Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1857 (Jahrgang 4, nr. 223-248)
1857-10-01 / nr. 223
Kite an Í Die a. einzelne = Abendblattdes Pefter Floyd. RN jj Medattívnsz Bureau, Doeothengaffe eríten Stod, Rm— rot Donnerfiag, 1. Oktober. Nro, 223. Per, 1857. X Wien, 30. September. IH beeile mich Ihnen eine Nachrut mitzzutheifen, die hier in Kreisen zerfühirt, die man als gute bezeichnen kann. Nach diesen wäre das Eine Resultat, dasie Stuttgarter Zusammenkunft der beiden Kaiser von Rußland und Frankreich erreicht habe, das Zustandekommen einer allgemeinen europäischen Armeereduktion. Der Kaiser von Rußland, heißt es, in richtiger Erkennung, der Besdürfnisse des europäischen Welttheils habe dem Gedanken, welcher von Louis Napoleon zuerst ausgesprochen wurde, seine lebhafte Zustimmung gegeben. Ein europäischer Kongreß zu Paris, eine Fortfebung des für den Pariser Friedensvertrag inaugurirten Kongresses, werde die Angelegenheit regeln, und die Modalitäten des Kaiserbeschlusses bestimmen. Dieselbe Trage, heißt es weiter, werde au in Weimar zwischen den zwei Herrschern besaftend zur Sprache und bei der notorischen Bereitwilligkeit Oesterreichs zu dieser Maßregel wohl auch zur Entscheidung kommen. Bei der Wichtigkeit der Nachricht gebe ich dieselbe nur mit Vorbehalt, füge jedoch Hinzu, das man hier allgemein an die Richtigkeit derselben glaubt. — Veit, 1. Oktober. Nachdem die Verhandlungen mit den kürzlich hier angelangten belgischen Kapitalisten und Industrieren bereits zum Schluffe geschiehen, werden die hier anmwetenden Komitemitglieder der oberungarischen Bergwerks-Hütten- und Eisenbahngesellschaft dringend eingeladen, sich Sonnabend den 3. b. M. Nachmittags 5 Uhr wiätiger Beichluffasfungen halber zu einer im Nationalmuseum abzuhaltenden Situng einzufinden. Politischer Rundfehbau, 1. Oktober. Das „Dresdner Journal“ meldet unterm 29. September : Se. Majestät der Kaiser von Desterretd sind heute Nachmittag Fury nach ', 4 Uhr mittelst Ertrazugs von Wien hier eingetroffen, begleitet von Gr. füniglichen Hoheit dem Kronprinzen und dem hiesigen kaiserlichen österreichischen Gesandten, Fürsten von Metternich, welche Alerhöcftvem selben bis Bodenbach entgegen gereit waren. Ge. Majestät der König und Ge. Fönigliche Hoheit der Prinz Georg empfingen Se. Ef. apostolisge Majestät bei der Ankunft auf dem Perron des Bahnhofes, woselbst auch die zur Zeit am Königlichen Hofe weilenden Gäste, Ihre königlichen Hoheiten der Kurfürst von Hessen, der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, Ihre Hoheiten die Herzoge von Sachsen-Altenburg und Nassau und der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, sowie Se. königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen zur Begrüßung des Kaisers anmelend waren. Im Bahnhofe war eine Kompagnie des 3. Infanteriebataillons mit der Fahne und der Bataillonsmusil als Ehrenwache aufgestell. Während Se. Majestät der Kaiser in Begleitung Sr. Majestät des Königs und des Kriegsministers die Front derselben abfegritten, spielte Die Mufit die österreichische Nationalhymne. Ge. . Majestät der König trugen die Inhaberuniform Ihres ?. TF. österreichischen Sűraffierregiments und das große Band des St. Stephanordens, Se. Majestät Der Kai- Generalsuniform und das große Band der Rautenfront. Beide Majestäten begaben sich sodann mit St. Tönigkicen Hoheit dem Kronprinzen in einem offenen Wagen und begleitet von einem dreimaligen Hoch 028 zahlreich versammelten Publikums nag dem