Pester Lloyd - Abendblatt, August 1855 (Jahrgang 2, nr. 178-202)

1855-08-07 / nr. 183

Aubendblatt des pes­ter Dienflag, 7. Augus. 9ro. 183. 2 Def. 1855. Telegraphische Depesche der „Def terr. Korrespondenz.“ Ddefla, 1. August. Nach einem Konsulatsberichte aus Taganrog vom 25. Sul, besheß eine englische Dampfschaluppe die Stadt durch mehrere Tage, strandete jedoch zuleßt auf einer Sandbank und wurde von den Kosaken verbrannt. Die Equipage rettete sich auf Boten. Auch in Berdtanst erneuerten die Aliirten am 22. und 23. Juli das Feuer, zerstörten den westlichen Stadttheil und etwa 20.000 Tibetwert Getreide. In Odessa ereignen si noch immer Cholerafälle. # Meft, 7. August. Die Zustände Italiens fesseln die Aufmerksam­­keit mit jedem Tage mehr. Was Neapel betrifft, so entwerfen die Korrespon­­denten deutscher und französischer offiziöser Blätter (f. unten) das düsterste Bild von seiner Lage. Der , A. A. 3." Schreibt man von W­olidaufläufen in der Romagna und in der Mart von Ancona, die am leiteren Orten und wahr­scheinlich auch schon In anderen Städten zur Erklärung des Belagerungszustandes geführt haben. Die steigende Theuerung soll der Hauptgrund dieser Auftritte sein. — Auch Piemont denkt nach der "I. b." daran, die durch die Krimm­­expedition in seinem Heere entstandenen Bod­en wieder auszufüllen. Wehrngeng soll die Turiner Regierung durch Direkte Verwendung Napoleon­s im Balk­an, vorläufig wenigstend der Sorge über­ ihre Stellung zum päpstlichen Stuhle überhoben werden, und in dem römischen Konsistorium vom 26. Juli, dessen Resultate natürlich no) Geheimniß sind, nur von Spanien die Rede gewesen sein,­­ erhält sich Daher auch das Gerücht, König Emanuel werde nächte Woche nach Paris abreisen — und zwar mit dem Zufalle, „um seinem Neid­e eine neue Königin zu geben.“ s· Der»Moniteur«vom 5·enthält ein Zirkular des Prinzen Napol­leon,womit die Jury aufgefordert wird,von den Ausstellern die Namhaftmas­chung der vorzüglichsten Arbeiter zu verlangen,damit auch diese an den betreffen­­den Belohnungen Theilnehmen können.Die französischen Journale haben die Wei­­sung erhalten­ ü­ber die Verhandlungen des Prozesses der geheimen Geselli­schaften keine Berichte zu erstatten.Eine nicht zu übersehende Erscheinung ist, daß seit drei Jahren bei allen derartigen Vorfällen auch nicht eine einzige hervorr­ragende Persönlichkeit zu bemerken war.Die Verbindungsfäden,die man zwi­­schen den spanischen­ und französischen Legitimisten entdeckt hat,verschaffen——nach den Korrespondenzen der,,J.b.«—­Espartero die immer nachdrücklichere Unters­­tützung der napoleonischen Regierung. Im Parlamentelementirte Lord Panmure am 3.August das Gerücht vom­ Tode des Generals Beatson.In Han­nover ist am 4. eine königliche Proklamation betreffend die Abänderung des Verfassungs­­gesetzes vom­ Septem­ber 1848 erschienen.In den Donau­fürstenthümern soll die Errichtung einer Gensd’armerie nach dem Muster der österreichischen beantragt sein. In Amerika hat sie den Know-Nothing’s (Nichtswiffenden) gegenüber ein Verein der Know-Something’s (Etwaswiffenden) gebildet. Er bezweckt eine Fusion aller Parteien, welche gegen Ausbreitung der Sklaverei und Meder­­gewicht der Sklavenhalter gestimmt sind. E. C. London, 3. August. Der , Globe", der seit Kurzem den Konsti­­tutionellen Bewegungen in mehreren deutschen Staaten einige Aufmerksamkeit ge­­schenkt hat, bemüht sie fest diese Krundgebungen in Zusammenhang mit der orientalischen Frage und der Stellung Westeuropa’s zu bringen. England könne in dem auflebenden Muth der liberalen Partei in Deutschland ein lebendiges Zeichen von Sympathie für Die Sache der Alliirten sehen. Man solle aber nicht wähnen, daß die englische Regierung diese Sympathien gesucht oder geschürt