Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1856 (Jahrgang 3, nr. 226-252)

1856-10-22 / nr. 244

str.CM. Abendblatt des Yester Floyd. Reduktione­­ Mittwoch, 22 Oktober, Neo. 2un­d ersten Stock AT Dan EN NEZET; 98 Den, 1856 Zelegraphifge Depeschen der „Desterr. Gorzefp.“ Paris, 21. Oktober, Einer Depesche aus Madrid som 20. 9. M. zufolge meldet die , Gaceta di Madrid": eine Amnestie bei allen denjenigen, die in­folge der Suftereignisse verurtheilt wurden, gewährt wourden. Ein wei­­teres Dekret annullirt den auf die Götter der Königin Chri­­stne gelegten Sequefer. Mom, 18. Oktober. Da die Weinlese dem inneren Bedarfe kaum ge­nügt, wurde die Ausfuhr von Traubenmuít, orbinären Weinen und hohem B­einstein bis Ende September 1857 verboten und­ die Einfuhr ausländischer Weine für den Konsum von Cimitagechie bis dahin abermals bewilligt. = Semlin, 16. Oktober. Borgeflern reiften, zwei Magenronete zur „europäischen Donaukommission’‘, der preußische geheime Regierungsratö Bit­­ter und der rufsische Baron Offenbach, wag Galab Hier durg. Den 22. 9. M. beginnen Dort definitiv Die Arbeiten der genannten Kommission. Der rusische Konsul, dessen Wohnung großen Reparaturen unterworfen wird, wohnt einstweilen in einem Privathause. Der ruffische Flaggenfloh, wel­­chen die serbische Polizei im Jahre 1854 — nachdem man am Morgen des St. Nikolaustages zum großen Wergerung die ruffische Flagge muthwillig auf­gebißt fand, in einer Zeit, wo Die Funktionen des rufischen Gen,-Konsulates, nachh Abgang des Gen,­Sonfuls 9. Mouhin, erloschen waren — herauszuheben bemüßigt war, wird dieser Tage wieder aufgefellt werden. Es verlautet, Daß noch zwei europäische Handelsfonsulate nächstens in Belgrad errichtet werden, o X Welt, 22. Oktober, Wie uns unse­r­ Korrespondent in einem Briefe, den wir im Morgenblatte vollständig mittheilen werden, mel­­det, wird demnächst eine Note des taiserlichen Ministeriums abgeben, in welcher die, wegen Verlängerung der OD­krupation der Donaufürsenthümer gegen Desterrei­ch erhobenen Deichwerben ihre Erledigung finden sollen. Aus der uns gestern ausgebliebenen englischen Post Haben wir wo einige Details über die beabsichtigte britische Expedition ge­gen Delfien nachzufragen. Burchir sol, wie schon gemeldet, der erste Angriffspunkt sein, nachdem die Expeditionstruppen auf der Karrakiinsel, welche als Depot dienen wird, gelandet sind. Gutes Trinkwasser st­amt der Sufel in Fülle vorhanden, auch Geflügel ist zu haben. Lootfen nadh Buffora sind ‚ebenfalls zu finden. Bufher­feld it. von ansehnlicher Wichtigkeit, da sein Hafen dem ganzen auswärtigen Seehandel mit Persien zum Mittelpunkt dient. Es hat Ningmauern und zwei Meilen im Umkreis. Der dortige Bazar wird vom Lande mit aller Art Oh und Lebensmit­­teln reichlich versorgt, und eine Anzahl Kaufleute wohnt­en, Die einen ausged­dehnten Handel treiben; täglich kommen Karawanen an und gehen ab. In der Stadt selbst is­t ein trinkbares Wasser; es wird von zwei oder drei Meilen entfernten Orten gebracht. Der dortige Gouverneur regiert Au­ßerst despotisch, und da er vier Schiffe und mehrere große Buggalows zu eigen beficht, mono­­polistet er den größten Theil der Stadhtschifffahrt; so­lange seine Schiffe nicht so­ geladen sind, erlaubt er einem Kaufmann, seine Waaren auf einem ande­­ren Fahrzeug zu verschiffen. Der Scheich von Burch k­­ann Schwärme von Reitern in’s Feld führen, aber ihre Tapferkeit steht in zweifelhaften Ruf; ihre Aus­­rüstung ist sehr dürftig. Für militärische Operationen in Persien ist der Win­­ter die günstigste Jahreszeit. Bekanntlich spielen die sogenannten „practical jokes", d. h. die hand­­greiflichen Späße, noch immer im englischen Here eine große Role, Lord Ernet Bane Tempest, der vor einiger Zeit Dadurch) , daß er im Windsor einen Theaterdirektor die Treppe Hinunterwarf, eine eigenthümliche Berühmtheit erlangte, hat neuerdings in Gesellschaft eines Kameraden einen jüngern Offizier im Schlafe mit Wasser befüttet, an einen Stuhl festgebunden, ihm Die eine Hälfte bes Kopf und