Pester Lloyd, November 1857 (Jahrgang 4, nr. 250-274)

1857-11-22 / nr. 268

Frankreich und die lateinischen Christen im Orient. Es ist noch unvergessen,wie Napoleon 111.dem orientali­­schen Kriege durch den Streit um die heiligen Stätten präludirte und durch die Absendung nach Constantinopel, den Ansprüchen der griechischen Kirche, ent­­gegen, eine Entscheidung der Pforte zu Cunsten der römisch-katho­­lischen Christen im Oriente herbeizuführen fuhste, taube Ohren gestoßen waren — selton ging sein Eifer so weit, daß er dem Sultan ein Hilfsheer wider die Srangofen anbot. Da hielt Drouyn de Lhuys es für gerathen, zuerst Rußland die Waffen zu entziehen, die er gegen die kaum begründete Dyna­­stie zu Fehren gedachte, und in den ersten Tagen des Jahres 1853 Hing die Kunde nach Petersburg ab, daß man in Paris bereit sei,, sich mit dem Garen friedlich über die Frage der heiligen Stätten zu verständigen. Doch, wenn bei irgend einem Monarchen, so heißt es bei Napoleon : aufgesehoben ist nicht aufgehoben­­ und täuscht über die Lateiner, das Stanfreidh einst ist um des alten hat. In erweden, ihrer zur Wiederaufnahme Glaubensrituales ohne, wie vor Den W Weise genährte des Marquis tavalette Alte Capitu­­lationen, deren Bestimmungen der Vertrag von 1740 zusammen­­gefaßt und ermeuert hat , sicherten den Beherrschern Ftantreich’s das Schirmrecht über die, in der Türfel lebenden Katholiken zu, und diese besaßen in früheren Zeiten die Pilgerstätten in Palä­­sine, namentlich aber das heilige Grab in Jerfalem fast aus­ Schließlich... Später bemächtigten sich die Griechen mehrerer unter diesen Heiligtph­mern, bis die Franziöfanermönche beinahe ganz aus denselben vertrieben waren , und seitdem schleppten sich die Conflicte z­wischen beiten Confessionen über das Anrecht auf die heiligen Stätten Jahrhunderte lang hin, wobei die Sultane als Vermittler auftraten. Was Stanfreldy nun 1852 verlangte, war nichts geringeres, als ein Firman, der den Defit der Wallfahrts­­orte wieder ausschließlich den Lateinern Lavalette war nahe darın , ben Twed seiner Mission bei dem Divan zu erreichen; als Gründe der höheren Politif den Mini­­ster Drouyn de Lhuys urpröglich orientalische Politif aber sei es Gefahr, sich aufzubringen, sandten in Paris der fünf Die Anhänger wer nur Pest,21.November­, zusprecen sollte, nöthigten, bhiegte , den zu beseitigen, durch seine nicht denselben bisher auf Punkt, den der BVersuch der römischen Kirche, die und unirten wo und übereilt angez­­ettelten Bant fallen zu lassen. Brankreich mußte es damals vor allen Dingen darauf ankommen, das Mißtrauen, welches Europa gegen das neue Kaiserthum alle Drogmäcjte gegen seine Anmafung erregte Unwillen, die­se erhielten Auftrag, ihre Mißbilligung auszu­­sprechen; der Czar, den als Protettor der Griechen der Streich zunächst traf, war überglücklich, äußere Gründe zu einem Bünd­­nisse gegen den Bonapartismus gefunden zu haben , nachdem seine Vorschläge zu einer Coalition gegen nicht fest auf dem Punkte, jenes Schugrecht zu so hohem Ansehen bei den morgenländischen Nationen verholfen, in wie verherzustelen, all seinem Glanze Zerfahrenheit und Allianzlosigkeit mag dem Kaiser die netste Moment gegenwärtige Constellation als der geeig­­Pläne von 1852 er­­scheinen , und das er ‚diesmal so Leicht nachgeben wird, ist um so wahrscheinlicher, als seine Agenten im Oriente offen­­bar den Punkt gefunden zu haben glauben, fahren, die Eifersucht Maflandő zu wir meinen, bilver uutzten Griechen in Egypten, Syrien, Palästina u. s. w. zur Annahme des gregorianischen Kalender zu bewegen, der in diesen Ländern eine heftige, von den dortigen Mefiventen grant reichd auf ale gesteigerte Aufregung der­­griechischen Con­­fession fürchten nichts geringeres, als das es sich darum handle, eine völlige Bermwischung der Unterschiede zwischen vielem alten Zweige der orientalischen und der lateinischen Kirche anzubahnen , und der­ Meiderstand, auf den die beabsichtigte Neuerung stößt, voll 4000­­ Unk­ten in St. Jean je mehr man besorgt, ver Aufhebung die anderer Theile des haben 700 den gregorianischen Kalender ac­­ceptirt : in Saffa, Jerusalem, Tyrus, Sivon, Beyrut, Barber sind gleichfalls nur unbedeutende Minoritäten diesem Beispiele gefolgt : d’Xcre Hat Stadt sich dafür, das haben si von 450 nur 70 gefügt — und stehen die General­­Zandvolf dagegen Familien hier, vicare­ an der Seite der Altgläubigen. Am auffallendsten ist aber dabei das Beneh­men der französiishhen Referenten, die allenthalben mit der größten Leidenschaftlichkeit für die Neuerung Partei, ergreifen. So ist namentlich in