habe, wenn es auch ihre Existenz nicht ignoriren könne. Es falle der englischen Negierung nicht etwa ein, an das Bolt von Berlin gegen die Hofpartei zu appelliren. Doc künne es nicht Schaden, die kontinentalen Negierungen auf den Stand der Dinge im Allgemeinen aufmerks­am zu machen. In dem ganzen Ar­­tikel wird Übrigens den Negierungen mit seinem Wort zur Nachgiebigkeit gegen die Wünsche der Konstitutionellen gerathen. Sir de Lacy Evans erklärt in den Zeitungen sein tiefes Bedauern, daß das Polenmeeting um seinetwillen unterblieben ist. Er hat sich nicht für so umentbehrlic gehalten, und leidet an einer periodischen Strankheit, die ihm als Andenten an die Krimm geblieben ist. Anderseits macht die literarische Gesellschaft der Polenfreunde bekannt, daß Die Anwesenheit des tapfern Veteranen bei dem Meeting unumgänglich sei, weil das­­selbe vorzugs­weise die Bildung einer Polenlegion besprechen sol; ein Thema, welchem Sir de Lacy’s Erfahrung und Fachkenntniß allein Gerechtigkeit wider­­fahren lassen kann. Nach einer Erklärung, die der verdienstvolle Generalmajor Chesney in der „Times“ veröffentlicht, war die ihn betreffende Angabe Lord Palmerstion’s vollkommen unrichtig. Chesney erhielt am 27. Jänner vom Herzog vom Newcastle den Auftrag, die Organisation der „Fremdenlegion­ (nicht des türkischen Kontingents) zu übernehmen. Am 12. Februar nahm­ Lord Panmure die Grneinung ohne Angabe eines Grundes zurück. Gestern ist der bekannte Oberst Stilvino Olivieri in London angekommen. In Montevideo führte er eine­ italienische Legion gegen Urgutza an. Während einer Reise in Italien war er verhaftet und von der Sacra Gonfulta zu 18jähriger Galeerenstrafe ver­­urtheilt worden, aber auf die Verwendung Frankreichs wurde er völlig amnestirt. „Daily News" rühmt sein militärisches Genie. Mad dem , Globe" wird die Königin das Parlament nicht in eigener Person prorogiren, sondern am 17. direkt von Osborne nach Boulogne abreisen — wahrscheinlich in offizieller Begleitung des Earl of Glarendon. — Prinz Al­­bert II nach dem Lager von Aldershatt zur Instruktion der Truppen. Sir George Brown war zwei Tage bei der Königin in Asborne zu Gaste. Ueber das Lager der Fremdenlegion bei Shorncliffe wird der „Daily News“ unter Anderem Folgendes­ mitgetheilt: Das ganze Lager ist recht mit Schildwachen umstellt, um Desertionen vorzubeugen. Man war zu dieser Vorsichts­­maßregel gezwungen, nachdem man sich überzeugt hatte, daß zwei Subjekte die Legionäre zum Davonlaufen bewegen wollten, daß es jedoch bisher gelungen wäre, den Einen derselben (Namens Hill), der schon gefänglich eingezogen war, gericht­­lich seiner Schuld zu überführen. Die Schüeen rühmen sich, daß aus ihrem Korps bisher nur Ein Mann defertirte, und dieser Eine war ein halbverrückter Studiosus der Theologie, der bald freiwillig zurückkam. Dieses Schüpencorps, beinahe ganz aus Deutschen bestehend, ist der beste Theil der Legion und daher einer weniger strengen Disziplin als die übrigen Legionärs unterworfen. Die nördliche Seite des Lagers ist von Osten nach Westen von der Artillerie, Kavallerie und dem Schützenkorps eingenommen. Das Artilleriekorps ist am 1. August abgerü­ckt (es hieß nach London), und der Tag ihrer Nackehr ist nicht bestimmt. Die Kavallerie besteht erst aus 300 Mann, von denen erst 100 u­niformirt sind. Die übrigen Uniformen waren zu enge und wurden retour geschickt, so daß ein großer Theil der Legionäre noch in Bloufen, Gebröchen und Frads einezerzirt wird. Die guten Leute wundern sich nicht wenig, daß das reiche industrielle England so lange braucht, um ein paar hundert Uniformen fertig zu erregen. Schmachvoller aber ist, daß sie noch immer keine Gurte für ihre Säbel haben, so daß die Kavalleristen bei ihren Säbelexerzitien