Pester Lloyd, Oktober 1855 (Jahrgang 2, nr. 229-254)

1855-10-19 / nr. 244

N v­i Der Prozes der Ansurgen­ten von Angers. Metz, 18. Oktober, Die sehr umfangreichen Zeugenvernehmungen in­ dem politischen Monstre prägefie der vor den Alien des Maine - et=Roire- Depar­­ tements schwebt, haben im Ganzen wenig Erhebliched zu Tage gefördert, so daß der Generalprokurator Metivier sehen in der fünften Gattung am 12. Oktober seine Anflagerede halten konnte. Wir theilen vieselbe hier um so lieber mit, als sie sich mehr mit der politischen Seite der In­­surrention beschäftigt und in­so­fern eine nothwendige Ergänzung zur Anflageakte bildet, die bekanntlich das Unternehmen nur als ein Attentat gegen die Sicherheit von Personen und Eigenthum behandelte. Der Staatsanwalt begann: Die»Marianne«hatte zu Zweck,die Demagogie der Provinzen in d­em Glauben einzutrienem Patis soll­ sich endlich seiner Initiative bei allen Aufstän­­den zu Gunsten der Departements entäußern.Es war das ein Betrugkba der erste Impuls nach wie vor von den Männern des Jahres 1848 ausging,die heu­te die Gastfreundschaft des Auslandes mißbrauchen.An Beweisen für die innige Verbindung zwischen den Verkannten und den Demagogen Sranfreidig fehlt eg niät; so lautet der Tert eines Dekretes, welches am 20. August 1852 vom europäi­­sen demokratischen Zentrallomu­s ausging und von Lebru Rollin und Joseph Mazzini unterzeichnet ist: „Die Bürger, welche diese Zeilen überbringen, sind ermächtigt, unter den Patrioten Bons des revolutionären Ansehens im Betrage vonje 1 Frank in Umlauf zu fegen. Die Hälfte der so gesammelten Suimmen bleibt in ihren Händen zur Bestreitung der Ber­dürfnisse HEG yarifer Demokratie: der Rest wird an das europäische Zentralsomite abgeführt.” der „Marianne.“ Berner heißt es in einem Briefe vom 10. Oktober 1853, den Delecluze von London aus an einen Patrioten des MWesteng gerichtet hat: „Mein theiner Freund ! Mehr als je thut uns Einheit Noth , wenn das Haupt nicht mehr das Personale der 12 Unterabtheilungen repräsentirt, was kann ed leisten ? Wir wissen vollkommen, daß noch andere Pläne auf dem Tapete sind, und daß die Fusionisten vom 24. Febr. 1848 immer noch ihre Traumbilder verfolgen. Mir wiffen auf, daß man einen neuen 13. Sunt (1849) in Szene zu sehen und so der Revo­­lution eine nochmalige Schlappe beizubringen gedenkt, während man gleichzeitig Partei entfernt, indem man ihr Geduld um jeden Preis empfiehlt und sie mit Fin­­dischen Befürchtungen erfüllt, oder auch ihr, von einem Doftober zum andern, Sieg ohne Kampf verheißt.­­ Sei Sn handelte es sich um ein Prinzip, das uns Aufopferung zur­icht machte, und damals in einen Hinterhalt gelobt zu haben, dessen Dürfen unsere Gegner nicht schmeicheln. Heute aber kannen wir den Moment abwarten, 00 wir flarf genug sein werden, einen Schlag zu führen, welcher die Maffe der Partei, troß alles vereinzelten­­ Widerstandes, mit uns auf das Schlachtfeld tötet. Sollen wir der Partei schriftlich und mit Angabe von Eigennamen die Augen öffnen über jene sontrerevolutiären Intriguanten in ihrer Mitte, die allein noch die Regierung Bonaparte’s verlängern? nehmen? Gut! mit uns verbinden? Yichten Vamphlets bemweifen eg! un­d sind Bent eg augenscheinlich nicht, die