Alerandrien, auf Befehl des französischen General Conful’3 den widerspenstigen Unirten ihre Kirche geschlos­­­sen, und heute noch nicht wieder geöffnet worden der V­izekönig und sein Großvetter sich selber in einem Briefe an den Consul darüber befragt, daß „in ihrem Paschalik solche Unduldsamfett von Christen gegen Christen verlibt werde. Daß der Conful dabei auf eigene Sault handelt, lediglich von der Eitelkeit getrieben, seine Macht und seinen Einfluß zu zeigen, ist um so undenkbarer, als der häßliche Handel sehen Anlas zu un weitläuftigen Correspondenzen zwischen den verschiedenen dabei betheiligten weltlichen und k­irchlichen Behörden an Ort und Stelle, so wie sich nach Rom, Paris und Konstantinopel hingeges­sen hat. Den Interessen der orientalischen Christen kann ver fatserliche Agent eben so wenig Dadurch zu dienen glauben, bas er Zwietracht unter ihnen ausfät und dur­ Gewaltmaßregeln Stadt gegen Stadt, Dorf gegen Dorf liest. Welche Erklärung bleibt also übrig? Wenn Rußland im Morgenlande religiösen Haß zu nähren fliebt, so weiß alle Welt, was das zu bedeuten und zu betreffen hat. Wenn nun heute’Frankreich, was zu Hause so Strenge auf die Unabhängigkeit seiner gallikanischen Kirche hält, urplöslich in einer rein formellen Frage seine Agenten im Oriente anweist, ultramontaner aufzutreten, als der Papst selber, dessen Delegat nirgends Gewalt gebraucht hat , kann dann etwas anderes dahinterstecken, als daß Frankreich die Unirten in versellten Weise für spezifisch französische Pläne ausbeuten will, wie Nikolaus I. das vor fünf Jahren mit den Griechen im Oriente zu Gunsten russischer Uebergriffe versuchte ? etwas anderes, als tag grant reich die Zerwürfnisse bis auf den Punkt zu treiben wünsch, wo es in dem allgemeinen Wirrwarr einen anständigen Vorwand für seine Einmischung und eine Gelegenheit zur Verwirklichung seiner 1852 gescheiterten Absichten zu finden hofft? Die Hal­­tung seines Generalionfulsd ist wenigerend geradezu unerklärlich, wenn man nicht annimmt, daß er und seine Kollegen in jenem Theile der Welt Befehl erhalten haben, „dem ältesten Sohne der Kirche” dort die Wege zu bahnen für eine förmliche In­­tervention So scjetnt dem­ Sranfreich entfehloffen, im Osten aller­­wärts, in politischer, wie in religiöser Beziehung, in die Fuß­­stapfen Rußland zu treten. Die Rollen, welche Fürst Mens­tschikoff und Herr 9. Thousenel in Konstantinopel spielten, sehen einander nicht ähnlicher; als diejenigen, welche Rußland der griechischen und Staafreich der nichtsgriechischen Kirche zumeist. Immer deutlicher stellt sie heraus, wie das „ête-toi de­ la que je my mette” während des orientalischen Krieges die alleinige leitende Devise der französischen Staatsmänner gebildet hat, die all ihr Gerede von Erhaltung der Türfei und von Sicherung des europäischen G­leichgewichtes ettel Humbug gewesen ist. © Szegedin, 20. November. Sie haben wohl, wenn diese Zeilen ihnen zugehen , bereits auf telegraphischem Wege Nachricht von dem Eisenbahnunglück in unserer Nähe; da ich inveß persönlich auf dem Schauplat des U­nfalls gewesen, dürften einige Zeilen von mir Ihnen nicht uninteressant sein. Der Unfall traf den heute Mittags von hier nach Temessar ab­­gegangenen Personenzuge. ALS nämlich der Zug unweit Szöregh auf dem neuen Dammeä an eine Stelle gelangte, wo sie der Schienenweg in die Bahn für die Schotterzüige abzweigt, riß der Tender vom Lokomotive ab, glitt aus den Schienen und stürzte vom Damme herab, unter sich den zweiten Maschinenführer töb­­tend ; nebstdem wurden 2 Gepäde­ und der Postwagen zertrümz­mert. Die Personenwagen blieben jedoch stehen, und so wurden sämmtliche Passagiere, die, wie leicht denkbar, in nicht geringen Schreden verseßt waren, glücklich gerettet; die Maschine selbst blieb gleichfals­ unversehrt auf den Schienen stehen. Der That­­bestand dieses unangenehmen Vorfalles auf dieser jungen Bahn ist zwar noch nicht gehörig konstatirt; wie jedoch nach den ersten diesfälligen Erhebungen verlautet, sol die Schuld, dem zu schnel­­len Sahren zugeschrieben werden, während der Damm , bis zur ersten Stationk Szöregh, und besonders jene Stelle, wo der Unfall sehen ‚ gerade ein v­orsichtiges Fahren mit schwacher Kraft gebietet. — Wien, 20. November. Die Gesellschaft der Dim­en­ts­bahn hat sich bisher des bereitwilligsten Entgegenkommens fast aller Orte zu erfreuen gehabt, welche durch ihre Linien berührt werden. Je weniger vieselben meistend im Stande gewesen sind, durch unmittelbare Betheiligung bei dem Unternehmen begselbe zu fördern, desto mehr haben sie es sie angelegen sein Taffen, der Ausführung