Tüniglichen Salofje. ‚Wie wir vernehmen, werden Se. ft. f. apostolische Majestät morgen hier am Königlichen Hofe verweilen, Donnerstag früh Sich nach Weimar und von dort sodann nach SZIT begeben. Zur Dienstleistung bei Allehöchstvenselden ist der Generallieutenant 9. Mangoldt beordert ; den Ertrazug begleitet der Stantzeisenbahndirektor geh. Sinanzrath v. Trehiriehtg." Von der siebenbürgischen Grenze wird der „Kronst. Btg." geschrieben : mad Mittheilungen aus der Moldau und Balladet sind die Wahlen zum Divan ad hoc in ihrer großen Mehrheit im Sinne der Union ausgefallen. In der Walachei war dieses Resultat im Voraus zu erwarten, aber das auch die Moldau die Union will, ist ein Verdienst des Klerus. Saffy, Roman, Botoshan, Barlat, Tefutsch, Bafou, Galat, Huf und mehrere andere Bezirke haben unionsfreundliche Derputirte gewählt. Piatra, Folihan und noch zwei oder drei Bezirke haben antiunionisische Herren zu ihren Vertretern gewählt. Die Walachei dagegen ist durchgängig Union. Eine neue Bewegung hat nun daselbst die Geister ergriffen und die Parteimuth dürfte in Kurzem zum Ausbruch kommen. Der zukünftige Sürst von den bereinten Provinzen soll erblich sein, noch aber ist man nicht damit im Neinen, ob dazu ein Prinz aus einem souverainen europäischen Fürstenhaus oder aus einem der fürstlichen Geschlechter der Walachei gewählt werden wird. Die große Mehrheit der Bewölfeung der Walache ist für einen fremden Prinzen, weil sie von diesem seine nepotischen Műdfigten , sondern Gerechtigkeit im Lande erwartet. Doc sind dieses alles bis jegt no fromme Wünsche. Die Pforte wird Alles aufbieten, Suzerän über die Donaufürstenthümer zu bleiben. MWedrigens dürfte die Moldau und Walachei zwischen den Rufen und Franzosen bald ein heftiger Zankapfel werben. Die Brangofenpartei flieht in den Donaufürstenthümern in nicht ferner Zukunft schon Alles französiscrh , während die Partei der Nuffen, und bietet nicht Fein, sich till die Hände reibt, weil sie in der besten Hoffnung lebt, jenes Stud, das Rußland durch den Pariserfrieden von Bellarabien verloren hat, hundertfachh zurückzuerhalten. Das Häuflein der wahren und aufrichtigen Patrioten, die es mit Land und Bolt gut meinen, ist außerordentlich Flein und wird nicht gehört, obgleich alle großen Schreier -Patrioten sein wollen! Ein Pariser Korrespondent der „D. A. 3." Äußert fi über die Kaiserreife folgendermaßen : „ Man weiß hier je der amtlichen Welt, daß ein österreichcfjer General, Namens Parrot, vom Kaiser Franz Joseph an den Ezar gefhidt, in Stuttgart angenommen und von dem Beherrscher aller Reuffen empfangen worden ist. Die Freundlichkeit des Empfangs soi alle Erwartungen übertroffen und der Czar dem oben genannten General den lebhaften Wunsch ausgesprochen haben, auf seiner Rückreise mit dem Kaiser von Oesterreich in Weimar zusammenzutreffen ; auch sol er die Aeußerung gethan haben, daß ein freundschaftliches Verhältnis mit Oesterreich , dem alten Verbündeten Rußlands, beiden Staaten nicht anders als zum Vorteil gereichen müßte. Man betrachtet Diese Aufnahme, welche der öftervetütiche Abgesandte bei dem Start gefunden, und biete Aegferungen als von fihler Vorbedeutung für das Ergebniß der Kaiserbegegnung in Stuttgart. Auch gefält der Schauplan, wo sich die beiden Kaiser begegnen solen, nämlich Weimar, nicht sonderlich. Denn der Großherzog von Sachsen-Weimar, dem Haufe Romanow nahe verwandt und dem Haufe Hohenzollern verschwägert, sol ganz der Kreußffeen Politik beigetreten und entschloffen