bei dieser Anion gewinnen ; die Revolutionäre ohne Hintergedanken werden unter allen Umständen mit uns sein; die Selbstsüchtigen, die im Grunde meer Revolutionäre sind, noch Republikaner, werden immer erst in der zwölften Stunde kommen, wenn der Erfolg nicht mehr zweifelhaft is. Trogpem bieten wir — und ich spreche hier im Namen meiner Lon­­doner und Pariser Freunde — ihnen die Hand, lediglich um der gesammten Partei zu be­weifen, tie sehr wir ihre Wünsche berücksichtigen, selbst wenn mir dieselben für irrig halten. Ich hoffe, Ihr werdet mir umgehend ein Rendezvous bezeichnen, wo Ihr mir Auskunft geben werdet, ob wir zusammengehen und unsere Anstrengungen kombiniren können, oder ob in Eurem Komite die Fraktion der Widerspenstigen über die Eurige, die sich so ziemlich auf die Gesammtheit der Gesellschaft fräst, den Sieg davonträgt." Hier noch­ Eine Stelle aus einem Briefe an einen Patrioten des Westens : „Die royalistischen Parteien werden zur Realisirung zu vereiteln!“ Man mußte WIN man den Kampf von 1847 und 1848 aber diesmal werden wir nicht, wie damals, nach dem Siege die Waffen ablegen! Oder will man sich soyal, rndbaltlos Schlacht, nur aus Theilnahme oder Reue, sondern weil ihr Ädfchen gegen Bonaparte ihre Furcht vor ung überwiegt ; weil sie sich, ob sehen sie Daran verzweifeln, und die Siegesbeute zu entreißen. Doch schmeicheln, die Nänte von 1848 wieder von vorne beginnen und die Republik nochmals mit den von ihr selber dargebotenen Waffen tödten zu können. Wünschen wir und GTad zu dieser Einbildung! Last­ung Nuben aus ihr ziehen, mit dem Vorbehalte, später ihre endlich von der Aufstellung allgemeiner Prinzipien zu deren Verwirklichung übergehen. „Paris — fo­lgreibt ein Mitglied der „Marianne“ an einen Patrioten des Westens — Paris ist in diesem Augenblicke eine Portier- Toge, ein öffentliches Waschbeden, die Königin der Welt und der Gancans, die ich selbst nach Möglichkeit verbreiten helfe, mitten im Boulogner Hölghen; endlich unterírbiscten Kerfern der AA­A Hört er Cs Yiegen allen diesen Cancans Grunde: ich bestätige immer das Ganze, den Kopf mit dem Stiefel abfabe. " und die wieder auf­­zum Umsturz des Tyrannen so sehnlich : unsere in London veröffent- die nicht auf Kosten des Tagesivoles in Umlauf gerecht wäre. Ihren Beistand gibt seine Art von Infamie Cr töbter Offiziere schlägt einen seiner Hundertfünfzig Korten nieder; er läßt in den man nur noch von der angeblichen Ergiftung des Nuntius Garibaldi soreen — Furz, ein Ries Papier würde nicht ausreichen, alle die Gerüchte zu verzeichnen, auf deren Wahrheit alle Welt schmört. Ich selber pflange sie fort und werde Jesuit, da ich nicht mit offenem Visiere kämpfen kann." ,, Berlaumbet, verläumbet! es bleibt immer etwas Heben!‘ meinte Beaus­marchais. Indeß sehr erhabene Wahrheiten zu Es mag in den Augen des [heinheili­­gen Philisters , dessen Prinzipien nach Rosenöl ruften, ein nichtöwürdiges Hand­­werk sein, was ich da treibe; allzu anständig ist es auch wirklich nicht , aber wer eine unreine Reih­e tö­ten will, die ihm auf seinem Wege aufstößt, der geht nicht erst nach Hause Handseuhe anziehen und eine ritterliche Waffe Holen. Ein Bild der neuen Gesellschaft, die auf den Trümmern der alten errichtet