desselben alle­ine Erleichterungen zu gewähren, welche in ihren Kräften standen. Keine Stadt hat aber von dem neuen Berbindungsmittel solche Vortheile zu erwarten, als Stuhlweißenburg, tas ohne sein Zu ihm­ der Mittel­­punkt von 4 Bahnlinien zu werden bestimmt ist. Es wäre ge­­wiß nicht allzu unbillig gewesen, auch von dieser Stadt ein Ent­­gegenkommen, eine Förderung der Gesellschaftsinteressen, die ja mit den totalen Hand in Hand geehen, zu erwarten. Statt­dessen bemühen sich fett einiger Bett Stuhlweisenburger Korrespondenz­­en allen möglichen Tavel auf die Gesellschaft zu häufen und ihr Gewaltthätigkeiten vorzumerfen, die so sehr edlich lauten, daß sie fast Mitleiden mit der armen Ein­wohnerschaft einzuflößen ge­eignet wären. Sollte man nicht glauben, die Direktion habe, statt einiger friedlichen Ingenieure, eine Rotte Raubgefindel hat bin gesdicht, wenn man Hieft, wie jene „statt Die Ruhe und das Eigenthum der Einwohner zu wahren, dies über Hals und Kopf­­ vertrümmern. " So­ entfegliche Dinge sind geschehen. Einige Bäume sind umgehauen, sogar Rohrstengel entfernt worden, ja man hat es gewagt,» Fähnchen auf­­ verschiedene Häuser zu stehen! — Ernsthaft gesprochen. Es wird Fein billig Densenver der Gesell­­schaft aus nothunwendigen Vorbereitungsarbeiten ein Verbrechen machen, und das Recht der Beschwerde wäre erst gekommen, wenn begründete Entsc­hädigungsforderungen Tnieht konorirt wür­­den , was aber auf Verlangen gewiß immer geschehen wurde. Und nun ferner. Die Gesellschaft hat noch nicht ausz­upraunt, wohin der Bahnhof zu Tiegen komme, während doch der Korrespondent aus Stuhlweißenburg bereits genau weiß, welches die einzig gute Lage sei. Die Gesellschaft muß betauern, bag troß sorgfältiger Studien oder vielmehr gerade wegen dieser ihr Entschluß nicht so schnell gefaßt is. Die Gesellschaft hat nicht ausschließlich totale, sondern auch technische Rücsichten der man­­nigfachsten Art zu nehmen, die nicht immer so ganz leicht in Einklang zu bringen sind. Da übrigens die Berücksichtigung der totalen Interessen der Stadt Stuhlweißenburg eben­so sehr im Interesse­ der Gesellschaft abs der Stadt selbst liegt, so darf man überzeugt sein, daß sie nicht fehlen wird, Infinuationen, als ob die Lage des Bahnhofes durch das­nteresse eines Vers waltungsrathes bestimmt werde, können um so sicherer abgewie­­sen werden, als vie faftliche V­orauslegung verselben eine dur­ch ansirrigen­. Wie si aber die Verwaltung nicht durch das Privatinteresse ihrer Mitglieder in ihren Maßnahmen bez­timmen läßt, so wird sie auch nicht im Privatinteresse Anderer soweilig mit ihren Protesten heraugruden. Wer da glaubt, durch Hebereien und B Verpächtigungen ihr Zwang anthun zu können, ber irrt fi. Enßlich, sollten wir meinen, wäre es patriotischer, die Gesellschaft in ihrem gemeinnüßigen, aber namentlich recht sehmie­­rigen Werte zu unterfrügen, all ihren Organen ohne Noth Schwierigkeiten zu bereiten. Die Explosion in Mainz.­ ­ Die Abendpost bringt uns mehrere telegraphische De­­peschen und Berichte über das furchtbare Ereigniß vom wir Iaffen tiefelben hier ausführlich folgen. Die ‚Mainzer Ztg.” lihem Kraden Hand­ eben flog mit entfeg­­­rechter obere Stattheit — häflich und Gaustrafe — legt in Trümmern, die St. Step­hanstirce ist verwütet. Dieses furchtbare Unglück, das Hunderte von Opfern gefordert und viele hundert Familien obdachlos gemacht und die ganze Stadt in Verwirrung gebracht hat, macht es unmöglich, heute noch die Zeitung zu versenden.“ Der Vizegouverneur der Bundesfestung, General von Boz­nin richtete folgende Degetchen an den Prinzen von Preußen : Mainz, 5 Uhr 25 Minut. Heute Nachmittag 5 Minuten vor 3 Uhr sprang das Pulvermagazin im Sort Martin in der Nähe des Gauthores mit etwa 200 Zentner Pulver in die Luft. Diese Men­­schenleben sind verloren gegangen. Das Kästrich und die Gaugaffe gänzlich zerstört. Die Gefahr ist noch nicht vorbei. Brennende Bra­naten steigen noch von Zeit zu Zeit aus dem Magazin in die Luft, Rivet Magazine daneben an der Eisgrube und Bonifacio sind zum Theil abge­­det und mit Pulver bis unters Dach gefüllt. Mainz,­7 Uhr 35 Minus. Die weitere Gefahr ist befestigt, die in der Nähe liegenden Magazine sind durch provisorische Dächer g­er­ichtigt und alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln getroffen. An Soldaten sind 7 todt, 19 fchwer und 70 leicht verwundet. Dem Zivil sind noch feine Meldungen. Mehrere sind der Einsturz der Häuser verschüttet. Ueber die Veranlassung ist noch nichts bekannt. Gearbeitet ist heute in den Magazinen nicht. Der „Frif. Pflg.” wird aus Mainz vom 18. 