinen Präzedenzfall bilde; sie will darthin, daß durch diesen Besuch an der ihrer Ansicht nach rechtswidrigen Lage der Dinge in Rom zwar leider Nichts geändert werde, erhebt aber, doch, einen, allerdings schüchternen Einspruch gegen den von stönig­ee im Qririnal ausgebrachten Trint­­spruch. Solch’ eine Note muß deutlicherseits zum mindesten Befremden erregen, selbst Dann, wenn es unrichtig wäre, daß die vatikanische Kundgebung eine gegen den D­eutschen Kaiser gerichtete, Sorge enthalte. Die Note richtet sich aber, allerdings in etwas befangenem Tone, sogar gegen den deutschen Kaiser und bekämpft namentlich das offizielle Italien und die italienischerseits aus der Thatsache des Satier­­besuch­es gezogenen Folgerungen. Die Meldung, daß Graf Kalhofy die vatikanische­ Note nicht zur Kenntniß genommen habe, it kaum glaubwürdig, auch der äußere Vertreter Oesterreich-Ungarns hat ein Interesse daran die Stimmung, die im Vatikan Blaßgegriffen hat, genau zu erforschen . Graf Kál­­nofy wird aber einer Kundgebung, selbst von Seite des heiligen Vaters seine Folge geben, wenn dieselbe eine gereizte Sprache gegen den deutschen Kaiser führt. Blicken wir auf die äußersten Felder des Schach­­brettes der Diplomatie, so sehen wir, daß in Nord­­amerika sie Hochwichtiges vorbereitet: schon jegt ist die­­ Präsidentenwahl im Zuge, denn eben während wir Die vorliegenden Betrachtungen an= stellen, treten die Wahlmänner zusammen, die am 29. November über die Rersen des neuen Prä­­sidenten zu entscheiden haben werden. Die De­­mokraten kandidiren bekanntlich abermals den bis­­herigen Präsidenten Cleveland, während die Republikaner Harrison auf den Schild erhoben haben. Es sind fast ausschließlich wirtdhchaftliche Gegenjage, welche den Wahlkampf beherrschen, allein dieselben haben sie diesmal in ganz außer­­ordentlicher Weise verschärft und man­ darf einer heißen Schlacht entgegensehen. Es hätte­n dieselbe leicht vermieden werden können und vielleicht wäre die ganze Bewegung ohne, die sonst nur zu gebräuchlichen persönlichen Berchäftigungen und Angriffe verlaufen, wenn nicht der englische Gesandte, Lord Sadville, die Unbesonnenheit begangen hätte, einen, angeblich von einem in den Vereinigten Staaten naturalisirten Engländer an ihn gerichteten Brief damit zu be­­antworten, daß er in einer für die amerikanische Negierung beleidigenden Weise das Vorgehen des Senates und­­ Präsidenten, wegen des kanadischen Tau­chereivertrages, als ein Wahlmanöver kenn­­zeichnete. Jener Briefsteller entpuppte sich nun als republikanischer Journalit, die Republikaner tobten darüber, daß die von den Demokraten empfohlene Tarifpolitik lediglich den englischen Interessen dienen würde, und Bräsident Cleveland sah ich be­­müssigt, in brasser Weise die diplomatischen Beziehungen zu England abzubrechen, indem er­­ Lord Sadkville durch den Staatssekre­­tär Bayard seine Bälle und einen Sicherheitsgeleit­­brief zustellen ließ. Natürlich wird sich deshalb England nicht alle „matt“ befennen, aber ein bürgerliches „Shah“ hat Nordamerika damit doch angekündigt. Schließlich sei noch­ eine wichtige Maßregel aus der österr.Reichshälfte erwähnt, welche im gewissen Sinne zur „Rochade“ führen muß. Seine Majestät der Kaiser­stönig hat nämlich anzuordnen geruft, daß die Festungen Spiefstadt, Theresienstadt und Olmüs als feste Bläche aufgelassen und dieselben in Hinkunft als offene Städte behandelt werden. Die in diesen P­läben bis nun bestandenen Festungskommanden haben demnach an dem Tage dieser Verlautbarung ihre Wirksamkeit einzustellen. Die Auflassung der genannten drei Festungen kommt indes keineswegs überraschend. Die den Festungs­­krieg wesentlich beeinflussenden, gründlich veränderten artilleristischen Verhältnisse, solwie die Erfahrungen der legten großen Feldzüge haben den strategischen Pfvendig gemacht. R | Feuilleton, Die Liebe einer Fürstin. Novellette von Sacher Majodh. (Shhuf.) AS er dunkel geworden war flammte es plöß­­lich mitten im Parfe wie ein gefallener Stern