Pester Lloyd - Abendblatt, September 1855 (Jahrgang 2, nr. 203-226)

1855-09-17 / nr. 215

Die einzelne Nummer Abendblatt des Pester Montag, 17. September.­­ Nero, £ oftet 0 1 fr. % €, Mie. Dingen El END ZZ 215. Ge­bet, 1855. % Meft, 17. Sept. Neue Details Über die jüngsten Ereignisse auf dem Kriegsi danplatz, so­wie über die offiziellen Feierlichkeiten und den Jubel, mit den die Nachrichten aus der Krimm in Paris und London aufgenommen wur­­den, findet Der Leser weiter unten, . Hier tragen wir aus dem militärisch­en Theile der heute fälligen Post nur noch­ einige Daten von allgemeinerem Interesse nach. Die Königin Viktoria ließ die verbündeten Armeen Durch General Simpson zum Falle Sebastopol’s beglückwünschen. Fürst Gottscharoff’s neuefte Depesche lautet: 11. September halb 12 Uhr Abends. In dem fünlichen Theile von Sebastopol, der von unseren Truppen geräumt wurde, haben wir den größten Theil der Forts und Forti­­fikationen gesprengt. Der Feind fängt an sich in Meinen Detachements in der Stadt zu zei­gen. Sämmtliche Verwundete, welche wir am 9. September dort gelassen hatten, konnten in den nördlichen Theil gebracht werden. Bei dem Sturm vom 8. September hat der Feind 18 Offiziere und 169 Soldaten in unseren Händen gelassen. Die Franzosen haben — nach einer Depefche Peliffier’s von glei­­chem Datum — 210 verwundete Offiziere. Im einer anderen, durch den Tele­graphen schon befraut gewordenen Depeiche sagt der französische Chefgeneral aus­­drücklich: Die Vertheidigungs­arbeiten und Die Dazu verwandten Mittel übersteigen um Bieles alles, bisher in der Keriensgeschichte Gesehene.‘ Meber die wahrscheinlichen Folgen beg 8. September in Bezug auf die Sriezensfrage hört die „Brest. Ztg.“ aus Wien, daß der Kaiser Alexander einem ihm nahe befreundeten Monarchen das Mißgefchte, das die russische Waffenmacht in Sebastopol getroffen, gemeldet habe, und daß die Depetche ansprüchlich auf die Erschwerung eines friedlichen Ausganges durch die erlittene Niederlage bedauernd hinweist. In­­ demselben Sinne schreibt man der "D. A. 3." aus Paris: „Man hält Die Fortlegung des Kriegs für unvermeidlich. „Man wird‘, sagte ein Mann, wer seiner Zeit die französische Regierung in der Hauptstadt Rußlands vertreten, „in Petersburg auf die Ermit­­tlung der Alliirten und die Gunst der Zufälligkeiten zählen und alle Zugeständnisse verweigern.‘ Eben dieser Korrespondent will willen, der Kaiser hoffe fest aufs Neue seinen Lieblingsplan in Erfüllung gehen zu sehen. Die Krönung wurde den Pabst.” nn erhalten wir noch folgende auf die Kriegführung bezügliche Nachrich­­ten : Der französische Kriegsminister hat — nach einem Marseiller Briefe — die Bek­ennung von Belagerungsmaterialien und Wurfgeschosfen nach der Krimm fugpenwert. Aus Warschau wir gemeldet, daß Panjutin definitiv zum­­­berbefeh­lshaber der Zentralarmee in Kiem ernannt worden ist. Omer Pasda i­ nad Kamiesh, General Vivian nach Eupatoria_ab­­gegangen. SchamyL hat mit den Rufen einen Waffenstillstand auf jedhe Monate abgeschlossen. Der persische Stabschef CE. F. österreichische Obrist Graf Baraczay­ ist nach Petersburg abgereist, neue Truppensendungen aus Oren­­burg haben vie euffische Kaukasusarmee völlig ampletirt. Auf das Diplomatische Gebiet übergehend, beginnen wir mit folgenden h­öchst wichtigen Aufklärungen des bekannten Y-Korrespondenten der ‚Ind. b." So wie ich die gegenseitige Gesinnung der Regierungen Franfreichs, Englands und Oesterreichs, ihre Entsc­hlüsse und Die daraus resultirende Gesammtlage geschildert, wird Oesterreich unseren Sieg ohne Zweifel als loyaler Bundesgenosse begrüßen, aber Feine V­eranlassung finden, sid, weiter