4 Uhr Nachmittags geschrieben : Bei einer Stunde hatten wir eine fürchterliche Katastrophe. Der ehemalige Gefängnißthurm, seither Pulvermagazin, beim Eingang in das alte Kästrihd vom Gauthor her, flog mit seiner ganzen Umgebung in die Luft. Das alte Kästrie ist ein Schutthaufen, eine große Masse Menschen sind verunglückt, sowohl in Häusern als auf der Straße, die Rensterschei­­ben überall bemoh­rt und viele Menschen durch diese Zersplitterung ver­­wundet. Steine von mehreren Zentnern sind bis auf den Theaterplag und nach der N Rheinseite geschleudert worden, Schornsteine und Brandmauern stürzten zusammen , die Stephans- und evangelische Kirche Titten fürchten­­­d. Auch auf der Zitadelle, wo das Militär exercirte, sind Hunderte ver­­unglückt. Die Zahl der Opfer ist noch nicht anzugeben. Weitere Nachrichten, bemerkt das obbenannte Blatt unterm 19, 9., besagen, daß das englische Fräuleinstift zerstört ist, daß aber die Zöglinge und die Einwohner verselben nicht verun­­glückt sind. Die Zerstörung erfliecte sich auf die halbe Gaugaffe und den alten Käfrich , und sind vaselbst etwa 1:200 Häuser theild sollständig eingestürzt, theils stark beschädigt. Der Pfab legt wie von einer Lawine verschüttet. Der Stephansthurm hat weniger gelitten als die Kirche, deren Schiff eingestürgt ist. Ebenso ist die eine Hälfte des Dade der evangelischen Kirche am Leichhof eingestürzt, in der Nähe des Theaterpfabes, wo so­­gar durch das Dach des Cafe de Paris ein dritthalb Zentner segwerer Stein bis in die Waschfüche durchgeschlagen ist, so daß das Haus abgesprießt werden mußte, weil einer seiner Stoß­­pfeiler zerstört wurde. . Gestern Abend sollen im Kessel beg in die Luft geflogenen Thurms , wo­­ noch Munitionsvorräthe ges­borgen liegen, mehrere Granaten sie entladen haben. Die Stätte des Unglücks ist abgesperrt; niemand wird­ zugelassen ; die Auss­grabungen werden mit äußerster Vorsicht be­wertstelligt. Bei der ungemein großen Zahl von Verwundeten im Mangel an Yerzten eingetreten. — B Dasselbe Frankfurter Blatt ber merst weiter : Von der furchtbaren Kraft der durch die Erprosion bedingten Er­d­­und Lufterschütterung mag man sich einen Begriff machen, wenn man vernimmt, das sie hier in Frankfurt von Spaziergän­­gern und Reitern in der Nähe der Eisenbahnbrüche verspü­rt wurde. Den aus Wiesbaden eingegangenen Blättern zufolge wurden dort die bonnerähnlichen Schläge vernommen, die den grauenvollen Augenblick be­zeichneten. Benster und Thüren sprangen auf, so daß man anfänglich an ein Erdbeben glaubte, und einzelne Senfterscheiben sollen gesprungen sein. Bergleute bei Dagheim, in der Nähe von Wiesbaden, die eben unter der Erde arbeiteten , verfüh­rten ebenfalls eine gewaltige Erschlitterung. Leber die Entsteh­ung des Unglücks theilt die „Nassauische Zeitung” mit, dem Bernehmen nach sei preußisches Militär gerade mit Einfahren von Pulver beschäftigt gewesen. Diese Angabe ist indessen verläßlicher Mit­­theilung zufolge, ungenau. Der in die Luft geflogene Pulvert­urm war einer der bedeutendsten der Festung, und­en Tagen noch vor wenigen Wochen ungeheure Vorräthe in demselben aufgehäuft. Da man aber in der jüng­­sten Zeit damit beschäftigt war, alle Pulvervorräthe aus der inneren Festung heraus nach den Vorwerfen zu schaffen­, so hatte sich die Maffe, welche die Quelle des gestrigen Unglücks geworben it, bereits auf 200 Zentner vermindert; sie sind in die Luft geflogen. Die Sappeur- und Mineur­­fompagnie der Rettung, dem Vernehmen nach durch die Arbeiterfompagnien der hiesigen Bundesgarnison verstärkt,­ sind auf der Stätte des Unglücks, die mit ihren eine und übereinandergestürzten Häusern, Mauern, Dächern sc. einen grauenhaften Anblick gewähren und so ziemlich den äußerst fachwerte­lichen und ältesten Theil der Stadt Mainz umfassen sol, mit Aufräumung und Ausgraben beschäftigt, so dag wir nach dem furchtbaren Augenblicke der heute, wie wohl überall so auch in hiesiger Stadt, alle Gemüther tief bewegt und die innigste Theilnahme für die so furchtbar Heimgesuchte Nach­­bar- und Schwesterstadt hervorruft, noch eine Reihe trauriger Enthülun­­gen zu gewärtigen haben werden. " Die „KR. Ztg." berichtet nach mündlichen Aussagen : Nicht allein in dem von der Vermüstung­ sonst verschont gebliebenen Theile der Stadt, sondern auch in den nahgelegenen Dörfern sind fast alle Fensterscheiben zertrümmert und schwere Festungs­­steine wurden über eine halbe Stunde weit hinweggeschleudert ; die Passage­ in den Straßen ist wegen der immerwährend herab­ ftürgenden soegelösten Steine, von den Häusern höchst gefährlich geworden. Der Knall­ wurde selbst