Oedenburger Zeitung, 1890. Februar (Jahrgang 23, nr. 26-49)

1890-02-14 / nr. 37

izzzis x EEE Ur 3­37. 7.·,,gckred­ag, 14. . Febra­­ 1890 XXI. in Mi urger3 eiung. (V­ormals „Bedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Kandel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Wehe „Dem Bortferitt zur Ehe? — Bebrühten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ — Pe onen Das Blatt pa täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations­­reife: Für Loco: Sa jährig 9f., Be. Bdeig 5 5 fl, Bierteljährig tr., Monatlich 1 Yür Auswärts: Sam­ähr 12 & „getd­ägrig 7 fl., Biertel- Alle für das Blatt kim ER, mit Ausnahme von Inferaten, Bräm­merations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administrasion, Verlag und Inferatenaufnagme: Snhtrukerei­­, Rommwalter &K Sohn, Grabenennde 121. RK Einzelne Nummern Rotten 5 KArenger. za Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Wall» Klage sie 10, 9. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinrich Schalet, ollgeile 12, R.­anele, "Seilerstätte 2, M. Dufes, ı., Ries­mergasse 12. In Buch ARFR: Saulus &, Dorotheaga­e ıl, Lepp, Lang, Gisellaplag 3, A. B. Goldberger, Servitenplag 3. Infersions- Gebühren: 5 fr. für die ein-, 10 fr. für die zwei-, 15 fr. für die drei-, 20 fr. für die vierspaltige und 25 Tr. für die durchlaufende­n Wetitzeile erclusive der a­bühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung­edeutender Rabatt, in Ungarn und der deutsch-grechische Aus­­gleich). Dedenburg, 13. Februar. Ein­­ Berliner Blatt veröffent­­licht einen seher interessanten Budapester Brief über den bdeutsch-czechischen Ausgleich und über­ deffen eventuelle Folgen für die volkswirth­­schaftlichen Verhältnisse der Monarchie. Wir glauben eine Pflicht unseren Lesern gegenüber zu erfüllen, indem wir dieses, in obiger Hinsicht höchst interes­­sante Schreiben oder wenigstens die markanteren Stellen desselben mittheilen. Der Ausgleich, so jagt das betreffende Blatt, wurde in Ungarn mit großer Befriedigung auf­­genommen, denn man war sich dessen wohl bewußt, daß der unglückelige Nationalkader in der einen Hälfte der Monarchie in gewissen Beziehungen einen lähmenden Einfluß auf die Kräfte der ganzen Monarchie ausübe. Was Böhmen erreichen wird, das ist im runde BE weniger als das­­jenige, was Sroatien-Slavonien schon früher Un­­garn gegenüber si ersümpfen konnte, Wenn es gelingt an dem ‚bedrohtesten Bunt. Desterreich ®, nämlich in Böhmen, die Ruhe herzustellen, so wäre hiemit unendlich viel gewonnen. Daß deshalb stets der heiligste Spriebe herriche und sich auch sein einziges Wort des Widerspruches vernehmen lassen solle, das ist nicht eben unbedingt nothwendig. Dies ist die Auffassung Ungarns betreff des deutsch- Gehiidhen Ausgleiches und man läßt sich durch jene Gerüchte nicht ins Bodshorn jagen, laut welchen nunmehr die geeigneten Par­­teien Oesterreichs im Begriffe seien, gemeinschaftlic Stellung gegen Ungarn zu nehmen und jene Be­­strebungen zu bekämpfen, welche dahin gehen, Un­­garn eine gewisse volkswirthischaftliche Selbstständig­­keit zu sichern. Durch den Ausgleich vom Jahre 1867 hat Ungarn in volkswirthischaftlicher Hinsicht dieselbe Freiheit erlangt wie sie die einzelnen Staaten Deutschlands besigen und daran werden die vereinigten Deutschen und Czechen nichts ändern. Innerhalb de gemeinschaftlichen Zollgebietes kann Ungarn frei schalten, reformiren und arbeiten, ja bei Bestimmung der Handelspolitik der gesammten Monarchie wird Ungarn eine gleichberechtigte Stimme haben, es mögen sich die inneren V­erhältnisse CiS- leitgab­en, in welcher Art immer gestalten. Die Deutschen kann man aber gewiß nicht verdächtigen, daß sie nach den eben gemachten Erfahrungen ihre eben wieder erlangte Aftrangfreiheit dazu