Pester Lloyd - Abendblatt, September 1856 (Jahrgang 3, nr. 201-225)

1856-09-01 / nr. 201

. = Abendblatt des Pefter lkr.cM. nn Montag, 1. September. Aro, 201. Red aktlond. Burean, Do- 0 rotheagafie $ Me,12% im erften Sto. Yen, 1856 Zelegraphische Deperceben Der „Defterr. Eprresp.“ Paris, Sonntag. Nach der „Epoea” if der spanische Gesandte in Mexico abberufen worden, da Spanien die gemachten Konzessionen nicht aner­­kennt und ihn desavouirt, der Streit also nicht beigelegt ist. Der „Konstitu­­tionnel‘‘ bringt eine Meldung aus Lissabon vom 22. 9. M., wonach daselbst Nuhe Herr täte. Florenz, 28. August. Der heutige „Monitor“ meldet: Die Maire­­gel, welche Die Gensd’armerie gegen einige junge Leute, die in Livorno am 24. b. Mis. Abends dur­ch feine Lieder die öffentliche Ruhe und den Anstand störten, treffen wollte, bewirkte eine Kollision zwischen der Gensd’armerie und herbeigeeilten Rolfshaufen, ver melden die Gensd’armerie sich zurückziehen mußte, um­­ Verstärkung zu verlangen, welche rasch von den großherzoglichen Truppen gewährt, ohne Widerstand die Verhaftung fast aller Unruhestifter be­­wirkte, und in weniger als einer Stunde die gewöhnliche Nite wiederherstellte. Triest, 30. August. Se T. ft. Hoheit Erzherzog Leopold ist heute mit dem Lloypdampfer nach Pola abgereist. Die Feier in Gran. xx Gran, 30. Augus. Schon im Pester Bahnhof wurden wir an die Bedeutung des heutigen und morgigen Tages erinnert. Nach Gran! — nach Gran! war die Losung der großen Menge von Pasagieren, und der flie­­gende Buchhändler im Wartesaal bot Blätter feil, die in gelungenen Holz­­schnitten das Bildnis Sr. Majestät und der Battlisa darstellten.. Es war das Magyar Néplap" (Das ungarische Volksblatt). In der That zählen die Blätter, welche dem Bolfe Ungarns gewidmet sind, kaum eine grö­­ßere Ilustration, als den Bau, welcher dem heutigen Geschlecht die Wiege des Glaubens in Ungarn repräsentirt, und dem hohen Gast, die ap­o­stolisce Majestät, die Donau herabfahrend, um gleich den übrigen Gläubigen den neuen heiligen Bau zum Gebet zu betreten. — Das Wetter, das die Passagiere hat­­ten, verbreitete in Folge des heftigen Windes, der mehte, hie und da einige Ang. Wenigstens schien dieser die Telegraphenstangen an der Bahn beun­­ruhigt zu haben, deren einige halb umgekippt lagen. Der Blick auf die Donau zeigte nebst den Dampfboten einige andere bescheidene Fahrzeuge, die ih von Maros dem Wind entgegen durcharbeiteten, um Passagiere hinauf zu bringen. In Nana ftanden nebst herrschaftlichen Equipagen und einigen Fia­tern wohl einige hundert Bauernwagen, die heute Omnibus spielten. Ein Heiner Junge, der einen derselben führte, versicherte, indem er uns sein Fuhr­­werk anbot, ganz naiv : „Becsületesen viszem oda." (Ich bringe sie ehr­­lich ‚Cordentlichh Hin.) Die Pferdcchen greifen tüchtig aus — G Staubwind — viele Passagiere zu Ruß — die Kuppel der Baillifa winkt — eine ganze ‚Kolonie schanderhaft verstümmelter Bettler, die auf den Strom der Fremden spefuh­ren, — dann Parktäng, die flaubige Varstadt Grans, und wir werden „ehrlich“ an der Brücke abgestellt. Ein Zelt, zwei Fäffer und einige Säfte darunter in der Nähe der Brücke feinen Die Schwalbe zu sein, die bas morgige Wolfsfest verfündet.­ Die Brühe war von einer eben anfangenden Bauernprozession bedeckt, Die Dirnen mit rothen Röden und Leibehen, rothe Stiefeln an den Füßen, weiße Blumenkränze auf den Köpfen, abgenommene zusammengerollte Bahnen tragend, während si die Stangen in den Händen der Bursche befinden, scheinen zur Elite der Landbevölkerung zu gehören. Wenn Gran so bekannt wäre, wie Paris, Wien, Pest u. s. w., so wäre Ihr Bericterstatter im Stande Ihnen die bereits sichtbaren Festvorbereitungen viel genauer zu beschreiben. Wir brauchten nur das oder jenes Boulevard, Stephangplab, die Waignergasse u. s. w. zu nennen, auf welchen die Triumph­­pforten­­ flehen, und sie würden die Dertlichkeit fennen. So nennen wir Ihnen nur die neue Brüde, eine Brüde über einen Arm der Donau, und in der Nähe des Landungsplanes der Dampfbote, die mit Fahnen, Reisigguirlan­­den und mehreren Statuen