in Bingen deutlich gehört. — Die „Mil. 3." berichtet: In dem nächst dem Pulverthurm gelegenen Spital wurden von den Bejagungstruppen getö­tet: 2 österreichische und 9 preußische Soldaten; leicht verwundet: 59 österreichische und 24 preußische; endlisch in der Kaserne: 34 österreichische Soldaten, darunter 2 lebensgefährlich und 10 fehwer. Im Ganzen wurden 128 Mann mehr oder weniger schwer beschädigt , die Zivilpersonen nicht eingerechnet. Bon verz­unglückten Offizieren war im Momente der Katastophe nichts bekannt geworden. Alles, a so einfesen «« steht er eben Tonnen, sorgerufen so nachbrüchlicher, Kalenders bald die Befeitigung bis nachfolgen erklärt : nur 27, in zu sehen, in Unterägypten Cairo son 800 so­wie in Damascus und anderwärts sie ihre Hebel In Damaskus , obschon am 18. durch ein Ertrablättchen folgenden Inhalts : „Mainz, 18. Nov., 3 Uhr Nachmittags, in So der Pulverthurm bei dem Gauthore die Luft. Der 18. d.; entschulpigt Ihr Nichterscheinen m nn m nn nn TB nm nn sin Dom sm men ne ne BE­EHIZE KERUARSTRCIE Don Pest nach Debreczin. Die Ebenen des Alfrid.— Ein Szolnofer Defeuner aus Wien — Die Kollegen, Die dienenden Geister, — Die kleinen Fehler des pyuortreffligen Arrange­ments — Das Banfet — Ein Gelegenheitsgedicht. — Unser Bun­d. — Daftliebe­ A Seid mir gegrüßt, ige weiten Ebenen des ungarischen Tief­­landes, wo nichts als der Himmel, das schöne Auge des MWeltalls den freien Eid des Menschen einsehräuft, In euch biegt die ergrei­­fende Poesie der schmudlosen Armuth, in euch siegt die file Erha­­benheit der See, wenn sie zur Ruhe gebannt regungslos daliegt. ‚Die Natur, welche in­ ihrem reichen und wechselvollen Rahmen alle Empfindungen der Seele einschließt, Hat in euch der schwärmerischen Schm­uch einen beredten und bewältigenden Ausdruch gegeben. Weit­­­­ gerűdt den Bliden sind die Dörfer, und zum Erfahe für die von Menschenhand gebauten Wohnungen weht mitleibevoll die Délibáb aus Licht und farben ihre lnftigen Bilder, und mit ihren trügeri­­fen Schöpfungen bedeckt sie die Ebene, wie einstens der moslemitische Günstling die Frimmischen Steppen. Aber nicht so täuschend wie die zerfliegenden Gebilde der fata morgana, sondern frei und offen, fernig und bieder, muthig und voll Dauer ist der fine Wölfer­­flug, der sie bewohnt, die Ebenen des Alföld. Die Seele liegt in dem Auge des Hirten, wenn er auf den hochragenden Hirtenstab ge­­lehnt, in die Ferne Hinausfeaut, oder wenn er träumerisch auf dem Baucje legend den feurigen Sonnenball betrachtet. Seht ihn, wie er sich aufrichtet in seiner dachlosen Hütte und prüfend in die Runde blicht. Weithin übersehant er die Pußta, auf eine halbe Meile er­­kennt er das verlaufene Schaf, auf eine ganze Meile aber fühlt er die Nähe des Liebchens, die herausgekommen ist aus der Stadt oder aus dem Dorfe, um mit ihm die Einsamkeit zu theilen. Er ist bes­­ glüdt von dem Zone ihrer Stimme, und wenn sie ihm freundlich und seelenvoll aublicht, dann pfeift er so wolgemuth in die Lüfte, daß, wie der Dieter sich im umvergleichliger Anmuth ausprüht, nfelbst Die Lerchen von ihm fernen könnten, « Dies sind die Eindrücke der Bußta, der malerischen von einer carakterischen, G Staffage belebten Landigaft des ungarischen Tiefs­tands. Aber anl an sonstigen Anregungen fehlte es nicht während jenes Ausfluges, den wir gestern und vorgestern als Gast der Theiß­­bahngesellgaft zu­ unternehmen Gelegenheit fanden, und es gab bei Heinen Episoden so wiese, man wie es nicht unterlassen wollen, einige der Felsen in kurzen Worten zu erwähnen. Vei allen muß das ges felerte Arrangement hervorgehoben werden, welches mit wenigen Aus­nahmen die Bequemlichkeit und das Vergnügen der zahlreichen Gäste ins Auge fagte. Der Umstand, bag die Gesellschaft allein, abgesehen von den Ausgaben der Statt Debreczin, 14.000 fl. für die Festlich­­keiten votirte, gab dem Ganzen einen splendiven Charakter, und es waren die Bahnhöfe und sonstigen Seftobjette eben­so geschmachvoll beror­­t, als für die weiblichen Bedürfnisse der Gäste reichlich für­­gesorgt war. Der erste Imbiß wurde in Szolnyt eingenommen, und das ganze Dejeneur Fam fo mie das des folgenden Tages von Wien aus der Sacherschen Küche. Dieselben Rücfic­­ten, welche die Theißbahn zwangen ihre Waggons im Auslande an­­fertigen zu lassen, waren auch bei­ dem etwas seltsamen Schritte maßgebend, ein für Szolnot bestimmtes Mahl aus Wien kommen zu lassen. In Pest wurden nämlich die übertriebensten Forderungen gemacht, während Sacher sich bereit erklärte beide Dejeuners ohne Dein für 10 fl. die Person zu leisten, und außerdem noch die nöthige