benügen werden, um gegen ihre alten und beständigen Ver­­bündeten Front zu machen. Dies ist um so weniger zu befürchten, weil demnächst die ganze Österreichisch­­ungarische Monarchie in die Lage gerathen dürfte, si in handelspolitischer Beziehung gegen das Aus­­land, insbesondere aber gegen Serbien, zu schüßen. Wir künnen aus glaubw­ürdiger Duelle die Mittheilung machen, daß Serbien im nächsten Jahre, wenn sein Handelsvertrag mit Oesterreich- Ungarn abläuft, ganz sicher und­­ gewiß das Bei­­spiel Rumäniens nachahmen wird. Wohl hat der Rolk­rieg Rumäniens gegen Desterreich-Ungarn dem Königreiche­ Rumänien ungeheuren Schaden zu­­­gefügt, außerdem ist auch Serbien mehr auf Dester­­reich-Ungarn angewiesen als Rumänien, aber bei alledem ist es wahrscheinlich, daß auch die Serben einen­ Berjuch machen werden mit der sogenannten nationalen W­irthoschaftspolitik. Dies geschieht unter dem Einflusse der rus­­sischen Agitation, welche­ sich jeit auf dem Tjelde der Volkswirthschaft geltend zu machen bestrebt ist. Der Hauptzweck der russischen Politik ist feit, DOesterreich-Ungarn in wirthschaftlicher Beziehung aus Serbien zu verdrängen. Was dann mit dem derart „beihabten“ Serbien geschehen wird, das ist noch unbestimmt, aber so viel ist gewiß, je Schlechter es diesem Ländchen ergehen wird, um so größer wird der Vortheil ARırklandz sein. Wir wollen diese Thatsache nicht näher erörtern, aber auch aus dem hier Angedeuteten dürfte Kar hervorgehen, daß, wenn die cisleithanischen Politiker einen Ueberschuß an Kraft in­ir fühlen, dieselben sehr bald in die Lage kommen werden, denselben zu verwerb­en. Es dürfte sich Dasjenige nicht wiederholen, was gelegentlich der Gefangennahme Alexanders von Battenberg geschehen ist, daß nämlich czechische Blätter gegen Oesterreich-Ungarn Stellung nahmen und die russischen Galgenvögel und V­erschwörer in Schuß genommen haben. Insbesondere aber dürfte sich dasjenige nicht wiederholen, was wir zum An­­fange des rumänischen Zollkrieges erfahren haben, daß nämlich Wiener Blätter gegen die ungarischen Forderungen und ungarische Blätter gegen die österreichischen Forderungen polemisirten, so daß die Rumänen zu der Ansicht gelangen mußten, daß die beiden Staatshälften der Monarchie sich in den Haaren liegen, um das Wasser auf die Mühle Rumäniens zu treiben. ° Da wir auch jegt noch nicht eine ganz be­­stimmte Stellung dem deutsch-crechtischen Ausgleiche gegenüber nehmen, noch aber aus demselben Kon­­sequenzen­betreff der volkswirthschaftlichen Verhält­­nisse der Monarchie folgern wollen, möchten wir über obige Schreiben nur zwei kurze Bemerkungen machen: Die eine besteht darin, daß wir das, was der Berrater des Schreibens betreff der zukünf­­tigen Handelspolitik Serbiens äußerte, schon vorher gesehen haben, als nach Abdifation Milans Riftics zum Präsidenten der Regentschaft ernannt worden war. Wenn Serbien unter der Leitung Riftic’ gegen uns fastlich den Zollkrieg eröffnet, so wird fi Riftic ® nur der Konsequenz rühmen künnen, denn es ist ja bekannt, daß zu Anfang der 80­ ger Jahre gerade die Angelegenheit des österreichisch­­ungarisch-serbischen Handelsvertrages den Fall des Rifties verursacht habe. Es ist somit nicht unwahrs­­cheinlich, daß Riftieg im nnächsten Jahre jenen Plan zu realisiren bestrebt sein wird, welchen er noch als Minister-Präsident gefaßt hat. Unsere andere Bemerkung aber bezieht sich auf die Deutsch- Oesterreicher, die der Briefschreiber als Freunde und Gönner Ungarns, die Ungarn aber als beständige Verbündete derselben Hinstellt. Dies ist eine ab­­­sichtliche Entstellung der Thatsachen, denn wenn wir auch Neigungen mit dem­ jenigen österreichischen Kabinett haben, so müssen wir doch im Interesse Feuilleton. Unsere Königin. Seit Jahresfrist zum ersten Male weilt