Pester Lloyd - Abendblatt, Januar 1855 (Jahrgang 2, nr. 1-27)

1855-01-26 / nr. 23

Niro. 23. Pet, 1855. Abendblatt des Reiter X109. Freitag,26.Jän­ner. * Het, 26. Jänner. Wegen des großen Schneefalls der preußischen Politik eine Das Bedeutendste, das die nächsten Tage ung sind sämmtliche Pos­­ten heute ausgeblieben , wir sind daher auf ziemlich magere Kost gelegt, wohl bietet auch hankenswerth — vie heutige journalistische Nac­ete Gleich des Interessanten genug. Der hier unmittelbar folgende Brief der „Triefl. 319." gibt einen neuen Beleg für die „Doffnungen“, welche an die Friedenskonferensen geknüpft werden dürfen; die Berliner Korrespondenz macht eg sich zur Aufgabe, was freilich wenig wahrscheinlich in ver Rufferlichen Reve, Wien, 19. Jänner. In gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen ist über die even­tuelle Haltung der Westmächte bei den Friedensverhandlungen die Ansicht vorherrschend, daß dieselben eine sehr bestimmte Präzisieung der vier Punkte und namentlich der Ga­­rantien gegenüber von Rußland in Antrag bringen werden. In den Konferenzen selbst dürften schwerk­e große Schwierigkeiten erhoben werden, da die — wie wohl zu bemerken ist — ihre Anträge gegenüber dem Medereinsti­mmung zu bringen die Absicht, und bereits drei alliirten werde, so glauben in die Solivarität der vertretenen Interissen ausgesprochen haben. Der eigentlichen Eröffnung der Konferenz wird daher unmittelbar nach dem Eintreffen der Instruktionen der Gesandten der Westmächte noch ein Diplomatischer Aft vorangehen , der jeden Zweifel über die an Rußland zu stellen­­den Forderungen heben , und die Konformität der Ansichten der durch den Verlag vom 2. Dezember alliirten Drogmächte konstatiren wird. Wenn man in Petersburg daher zu dem Glauben verleitet war, daß die Erklärung des Fürsten Cortfhaloff vom 7. Son­ner bag Band zwischen Oesterreich und den Westmächten lösen daß man sich täuschte. Im Gegentheile wird Rußland zu bemert­n Gelegenheit haben, daß das Bündnis vom 2. Dezember nicht durch den Drang des Augenblickes, sondern dur den Zusammenfluß der gegenseitigen Interessen herbeigeführt wurde, und es wird an ihm Liegen, die Bereitwilligkeit zum Frieden nicht durch nachträgliche gen illusorisch zu machen. Andererseits wird aber auch führen, dürfte so oft, so werden wir vieler Jahres eine ganz „isolirte” die diese, fehloffen bleibt, ist nicht hoch anzuschlagen, und wenn au im Publik­um, Preußen, fein and, einigen EFleinen darin, würde aber den Kampf um die eigene und um die Exittenz Erläuterun­­gesterreich beweisen, daß sein ihm gebührender Einfluß auf die Entschliegungen der Westmächte ein solcher gewesen, um Alles zu vermeiden, wodurch die Ehre Rußlands gefährdet und seine Macht — insoweit sie nur eine unberechtigte Präponderanz im europäischen Staatensysteme prä­­tendirt — gesämwächt erfeint. Die Hoffnung und der Zweck des gegen­wärtigen Griedenskongresses besteht eben ein wirkli­­hes Gleigewicht unter den Großstaaten Europa’ herbei zu­­(Tr. 3.) Berlin, 23. Jänner. Die in diesen Tagen hier erschienene Schrift: „Die Ifolirung" macht wegen ihrer offenen un­unummundenen Vertheidigung der Ifolirung Preußens in den hiesigen politischen Kreisen großes Aufsehen. Da viese Schrift mit den Anschauungen Kreise im vollen Gegenfaß steht, vieselbe zweifelsohne auf bedeutenden Widerspruch stoßen. Zur näheren Bezeichnung des Inhalts der