Bedienung nach Szol­ot zu fielen. Während der Baht fehlte es uns nicht an anregender lin­terhaltung, wir befanden uns in einem Waggon mit mehreren Kol­legen, die von Wien gekommen waren um der Eröffnungsfeier bei­­zuwohnen. Die wihigen und von einer praktischen Richtung des Geistes zeigenden Bemerkungen Zang’s wechselten mit den poe­­tischen apercus Ludwig August St­anfl’s. In demselben Coupe saßen no Seiffert („Wiener Zig."), Meinert („Nord“), Uli („Deeffe“) und Falk („Wanderer"”). Auf eine kurze Strecke hatte und der Zufall in ein Coupe verschlagen, welches die Dienersgaft der mitgereiften hohen Herrschaften einnahm. Wir waren überrascht von der Größe des Styls, in dem sich Hier die Unterhaltung be­­wegte, und wir merkten es wohl an dem Kontraste der konversatio­­nellen Atmosphäre, daß wir uns eben im Kreise armer von der Stempelsteuer gedrücter Journalisten befanden. Wie ganz anders war es hier in dem Coupe der dienenden Geister. Da ward von „unseren Gütern“, „unseren Weinen“, gesprochen, die Mangelhaftig­­keit der Bewwirthung unter die Britische Lupe gezogen, und als der Stoff ausging, mußten auch die Schwächen der respektiven Herrschaf­­ten herhalten. Wir sind diskret genug um Hier abzubrechen. Wir haben oben gesagt, das Arrangement sei mit wenigen Ausnahmen vortrefflich gewesen, wir sind freimüthig genug auf diese Ausnahmen in kurzen Worten einzugehen. Unserer Ansicht nach wäre es — anstatt des Nachts nach Debretzin zu fommen und mit frühem Morgen wegzugehen — besser gewesen entweder mit einer Stunde früher zu fammen oder später abzureisen, damit es den frem­­den Bärten vergönnt gewesen wäre, die Königin des Alföld bei hellem Tage zu besehen. Berner hatten die in gastfreundlichen Worten ab­­gefaßten Lithographisten Quartieranweisungen den Lehler,­ da in allzu großstädtischer Weise nur die Nummer des Hauses, aber nicht der Name des Hauseigenthümers auf dem Zettel angegeben war. Das Aufsügen der Wohnung war hierurch in manchen Fällen be­schwerlich, indem die Debrecziner die Häuser zwar nach ihrem Ber figer, aber nicht nach ihren Zahlen kennen, und somit nicht in der Lage waren den Stemben zurechtzumessen. Die Heinen „Strapazen der Quartierauffudgung waren jedoch vergessen, sobald man sich inner­­halb der vier Wände oder an der einladenden Tafel des Ban­kettes befand, und so Gelegenheit hatte, si von der liebenswür­­digen Gastlichkeit der Debretziner zu überzeugen. Zu Ehren Sr. Fatferligen Hoheit wurde im Rath­ause ein Banker gegeben, die anderen Fremden­­ wurden an drei verschiedenen Orten bewirihet : im Stasino, im Hotel zum Stier und beim weißen Roße, Wir Tiefen uns die Freuden der Tafel im ersteren Orte fehmeden, wo der Gemeinderath Hr. Kafka in lebenswürdiger eife die Honneurd machte, und wo es beim lange der Mufii und beim Klirren der Gläser vergnügt und hei­­ter verging. Auch an Toasten fehlte es nicht, Herr Kafka brachte Ihren Majestäten und dem Herrn Erzherzog Generals­gouverneur ein Ho aus. Auch der gastfreundlichen Stadt Debreczin wurde gebacht, und Franky zerrte ein Glas zum Wohle der Debrecziner Brauen. Während der Tafel Improvifirte der Dieter folgende Gelegenheitsstrophen : Wer auf den weiten Flächen Des Ungarlandes unweist, sieht oft von der Bee Morgana Den Horizont getheilt. Es spiegeln ferne Herden Und Städte sich in der Luft, Bald See und Wald und Dome Sie zaubern sich hin­aus Duft. Ein Esstös steht heut’ auf der Heide Und sieht an, wie Schatten im Flug Phantastisch vorübereilen, Im Sturm einen Wagenzug, Gipfelpunft an das hier angeführte beziehungsreiche Geb­ät den Wunsch, daß die neue Eisenbahnverbindung den Mol Hand Debretzin’s und des Alföld’s Hete und fordere, damit „Das spannt ja vor", so denkt er, „Ein feuersprühendes Rof !” Und läßt, den Wettlauf wagend, Dem feinen die Zügel 108. Den Ruhm deines Ungarrößleins, Mir überholen ihn fühn — Und wirklich ist und gewaltig, Was dir alle Morgana erschien, Uns aber ziemt, prophetisch Die Zukunft sich fbiegeln zu seh’n; Drei Ströme sah ich gewaltig Durchs Land voll Segen geh’n : Ein Strom mit blauen Wogen kommt aus dem Nachbarland, Ein wallender Pilger gezogen, Mit geistigen Schäben gesandt. Ein Strom von schwarzem Erze, Der trägt entgegen dem Fluß Des Ungarlandes Reichthum Und seinen Segengruß, Und mächtiger noch als beide, Ein Strom im gespannten Draht Z Trägt hin und zurück durch die Heide Die gedankenverbindende That! bin jene Gasfreundschaft Tommenen Fremden in Erfahrung zu bringen, daß die junge Dame eine Mig Marlon Marwell war, und das ihre Verwandten in Bath wohnten. Dorthin eilte der lei­­denschaftliche Liebhaber