die Königin wieder in unserer Mitte und Aller Augen richten si empor zu dem schlanken, luftigen Bau auf dem Diner Festungsberge, welche so lange stumm und verlassen auf die murmelnden Wellen des Donaustromes schaute. Schwer läßt sich in Worte fallen, was dem Ungar seine Königin ist. Ehrfurcht, Verehrung, Liebe — sind unzulängliche Worte für das Heiße, leidenschaftliche Gefühl, das der Ungar der Gefährtin seines Herrschers weiht. Er bfit auf zu ihr, nicht wie der Unterthan zu der irdischen ebieterin, sondern wie der Staub­­geborne zu einer Heiligen. Die Schönheit hat ihrer Jugend einen Zauber verliehen, der seine geheime Kraft bis auf den heutigen Tag bewährt, und welcher anhalten wird fir alle Zeit. 3 gibt seine Nation auf den weiten Exdenrund, welcher bei einem aus­­geprägten reiheitsdrang ein so tiefinnerliches dyna­­stisches­ Empfinden besäße, mie die umjenige. Der König ist (der unsterbliche Dichter hat ihn so ge­­nannt) der allererste Ungar, die Königin aber, — für sie gibt es keine Stassifikation unter den Jü­­dischen. Um­ sie webt der Volksglaube einen Sagen­­‚franz, die blaue Blume der Romantik in diesen Kranz hineinverflochten, und in der schönen Stube des ungarischen Bauer hängen zwei Bilder hart nebeneinander: die Jungfrau Maria und Königin Elisabeth. In dieser Zusammenstellung äußert sich das Seelenleben unseres Volfed. Was über das absolut Greifbare Hinausreicht, was seinen Glauben herrscht, das will der Ungar im Bilde gegenwärtig haben. Und er glaubt am seine Religion und er liebt das Irdische, das er selbst so Hoch gestellt hat, daß er an das Göttliche streift. Kühler steht der Gebildete den Idealen gegen­­über, allein ebenso wenig wie der Atheismus den Glauben, die Jagd nach dem Augenbildlichen die Tradition auszulöschen vermag, ebenso wenig wird die Bildung das innige Fühlen für das Erhabene jemals entwurzeln künnen, und wenn Derjenige, der sich dem Zauber des Legendarischen entwachsen glaubt, einer Erscheinung gegenüber gestellt wird, welche umflossen von dem lanze irdischer Maje­­stät. All das im sich vereinigt, was nach rein mensc­­­h­en Begriffen groß, edel, erhaben ist, dann wirft auch der Prüfende die Zweifel von sich und willig beugt sich der untersuchende Verstand dem gläubigen Herzen. Eine solche Erscheinung ist unsere Königin. Zu Alledem was die erhabene Frau uns theuer gemacht, ist eine neue Empfindung getreten: die Bewunderung für ihre Seelengröße. Noch Klingen und die Worte im Ohr, welcher unser König in den Tagen des düsteren Unglückk gesprochen: „Wie viel ich im diesen schweren Tagen meiner innigst geliebten Frau zu danken habe, welch’ große Stüße sie mir gewesen, kann ich nicht beschreiben, nicht warm genug aussprechen. Ich kanıı dem Himmel nicht genug danken, daß er mir­ eine solche Liebende gefährtin gegeben hat . .* Das ist ein Denkmal, welches ein König der Gefährtin seiner Tage errichtet­­ hat, ein Monument, dessen gleichen Geschichts- und Ktunftforscher den Archiven und Menseen vergebens fugen. Allein nicht deshalb Lieben wir in Ungarn diese große, merkwürdige Königin mit einer an Anbetung grenzenden Liebe. Nur­ zu steigern ver­­mocht hat da Unglüd die Sympathien der Nation. Denn diese Königin war unser seit dem Augen­­blide, da ihre Fuß zum ersten Male ungarischen Boden berührt, seit dem A­ugenblid, da sie den Ungarn Zeichen ihrer besonderen Neigung gab. Unsere Sprache und Literatur ist ihr geläufig wie irgend­eine andere der gebildeten Welt. Wir haben und daran gewöhnt, sie als die Vertreterin der ungarischen­dee am Wiener Hofe zu betrachten und zu Hunderten fürfhren Anekdoten darüber, was Königin Elisabeth gesagt, gethan hat, um ihrer Sympathie für Ungarn Ausdruck zu geben. (Schluß folgt.)

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