Oedenburger Zeitung, 1890. Oktober (Jahrgang 23, nr. 225-251)

1890-10-10 / nr. 233

·2«MTWWR ei­ a ann aa Be ak a­a ab aa ae ER u nis = = TR ÜTZRERTRIETENEeN ns Dreitag, 1091 itober 1890 XXIIl. Sachgeng. Hrbenburgereitung. Organ für Politik, Handel, Industrie und Landmilchfänft, fünfe für soziale Interessen, P­ränumerations:Preise: Administration, Dering und Inseraienaufnahme: Buhi­ukeri­n, Nomm­alter & Sohn, Grabenrunde 21.­­ Einzelne Nummern Rotten 5 Kreuzer. Ar. 993, Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn oder Feiertag folgenden Tages. Für 2oco: Gangjägrig 10 fl., Halbjährig 5 fl.,­­Vierteljährig 50 fl., Monatlich 1 fl. Für Auswärts: "Gange 14 fi „ge iährig Tfl., viertel­­jährig 3 Ale für das Blatt sten. Be mit Ausnahme von Inseraten, Prämumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. , Wollgeile = R. Mofie, eeiertäne 23, M. "Dates, I., Riemer: gafse 12. In Budapest: Paulus Gy., Dorotheagaffe 1, Leop. Lang, “Sifellaplag 3,48. Goldberger, Servitenplag 's. Sinferate VER: in : Hasenstein , Vogler, Balı« Aichaaffe 10, Oppelis, Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, Önfertions:Gebühren: 5 fr. für die eins, 10 fr. für die zwei, 15 fr. für die drei-, 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für­­ die hoch­laufende Betit­­zeile EN der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabett. Der Simson des ungarischen Partei­­lebens. Dedenburg, 9. Oktober. Wir sind gewiß fein verblendeter Lobredner Koloman Tipa’s, aber daß er die weitaus kräftigste, marfigste Natur unter den Staatsfünstlern der Westzeit besigt, kann wohl kaum bestritten werden. Die Zähigkeit und Ausdauer in der Verfolgung seiner entschieden staatsflug ge­wesenen Pläne be­­thätigt er noch nach seinem Sturze, denn die Reichs­­tags-Majorität de neuen Ministerpräsidenten ist genau nach denselben Prinzipien Disziplinirt, wie sie sich Herr v. Tipa seinerzeit gedrilt und zu­­recht gelegt hat und so übernahm denn auch Graf Szapäry von seinem Vorgänger eine durch lang­­jährigen Kenner sehr fompatt gewordene Organi­­sation, mit der er si im Parlamente stet, die Zustimmung der Mehrheit für alle seine Vorlagen von vorneherein gesichert hat. Freilich darf sich Graf Szapáry nicht allzumeit von jenem Pro­­gramme entfernen, das auch Herr v. Tika ver­­wirklicht haben würde, wenn er am Ruder geblieben wäre und über dessen Inhalt er sich bereits mit dem abgetretenen Kabinettchef geeinigt haben dürfte. Darin liegt ja eben die Simfson-Kraft Tipa’s, daß er, auch wenn er scheinbar ohnmächtig ge­­macht worden ist, dennoch seine dominirende Stärke überall offenbart. Ja, daß er wirklich der Simsjon des ungarischen Parlaments ist, bemeist der Umstand, daß er während seines Sturzes mit demselben zugleich die stärfsten Säulen der Oppo­­sition im ee mit jehnigen Armen erfaßte und so gewaltig erschütterte, daß der Tempel der Unabhängigkeitspartei zu frachen, zu warten be­­gann und jeit seinem Einsturze ganz nahe ist. Selbst — um unsern Vergleich fortzuspinnen — die Delila, welche Simson Tipa für einen Augenblick dermaßen schwächte, so daß seine Geg­­ner über ihn triumphiren konnten: die Korsuth­­frage, der sich der gewaltige ei-dlevant Reichs­­kanzler nicht gewachsen zeigte und der er also er­­lag, selbst diese Sirene mußte sich schließlich im Sinne Tipa’s zur Nachgiebigkeit bequemen und Koffuth selber macht­e, wie einst der alte preußische General Wrangel, den man eines Tages allgemein für todt ausgab, während er noch ganz vergnüglich lebte und der daher mit den Hafsc­hen Worten in das Berliner Abgeordneten­­haus trat: „Ich dementire mir, meine Her­­ren!