werden sol, gibt folgender Brief: „Durch die unsinnigen Bemühungen seit dem 2. Dezember mehr als je in der Ueberzeugung befestigt, daß die konstitutionelle oder absolute Monarchie seit 1789 hab der Royalismus zu Grunde 2108 um si einen Moment zu halten, auf irgend eine Art von Aristokratie fragen muß, son der unser Land Nichts mehr wisen will — nachdem ich mit diesen meinen Augen selbst die Nepubitz habe fallen sehen, weil sie die Hilfe des Sozialismus von sich totes, der allein ihr in Zukunft Dauer zu­ verbü­rgen vermag , glaube ich meine Bürgerpflicht zu erfüllen, indem ich im vor­­aus ein republikantisches Budget entwerfe. Der Kultusabschnitt wird ganz gestrichen: es ist nicht Sache des Staates, die Feinde seiner eigenen Institutionen zu besordern; die Kosten jedweder Religion müssen von ihren Anhängern bestritten werden. Am Kriegsbudget wird eine Reduk­­tion von 124 Millionen vorgenommen ; die Republik darf sich nicht mit Ausgaben belasten, um Unterbrüder groß zu ziehen. Unseren politischen Gegnern nehme ich für 6 Miliarden Immobilien fort, von denen ich — um nicht den Preis des Grundbefiges herabzudrücken — vor der Hand nur 500 Millionen verkaufe, 200 Millionen verwende ich zur Verteirflichung des Rechtes auf Arbeit, das eine geieglich geordnete Institution werden muß. 150 Millionen verbrauche ich zur Anlegung von Dörfern in Algerien, wohin unsere Widersacher zu deportiren sind. Außerdem werden 50 Millionen benugt, um die Entwicklung des Assoziationsunwesens zu begünstigen ; der Neft dient als Neserve für die Eventualitäten eines allgemeinen Krieges.“ Mit solcher Jarquerie in der Gesebgebung des Zentralsomite’s geht die Jacquerie der Diehtkunft Hand in Hand. Hier eine der aufgefundenen Poesien; Begnügt Euch nicht mit Drohungen, mit hohlen: Nein, Freunde, handelt! greift zu den Pistolen! Die Flinte nehmt, den Dolch und die Stilette schärft, Die Sichel faßt, den Stod! Vol Muth die stolze Brust, Pakt sie mit kräst’gem Arm nach Herzenstuft! Und wenn im Sturmschritt Ihr sie niedermerst, Zertretet sie gleich gift’ger Würmer Blut ! Blut, nichts als Blut! ein Festtag voller Blut! € 3 färbe blut’ger Schaum des Meeres Fluth ! Sol ich noch Projekte von Defreien hinzufügen ? Mein Vorrath ist so­rei, daß mich nur Die Wahl in Verlegenheit fest: „Im Namen der Revolution verfügt Die revolutionäre Kommission: ale früheren Gefege sind aufgehoben ; alle konstituirten Körperschaften sind aufgelöst; eine freiwillige und revolutionäre Armee tritt an die Stelle des aktiven Heeres und räht, zur Emanzieirung der Völker, an die deutsche und italienische Grenze; Seder, der über 50.000 Sres. befigt, wird zum Besten des Volkes erpropritrt; alle Wege, Kanäle und Eisenbahnen gehören der Republik ; in jeder Gemeinde wird ein Inventarium aller Produkte jeder Art aufgenommen und die letteren werden im Schoß der Kommune unter dem Schube des Volkes deponirt ; Abschaffung der Kirche; Ernennung jedes Be­­amten durch Wahl; Voti­ung der Gefege durch die Nation; Verhaftung aller Adeligen, aller hohen Funktionäre und jedes Individuums, das über 100.000 Fres. beficht; Kon­­ee aller Güter der Erwähnten; Feine Anerkennung der öffentlichen Schuld durd­­en Staat.” Bei der Diskussion Dieser Entwürfe flug ein