Schrift theilen wir folgende Stellen aus verselben mit: „Ein Ausscheiden Preußens aus dem europäischen Konzert der Wie­­ner Srüjahrsprotofole von 1854 oder vielmehr ein Herausprängen Preußens das raus dur­ die Mächte ver Zripleallrang, macht andere fein. eben dem europäischen Konzert ein Ende und sicheivet Europa in zwei, wenn auch ungleich kriegführende Hälften. Die große Katastrophe wäre dann da; Preußen hätte die beiden erstgenannten Punkte knüpfen, 2. mweitern sie nicht herbeigeführt, Deutschland zu käm­­pfen haben. Mit dieser verhängnißvollen Eventualität frift die orientalische Frage in den Hintergrund. Die Mächte der Tripleallianz, beson­ders Oesterreich, haben sie kaum weniger zu fürchten als Preußen, und es wird für sie darin eine vollwich­­tige Nöthigung dazu liegen, diesen Staat eine, der Eigenteü­mlichkeit der eigenen Verhältnisse und Interessen angemessene selbslämhige Stellung neben ihnen nehs men zu lassen. Will man eine solcge Stellung­sfüh­rung nennen, so haben wir nichts dagegen. Der Nachtheil, der für Preußen daraus erwächst, mar es z. B. von der­ offiziellen Betheiligung an den Friedensverhandlungen oder ähnlichen Bespre­­chungen auf Grund des Präliminarvertrages von Dezember in Wien auchges fo wird man sich doch schwerlich in den preußischen Regierungssphären irgendwie darüber beunruhigt haben (2). Es leuchtet ein, daß, wenn es möglich wäre, über einen Staat von Preußens Machtverhältnissen und geographischer Lage in irgendeiner Weise zur Tagesordnung überzugehen, die Geschichte der diplomatischen Verhandlungen des vorigen würde. Da dem nun aber Spannungen mit Ruhe entgegensehen künnen. Dad punctum saliens bleiben doch die Leistungsforderuns­sen an das von österreichischer Seite auch schen erfolgt sind." „Es wäre wahrlich dag erstemal in der preußischen Geschichte daß die Kraft bieted Staats für fremde Ziele, Über deren Natur ihm unbekannte Verabredungen vorher getroffen wurden, in Bewegung Fäme."­­ Ferner heißt es in der Schrift: „Die Bronzefteiung Preußens wie des Bundes gegen Rußland ist übrigens, namentlich: durch die erorbitante Stipulation des Zufagartsfeld vom 26. November 1854 zu Gunsten Desterreichs, so scharf ge­zeichnet, daß hierüber ernstlicher Zweifel bei den westlichen Kabineten wohl nie ob­ gewaltet haben.“ „Es wird sich am Bande nicht blos um die Restifizirung der neuen Vertragdverhältnisse mit Oesterreich und um die Abwehr vorzeitiger Rüstun­­gen und militärischer Aufstelungen handeln, — neben der Negative wird hier ein positives Programm aufzustellen Die preußisch-deutschen Bestre­bungen zielen nach der Befreiung ber dfilichen Verkehrsverhältnisse, nac) der Su­­dzollregulirung, nach der Revision des Londoner Vertrags vom 8. Mai 1852." (Die Revision des Vertrags vom 13. Juli 1841 berührt nach der Ansicht ves Berlafferd nur deutsche Nebeninteressen.­ „Sie werden in vorberei­­tender Weise zur Erörterung gelangen künnen. Die Forderungen, welche sich an sind wesentlich antiruffisch, namentlich auch die Sunodzollfrage, die der Chef des bereinst in Holstein und Dänemark erbenden nordischen Kaiserhaufen nie aus dem Auge gelassen hat. Diese Sunodzoll»­frage muß zum Spruche kommen, da die Kündigung des betreffenden Vertrags von Seiten der nordamerikanischen Freistaaten erfolgt ist, und man, wenn die intrifate Sache einmal so herzhaft angefaßt ist, von vielen Seiten an die Konsequenzen zu wenfen hat.