“ Der grollende Patriot in Turin hat nämlich bekanntlich einen Brief an die Unabhängigkeits­­partei in Ungarn gerichtet, wo er sich gleichsam selber dementirt. Als nämlich der Häusliche Krieg zwischen Ugron und der Majorität der „Weißersten Lin­­ien“ den Abgeordneten Hermann veranlaßte, an Korfruth zu appelliren und ihn zu bitten, strifte Direktiven anzugeben, wie sich fortan die Unabhän­­gigkeitspartei verhalten, daß Heißt, ob sie auf die starre Negation der 1867er Ausgleichs­­gelege beharren solle, erklärte zwar Ludwig Koflruth, daß er für seine Person bezüglich der Personal-Union allerdings das Prin­­zip der Unvereinbarlichkeit festhalte, allein der Opposition in Ungarn abruthe, auf dem Standpunkte der Inkompatibilität zu beharren ; denn er sei der Ansicht, daß diese politische An­­schauung ihm allein zieme, da er allein das­­ Recht habe, ihr durch seine Erpatsiirung treu zu bleiben. Die Nation aber fühne sich nicht auf das Prinzip stellen, weil sie nicht vaterlandslos werden dürfe. Kossuth zeigte mit diesem Briefe, daß er ruhiger denkt, nüchtern er urtheilt, staatsmänni­­scher veranlagt ist, al­leine Anhänger; er bricht den Stab über die Schwärmer, die in ihm noch den „Herrn Gouverneur“ erblichen, mit anderen Worten: Koffuth ist Koffuth, aber er ist nicht mehr Koffuthianer. So Hat denn Tipa’3 Sturz merk­­würdige und befremdliche Folgen gehabt. Er hat seine Partei gestärkt, er hat die Opposition in drei Theile gespalten, er hat bewirkt, daß der Mann, unter dessen Zeichen die Unnabhängigkeitspartei zu fechten gewohnt ist, dieser sein Brestige raubt. Die Opposition hat mit dem Sturze Tipa’3 nichts ge­­wonnen; sie hat Kossuth, sie hat sich verloren. Da­­rum nennen wir den abgetretenen Ministerpräsi­­denten den Simsjon ded ungarischen Par­­teilebens. Inzwischen wütdet die Unabhängigkeitspartei gegen sich selbst, sie spaltet sich. Aus den Mitgliedern der Kossuth’schen In­­trangigenten sondert sich ein Häuflein von Oppor­­tunisten ab, welchen die unbedingte Negation lästig wird. E83 mag dem Fähnlein Ugron’s Klar ge­­worden sein, daß es ungereimt ist, wenn eine re­­volutionäre Partei sich in den fadenscheinigen Man­­tel des Legitimismus hüllt und die längst Erschei­­nung gewordenen Thatsachen der Geschichte nicht anerkennen will, sie al illegitim perhorreszirt. Ugron hat dargelegt, daß die Unabhängigkeits­­partei sich einer Umbildung, sie einer NReorgani­­sation unterziehen müsse, daß sie nach Negierungs­­fähigkeit zu trachten habe, daß ihre Haltung das Wohlwollen des Herrscherhauses nicht verscherzen dürfe, daß es ihre Pflicht sei sich zur Personalunion zwischen Ungarn und Oesterreich zu benennen.­­ Liegt auf der Hand, daß U gron durch dieses Programm fi zwar noch sehr 2 von der Anerkennung des Ausgleichs befindet, auf dessen Boden die Regierungs­­partei und die gemäßigte Opposition stehen, daß er si aber dennoch demselben einigermaßen nähert. Das ist gewiß nur löblich. CE möge auch anerkannt werden, daß der Schritt vom Intompar­tibilitätsprinzip zur Anerkennung der Personal­­union immerhin ein gutes Stud­iealpositif ent­­halte. Damit ist das Ge­wordene wenigstens zur Hälfte anerkannt, damit ist die Straßenpositif, welche wähnt, das, was sie nicht sehen will, existire nicht, glücklich verlassen. Nicht so warm vermögen wir den Schwärmereien Ugron’s bezüglich eines eigenen Ausgleichs entgegenzukommen. Er bekundet Feuilleton. Meine Nase. (Bortregung und Schluß.) Sh war in Verzweiflung, so konnten die Dinge nicht weitergehen. Ich versuche es, durch Bitten und Thränen und durch die Erinnerung an die gewosfenen Wohlthaten meine Nase dahin zu bringen, ihr bescheidenes Maß wieder einzunehmen — sie aber wuche. Ich erhöhte meine Zärtlichkeit bis an die Grenzen der Möglichkeit — sie aber wuchs. Da schlug ich in das entgegengelegte Extrem über; ich beachtete sie nicht, oder nur, um ihr meine grenzenlose Berachtung zu zeigen — sie aber wuchs. So waren alle Mittel, der Güte etwas zu erreichen, erschöpft; jecht griff ich zu offener