auf. Es war der Teich, um den Feuerlieden Loderten und den die Soldaten der Leibwache mit dampfen­­den Fabeln umstanden. Auf einer Tribüne spielt ein Musikfotps in türkischer Tracht, während gegen­­über ein offener Pavillon für die­ Hohen­ Herrschaf­­ten errichtet war. Bald tummelte sich Alles was dem Hofe an­­gehörte, in den verschiedensten Verkleidungen, mit schwarzen Sammtmassen oder grotesken Wachs­­larven vor dem Gesichte, auf der flimmernden Ei3­ dede. Der Oberst als Scythenfürst mit Köcher und Bogen, ein Löwenfell um die Schultern, schrich eben den RORENBOUR der Fürstin mit feinem Schlitt- | \ hub in das Eis, als ihm, rasch eine ‚Zur­e mit | S einer Schlange aus Pappe in der Hand ,nahte und | ihm zuflütterte, die Fürstin nehme, als türkische Sultanin­ verkleidet, an dem Feste- Theil. Er war die Obersthofmeisterin, welche ihm diesen Liebes­­dient erwies; sie konnte er willen, hatte sie doch selbst der­ Fürstin in den Hermelinpelz geholfen, der diese bis­ zu den Fußsohlen einhüllte, und auf ihrem Kopfe den Turban ‚befestigt.. Der Oberst flog sofort davon­ und suchte mit feurigem Eifer die angebetete rau. Als er sich dem Pavillon näherte, sah er die Sultanin. Der Oberst begrüßte sie ehrerbietig, eroberte rasch einen Fahrschlitten und bot ihr denselben an. Die dankte, stieg langsam die Stufen hinab und lächelte ihn aus der Sammtlarve schalfhaft an. Zur selben­­ Zeit stand eine­ vollkommen dunkel gekleidete, vornehme Benetianerin bescheiden zur Seite und beobachtete die Szene. Kaum hatte der Oberst die promfende Sultanin im Fahrschlitten entführt, als ein simpler Mönch in brauner Kutte hervortrat, “einen Augenblic die in schwarzen Sammt, schwarzes Beizwerf und einen schwarzen Schleier gehüllte V­enetianerin musterte und­ dann, mit leidenschaftlicher Kühnheit ihre­ kleine Hand ergreifend, ihr jähe Liebesworte zuzuflüstern ‚be­gan. — Sie mißbrauchen die Massenfreiheit, Ser­­dorf, Mi die Venetianerin. IH nehme mir nur die Freiheit, Durch­­laucht, ‚So anzubeten, erwiderte der Mönch, dafür will ich aber auch ewig in­ jeder anderen Beziehung ih Sklave ein. — Sie sind unser, TEA Sie doch einen Schlitten. Der junge P­oet Holte vord­ ein zzsahrzeig, das ein­en Schwan­ darstellte J und setzte sich zwis­chen drei weißen Flü­gel desselben,u­nd während sie auf dem Teiche Hin und her glitten, fand er zum erstenmale Zeit, der hohen Frau jene­ Geständnise zu machen, zu demen­­ ihn fein­ Herz drängte und welche sie schon mit­­geduld­ erwartet hatte. Die Fürstin versprach ihm, noch in derselben Nacht ein Fenster zu öffnen und eine Strickleiter herabzulassen. Sie verschwand bald danach im Mlassen­­gewühl, und als Gerdorf nach Mitternacht die sei­­denen Sprossen erstiegen hatte, umfingen ihn oben ihre weißen Arme. Zudem hatte sich Die Sultanin in eine mit erotischen Pflanzen geschmizte Nische des Ba­­pillons geflüchtet, doch auch hieher folgte ihr der Oberst mit seinen stürmischen Liebesschwüren ; schon lag er flehend zu­ ihren Füßen, als die Maske fiel und der Oberst mit romischem Entgegen in das spöttische Gesicht des Pagen blicke. Einige Zeit wurden diese Schäferstunden von seiner Seite gestört, bi e­ einmal dem Obersten in einer­ hellen Mondnacht einfiel, unter den Fen­­stern Iuno’s zu sch­wärmen, als er in dem Laub­­gang, der seit dem Ds einer Stalaftitengrotte glich, mit dem Pagen zusa­­mmenstieß. Es entstand ein Wortwechsel, Phle, zum SPERREN heraus, und schon waren die Degen gezogen, als die Fürstin auf dem Blade erschien und Einhalt Ban . Die Waffen, die in ihren Händen bergen, sprach sie pöttisch, find er nicht, mit welchen man uns moderne Frauen besiegt; heute gelten nur Geist und Wig. Der glückliche Poet feierte seinen Triumph, während der Oberst mittelst­ Extrapost noch zur selben Stund nach­ Polen­­ abreiste, wo er Dienste nahm. Für Abonnenten liegt heute Nit. 20 des „Feierabend“ bei, der Oberst forderte den Neben­­J ! « » RNNT see ee , _ EURER NEE RE ee Rn a ee

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