“ „Die Triplenalliang der Bettmächte und Oesterreich­s erscheint und als eine vordans naturwüchsige Die Dunprupleallianz, welche durch Preußens Hinzutritt entstände, brächte nur einen Faktor hinein, wer wohl mitleisten, aber nicht verhältnißmäßig mitinteressiren würde. Er müßte durce diesen vorzeitigen Eintritt in die Aktivität mit seiner nächsten Aufgabe in Widers­­pruch kommen und seine Machtwirkung würde von ihrem Schwerpunkt verrückt.“ „Tritt aber der nord­ssche Krieg wirklich noch mit ganzem Ernst ein, so ist Preußens Theilnahme unab­weislich. Es wird dazu seiner vollen Kraft bedürfen, und viele sowie die des Bundes ist deshalb möglichst sorgfältig für jene Alternative zu ber­­ahren und erst dann rechtzeitig zur Wahrnehmung der eigensten Interessen in Dewegung zu feen." Kriegsschauplan. Schwarzes Meer. Das Pays bringt Korrespondenzen aus Konstantinoo­pel vom 5. Jänner, welche die Nachricht von dem­ zwischen Türken und Rufsen bei Eupatoria stattgehabten Kampfe bestätigen. „Nach diesen Korrespondenzen“, heißt es in dem Pays, „beschränkte sich inveffen Alles auf den Angriff auf ein rufe fn­des Convyey, das Lebensmittel und Munition für das Armeekorps des Om­e­rale Liprandi transportirte. Dieser von einem starren Detachement Kojafen erfor­­dirte Conycey fell von einer Kolonne Türfen in der Nähe von Eupatoria über­­rumpelt worden und nebst einigen Hundert Pferden der in diesem Treffen getöchter­ten Ruffen in die Gewalt der Türken gefallen sein. Auf diefes reduzirt, ist die Thatsahe wahrscheinlich und doch das Resultat von Be­deutung, weil der­ Erfolg der Zürfen die russische Armee der erwarteten Borräthe beraubt hat. Eine Kolonne Scharffhagen hat eie­ner wichtigen Position von Kamara, in der Nähe von Baz­loslawa, bemächtigt, nachdem sie vie­r Ruffen daraus vertrieben. Der Feind erlitt bei dieser Affäre höchst empfindliche Berlchte; vollständig geschlagen, ergriff er eiligst die Flucht, seine Fourage und seine Lagergeräthschaften verbrennend. Der Berlust der Rufsen während ver­legten Tage des Dezember in und um Sebastopol wird auf mehr als 8000 Mann geschäßt." Ein französisches Provinzialblatt veröffentlicht ein Schreiben, welches Ein­­zelheiten über den Tod des Obersten Damas vom 6. Linienregiment (eines Sohnes des gleichnamigen Generals) enthält. Dasselbe ist vor Sebastopol‘ vom 22. Dezember 1854 Katirt und vom Bruder des­­ Obersten geschrieben. Wir entnehmen daraus Nachstehendes: „Mein Bruder ist in einer feines Vaters wür­­digen Weise gestorben. In aller Eile von Engländern mit einem Bataillon des 6. und 7. Linienregiments zu Hilfe gefchtet, begaben sie se in Lauftritt auf den Kampfplag, welcher mehr als zwei Kilometer­ von der Stelfe, wo sie in Position waren, entfernt lag. Die kleine französische Kolonne sah den Feind erst auf einige Schritte vor sich, als sie auf einer Anhöhe anlangte. Hier fragte sie einen Augen- Mich beim Anblic­ker großen Dienge der Feinde. Der Oberst Camrad war zu Pferde, er zieht seinen Degen und ruft: „Mir nach, 6. Linienregiment, folgt euerem Ober»­sten!“ und er flürgte sich vorwärts und seine Soldaten folgten ihm und drangen in die Ruffen ein. Diese, von einem so plöglichen Angriff erschreckt, stürzten sich die Einen auf die Anveren, eine Peloton brachte das folgende in Unordnung, und bald entstand eine Schlächterei, in welcher jeder Soldat auf seine Rechnung tödtete und vor sich eine verworrene Heerde Menschen trieb. .