hervorragendes Mitglied der , Marianne" Organisirung des Schredens zur Purgirung der Ge­sellschaft vor; bei seiner gerichtlichen Übernehmung erklärte Dieser Mensch, das sei eine Uebertreibung; er habe nur Alle für ih­ren lassen wollen, Die nicht binnen 24 Stunden bei dem Mak­e Die verlangten Angaben machen würden. In anderen Projekten lest man: ,, Am Gefege sind abgeschafft ; das Erbrecht ist aufgehoben. Die Nation, als einzige Eigenthümerin des Bodens und Alles heffen, was er erzeugt, umschließt oder trägt, garantirt jedem Bürger Existenz, Erziehung und Arbeit ; die Frauen wer­­den emanzipirt." « Der Staatsanwalt sucht nun zu beweisen,daß die»Marianne« gerade in Maine-et«-Lojee.Dank der Arbeiterbevölkerung seinen völlig sozialistischen Charakter angenommen hat.Er beruft sich auf die,schon früher von uns mitgetheilte Rede Attibert’s,auf die Proklamationen gegen Adel un­d Geistlichkeit.In Chalonnes seien Plakate angeschlagen w­orden:,,doch die rothe Republik los lebe Charlotte(vie Guillotine) für die Bourgeoist­e—anderwärts habe man schon imvoeaus die Hen­­ker ernannt.Er erinnert an die Entschuldigung Eines der Angeklagten: »Ich bin mitgegangen,weil ich lieber plündern als ausgeplündert wer­­den wollte.«Ee verweist,auf den Schwue,den jedes Mitglied der»Ma­­rianne«leisten mußte:e·ist»Alle zu tödten,die man ihm bezeichnen würde««—dann,,den Kaiser«,dann»das Staatsoberhaupt««,end­­­lich»den Regierenden«,d.h.die Autorität,welchen Namen sie immer zeagen mag,dem untergange zu weihen.Er berührt endlich noch die,auf eine Niederlage der französischen Truppen gerichteten Wünsche dieser»Patrioten«.In einemsaisieten Briefe heiße es:«Werden die Russen geschlagen­,so vertagen wir unsere Pläne«;die Trauerkunde vom 18.Juni habe die,,Marianne«mit Freude erfüllt,ein von Jersey aus­­gegangener Brief habe neulich behauptet,die französische Armee sei der Seuche und dem Schwerte des Feindes gelegen. Obwohl er bei 17 Angeklagten mildernde Umstände zugibt­ verlangt der Prokurit jedoch die Verurtheilung sämmtlicheram­isiten.»Die Bewe­­gung—schließt er——war eine soziale,und der Sozialismus ist die organi­­sirte Plünderung,die allgemeine Plü­nderung.Alle haben den Tod ver­­dient,das Gesetz allein rettet ihre Köpfe.Ihre Führer sind elende Heuchler, die ihre Opfer im Stiche lasfen. Aber wir fennen jebt die Pläne der Steinbrüche, nicht mehr mit Beriefung der Aufruhrafte, mit Slintenschüffen werden wir diese Horden empfangen. In den Schiefer­­brüchen ist die Korruption flagrant, die Berchmwörung in Permanenz, noch gestern nahmen dort die Arbeiter eine drohende Haltung an, als eine Berhaftung bewerfstelligt ward. .. »Ja,sie konspiiirenelbst im Gefängnisse,Voll Vertrauen darauf, daß die,,Marianne­«sie rächen und befreien wird.Noch im­ Kerker ha­­ben die Angeklagten und die früher Verurtheilten miteinander korrespon­­den­t­ und neuerdings,bei einem Vorfalle,dee Frankreich wiederum an den Rand eines Abgrundes brachte, ward eine der Schiefertafeln kon­­fiszirt, die sie sich zustecten und auf der die Worte standen: „Am 8. hat Bellemare, der ung in dem Zimmer zu Gore (auf Belleisle, einem­­ Transportationsorte für politische Verbrecher) die Zeitungen vorlas, auf den Koiser geschaffen.’’ BER Begreifen Sie, meine Herren Gefärt worenen? D Bellemare ist ein ehemaliger Gefangener von Belleiore, und bei der Nachricht von seinem Attentate erkennen ihn seine Freunde wieder! Das ist eine Lehre für Sie, für uns Alle! Ich sage es mit Schmerz, aber mit voller Ueber­­zeugung : diese Menschen sind unverbesserlich !’‘ © Wien­, 17. Oktober. Die Ankunft Sr. Majestät war vielleicht niemals von zahlreicheren Hoffnungen begleitet, als viesmal. Die Diplomatie ist thätiger denn je. Der persönliche Verkehr, von Freiherr von Profesh­ Often mit dem Kaiser Napoleon gepflogen, — vom Schlag bei Kars, — die Verhältnisse in Neapel, sie werden sich undge­­sammt in ven kaiserlichen Besprechungen abspiegeln. Man ist fangui­­nischer denn je, und zwar nicht nur auf politischem, auch auf finanziel­­lem Gebiete. Wir rüden der Lfung der Finanzverhältnisse stücweise näher, in der heutigen Sigung der Nationalbanf kamen die Vorlagen bezüglich der Hypothesenbanf zur Verab­ung und wurden ange­­nommen. Sie fennen bereits den Inhalt der Vorlagen, er beruht uer­gentlich auf der Emission von 50,000 Stüd Aftien á 700 fl. Silber­­währung. Der Fond beträgt somit 35,000,000 Silbergulden. Die erste zehnprozentige Rate wäre am Lebten November vielen Jahres und die weiteren im Laufe des Jahres 1856 zu entrichten. Die Uebergabe der Staatspomänen an die Bank beginnt am 1. November, von welchem Tage angefangen die Bank an die Einkünfte derselben erhebt. HZ diese Maßregel ein für die ganze Monarchie erfreuliche, so hat der nieversösterreichische Handelsstand sich heute noch eines wichtigen Vorganges zu erfreuen, der von Seite der ESfomptegesellsschaft eingeleitet wurde. E83 begab sich nämlich eine Deputation verfeiben heute zum Freiherrn von Bruch mit dem Ersuchen, ihren Kredit bei der Nationalbank um fünf Millionen Gulden erhöhen zu wollen. Wie ich bere, ist der Herr, Minister ver detaillirten Schilderung ver­herrschen­den Geloflemme und ihrer traurigen Konsequenzen für unseren Handeler und Gemwerbestand aufmerksam gefolgt, und hat eine entsprechende Berücksich­­tigung zugesagt. . Es hat allen Anschein, daß wir die ärgste Zeit hinter uns haben, und einer besseren Zukunft entgegengehen. A Berlin, 16. Oktober. Gestern fand zu Potsdam eine seltene Leier statt; denn der Geburtstag des Königs war zugleich der 50. Jah­restag des Gintritts Sr. Majestät als Fähnrich in das erste Bataillon Leibgarte und somit überhaupt in die Armee. Dies hatte in der Armee den Wunsch entstehen lassen, vielen Tag durch ein bleibendes Anwenden zu ehren, und der General der Kavallerie, Freiherr v. Wrangel, Kom­­mandirender General des 3. Armeekorps und Oberbefehlshaber der Trup­­­en in den Marsen, unterzog sich der Gestaltung dieser Idee, die sich zunäcst in der Anfertigung eines kostbaren Degens aussprach, wel­­chen eine Deputation der ganzen Armee glüdwünschend und warfend überreichen sollte. Gestern stellte sich nun die Deputation im Marmor­saale des Stadtschlosses in Potsdam auf, und als Se. Majestät der König mit Ihrer Majestät der Königin erschienen, nahmen Se. fünigl. Hoheit der Generaloberst der­ Infanterie, Prinz von Preußen, an der Seite der Deputation, das Wort, und sprach mit tief bewegter Stimme ungefähr folgende Worte: „Ber