Bartham­es geschoren u. s. w., und hatte noch dazu die Unverschämtheit, sich in einem Briefe an die „Times“ über un­­gebührliche Verzögerung der deshalb gegen ihn eingeleiteten Untersuchung zu beklagen. In dieser Beziehung ist sein MWumnfh erfüllt, denn Die amtliche „Barette” vom 17. b. meldet: Die Sorneth Lord Ernest Bane Tempest und William 3. Birt vom vierten leichten Dragonerregiment finde Taffirt, weil sie sich eines Benehmen schuldig gemacht haben, welches ungeziemend für einen Offizier und Ehrenmann ist und der guten Ordnung und militärisgen Disziplin zuwiderläuft, wie das aus den Berichten hervorgeht, melde­te. Tünigliche Hoheit der Oberbefehls­­haber an Ihre Majestät gerichtet hat." Die „Times bemerken dazu: „Das englische Bolt wird sehen, daß der neue Oberbefehlshaber im Stande is, ein nichtöm­ßiges­ Mitglied der­ Aristokratie, welches durch wiederholte Handlungen gezeigt hat, Daß es unfähig ist, mit den Gentlemen zu verkehren, welche die Ehre haben, in Ihrer Majestät Heere zu dienen, aus den Reihen der Armee auszustoßen. Wir können dem Herzog von Cambridge nur OIAE dazu wünschen, daß er den richtigen Takt gehabt hat, einem sehreienden Uebel abzu­­helfen‘. Ueberhaupt erregte Diese Drbre ein großes und angenehmes Aufsehen, denn die Königin mußte sie wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Windsor unterzeichnet, der Herzog von Cambridge keinen Augenblic versäumt haben, ihre Majestät von dem Sachverhalt in Senutung zu gehen. Londoner Morgenblät­­ter sprechen der Königin und dem Herzog von Cambridge ihren Dant Für die zarhe Handhabung der Lustiz, dem ungezogenen Sprößling eines altadeligen Hauses gegenüber, aus. Aus Moskau berictet der "Constitutionnel": „Den­ Tag nach dem Ball, den die englische Gesandtschaft gegeben hatte, war einer von der altersten Dienerflaffe im Hause des Lord Granyilte plöslich in der Nacht Tran­ger worden. Das Hebel hatte bald einen so bedenklichen Charakter angenommen, daß der Arzt, den man in Eile herbeigerufen hatte, den Zustand des Stanlen für hoffnungslos hielt. Als Dieser von seiner Lage Kenntniß erhielt, verlangte er dringend nach dem Beistande eines katholischen Priesters — er war näm­­lich Katholit; — Lady Gransile, die Gemahlin des englischen Gesandten, felpst Katholisin, ertheilte schleunigst Befehle, daß alsbald ein der­ englischen Sprache Tundiger Prieser aufgesucht werde; eine [hmwierige Aufgabe in Moskau, wo si wenig katholische Engländer befinden. Allein bei der päpstlchen Nun­­tiatur gelang es, einen Geistlichen zu finden, der, obgleich noch ermüdet von der Reife, nicht räumte, um Mitternacht aufzuflehen und zur englischen­ Be­sandtschaft zu eilen. Als der Kranke ihn erblichte, rief er freudig aus: „Nun, so werde ich doch geflärft Durch Die Sakramente der, Kirche, sterben können!" Der Priester hörte ihn Beichte und verließ ihn nicht, ohne ihm alle Tröstungen, die ihm sein edles Herz eingab, zu ertheilen: „Habe Muth“, sprach er, als er Abschied nahm, „morgen Früh besuche ich Dich wieder.“ Und wirklich, den andern Tag in der Frühe fam Der ehrwiürdige Priester; er fand den Kranken außer­ Ge­­fahr. In demselben Augenblicke erschien an Lady Granville, um sich nach dem Befinden ihres Domestiten zu erkuudigen ; sie sah den Geistlichen am Bette fiten, und ihn erkennend rief sie­ überrascht aus: „Wie! Sie sind es, gnädiger Herr, Sie selbst hatten die Gnade, dem armen Kranken Beistand zu leisten ?" — Ich war der einzige Priester“, serfebte Dieter. „Der einzige hier, der die Sprache dieses braven Mannes verstehts; ich freue mich und Dante Gott, weil diese Sprachrenntnig mich in den Stand gefebt hat, diese Nacht eine der hei­­ligsten Pflichten meines Standes zu­ erfüllen.” Dieser, würdige Priester war Migr. Chigi, Erzbischof von Myra, zum Nuntius in München ernannt, den © er Heiligten­ Papst Pius IX. nach Mostan abgeordnet hatte, um­ den Kaiser Alexander zu d­essen Krönung zu beglückwünschen.