geschmückt ist. Die Häuser der Stadt haben durchaus ein Seftgewand­ angelegt, die Wände frisch angestrichen, Bahnen und Teppiche verleihen den Gaffen ein freundliches Aussehen, in denen wir drei Triumph­pforten zählen. Die erste it in der Nähe der neuen Brüche, über welche Se. Majestät den Einzug halten wird, eine andere ist von den Bürgern der Stadt, eine dritte, unter deren Inschriften einige Hebräische sind, von den hiesigen­­ Seraeliten verrichtet. Die Boltomenge, die­ heute dur bie Baffen Gran’s wogt, ist außeror­­dentlich groß , und besteht fast durchgehende aus Dorfbewohnern. Nur hie und Da begegnen sich Städter, die von Staub bededt, wie sie sind, si, faum erkennen. — Man baut wo an den Brettergerüsten, von welchen aus morgen der festliche Kirchenzug gesehen werden kann. — Die Zeit bis zur Ankunft Sr. Majestät bewußten wir, um das Innere der Basilika zu besehen, wohin heute nur wenige Laien Zutritt erhielten. Wer, ehe er hineintritt, sich vor­­stellt, einen Eindruck zu erhalten, wie ihn die berühmten großen Bauten von gleicher Bestimmung machen, findet er durch die heitere Erhabenheit, die das Innere der Basilíka kennzeichnet, in seinen Erwartungen auf's Angenehmste enttäuscht. Die Helle, die in modernem Styl gehaltenen großartigen Fresken, die wie der Himmel freundliche Hohe Kuppel, Die stern befät auf die Gläubigen nieder» blaut, hat etwas von unserem Jahrhundert — dies jedoch im angemessenen besseren Sinne des Wortes genommen. Von den Vorbereitungen zur morgigen Beter bewerfen wir nichts als einige im Schiff aufgestellte Bettchemel mit rothem Damast überzogen. Die Landungsbrüche, an welcher­te­ Majestät aus dem Schiffe stiegen, war mit rothen­­ Teppichen belegt, und sonst der ganze Weg, den die Höchsten Säfte bis zur Residenz des Kardinalprimas zurüclegen sollten, war an den Häusern Durch Blumenguirlanden, Teppiche, Fahnen gekennzeichnet. Nachmittags ungefähr um vier Uhr stellten sich in der Nähe der Nerirenz die Soldaten auf, die Spalier bilden sollten. Gegen sechs Uhr fuhren Se. Faiferl, Hoheit­­ der durchlauchtigste Herr Erzherzog Albrecht, und später Se. Durchlaucht der Kardinalprimas und andere Grafe zum Ladungsplan, bei welchem si auch städtische und andere Deputationen einfanden. San­nenbanner, Glocken­­lauten verkündigten Die Ankunft des Dampfers, welcher Se. Majestät brachte, vieltausendstimmiges Essen begrüßte den katserlichen Wallfahrer. Wie eine Stunde nach der Ankunft Sr. Majestät erzählt wurde, soll ein Bauer sich vor dem Wagen Sr. fatf. Majestät auf den Boden geworfen, und eine Bittschrift überreicht haben, die allergnädigst entgegengenommen wurde. — Die Beleuchtung , die nach dem Programm heute Abend hätte stattfinden sollen,­ wurde noch zeitlich wegen des Windes untersagt, der allerdings manche dazu gehörige Vorrichtungen zerstört haben mag. So wurden denn nur einige Benster beleuchtet, was jedoch nicht Hinderte, Daß Die Menge in dichten unab­­sehbaren Scharen durch Die Gaffen strömte,, namentlich als mehrere Militär­­musikbanden vor den Fenstern der Primatialresidenz spielten, wo Se, Majestät Alerhöchstihe Absteigquartier nahmen. " Veit, 1. September. Wie die ,B. B. 3tg." Hört, will die nordamerikanische Regierung ohne weiteren Vorbehalt in die gänzliche Aufhebung des Kaperwesens willigen, und die englis­ch­e Regierung als Nequivalent für diese Entsagung wichtige Kon­zessionen in der zentral-amerikanischen Streit fache machen, namentlich in Betreff der Batinseln und des Protektorates über die Mosquitofüfle. Da wären denn in der That zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Aus dem Oriente gehen uns heute eine Reihe der interessantesten Nachrichten zu. So schreibt man zunächst aus Konstantinope­l über Herrn 9. Butenieffs Ankunft daselbst : „ Der geräuschlose Einztkg des ersten russischen Botschafters nach dem Kriegestach von dem prunkhaften Auftreten des letzten vor dem Krieg e in auffallendster Weise ab. Herr v.Butenieff,begleitet von seinem ersten­ Legationssekretär,sowie dem ersten Dragoman und dem Militärbevollmächtigten,traf von Odessa an Bord eines