sein, auf die Krenigung Rußlands mit Oesterreich nach Kräften hinzuarbeiten. Ueber die Eindrücke, welche die Helenamedaille hie und da in Deutschland hervorgerufen, vermag eine Korrespondenz der Berliner „N. 3." zu instruiren. Diesem Blatte wird nämlich aus Thüringen vom 27. September geschrieben : ‚Die „alten Krieger” Weimars sind in Feuer und Flammen! Ihre patriotische Entrüstung über die angeblichen zahlreichen Bewerbungen um die Selena-Medalle, welche aus ihrer Mitte erfolgt sein sollen, hat schnell einen Äußerst kräftigen Ausbruch gefunden. In der gestrigen „Weimarischen Zeitung“ erklärte der „Stab der alten Krieger”, mag ihm noch Nichts bekannt geworden sei davon, daß „ein Kamerad die deutsche Nationalehre so weit vergeffe und nach jener Medaille zu greifen suche und sich selbst in greifften Widerspruch bringe, neben dem Orden vom Freiheitskampfe den Orden der Unterjochung zu tragen.” In der heutigen Nummer derselben Zeitung gibt der „Stab der alten Krieger” noch eine anderweite Erklärung ab : „Keiner, der die Helenamedaille angenommen oder gar darum nachgesucht hat, kann ferner an unseren Kriegerfesten theilnehmen, und wir würden gezwungen, denselben fest schon aus unserem Vereine auszusließen und alle kameradschaftlichen Verhältnisse mit demselben abzubredgen. Sollte sogar wider alles verhoffen und vermuthen sich einer oder welche aus unserer Stadt verleiten lassen, danach zu greifen, so erklären wir demselben hiermit, daß wir uns weder bei seiner Beerdigung um ihn befümmern, den Schein zum militärischen Ehrenbegräbniß verweigern (was das Generalkommando genug auch thun würde) und seine deutsche Verdienstmedaille nit an den geieslicchen Plan bringen werden. Wir achten und ehren die französische Nation, künnen aber nie billigen, daß uns ein solcher Schimpf zugemuthet wird.” Man flieht, den alten Oraubärten ist es Ernst mit ihrer patriotischen Opposition gegen das französische Denkzeichen. Befremdend ist das beharrliche Schweigen der französischen Gesandtschaft in Weimar. Durch die erstere der beiden mitgetheilten Erklärungen Mt zwar noch keineswegs festgestelt daß sich sein Bewerber um die Medaille gefunden habe; bei den ziemlich intimen Beziehungen der alten Krieger zueinander aber tít es denselben sehr Teicht, sich davon in Kenntniß zu regen, ob Der oder Sener sich um das Denkzeichen beworben habe, und da scheint es denn Da , daß die Gesuche um Legteres nicht besonders zahlreich an die französische Gesandtschaft gelangt sein dürften. Pariser Korrespondenzen vom 27. v. M. melden Folgendes: Die Herausgeber und der Bruder des Buches von E, Sue „les mysteres du peuple”(16 Bde.) sind zu Gefängnißstrafen verurtheilt und die Beschlagnahme des Werkes ist angeordnet worden. Das Urtheil ist sehr ausführlich motifirts; eine der Erwägungen lautet alsos E, Sue stellt Frankreich in zwei Racen gespalten dar, die fränkische, welche eroberte und unterdrückte, und die gallische, welche erobert und unterdrückt wurde ; er zeigt diese Spaltung als bis auf die heutigen Zeiten fortlaufend, und als die Ursache von der Unterdrückung der Gesellschaftskrasse, die er Proletariate, Nachkommen der Gallier, nennt, durch eine andere Klasse, die er die der gefrönten,, beliebten und geistlichen Tyrannen nennt, und er reizt die Proletarier auf, sich zu zählen und zu befreien etc." Aus dem Urtheil entnimmt man, daß sich Exemplare dieses Buches im Befige von füt allen Individuen gefunden haben, welche wegen Geheimbündelei verhaftet