unverzüglich, fand die Mutter des Mädchens und machte sogleich einen Heirathsantrag. Nur Ein Hinderniß stand ber Ber materieller Blüthe erreichen , so möge anderseits die neue Eisenbahn nicht zum Geschenfe der Danger wer­­den, und den eigenthümliche Grifdje ihres Charakters mit welchem allem aber möge freundschaft, gedeihen, erfreute, denn leicht főnnte er, wenn des ungarischen Tieflandes bie , die Einfachheit der Gi­ten und die vielen männlichen Vorzüge in der Bechselberührung mit den neuen Elementen unverkürzt erhalten bleiben. Ber in den Ebenen des Alfald auch ferner­­und diese Tugend melde zig dastehend unter den europäischen Nationen, in Debreczin ange­ von der sie sich am Morgen des 20. zur Stunde des Abschieds neuerdings überzeugen konnten. Die Zuvorkommenheit des ungarischen Wirthes gegen seinen Gaft ist ein­­scheint ums­charakteristisch. Der Deutsche führt, ja nit Der Ausbruch sehen, aller edlen Völker bezeichnet, z. B. eine Baft­­der Ungar Hingegen sprit von einer „Gast­­liebe" (vendégszeretet). Und in der That steht der Un­­gar seinen Gast, weil er sich gar nicht von ihm trennen kann; wir tathen deshalb denjenigen, die ihr Geschäft auf der neuen Eisenbahn nach Debreszin In einem Privathause einzuführen, die Stunde des Abschiedes schlägt, unter den Liebeserzeugungen seines Hausherren den Train versäumen ! Auch wir knüpfen geistiger und biederen Bewohnern der Ungar die nennt sie den England und Rußland. " Die gestern erwähnten Angaben ver , times" über das Auftreten Rußlands in China veranlassen das Eitgblatt zu fol­­genden Betrachtungen : Die Hinesische Frage — sagt die „Times “ erscheint nur vergleicherweise klein, und sobald die Rebellen in Zentralindien hinwegge­­fegt sind und das Epos von Delhi ein wenig abgedroschen ist, werden wir sehen, daß China wieder obenauf ist und daß Millionen sich wieder für Lord Elgin und seine Fahrt interessiren. Die Aufregung dieser fernen Kämpfe scheint ein Bedürfnis für das Bolt zu werden; es scheint eine Art politisches Schnapstrinken, an das man sich zu gewöhnen anfängt. Breilich Fünnen wir die Bemühungen eines Staates, der unlängst in Europa mit Glanz durcgefallen ist, ohne viel Besorgniß betrachten. Der Amur ist vom eigentlichen St5 der russischen Macht durch tausende Meilen Wild­­niß getrennt, und ihre Belsungen am Stillen Weltmeer müssen,, im Fall eines Krieges, leicht dem Feinde in die Hand fallen. In der That wur­­den sie dem Czaren nur durch den vorzeitigen Frieden von 1856 gerettet. Auch haben sie kaum eine unmittelbare Wirkung auf China. Das eigent­­liche, wolfreiche, wohlhabende und geschäftige China liegt fachlicher , ist unfern Transportdampfern und Kanonenboten zugänglich , und muß uns fehlbar in innigen Beziehungen zu der Macht, welche Indien regiert, als zu dem Herrn der sibirischen Einöde gerathen. Aber dennoch bleibt der Geist, welcher die Ruffen befeelt, der Beachtung­snwerth, Mossoviter sowont die Briten dürfen sich wohl bewußt sein, daß ihre respektiven Reiche un­­vermeidlich ewige Nebenbuhler sind. England und Rußland sind die zwei Nationen der alten Welt, welche die fänfste Lebenskraft besigen, und sie vertreten Prinzipien, welche sich nie und nimmermehr mit­einander ausführen lasfen. Unsere Beinchaft und Freundschaft mit anderen Nationen kann eine lediglich vor 7zz Doppelte Bigamie. * Eine Kriminalgeschichte ohne Mord ist für den Geschmack der Engländer in der Regel eben so fade wie Salat ohne Del An­den der Branzosen. Und be if­orgt eine schändliche Geschichte entbehrt worden, die selbst ohne Mordbeigabe noch empörend genug ist, um viel von sich sprechen zu machen. Folgendes sind, so viel bekannt ist, die Shattachen, die dem Gerichte vorliegen : Im Sommer des Jahres 1850 traf ein Student der Medizin, Namens John Blair Wille, in einem Omnibus ein Machen, dessen Reize einen solchen Eindruck auf ihn machten, das er ihr sofort nach ihrer Wohnung folgte. Es gelang ihm, bindung entgegen , aber dieses war fürs Erste nicht zu besiegen : Kaz Mäp­­den war nämlich noch nicht 13 Jahre alt. Der Zufall treffen fi die Beiden, nachdem beinahe fünf Jahre verstrichen,, in den Surrey-Gardens. Die Leidenschaft des Mr. Wills (aus dem Mediziner war mittlerweile ein Architekt geworden) erwacht von Neuem , er beschließt ,das Mädchen zu Heirathen und heirathet sie auch t­rflih am 24. März 1855, mit Einwilligung ihrer Mutter. Das Paar scheint sehr glücklich zusammen zu leben, bis ein Kind geboren wird. Mit der Geburt des Kindes stellt sich ein Stecher ein, welches zulegt das Ge­­müth der Mutter afficirt, so daß sie nach dem Irrenhause in London ge­bracht