die Scheiden in der Linken Hand halten müssen. Wer an dieser Krähminkteliade Schuld ist, weiß der Himmel. Das Lager zählt an 2000 Mann. Es wird viel exerziert und, wie es scheint, nicht immer mit Ber­­stand, denn man läßt diese jungen Nefruten schon Manöver im Großen aus­­führen, wo dann natürlich Alles drunter und drüber geht. Bein lebten derselben fürzte Major Nadomwiß, ein sehr geachteter Offizier, mit feinem Pferde, brach ein Bein und trug überdies eine schlimme Kopf­wunde davon. Der Kaiser der Franzosen hat den Herren Staple­r, welche bei seinem Besuch in der Guildhall das Dejeuner besorgt und der Kaiserin einen Theil des eigens für diese Gelegenheit angefertigten Tafelgeschirres zum Andenken geaettet hatten, werthvolle Bufennadeln überreichen lassen. — Der lette Abschnitt des Tele­graphendrahtes, der die Leitung nach Algier über Gorfila und Sardinien vollenden sol­­gt vor wenigen Tagen von Greenwich aus vere­schifft worden. Er ist 162 englische Meilen lang, enthält fede­rjohirte Kupfer­­drähte und wiegt 15.000 Ztr. Er wird von der Siüdseite Sardinieng bis an die afrikanische Küste, in der Nähe von Algier­­ gelegt, und dürfte der Anfang der großen Telegraphenlinie werden, die Europa mit Asien und Australien ver­­binden sol. — Die von den preußischen Kammern ausgehende oder doc befür­­wortete Reklamation im Interesse des Dr. Perthmann ist von Lord Glarendon als nicht stichhaltig zurückgewotesen worden. Die Freunde des unglücklichen Dok­t0r8 — der übrigen­ , wie wir hören, noch immer Luft zeigt, seine Gänge nach Buckingham Palace zu erneuern — fahren nichtsdestoweniger fort, si­ch­ sein Schieffal lebhaft zu interessiren. — Die Zeugen verhöre vor den drei Re­orders fü­r und gegen die Polizei wegen ihres Benehmens bei den Ruhe­störungen in Hydepart sind gestern geschlossen worden. Die Kommission hat mun ihren Bericht abzustatten, wird aber kaum im Stande sein, denselben dem Parlamente vor dessen Befragung vorzulegen. Die Abschließung der tort Anleihe im Betrage von 5 Mill. 8, wird heute offiziell von der Negierung angezeigt und verfügt, „daß, im Falle die t­k. Negierung den Betrag der halbjährigen Interessen ganz oder theilwei­se nicht beschaffen sollte, die britische Negierung die betreffende Summe der engl. Bank zur Auszahlung der­ Interessen verabfolgen werde; daß­ die britische Negie­­rung hierauf der franz. Negierung Über den auf diese Weise vorgeschaffenen Bei­trag Mittheilung machen werde, und daß die franz. Regierung ihrerseits der brit. Regierung die Hälfte dieses Betrages unverzüglich einsenden werde, in wobei das Webereinkommen stattfindet, daß alle von der britischen und französischen Ne­­gierung dermaßen vorgestreeften Summen ihnen aus den von der türkischen Re­gierung der englischen in der Folge remittirten Beträgen nach Verhältniß zurü­ck­­gezahlt werden sollen.* — Dieses Dokument wurde in London am 27. Juli von Lord Blarendon und dem Grafen von Pehrsigny unterzeichnet. Parlament, 2. August Oberhaus. Es kamen die tak­ische Anleihe, Bill und die neue Bier- Bill zur ersten, eine Anzahl anderer Gelegentwürfe zur dritten Lesung. Unterhaus Nach einem langen Wortscharmügel zwischen Lord Palmerston, Sir 3. Peel und einigen unabhängigen Mitgliedern, welche in der dem Oberst Lord Paget gewährten Verdienstzulage von 100­8. jährlich eine unmotivirte Bevorzugung erblichen, legte das Haus das „Berwilligungsgeschäft“ mit ziemlicher Eile fort, doch fanden Anstands­halber bei einzelen Voten kurze Unterbrechungen und Zwischenfragen statt. Ueber das vom Scap­­kanzler beantragte Kreditvotum von 3 Mi.