Rads­dampfers,den eine dortige kaufmännische Kompagnie vor Kurzem erst den Engländern in Balaklawa abgekauft hat,am 19.August hier ein.Da das Schiff nicht die Kriegs­­flagge führte,so hatten die in Bujukdere stationirten Kriegsschiffe veranderen Mächte nicht Anlaß zu salutiren.Herrn v.Vittenieff’­Ausschiffung erfolgte in aller Stille am Quai des russischen Sommerpalais zu Bujukvere.Am Tage darauf ließ er seine Aus­kunft durch seinen ersten Sekretär der Regierung notifiziren und eine Abschrift seiner Kreditive überreichen,ohne selbst den ersten üblichen Besuch zu machen.Ehe er sich zu letzterem versteht,will er noch einige Zeit vergeben lassen,und erst dann wird auch der übliche offizielle Empfang seitens der türkischen Behörden in Tophana stattfinden..Nur einigen seiner Kollege,die er persönlich kannte,hatte B.seinen Besuch gemacht und ihre Gegenvisite entgegengenommen. Admiral Lyons wird m­it seiner Seedivision den Bosporus erst nach vi­lliger,wie es heißt auf den 30.September festgesetzter Räumung der von den Verbündeten und den RiessexI besetzte Gebiete verlassen. Nachdem»Nord«erwartet man in der türkischen Hau­ptstadt den Vice­­könig von Egypten und ergeht sich in Muthmaßungen über Said Pa­­scha’s Reisezweck.Es ist von seiner Verwendu­ng für Nefchid Pascha’s Wiedereintritt ins Ministerium die Rede. Der»Moniteur de la Flotte­«meldet,daß die abgetretenen Häfen Reni,Ismail und Kilia,welche,bevor sie annßland fielen,sich der größten Handelsfreiheit und in deren­ Folge eines hohen Wohlergehens erfreutetszt Freihäfen erklärt werden sollen. Von Wien aus sollen Schritte beabsichtigt werden,11m die Grenz­­streitigkeiten zwischen Montenegro und der Türkei zu Ende zu führen und im Wege einer aus Vertretern der Großmächte zusammens­gesetzten Kommission die streitigen Fragen zur Entscheidung zu bringen. In Athen is eine Ministerkrisis im Anzuge. Wie jede Pot bringt auch Die heutige wieder Anzeichen für die zwiischen den Westmächten eintretende Entfremdung (man sehe besonders London weiter unten) und für die Zunahme der entente cordiale zwischen Rußland und Frankreich. So ist es bezeich­­nend, das Zamoyski und seine Offiziere, gelegentlich­ der Auflösung der polnischen Legion, bei Jod Stratford, bei Ali und Fuad Vajda eine überaus zuvor kommende, bei Herrn von Thouvenel und dem Ge­­nstier Nushdi Vajda dagegen eine fühle, ja versehende Aufnahme ger­­unden. Andererseits hatte Kaiser Alexander bei der Feier des N­a­­poleonstages in Petersburg einen Generaladjutanten be­­auftragt, bei dem Zedeum gegenwärtig zu sein, und auf das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten war durch den Gehilfen Domoshin­ des Mi­­nisters vertreten. Die Lage der Kirche an der Hauptstraße vor Petersburg, der Newell- Perspektive, zog natürlich auch eine Menge Raffen herbei, die ss wenigstens von außen die kirchliche Feier ansahen. Ein Gerücht in der vufsischen Hauptstadt fob­t von der Absicht des Naifers, einen Nik­lausorden zu fiften, der als ein Orden ersten Ranges bei der Krönungsfeier den befreundeten europäischen Monarchen und den ausgezeichnetsten Militär- und Zivilchefs Naßlands ertheilt werden sol. Man nennt schon als die inländischen Aspiranten des neuen Ordens den Graf­fen Neffelrode, den Fürsten Gottschafoff (den polnischen Statthalter) und den General Muramieff. Die Richtigkeit der Behauptung Caribalvi’s, Chceruadhto sei nebst seinen beiden Söhnen auf der Flucht von Rom im Jahre 1849 in der Nähe der Pomündung von den Oesterreichern kriegsrechtlich erschoffen worden, wird von der amtlichen "Oazetta di Milano" in Abrede gestellt. Diesem Blatte zufolge­ ist Ch­eruachio beim Ueberfeben über den Po ertrunken. Aus Paris von­ 28, b. wird ung geschrieben: Der Seinepräfekt hat, wie üblich, an den Straßeneden einen Auszug der In den Monaten März und April vom Afffenhofe der Seine gefällten Urtheile anschlagen haffen. Das Publikum wundert sich nicht Wenig, erft jegt auf diesem Wege zu erfahren,­­ dab der Affisenhof am 16. März einen Ausspruch fällte, der fünf Indisionen (Regnier,

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