Em. königlichen Majestät stehen die Vertreter Allerhöchst ihrer Armee in einer ungewöhnlichen Art, um einen ungewöhnlichen Akt zu vollziehen. Nur eine unbegrenzte Verehrung zu Ew. Majestät, als unserm König und Kriegsheren, und die so oft empfundene nachsichtsvolle Gnade Ew. Majestät hat uns den Muth gegeben, so zu erscheinen. „Die Armee begeht heute den Tag, an welchem vor einem halben Jahrhun­­dert Se. Majestät in ihre Reihen traten und ihr Waffengefährte wurden; ein Zeitabschnitt voll der mächtigsten Erinnerungen! Noch war sein Jahr verfroffen, als Em. Majestät Zeuge sein sollten der schwersten Verhängnisse, welche über die Armee und das Vaterland hereinbrachen. Aber Ei. Majestät waren dann auch Zeuge, die unser königlicher Vater mit fester und sicherer Hand, das Alte und Unhaltbare befeitigend, eine neue Heeresverfassung schuf, gegründet auf Vater­­landgliede und Ehre. Und als der König, dem Em. Majestät in dem schwersten Augenblicke unseres Lebens, den Namen des „Heldenkönig“ beilegten, nun sein Bolt in die Waffen rief, da waren Ew. Mazestät nicht nur Zeuge, sondern heldenmüthiger Mitkämpfer der Thaten, die auf ewige Zeiten in den Annalen der preußischen Armee verzeichnet stehen. Ein in den Augenblicken der Noth geschaffe­­nes Element trat nach hergestelltem Frieden dem stehenden Heere dauernd und fest gegliedert zur Seite. Im dieser Armee fliegen Ew. Majestät von Stufe zu Stufe, bis die Vorsehung Allerhöchst dieselben zu unserem Könige und Kriegsheren be­­stellte. Mit rastloser Thätigkeit und Liebe haben seitdem Em. Maiestät das über­­nommene Kleinod Preußens gepflegt und seine Entmcizelung gefördert. Und als eine Zeit einbrach, die man gern aus dem Geschichtsbuche Preußens löschen möchte, da fand Das Heer in unwandelbarer Treue zu Em. Majestät, und als Viele von uns berufen wurden, Theile desselben gegen den Feind zu führen, da haben die jungen Krieger ich ihrer Vorfahren würdig gezeigt, und der Enthusias­­mus, mit welchem das Bolt Em. Majestät Auf zu den Waffen folgte, ist Dürge, daß die alte Treue zum angeflammten Könige unangetastet geblieben ist, daß es großer Thaten fähig war. Dies sind die beredtesten Beweise des Danfes eines Torfes unter Waffen für die nie erfaltende Fürsorge seines königlichen Kriegs­­heren. Einen schöneren Tag, als den heutigen, konnte aber die Armee nicht wählen, um aufe Neue diesen Dant an den Stufen des Thrones niederzulegen, wo sie sie Glad wünscht, daß ihr die Vorsehung den ersten ihrer Waffengefährten ein halbes Jahrhundert als Teuchtendes Beispiel kriegerischer Tugenden voranz stellte. Als Zeichen Dieses unbegrenzten Dankes wagt es die Armee, zu den Süßen Em. Majestät Die Waffe zu legen, die in der königlichen Hand ihres Striegg­­heren sie zu immer neuem Ruhm und Ehre führen wird. Mit dem Rufe, mit welchem wir Alle jeden Augenblick bereit sind, unser Blut und unser Leben für Ew. Majestät zu opfern, Tege ich diese Waffe im Namen der Armee Em. Majestät zu Füßen, Es lebe der König!” Unter dem jubelnden Zuruf aller Anwesenden umarmte Se. Maje­­stät Allerhöchst ihren geliebten Bruder, nahmen den Degen, Liegen sogleich ! Diese Bons zirkulirten unter den Mitgliedern Weihen allenthalben nicht im Stande ist, Pe muß, Schon at er sich, Wir winschen nichts Frankreich zu­ beherrschen; 5 mehr, vo füf ihiren ; er zertritt ihr en ne­ul nenn SS Sn a De u Do­ne KERT 3 AT TOVA ÉTETSSBEL langen, Die Ein seltsamer Prozeß. (Rach der „Ind. 6.