zu verpflichten. Ihm wird nur obliegen, fid mie früher, innerhalb der vorgesehenen Umstände und festgelegten Bedingungen, kampfbereit zu halten, und Diesem Engagement wird es sicherlich entsprechen; das darf man um so bestimmter erwarten, als es noch, neuerdings, vor dem Falle Sebastopols, einen fehlagenden Beweis gegeben hat, wie es seine Pfitten und seine bundesgenossenschaftlichen Pflichten auffaßt. » Fürst Gortschakoff machte vor einigen Tagen dem GrafenBnol in dessen Kabinett Eröffnungen­,ja Insituation­en von auffallender Tragweite.Er ließ durchblicken­, daß Rußland einer friedlichen Beilegung unter Oesterreichs Vermittlung sehr geneigt»sei­­in diesem Falle werde er das Maximum­­ aller beabsichtigten Zugeständni­sse in die Hände des Grafen n­iederlegen,Letzterem die Frage überlassend,sie vorzulegen,zu formuliren­ und abzu­messen.Es war ein­ unbedingtes Vertrau­ensmandat,das Rußlan­d Oesterreich an­bot. Graf Buol ließ den Fürsten ausreden­,hörte ihn­ bis zu Ende und er wiederte ihm dann­: Wenn Rußland eine Vermittlung wünschte,so habe es eine Oists Verwechslung begangen, indem es sich damit nach Wien gewandt—es hatte sein Gesuch in Berlin anbrin­gen­ sollen,wo man­ keine Verpflichtungen habe. Für die Richtigkeit dieser Anekdote kami N einstehen , sie widerlegt alle jene Ge­­rüchte von Friedenspropositionen, die den Westmächten durch die Wiener Negierung über­mittelt sein sollen. Auch „Le Nord" meldet, daß die Zusammenkünfte zwischen dem Grafen Walewsty und dem Baron Hübner immer häufiger werden und einen immer vertrauteren Charakter annehmen. » »» Die Absendung eines englischen Geschwaders in die sizi­­lanischen Gewässerwäre,nach einem Pariser Briefe der»Jnd.b.«, in­e beglaubigte Thatsache.Ein Paii sei Korrespondent der,,Bresl.Z.«weiß gar ununtrü­glicher Quelle,daß ein kombinirtes englisch-französisches Geschwader s­chon vor Ende Septem­ber an Italien­s Kü­ssen erschein­en soll und wärmt dabei die Geschichten ü­ber die beabsichtigte Vergrößerun­g Sardiniens auf. » Aus Spanien hört m­an,daß die Macht der Regierung fü­r ihren Beitritt u dem westmächtlichen Bündnisse die Rü­ckgabe Gebraltas’s fordern­ wollen, nd daß Hei­ Salam­anca die Eisen­bahn von Almanza an die Herren v.Roths­­child verkauft habe.­­ » Der Vizekönig von Egypten ist am 8.nach Paris abg­er­eist.Der­önig von Sardinien wird,in­ Begleitiung d’Azeglio’s,Mitte Oktober aris und London besu­chen.Ministerpräsident Cavour wird Seiner Majestät ad­eti, chf sei­t Isaak Pereire soll von Wien nach Paris zurückgeru­fen worden sein­­raf Jellachichpassil­e am 13.September Köln,auf der Durchreise von Paris, ie Herzogin von Orleany ist mit dem Grafen von Paris und dem Herz­oge von Chartres nach England zur verwitweten Königin Marie Amelie b­ereift. j­ Se interessanten Brief unseres Wiener K­­orrespondenten über ie Kriegsentschädigungsfrage theilen wir im Morgenblatte mit. Die Siegesfeier in Frankreich und England. Maris, 13. September. (8. 3.) Heute fand zur Feier der Einnahme von Se­­aftopol das feierliche Te Deum in der Notre-Dames Kirche statt. Eine zahllose Knfchenmenge bedeute von 9 Uhr Morgens an [den alle Straßen, Durch welche der­ Zug kommen sollte. Gegen 10 Uhr rethten sich die Truppen und die Nationalgarden in Bewegung, um von den Tuilerien an der Nue Rivoli entlang bis nach der Rue St. Martin auf dem Pont Notre-Dame und in der Nue de City Spalier zu bilden. Gegen 11 Uhr festen sie Tausende von Equipagen und Wagen aller möglichen Formen und Sestalten in Bewegung, um die offizielle Welt und die eingeladenen Personen nach der Notre-Dame-Kirche zu bringen. Die Equipagen der Staatswirchenträger