Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1858 (Jahrgang 5, nr. 224-249)

1858-10-23 / nr. 243

Abendblatt des Heiter &loyd, Samstag, 23. Oktober. Az. 2483. Pet. 1858. Politische Nundschau, 23. Oktober. Der offi­­zielle Teil der Bariser K­onferenzprotos folle wird uns morgen früh im „Nord“ zugehen; das belgische Blatt kündigt die Veröffentlichung dieser unwichti­­gen Dokumente im Vorhinein an. Aus Paris wird berichtet, daß der Dampfer „Boligny" mit den I­n­­struktionen für die französische Gesandtschaft am 19. 9. M in Lissabon angelangt is, Berlin vom 21, wird über Die erste vereinigte Sibung der beiden Landtagshäuser Folgendes mit­­getheilt : Der Bräsident eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten: Meine Herren! Durch die Geschäftsordnung it mir die Ehre zu Theil geworden , den Borsig in der Versammlung der vereinigten Käufer des Landtages zu übernehmen. Ich bitte Sie um Ihre Unterfrügung, ja ich rechne darauf, denn wir har­ben die große Aufgabe, über eine Angelegenheit, welche das In­­teresse aller guten Preußen in Anspruch nimmt, in würdiger Weise abzustimmen.­ Ich bin überzeugt, daß, wo es darauf ankommt , die Ehre Preußens zu wahren, beide Käufer immer nur Ein Haus sind! (Bravo.) Als erhabenes Vorbild zeigt sich auch in dieser Sache die be­wiesene Fürsorge Sr. Majestät des Königs für das Wohl des Landes, sie zeigt sich auch in der PHietät des Prinzen von Preußen. — Der Präsident ertheilt hierauf dem Ministerpräsidenten Treibern 9. Manteuffel das Wort, der nachstehende Allerhöchte Botschaft vertieft : Im Namen Sr, Majestät des Königs, Dir Wilhelm, von Gottes Gnaden Prinz von Preuß­sen, Regent, laffen hierdurch an die beiden Häuser des Land­­tags der Monarchie, nachdem dieselben um den Thron Sr, Mar­jestät des Königs sich versammelt haben, die nachfolgende Bot­­schaft ergehen. Unter den bei der Eröffnung dieses Landtages dargelegten Umständen haben des Königs Majestät Sich betwo­­gen gefunden, Uns mittelst des in beglaubigter Abschrift beige­­fügten Allerhöchsten Erlasses vom 7. d. M. zur Uedernahme der Regentschaft aufzufordern. So­­ schmerzlich dieser Schritt auch für Unser Herz ist, so haben Wir Uns doch der Webterzeugung nicht verschließen können, daß derselbe durch Die Umstände drin­­gend und unabweislich geboten sei. Wir haben demnach mittelst des ebenfalls in beglaubigter Abschrift beifolgenden Erlasses vom 9. b. M. die Regentschaft des Landes übernommen, um die Regierung im Namen Sr. Majestät des Kaisers so lange zu führen, bis Allerhöchst dieselben wieder im Stande sein werden, die Königliche Gewalt Selbst auszuüben. Wir sehen diesen Art als die Erfüllung einer Pflicht gegen Seine Majestät den Kö­nig und gegen das Land an, zu welcher Wir in Folge der an Uns ergangenen Allerhöchsten Aufforderung, Fraft der Uns durch Gottes Gnade verliehenen Stellung zunächst dem Throne beru­­fen sind, und welche demzufolge auch im Artikel 56 der Ver­­fassungsurkunde vom 31. Jänner 1850 einen entsprechenden Ausdruch gefunden hat. Wir haben sofort die beiden Häuser des Landtags der Monarchie zusammenberufen und r­eäten ge­­genwärtig an dieselben die Aufforderung, nunmehr in vereinig­­ter Sigung die von des­ Königs Majestät und von Uns Selbst erkannte Nothmendigkeit der Regentschaft auch ihrerseits anzu­­erkennen, worauf Johann von Uns dem Artikel 58 der Berfaf­­fungsurkunde Genüge geschehen soi. — Gegeben Berlin, den 20. Oktober 1858. Wilhelm, Prinz von Preußen, Regent. 9. Manteuffel, ». b. Heydt. Simons, v. Raumer. 9. Bodel­­fejwingy. 