‘’ Von der preußischen Grenze aus Teuchern (zwischen Weißenfels und Zeit) erzählt man der „D. A. 3." folgendes Beispiel eh­er­­der Ruhlofigtet­t: Ein nicht im besten Rufe stehendes Eltern war aus dem Arbeitsstande fehldíte seine Kinder, zwei Knaben von 7 und 10 Jah­ren, regelmäßig betteln. Die Kinder konnten jedoch dem Vater nie genug nach Hause bringen, und wurden deshalb von ihm auf das Härteste behandelt und sogar bedroht, noch völlig todtgeschlagen zu werden, wenn sie seinen bessern Ertrag ihres D Bettelns heimbringen würden. Vor einigen Monaten verschwan­­den beide Kinder und wurden seitdem nicht wieder bemerkt. Da man die Eltern Darüber zur Nede gelebt hat, und womit dieselben Die Ab­wesenheit ihrer Kin­­der einigermaßen glaubhaft zu erklären mußten, konnte dem Einsender dieses nicht näher angegeben werden, wohl aber die merkwürdige Art und Weise, auf welche kürzlich zufällig die Entdedung der beiden verschwundenen Knaben­here beigeführt worden ist. Ein Sinabe nämlich, der in der Nähe des Orts in einem Hohlwege geht oder spielt, wird doch eine vor ihm, si zeigende recht große Feldmans d veranlaßt, Jagd auf Dieselbe zu machen. Die Maus entschlüpft ihm jedoch in ein Loch, welches sie­ in der Seitenwand des Hohlwegs findet. Nerger­­ih Darüber flößt der Sinabe mit seinem Stod einige Male in das Lo hinein, und erweitert es mit demselben, um nachusehen, ob er Die Maus auch richtig getroffen habe. Dabei bringt er einen am Ende des Stores Hängen geblie­­benen Büfhel Menschenhaare mit heraus, was ihm auffällt, so daß er zu Hause Davon erzählt. Hier findet man diesen Umstand wichtig genug, um zu einer genauen Besichtigung und Untersuchung jener Stelle zu schreiten. Diese wird denn vorgenommen, und bald ergeben sich noch die Spuren davon, daß der Rafen Haselbft ausgehoben gewesen und sorgfältig wieder aufgelegt worden ist. Man gräbt also nahh und findet­­ die beiden fest, 18 Wochen vermißten Snaben! Die Eltern derselben wurden sofort eingezogen, haben jedoch zur Zeit noch nichts eingestanden. In Belgien ereignen sich seit einiger Zeit Räubere­ie­n, die an griechische Zustände erinnern. Aus Charleroi screibt man, das in der Gemeinde Montigny für Sambre eine Räuberbande aufgetreten sei. Die Gemeinde feierte am rechten Sonntag ihre F­irmef. Zwei Personen nahmen an dem Sefte keinen Theil; sie verwahrten sie zwar isoliot, aber nicht weit vom­ Dorfe gelegene Meierei Dignies, und sie glaubten sich um so gefilterter, als Alles verschlossen war und die sonst gewöhnlich wachsamen Hunde losgelas­­sen waren. Es war 7 Uhr Abends; prönlich fliegen­­d­ bewaffnete Indivi­­duen über Die Umgebungsmauern und drangen trob der Hunde in die Meierei der Bruder und Schwester Ballon. Die Schwerter, niederfälaigen, den Bruder mit einem Messer oder Dolch fast töbtlig verbunden, war das Werk eines Augenblids ; dann wurde das Haus seiner werthvollsten Orgenstände beraubt, ein Koffer gesprengt und elf volle Beutel. Die bedeutende Summen enthielten, daraus geflohlen, in Eisenbahnmärkter, der das Sefehrei der Beraubten hörte, rief um Hilfe, aber sie fan zu spät, die Banditen waren bereits verschmun­­gen. Während nun Zuftl. und Gensvarmen die größte Thätigkeit entwickeln, um die Thäter zu ermitteln, It Drei Tage darauf in derselben Gemeinde ein neuer Raub gesciehen, heffen. Schauplat, der Weiler Neuve-Bille gewesen. Hier drangen Die Räuber bei Dem ‚Eigenthümer Raubgur: ein, Der ‚geiiebelt wurde, und flahlen aus einem Koffer ein Bankbillet von 1000 Fr. und 500 Fr. in Tünffrancsflüdhen. Merkwürdig genug nahmen sie nir alles Geld, was ihnen unter der Hand war, sondern liefen Drei Billets von 100 Br.­­jedes und une­gefähr 200 Fr. in Fünffrancsflüden zurück. Wie die "Brest. 3." meldet, befindet sh in Berlin wo ein nu­ar­terielles Pfand für die Nechte Preußens auf Neuenburg Cs in dies ein Stiftungsvermögen der Neuenburger Bürgerge­­meinde, welches, auf die Namen der vier Vorsteher derselben eingetragen, bis zum Jahre 1848 den Händen des Bankiers Schiefer zur Verwaltung übergeben­ war. Nach der Katastrophe im Jahre 1848 hielt es der Bankier

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