Ge­­walt. Ich fragte einen Arzt um Rath. Der schüttelte bedenklich sein Haupt, beguckte mein Riechorgan von allen Seiten, Ichüttelte wie­­der sein Haupt bedenklich und verschrieb mir schließ­­lich eine Salbe. Ich gebrauchte­ dieselde­n ohne Erfolg. „Wir müssen nun mit stärkeren Mitteln ar­­beiten“, meinte der gelehrte Mann und verschrieb mir alsbald eine andere Garbe. Diesmal hatte die ärztliche Behandlung Erfolg — meine Nase färbte sich dunkel purpur=­­roth. „Gutes Zeichen“, lächelte der Medicus. „Das Näschen (!) wird bald abnehmen und damit al wieder die natürliche Farbe gewinnen.“ So sagte er, meine Nase aber jagte Nein “und verblieb, wie sie war.“ Da bemächtigte sich eine fürchterliche Trau­­rigkeit meiner ganzen Seele. Bang und niedergeschlagen verlebte ich in dumpfen Bloten die Tage; verlassen wie ich war, von aller Welt verlassen, sehnte ich mich jegt mehr al jemals nach Gesellschaft. Endlich ging ich zer­m­irscht zur alten­rau, welche mir von mitleidigen Seelen schon lang als Meisterin in der Behand­­lung mit allen möglichen Sympathie- und Geheim­­mitteln anempfohlen worden war. Die Alte ließ mich zuerst in einen Preis treten, beräucherte mich, raunte dunkle Zauber­­sprüche über meine Nase und gab mir schließlich auch wieder eine Salbe. Mit geringem Vertrauen (denn den Salben gegenüber hatte ich dieses schöne Gefühl schon gänzlich verlernt) begann ich die Kur; aber — o Wunder! Meine Nase verfärbte sich zu­­sehends. Als sie aber ihren natürlichen Teint wieder angenommen, begann sie von Neuem in dämo­ni­­scher Bosheit allmälig ein blauviolettes Inkarnat anzunehmen. Auch zeigte sie jeit die entschieden­­sten Anlagen dazu, auf ihrer Oberfläche Sprossen zu treiben. Dad war zu arg. Ich wüthete, ich ver­­fluchte Himmel und Erde, ich rannte mit dem Schädel gegen die Wand. Wohl schmerzte das fürchterlich, aber meine liebe Nase befand sich ganz wohl dabei. Was follte ich Unglücklicher noch auf dieser Welt? Mit meiner Nase konnte ich die Menschen zu einer Auswanderung auf den Mond veranlassen, nie aber in Gemeinschaft mit ihnen leben. So kann ich denn auf einen gräßlichen Selbstmord. Ich las sämmtliche Lieferungsromane, die mir in die Hände fielen. Nach Verlauf von drei Wochen war ich derart abgemagert, daß ich durch meine Hand Hin­­durch gemüthlich seien konnte. So schwady war ich geworden, daß ich mich mit Ketten an mein Bett befestigen mußte, um nicht durch den Fe aus dem Zimmer geweht zu werden. Das also schien zu wirken. Noch eine Spanne Zeit und ich war erlöst aus diesem Jammerthal. Da fiel mir während meiner selbstmörderi­­schen Lektüre eines Tages eine Annonce ins Auge, welche besagte, Namen jeder Art würden um das billige Honorar von dreißig Mark in die von dem Eigenthümer gewünschte Form gebracht. Briefe seien zu richten an B. Kirchner in Basel. Da deuchte mir plößli­cher Selbstmord mittelst Ro­­manleftüre denn Doc etwas zu schmerzhaft und langwierig. Ich beschloß daher, diesen Leuten Ber­­such zu wagen. Schnell legte ich mich deshalb mit obgenann­­ter Firma in Verbindung und ward­ersucht, einen Gypsabguß meiner derzeitigen, sowie meine Wünsche in Bezug auf meine künftige Nase bekannt zu ge­­ben. Einige Pfunde Gyp8 und unglaubliche Mühe seßten mich endlich in den Stand, eine ziemlich genaue Sopie meines Lebensübels anzufertigen, welche ich schleunig mit dem Erjuchen absandte, meine Nase in eine solche von echt griechischen Schnitt zu verwandeln. Nach vierzehn Z­agen ungefähr ward mir dur die Thürspalte (denn nur so verkehrte ich mehr mit den Menschen) ein riesiges Paket über­­mittelt. Basistempel Basel! Hoffnungsselige Ge­­fühle schwellten meine Brust; freudestrahlend öffnete ich die Hülle und fand einen Höchst komplizirten Leder- und Schraubenapparat meist ausführlicher

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