9». Maffow. Graf v. Waldersee. Blottwell, v. Manteuffel IL. Die Anwesenden erheben sich bei der DVerlesung. Nach Beendigung derselben überreicht der Herr Ministerpräsident die Botschaft mit folgenden Worten : Ich richte nunmehr an die hohe Bersammlung den Antrag, daß es derselben gefallen möge, die Vorlage um diejenige Kommission zu Überweisen , welche nach §,1 der von beiden Häusern genehmigten Geschäftsordnung die Vorprüfung vorzunehmen haben wird. Der Präsident überweist die Vorlage dieser Kommission und verliert hierauf die Namen der Mitglieder derselben. Der Präsident schließt die Sigung um 142 Uhr. Weiter wird aus Berlin geschrieben : Es werden amtliche Ermittelungen über­­ die wegen h o­­ltischer Vergehen innerhalb der­­legten zehn Jahre veranlaßten strafgerichtlichen Verfolgungen vorgenommen , ‚und zwar in einer Richtung bin, aus welcher auf die Absicht einer ausgedehnten Amnestie zu schließen. — Die Haltung­sbestandtags, heißt es, wird seine passive sein. Nicht allein die Äußerste Nechte, sondern auch die Außerste Linie beabsichtigen einen Angriff auf Grund des Art. 56 der Bet­toffung und werben, wenn auch aus verfehleenen Motiven mit der Erklärung vortreten, Daß der vereinigte Landtag jecht gar nicht in der Lage sei, eine von Sr. Maj. dem König ausgegangene Ueber­­tragung zu sanftioniren, da andernfalls dies eben schon bei den früheren Stellvertretungsordnes hätte geschehen müssen. Als Red­ner der Linien in dieser Angelegenheit nennt man bereits Hrn. Wen­­ßel. Nach einer Mittheilung der "Sp. 3tg." hat der stellvertretende Minister des Innern, Herr Flottwell, durch besonderen Erlass an die Regierungen den Wunsch zu erkennen gegeben , daß die Landräthe bei den bevorstehenden Neuwahlen mit ihren Kandidaturen möglichst zurückhalten und nur dort auftre­­ten sollen , wo sich andere zu Landesvertretern geeignete Per­­sönlichketten nicht darbieten. — In Breslau hat nach der „Kon­­stitutionellen“ fest auch die „demokratische” Partei im Wahl­programm veröffentlicht. Die beiden Angelpunkte sind : geheime Wahlen und Gleichheit in Bezug auf den Genuß bür­­gerlicher und staatsbürgerlicher echte, durchaus unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Der Tegtere ist die Losung der jüdischen Fraktion, die aus einem großen Theile der wohl­­fähigen jü­­dischen Ein­wohnerschaft besteht. Bemerkenswerth ist das Zusammenhalten dieser Partei in sich, eben­so wie bei der Katholischen Partei. Während so in Preußen die politische Bewegung ihren Anfang nimmt, sind der König und die K­ö­­nigin von Preußen am 19­9. glücklich in Obermais bei Meran angekommen und im Schlosse­l Rot­­tenstein abgestiegen. Aus Konstantinopel vom 16. bringen die Triester Blätter folgende Nachrichten : Lord Redcliffe wird alleitig gefeiert,, er drirrte auch beim russischen und französisgen Gesandten und erhielt von allen bedeutenden Persönl­ichkeiten unter den Muslime Be­­suche. Ein Mann von der alten türkischen Schule soll dem Lord, als er von den englischen Sympathien für die Türfei sprach, bemerkt haben, wie ihm der Gedanke das Herz zerrette, daß seine Glaubensgenossien in A Den, diesem unbestreitbaren Resigthum der Pforte, nur unter Nestriktionen ihren Kultus ausüben dürfen, indem England, nach der durch Dasselbe zer­­störten Moschee, den Muttelmännern nicht gestattet, Minarete zu errichten. — Man spricht von ernst­en Bemühungen, das Mi­­nisterium abermals zu modifiziren. Fürst Stephan B­o­­gorides hat vom Sultan eine goldene, mit Brillanten ge­­schmückte Tabacchiere erhalten, begleitet von einem Schreiben, das ihn wegen seiner langjährigen und loyalen Dienste belebt. — Würst Karl Gregor Ghifa, Cousin des walachischen Kat­­marams, ist am 12. auf der Donau abgereist. — Die am­e­­rikanissche Gesandtschaft hatte ih­naft der Dampferfregatte „Wabash“ die Passage der Dardanellen gestattet. Da sie 60 Kanonen zählt, so haben der englische und französische Gesandte darin eine Beziehung der Verträge von 1841 und 1856 gege­­hen und dagegen­­ remonstrirt. Die Hohe Pforte hat hierauf dem amerikanischen Vertreter willen Lassen, daß die Fregatte möglichst bald von K­onstantinopel auslaufen muß. Neuere Berichte aus Sofia schildern den Schaden, welchen die fortwährenden Erbti­e­f­e dort angerichtet haben. Schon beim ersten stürgten 15—18 Minurets ein. Gleichzeitig sollen viele Häuser und Gewölbe eingestürzt und bei 30 Men- Aus

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