“ Bor die französischen Zivilgerichte wird nächstens ein seltsamer Prozeß ge­­Inzidenzfälle, melche dazu Anlaß gegeben haben, sind so ro­­mantischer Natur, daß sie von Erfindungen selbst der tühnften Phantasie gleich fom­­men. Folgendes sind die Ihntfachen , deren Schauplab vor wenigen Jahren Por­­tugal war; die Entwicklung wird nächstens in Paris erfolgen. Der Marquis D’Evoramonte verliebte sich leidenschaftlich in Dona Michaele Pravedes, die mit einem seiner Landsleute verheirathet war, und die er in Paris im Jahr 1846 kennen gelernt hatte, wes großen Vermögens sein müsse. Der Marquis war jung, unverheirathet und außerordentlich reich. Praredes war in Brasilien lange Zeit abtretend , während welcher Dona Michaele Mutter wurde. Evoramonte [htwor, verheirathen wolle, und daß der Sohn der Frau, die er anbetete. Er legte für das Kind quälte die er nach der Erbe feit größte Sorgfalt an den Tag, und als Prarxedes von Brasilien zurückkam , besuchte Michaele vere ftohlen die Frucht ihres geheimen Verhältnisses mit dem Marquis. Einige Jahre­­ verfloffen, und es kam nichts Außerordentliches vor. Das Seltsame kommt nun: Eporamente der Gedanke, daß Sohn nicht seinen Namen werde tragen können, denn das Geseh ist in Betreff derartiger Adoptionen unbeugsam. Eines Tages riffte er sich nach Portugal ein, und nach einem kurzen Aufenthalt in Lissabon, reiste Coimbra, dem Hauptort von Beira, wo er ein großes, von seiner greisen Mutter bewohntes Gut besaß. Diese war im Jahr 1807, zur Zeit der französischen Ossupation dem Hof nach Rio gefolgt. Sie kehrte erst im Jahr 1816 mit Juan VI. zurück und ließ si im Schloß Bouga nieder. Bei seiner Abreise von Lissabon leß der Marquis unter dem Adel die Nach­richt verbreiten, daß er sich mit einer Dame von unbekannten Namen vermählen werde. Dies lebte seine Freunde um so mehr in Erstaunen, da die Liaison Evo­ramonte’s mit Dona Proredes, und die Folgen derselben allgemein bekannt was ven. Aber man nannte den originellen Charakter des Marquis, und begierig den Schlüssel zu der räthselhaften Heirath zu finden, begaben sie viele Mitglie­­der des portugiesischen Adels nach Coimbra, wo die angemeldete Trauung vor sich gehen sollte. An dem dazu bestimmten Tage war die Kirche Sant Antonio zur Trauungs­­feierlichkeit prachtvoll deform­t; alle Glocken wurden geläutet, alle Wachskerzen wurden angezündet, der ganze Klerus im Festornat war zugegen. Die Kirche war voll von Neugierigen, die aus Lissabon und von allen Wohneisen des benachbar­­ten Adels herbeigekommen waren. Plöglich hielt an der Thüre der Kirche ein großer Gallawagen mit dem Wappen und der Festk­ürde des Marquis. Zuerst flieg er aus, im Kostüme der spanischen Grandezza. Und als Die Neugierde der ungeduldigen Menge, die Braut zu sehen, aufs Höchste gespannt war, sah man zwei Lafaien sich der Autfche nähern, und vom Marquis geleitet, mit großer Sorgfalt eine junge, blaffe, augenscheinlich Trause Dame herausheben, Die in Gaze und Spisen gehült war; sie unterstüßten und trugen sie beinahe bis zum Altar, wo