wurden. Es it eine Brocure erfleuen, welche den Titel führt : „Napoleon II. en Allemagne”. Da der eben so großmäulige als tastlose „Constitutionnel” den Berfaffer einen „ami” nennt und das Buch sehr Yobpreist, so braucht man es nicht zu lesen, um zu mwissen, was darin steht. Wie der»Frind of China«meint,habe die Blokade des Flusses und Hafens von Cantonblos den Zweck,den status quo aufrechtzuerhalten,welchen die Amerikaner zum Nachtheile der Brite zu lindern beabsichtigt hätte.Jedenfalls wird aber der Handel von Hongkong und Macao darunter leiden,und die dort schon auf einen bedeutenden Grad gestiegene Sheuerung durch die jetzt noch mehr abnehmenden Zufuhren namhaft erhöht werden.In Hongkong sind zwei Transportschiffe mit 4 Kompagnien verk.Artillerie eingetroffen,welche gleich nach Kalkutta weiterbefördert werden.Die bis zum 7.Juni reichenden Pekinger Zeitungen machen nicht die leiseste Anspielung auf die Vorfälle in Canton.Was die Rechtum betrifft,so scheinen sie in letzter Zeit einige Schlappme klitten zu habe.Unter Anderem soll Tschinkeangstt von ihnen geräumt worden sein. Die mit der britischen Dampffregatte "Encounter" am 2. August von Bangkok in Singapore eingetroffene fiamestische Gesandtfaft besteht aus 28 Personen. An ihrer Spibe steht Phya Muntre Suriwongfe, ein Bruder von Chau Phya Sri Suriwongfe, dem fiamesischen Minister des Auswärtigen, und Retter des ersten Königs; zweiter Gesandter ist ein adoptirter Sohn des ersten Könige. Von Meraindrien aus wird sie wahrscheinlic ein englisches Kriegsschiff nach England bringen. Wir lesen in einer Drfovaer Korrespondenz der „Semeso. Big." : Die in der Nummer 215 b. Blattes mitgetheilte Nachricht, Dag das Kron- Auffindungsmonument demnächst eingeweiht werden dürfte, war verfrüht ; Wahrscheinlich dürfte eine feierliche Einweihung dieses Monumentes ganz unterbleiben, der Gesichtspunkt, unter welchem es betrachtet wird, berechtigt ung zu dieser Annahme. Volkswirthschaftliche Nundfchau. Der Wein is dieses Jahr ist nur in Ungarn sondern augen anderen Ländern vortrefflich gerathen. Wie man und aus Wien schreibt, sind die Ergebnisse der hin und wieder vorgenommenen Weinlese sehr befriedigend, und wird sich der Wein jedenfalls mit dem so gepriesenen Sometenjahres- Weinemeilen Finnen. Auch der französische „Moniteur vinicole" Bringt einen Bericht über den Höcht der friedigenden Ausfall der Weinlese im südwestlichen Frankreich) und meldet, daß man den 1857er Wein dem 1811er gegenüber bereits den „Bünf-Nomsten- Wein" getauft hat. Der Verein feierlicher Weinproduzenten zu Marburg hat in Wien in der Härntnerstraße im Hause Nr. 902 ein Berlaufs- Depot eröffnet. Die ungarifge Schweinerance eignet sch nach den Beobachtungen des Grafen Reventlom sehr gut zur Verbesserung anderer Landracen, so auch namentlicher langohrigen Holsteiner. Die charakteristischen Eigenschaften der ungarischen Race Tafen fi bei der Kreuzung mit jener selbst noch in der vierten Generaton deutlich bei den Nachkommen erkennen. Als besonderer Bortheil wird Hierbei die größere Mistungsfähigkeit hervorgehoben, welche auf die holsteinische, gewiß auch auf andere Landracen übertragen wird, und ferner die größere Leuchtbarkeit, welche diese Kreuzung vor den mit ‚„englischen Schweinen verbesserten Racen voraus hat. Das englische Schwein nämlich, obgleich noch mehr zum Kleische und Fettanfaß qualifizirt als das ungarische, wird Häufig nach dem «für österreichische 2. oder 3. Wurfe unfrucstbar, auch leidet es burá das