wird, wo sie ein Jahr lang bleibt. ES scheint Vorschrift in jener Anstalt zu sein , daß Personen in der Lage der Patienten nicht länger als ein Jahr dort bleiben dürfen. Man wandte sich daher an ihren Gemahl und ersuchte ihn , seine Frau , obgleich ihre Genesung nicht vollendet sei, aus dem Hospital fortbringen zu lassen. Der Gemahl kümmerte sich nicht um bdiese Aufforderung , doch stellte sich fast seiner sein Bruder, Santes Benton Wild, ein und brachte seine Schwägerin in die Wohnung seiner Mutter. Dieses geschah am 3. August des Jahres 1857, und nun fangen die Berwiclungen an. Wo trieb sich der Gemahl die ganze Zeit über herum, während seine Tau von der Krankheit Heimgesucht war, die den erschütterndsten Cindrud auf uns zu machen pflegt, einer Krankheit, welche zudem unter Umständen entstanden war, die, wie man denfen sollte, sein Herz hätten weich stimmen müssen ? Herr John Will Hatte mittlerweile bei einem andern Weihe Trost gesucht und sich im April 1857 mit Anne Good verheirathet. Die eigent­­liche Mrs. Wills ihrerseits sehnt sich nach der Entlassung aus dem Spital darauf, Mann und Kind wiederzusehen. Nach ein paar Tagen erhält sie einen Brief von ihm, in welchem er sie um eine Zusammenkunft an einem bestimmten Orte in der City bittet. Sie findet sich zur festgefegten Zeit ein, und er hat die Frechheit, seine erste Verheirathung für nichtig zu er­­lären und nicht nur seine Bigamie zu bekennen, sondern zu behaupten, das er sich schon im Jahre 1851 mit Anne Good verheirathet habe. Offen­­bar hatte er darauf gerechnet, seine Frau werde ihm dies bei dem schwa­­chen Zustande ihres Geistes glauben, und er hatte sich darin nicht geirrt. Allein er hatte nicht bedacht, das gerade die Einfall, mit der je seine Behaup­­tung aufnehmen und seinem Rathe folgen werde, zulegt auf ihn zurückfallen und das Werkzeug seines Berderbens werden d­ürfe: „„Du tannst nichts Anderes und nichts Besseres thun, sagte er, als meinen Bruder Benton zu heirathen; er liebt Dich, will dich heirathen und wird ein guter Ehemann sein.” Dies­­er Bruder gibt nun vor, er habe die Geschichte von der früheren Heirath gleichfalls geglaubt, und zwar ohne den geringsten Beweis, außer dem Worte des Bigamisten, und, Thorheit über Ichorheit! die junge Frau, tele nur so viel Kraft gehabt zu haben scheint, um ihr Elend zu füh­­ren und seine Freundlichkeiten dankbar zu empfinden, läßt sich die Wer­­bung ihres Schwagers sofort gefallen, folgt seinem Rathe und begeht schon am 24. August, kaum ein paar Tage nach der Zusammenkunft mit John MIS eine incestuöse Bigamie mit James ! Die Arme ist noch immer minderjährig, und es war deshalb Körki das sie und ihr neuer Gemahl die Erklärung abgaben — als Erklärung die unter den obwaltenden Verhältnissen einem Meineide gleichsam — mag die Heirath mit Einwilligung der Mutter der Braut stattfinde. Es rief sich nicht vorausfegen, daß diese zweite Heirath den Verwandten der jungen Dame lange verborgen bleiben werde. Die Kunde davon gelangte bald zu bent Ogre der Mutter, Nachforschungen wurden angestellt. Sohn Wille zweite Berbetratbung fand sich im Somerset­house einregistrirt mit dem Datum vom April des Jahres 1857. Die doppelte Betrügerei lag sofort gar zu Tage und das ganze Truggewebe kam ans L­icht, durch welches die arme schwarsinnige Frau, nachdem sie zuerst das grausamste Unrecht ere­duldet hatte, von Menschen, die­ ein klareres Bewußtsein von dem hatten, was sie b­aten, zu einem Verbrechen verleitet, aber vielmehr gezwungen wurde, in welchem sich die Scheußlichkeit des Incests mit der Schuld der Bigamie­n vereinigt. Damit aber war das Maß der Beleidigungen, welche die Unglück­cte erfuhr, noch nicht voll. Das Ergebniß der Entdeckung war nach James Tenton Wills sofort seine Verbindlichkeiten gegen die Dame, welche er zu einer verruchten Ehe verlobt hatte, von sich warf, und daß ein unermeßlicher Haß an die Stelle einer natürlichen Liebe trat. Er ver­­ließ sie; sie war auf die Mildthätigkeit des Kirchspiels ange­wiesen und fand Aufnahme im Epital von Lambeth. Die Kirchspielbeamten sind es, durch welche tiese Schändlichkeiten an das Tageslicht gelangt sind. Man wird vieleicht sagen, Mrs. Wills sei nicht im Stande , die ganze Größe ihres Elends zu empfinden. Dadurch aber wird der Frevel keineswegs ge­­­mildert, nein, das Gegentheil ist eher der Fall. Für sie Is es allerdings ein Glad, daß sie ihr Unglück nicht in feinem sollen Umfange zu erkennen vermag; aber Wehe denen, wel oldie Schwä FE Aus­e , welche nicht davor zurü­ckbeben, Schwäche folde

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