und Minister, alle in großer Gala, wurden von Ehrendamen begleitet. Unter dem diplomatischen Korps zeichnete sich ganz besonders die türkische Gesandtschaft aus. Mehemen Bey fuhr in einer glänzenden Kartaffe mit zwei ganz in Roth gekleideten Lakaien hinten drauf. Die Atta­­beg, alle in wirklich prächtiger Uniform, folgten dem Magen des türkischen Botschafters in offenen Ralefchen und erregten die Bewunderung Der Menge Durch ihre reichen und doch Äußerst geschmachvollen Uniformen, Abd-el-Stader, von mehreren Mitgliedern seiner Familie und seines Gefolges umgeben, erregte besonders Aufsehen. Unter den Personen, die sich in Notre-Dame einfanden­, bemerkte man auf ungefähr 200 Krieger aug dem ersten Kaiserreiche, alle in ihren alten Uniformen. Sie wurden von dem Publitum mit Hochs empfangen und man konnte ihnen ansehen, daß sie stolz waren über Die Idaten Des neuen Kaiserreichs. Das Innere der Notre- Dame-Siche war mit Trophäen von französischen, englischen , sardinischen und tyre­tischen Sahnen geschmückt. Der Halbmond in der alten katholischen Kirche machte einen eigenthümlichen Eindruck. Die Außenseite der Kirche war ebenfalls aufs Reichste mit den Fahnen der verbündeten Mächte geschmt­ct.­ Um 12 Uhr verlieh der Kaiser unter dem Donner der Kanonen der Invaliden die Iulilerien. Den Zug eröffnete der die Truppen kommandirende General Renault mit seinem Generalstabe. Ihm folgte das Guidenregiment mit seiner Mufil an der Spike. Dann kamen drei sechsspännige Öalawagen mit den Adjutanten und den Hofbeamten des Kaisers. Sechs Vorreiter ritten ihnen voraus. Dicht vor dem kaiserlichen Wagen ritten sechs Vorreiter, die Stallmeister des Kaisers und Die Hundertgarden. Der Kaiserliche Onlamagen wurde von acht Pferden, wovon jedes von einem Stallfnechte geführt wurde, gezogen. Zur Seite des Kaifers saß der Prinz Jerome, der wegen der Feierlichkeit eigens von Havre nach Paris gekommen war. An dem rechten Wagenschlage ritten der Marschall Magnan und der Guidenoberst Sleury, an dem Itten der General Lamwoertine, Oberbefehls­­haber der Nationalgarde. Den Zug flog ein kaiserliches Garde-Naraffierregiment. Am Eingange der Notre-Dames Kirche empfing der Erzbischof von Paris den Kaiser mit folgenden Worten : Sirel Sch­elle herbei, um Em, Miajestät auf der Schwelle des erhabenen Tempels zu empfangen, der heute erhebt son dem Nahme Sranfreihe, Mögen unsere feierlichen Danfragungen sich zu Gott erheben für den glänzenden Erfolg, mit dem er unsere Waffen gekrönt hat. So großer Heldenmuth wird bald seine Belohnung erhalten. Der große ‚wel,­chen Em, Majestät im Verein mit Ihren Verbündeten mit so vieler Fertigkeit und Weisheit verfolgt, wird bald erreicht sein; ein ruhmvoller und solider Friede wird erobert werden. Was jedoch, Sire! unter den gegenwärtigen Umständen die Freude der Natior noch vermehrt, ist der Geldante, daß der Himmel nach so vielen Triumphen Ihnen noch, um Sie ganz zu beglühen, häusliche Freuden bereitet, die Ihrem Herzen um so süßer sein müssen, als sie auch ein Grund für das öffentliche Wohl sein werden. Nach dieser Ansprache geleitete der Erzbischof den Kaiser nach dem für ihn berei­­teten Throne. Einige Minuten darauf war Die Feierlichkeit zu Ende, und der Kaiser begab sich von seinem glänzenden Gefolge begleitet, nach den Tuilerien zurid. Der Empfang, welcher dem Schaffer seitens der Menge wurde, war, ich muß es offen gestehen, ein sehr guter. Er wurde überall mit dem Rufe: „Es gebe der Kaiser !’’ empfangen. Wenn much gerade seine große Begeisterung, die Alles Hinreißt, herrschte — Derselben scheinen die Pariser übrigens nicht mehr fähig zu sein — so sah man doch Jedem die Freude an, Die der Fall Sebastopols bereitete. — Die Illumination scheint, nach ven bis­her getroffenen Vorbereitungen, eine fast allgemeine und sehr glänzende werben zu­ wollen. Sast alle Häuser auf den Boulevards und in den Hauptstraßen sind mit Fahnen geschmückt, und Paris hat wirklich ein festliches Aussehen. Der Minister des Innern hat an die Präfekten und an die Bischöfe Rundschreis­ben gerichtet, worin ihnen angezeigt wird, daß die Einnahme von Sebastopol nach dem Willen des Kaisers am Sonntage, 16. September, in allen Departements durch Abs­­ingung eines Te Deum gefeiert werden soll. Sie werden darin aufgefordert, sich gegen­­seitig,, so wie mit den Zivil- und Militärbehörden zu benehmen, um dieser Feierlichkeit einen der Größe des Ereignisses entsprechenden Glanz zu verleihen. Die Präfekten ha­­ben etwaigen von der V­olfsbegeisterung improvisirten Bettlichkeiten ihre Genehmigung zu ertheilen. " Der , Moniteur" gibt das Programm der Gratisvorstellungen,, welche heute in den dreizehn sämmtlich überfüllten Theatern von Paris, im Hippodrome, im Birkus des Kaisers und im Zirkus der Kaiserin stattfanden. In der großen Oper wurden Die „Hugenotten’‘ aufgeführt, in der komischen Oper „Hayde.’ — Man hat bemerkt , daß am Montag bei dem Abendempfange des Ministers des Auswärtigen die Gesandten von Oesterreich und Preußen fehlten. Es wird als Folge politischer Ni­ch­­sichtnahme betrachtet, Daß bei dem heutigen Te Deum keine Pläne für das diplomatische Korps in seiner Gesammtheit vorbehalten worden sind. Dagegen hat man in der Erwä­­gung, daß Die Zeremonie in Notre-Dame einer nationalen und nicht einer religiösen Angelegenheit gelte, auch Die Kirchenvorstände der nichtkatholischen Konfessionen Dazu eingeladen. E. C. London, 13. September, Die Siegesbotschaft aus­ der Krimm hat in allen Theilen des Landes die Tauteilen Kundgebungen der Freude veranlaßt. Unter der Ber­selferung von Dublin gab sich eine Begeisterung Fund, wie man sie seit dem Inge von Waterloy in der Irischen Hauptstadt nicht erlebt hat. Die Begabung feierte die freit­­bige Nachricht durch eine große Nesue, welcher der Lord Statthalter beimohnte. Ganz Liverpool prangte in einem Schmuck von Flaggen, die Börse und die öffentlichen Ge­­bäude waren erleuchtet, und von allen Seiten her vernahm man Glockengeläute und Freu­­denfelsen. Manchester und alle Fabrikstädte in Lancashire boten ein gleiches Schauspiel dar, In Movlwid h if man sich fürmlich um die Zeitungen. Für eine einzige Nummer der ‚Times‘ wurden 5 Gb. (1 Thlr, 20 Sgr.) bezahlt; so begierig war man, sich über die Wahrheit der in der Stadt verbreiteten Gerichte zu unterrichten. In Bristol ist der Borschlag gemacht worden, den Herren Cobden und Bright eine Beileideapfesse zu über ara­frobe Botschaft von der Einnahme des südlichen Sehhartopols war am Montag C10.­ Abends um 10 Uhr in Balmorat angelangt. Um sie möglichst rasch den Bewohnern der Hochlande mitzutheilen, begab sich noch am selben Abende Prinz Albert mit Lord Granville und einigen Herren vom Hof auf den nahegelegenen Graig Gobhain und zündete ein großes Freudenfeuer an, das weithin in Die Tshäler hineinleuch­­tete. Bald sah man zahlreiche Gruppen von Hochländern dem Feuersignale zueilen. Die größte derselben war von 3. M. Pfeifer, dem alten Rob, geführt, und da man für hist Sorge getragen hatte, es nicht fehlen, daß die Gesellschaft den Fall Sebastopolß, die Gesundheit der Königin und des Prinzen in vollen Zügen feierte. Die Königin mit irer Mutter, den Kindern und Rofdamen hatten die romantische Szene Tonnte von den Benflern

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