­­In diesem Getü­mmel ward Oberst Camas von einem Schuß unten in die linke Brust getroffen.Er sagte zu ein­em Sergeanten,der sich in seiner Nähe be­­fand-daß er sich tödtlich verwunde füble Dieser hielt ihn jetzt aufrecht und half ihm nach dem Lager gehen.Aber die Kräfte versagten ihm ihren Dienst.Der Oberst sah sich gen­bm­igt,sich niederzusetzen.Der Sergeant rief einen seiner Kameraden vom 7.leichten Regimen­t zu Hilfe,und diese schleppten ihn,i indem sie ihn unter die Schultern­ faßten,nochZo Schritte weiter,wo sie sich ausruhen mußten.Der Oberst,welcher nicht zu leiden schien,aber viel Blut verlor und immer schwäc­er wurde,sagte ihnen,sie möchten­ fortgehen und ihn ruhig sterben lassen.»Es ist dein Oberst,der dir zum­ letzten Male Befehl gibt«­,sagte er dem Sergean­ten Riret vomisinienregiment,welcher darauf bestan­d,bei ihm zu bleiben,»sei ihm nicht ungehorsam.««Ricci blieb dessen ungeachtet.Endlich verlor der Oberst das Bewußts sein,und auf der Erde ausgestreckt griff er um sich mit der Hand,die Worte: »Der Degen meines Vaters!«wiederholend.In Folge des Hin-und Verschwun­­dens der im Kampfe begriffenen Kolonnen waren die Nussen auf dem Platz,wo der Oberst lag,zurückgekommen.Ricei mußte ihm daher im Stich lassen.Später fand man ihn auf derselben Stelle todtz das Gerücht ist aber unwahr,daß er von den Russen mit Kolbenschlägen oder mit dem Bajonnet umgebracht wurde,denn an der Leiche fanden sichline Spuren davon­.Doch waren ihm die Stiefel ausge­­zogen, auch Uhr, Börse und Ringe waren ihm abgenommen. Die einzige Dekona­­tion, die er trug, war ein Band, welches er Ricci mit der Bitte gegeben hatte, es dem Oberstlieutenant Boze zu überreichen. Diesen Unteroffizier hatte er auch gebe­­ten, mir zu sagen, ich möchte seiner Mutter und seiner Frau schreiben , ihn nicht zu bejammern. „Wenn vu hörft, daß Jemand Grund hat, sich über mich zu bella­s gen, so sage ihm, daß ich ihn um Verzeihung bitte." .Bukarest,15.J­a­nner.(Bul.d.Ztg.)Zum gestrigen­ Neujahrsfeste­n.Sr.hat in Abwesenheit Sr.Exzellenz des KaiserLösterr.Armeekorpskomman­­danten,FML.Grafen Corouini,hoch dessen Stellvertreter Sr.Crzes­enzder Heir Kommandant der­ais.Truppen in der Walachei,FML.Baron Alemann in Begleitung des Korpshauptquartiers,der ü­brigen hier befin­dlichen Kais.Herren Generali­ und einer großen Anzahl von Grabs-und Oberoffizieren Sr.Durchs laucht dem regierenden Fü­rsten die übliche Gratulation abgestattet. «Konstantinopel,11.J­a­nner.In­ der hiesigen Handelswelt geht es besser,als esje sic­her im­ Frieden gegangen.Während wir aus dem Westen Von Fallimenten­,Baisse und Stockungen in jeder Beziehun­g hören,sieht m­an hier nur Regsam­keit und freudige Gesichter.Der Handel steht in­ voller Blüthe un­d hat eine Ausdehnung erlangt,wie er sie hier vielleicht noch nie gehabt hat.Alltäg­­lich en­tstehen neue größere und kleinere Handlungshäuser und kom­men­ aus Osten und Westen Spekulanten mit und ohne Kapital an.Die Armeen der Westmächte haben außerordentlich große Summen wiehergebracht,und das Goldeießtbergs auf und bergab durch alle Stände.Auch in den niedrigen Stän­den bei Handwer­­kern und Krämern wird viel verdient,ja,entstehen bedeutende neue Verm­ögen, Richtseite abzugewinnen. Fürsten Gortschatoff bringen fünnen, konzentrirt sich Mächte wir, so es nicht

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