­o. zur „Kräftigen Fortführung des Krieges“ äußerte Mr. Williams seine Verwunderung, bitte Mr. Henley über die 2,500,000 £. nachträgliche Kommissariatsvoranschläge; die Höhe der Summe fehlen ihm ein Earer Beweis, daß sr die Regierung noch vor Kurzem von der Dauer, der Ausdehnung und den Bedürfnissen des Krieges eine falsche oder gar keine Vorstellung machte. Bei keinem der verschiedenen Posten kam es zur Abstimmung. Endlich gelangte Nachmittags noch die neue Sonntags-DBier- Bill zur festen Lesung, so daß sie eine Weile nachher vor die Lords gelangen konnte (siehe Oberhaus). — In der Abendfigung gab die Motion, in Bewilligungssomite zu gehen, wie­­der Gelegenheit zu einer Reihe von Interpellationen­. » » Mr.Roebuck feind es unerklärlich,daß ein neu­ erfundenes Geschoß,m­it welchem bei Shoeburhnett befriedigende Versuche angestellt wurden­,volle 9 Monate unbeachtet dem Zeu­g­­am­t vorgelegen habe.Mr.Fr­ench äußerte sich in­ ähnlichem­ Sinn über Disney’s Eisridiung. Mr.Monsell erklärt,ersteres Geschoß habe die anfänglichen Proben nicht bestanden, später jedoch wesentliche Verbesserungen erfahren. Weder Disney’s flüssiges Feuer und seine Vortheile habe man aus der Krimm noch nichts erfahren, aber darauf gebe er sein Wort, daß höhern Orts kein Vorurtheil gegen die Bewegung irgend einer Erfindung herrsche. » Mr­ Milner Gibson erwähnt eines Schreibens aus Bremen,worin­ über»die bri­­tischen Kriegsschiffe sind ihr Treiben au­f der Elbe und Weserbeschwerde geführt wird-um darin die Frage zu knüpfen,ob die Regieru­ng glaube,daß das Bedürsiniß einer Frem­idenles gion sie zur Verletzu­ng der Gesetze des Auslan­des berechtigt(hört!hort»!)un­­d ob sie deshalb keine Mittheilung von­ Seiten der Han­sestädte erhalten habe?Der heutige Ti­­mes-Artikel weise ein grelles Licht auf das ähnliche Treiben,welches an dem neutralen­ Bos den­ der vereinigten Staaten stattfinde,obgleich die Republik sowohl die Werbu­ng von Rekkus­ten für Englan­d wie andererseits die Au­srüstu­ng russischer Kaperschisse verbiete.«Wenn der Krieg so populär und die Kampfbegier des englischen Volkes wirklich, so bremmend sei, wozu dann Die ilegitimen Umtriebe, um eine Fremdenlegion zusammen zu schmuggeln? Lord Balmerston erwidert, es sei wohlbekanmnt, daß die Negierung auf der Insel Helgoland ein Depot zur Anmerkung von Personen, die aus Deutschland kommen, errichtet habe, und was wo immer für Gefege in manchen Staaten gegen die Anm­erbung auf dem Boden derselben bestehen mö»­gen, in seinem gebe es ein Verbot gegen die freie Bewegung von Personen, welche Luft haben das Land zu irgend einen beliebigen 3wed zu verlassen. (Hört, hört!) Ein ähnliches Depot bestand in Halifax in Amerika (auf britischen Boden) zur Anmerkung von Leuten, die woher immer kommen möchten. Da jedoch in den vereinigten Staaten die Frage aufgeworfen wurde, ob dies nicht gegen das amerikanische Geieg verstoße, habe Ihrer Maj. Regierung die Werbung in Halifax eingestellt. (Hört, Hört!) Mr. Gibson: Ich glaube, der edle Lord mißversteht meine Frage zum Theil. Liegen britische Kriegssehilfe auf der Elbe und Weser, um die in Han­burg oder in Bremen Angeworbenen aufzunehmen und fortzuschaffen? Darum handelt es sich. Lord Palmerton: Darin liegt durchaus seine Verlegung irgend eines fremden Handelsge­­sees. Ich glaube, es liegen dort Fahrzeuge, die jeden an Bord nehmen, dem es besicht. Die Fahrt nach Helgoland zu machen. (Cheers und Laden.) Der Komiteberathung selost steht nun nichts mehr im Wege, und Mr. Monsell begleitet die Vorlegung der Zeugamtskosten mit einer Erläuterung über verschiedene Verwal­­tungsreformen,­ die jedoch von fünf, sechs Mitgliedern ungünstig Fritisirt werden. Das Votum indessen geht ohne Abstimmung doch. Dagegen erheben sich Mr. Spooner und Mr. Bright gegen die Bewilligung von 15,000 8. behufs einer permanenten Ausstellung wissenschaftlicher

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