ihrer ein mit Riffen belegtes Fauteuil harrte. Dieses geheimnißvolle leidende Wesen war die künftige Margquise d’Enoramonte. Wer war sie? Woher kam sie? Niemand wußte es zu sagen. Ein einziger Mann hätte zu enthüllen vermocht, wer diese seltsame Braut des Geliebten der Dona Michaele Prareves war. Und dieser Mann war der Arzt, welcher der Trauung beimohnte. Er hätte sagen können, daß vierzehn Tage vorher ein Mann, der si Anfangs nicht nennen wollte, ihn im Apostelspital ber­auchte, und daß sie da mitsammen ungefähr folgendes Gespräch führten: „gaben Sie in Ihrem Spital ein junges Mädchen, das sich noch ziemlich bewegen kann, aber dennoch einem nahen Tod unfehlbar entgegen sieht .” „Sa, die Tochter eines alten Farlistischen Offiziers, der, nicht im Stande die Kosten der Krankheit zu erschwingen, die Aranje unserer Sorgfalt anver­­traut hat." „Die Tochter eines Offiziers ? Wie heißt sie? Wie alt ist se?" „Sie heißt Raviera Mondego, und ist 25 Jahre alt." „An welchem Nebel leidet sie 2‘ „An der Lungenfugit, sie kann Höchstens noch ein halbes Jahr leben." „gaffen Sie mich Ihren Vater sehen, ich bin der Marquis Amelio d’Ego­­vamonte; ich habe hundert Tausend Eruzaden Einkommen, ich will Kaviera zur­rau begehren.‘ Der Arzt glaubte Anfangs einen Wahnsinnigen vor si zu haben. Aber einige Erklärungen genügten, um ihm begreiflich zu machen, daß es sich hier um einen wohlüberlegten Schritt handle. Tags darauf sprach der Marquis mit dem Vater, und dann besuchte er die Tochter. Seine Bedingungen waren das Ge­­heimniß des seltsamen Schrittes. Er und Zaviera legitimirten, sobald sie mit­­einander getraut waren, die Geburt ihres Kindes Jono-Amelio, das­eben je dje Jahre alt war. Die junge Gattin ginge sogleich fort, um bei der Mutter bei Marquis zu leben, und der alte Mondego erhielte eine Pension, die zehnmal mehr, als sein bisheriges schmales Einkommen betragen würde. Vater und Toc­­­ter willigten ein, die Trauung ging vor sich, und nach beendeter Zeremonie wurde die Marquise von ihrem Gatten nach dem Schloß Douga gebracht, und als Schloßaufseherin bei der alten Mutter eingeführt, die ein wenig überrascht war , und von der Intrigue nichts wußte. Der Marquis aber reiste noch an demselben Tage nach Paris ab, und als er zur Dona Pravedes kam, rief er: „Unser Sohn wird meinen Namen führen, seine Stellung ist legalifirt, er wird meine Millionen, meine Titel erben; wir können ihn fest ohne Trauer für seine Zukunft lieben.‘­­ Sie waren glücklich, und so verflossen zwei Jahre. Eines Tags, nachdem Dona Praredes­eben das Kind besucht hatte, trat ein Diener ein, und meldete: Die Frau Marquise D’Egoramonte ! Das vortreffliche Klima der Provinz Beira, die Sorgfalt, mit der sie im Schloß Bouga von ihrer Schwiegermutter gepflegt wurde, die Freude des Glücks, durch welches sie von den Spitalleiden befreit wurde. Alles trug bei sie zu retten. Und jegt Fam sie, um ihr Necht auf ein eheliches Zusammenleben geltend zu mac­hen, oder wenigstens ihr Kind zu reflamiren. Der Marquis D’Egoramonte vers weigert es, ihr Juno-Amelio zu übergeben, und die Angelegenheit ist jechr Ge­­­genstand eines Zivilprogesses geworden, « daß er sich niemals sein |

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