Pester Lloyd - Abendblatt, Januar 1859 (Jahrgang 6, nr. 1-24)

1859-01-26 / nr. 20

ern FR lontlhs Battdss PostokZ 10W." Mittwoch, 26. Jänner, « Nr. 20. Pest, 1859. P­olitische Nundiehan, 26. Jänner. Die Ver­­mäh­lung des Prinzen Napoleon­ wird am nächsten Sonntag gefeiert, worauf der Prinz am Mon­­tag Die Nacreife über Genua und Marseille nach Paris antritt. In Der bereits ‚erwähnten friedfertigen Hirkular­­note Des Gr. Walems­er wird die italienische Trage mit seinem Worte berührt; die piemontesische Regierung gedenkt, falls ihr die Kontrahirung einer Anleihe im Ast­lande nicht gelingen sollte, ein Zmangsansehen im eigenen Ende, aufzulegen, denn der Verkauf der Staatseisenbahnen Scheine für die Geldbedürfnisse des Staates nicht Hinzureichen; als der Herzog von Dram­­mont dem h. Vater am 24. Dezember einen Besuch abstattete, sol der Pa­p­st demselben als Weihnachtsge­­fehent ein Paket Briefe und Papiere übergeben haben, welche Die Bemeise von den Anschlägen liefern, Die in den Legationen von Fremden angezettelt werden. — Dies sind die unwichtigsten TIhatsachen, welche Die heutige Post­ung meldet. Wenn sie insgesammt wenig friedlich laufen, fü mol­­len wir ihnen ein Turiner Telegramm als Korrigeng hes­­ießen: „Dem Übernehmen nach — lautet die Depesche — ist hier eine englische Note überreicht worden, welche dem piemontesischen Kabinett eine friedliche Politik anräth.” Aber gerade in England, und um so mehr wenige Tage vor Eröffnung des Parlamentes, muß neben dem Verfahren der Regierung auch die Haltung der Öffentlichen Meinung genau beachtet werden ; haben wir nun im Mor­­genblatte gesehen, wie sehr , Morn. Volt" sie­ gegen die Neutralität Englands ausspricht, so liegt und jegt der Artikel der „Daily Nemes" volls­tändig vor, den wir gestern nach einer telegt. Meldung angekündigt. Das liberale Blatt sagt: Die Haltung unseres Kabinetts der italienischen Frage g genüber ist bisher zurückhaltend, Falt und gehetim­­nißvoll gewesen. Dord Derby hat sich begnügt, sich gegen den Krieg zu erklären, ohne irgend etwas von seinen politi­­schen Absichten zu Herrathen. Zur­ Zeit einer gewaltigen Krisis haben die Minister unseren mächtigten Bundesgenossen in der sollständigsten Unm­iffenheit über ihre Wünsche und Sympathien erhalten und jede offene Erklärung in Betreff Straliens vermeidend, der französischen Regierung zu verstehen gegeben, sie­ hätten einen Einfluß auf die Beziehungen Frank­­reichs zu Preußen gebt. Das Nnsultat dieser Mittheilun­­gen ist, so siel wir willen,­­folgendes gewesen: Preußen erklärt, Daß es geneigt ist, sich streng neutral zu verhalten, falls zwischen Frankreich und Desterreich ein Krieg ausbricht, der durch ein hinlänglich ernstes Motiv prospek­t ist: jeden unprospek­ten Angriff Frankreich’s auf Desterreich Dagegen werde der Negent mit den lebhaftesten Besorgnissen verfolgen. Diese Haltung, welche das Gewicht einer protestantischen deutschen Großmacht gegen Italien in die Wagschale wirft, drängt die unmittelbare Kriegsgefahr­ zurück, erschwert aber auch­ die Lösung der Frage, indem sie die Position Oesterreichs verstärkt und überdies, als ein Ergebniß der Action unseres Kabinetes, die Solidität der westmäc­htlichen Allianz gefähr­­det. Jedenfalls kann diese energielose Politik, die zu seiner Verständigung führt, nur eine temporäre sein: es bleibt daher immer noch zu entscheiden, welche Stellung England einneh­­men sol, wenn es darauf verzichten will, den Sortschritt in Italien zu fördern. « Bleibt die Situation sich selber überlassen,so haben wir allerhöchstens auf eine Suspension der Feind­­­­se­ligkeiten zu rechnen das beweist die Heirath des spritp­zen Napoleon,dessen mit dem Rufe des Heeres vereintem Einflusse die friedlichen Stimmen im Rathe des Kaisers un­­möglich werden widerstehen könne.Die Kundgebungen Nass­­oleon’s 111.zeugen immerhin von einem­ ernsthafte Interesse für Italien(?!),könnte«dies Interesse nicht zu Gunsten Europas ausgebeutet werden,wenn England mit Frankreich Hand in Hand ginge,um das Lothaliens zu verbessern. Wir­ sind überzeugt,daß Lou­is Napoleon eine,im Bun­de mit Großbritannien herbeizuführende friedliche Verständiss­­ung mit Oesterreich über das Schicksal Italiens ans strebt.Und ist es denn so gewiß,daß der Vorschlag,aus den östlichen Besitzungen Oesterreichs in Oberitalien ein ita­­li­enisches Königreich zu Gunsten des Erzher­­zogs Maximilian zu bilden,dessen Sicherheit natü­rlich ausschließlich einer nationalen Arm­ee anvertrauter wer­­den müßte,­in Wien sogar keine Aussichtena­ufnahm­e hat oder der gemäßigtenYakt en­thalten nichts wa­­gen würde? . Man kann keinenfalls leugnen,daß die österrei­­chische Regierung in den abschweben­den Verwicklungen bisher ebenso viel Festigkeit als Klugheit bewiesen hat.Ihre Sprache gegen Frankreich ist höflich,selbstgefällig,ihre Po­­litik in der serbischen Angelegenheit sehr versöhnlich gewesen, auch in Betreff der Donauschifffahrt scheint sie geneigt,auf die Wünsche der Westmächte einzugehen­.Ist da die Hoffn­un­g so ohne weiteres zurü­ckzuweisen,Oesterreich werde sich,um des Glück erhalten’s,um­ der Ruhe Europa’s willen,auch zu substantielleren Konzessionen herbeilasse,wenn ihm Frankreich und England in herzlicher Eintracht derartige Vorstellungen in ruhiger und vorsichtiger Weise machen. Sehen wir nun zu den Berichten über, die ung aus Sardinien direkt zugehen : Ein Telegramm aus Turin vom 24. meldet: Die Abgeordnetenkammer hat das Nationalgardegefeg mit 92 gegen 28 Stimmen angenommen. Die „‚Stafetta’“ hebt die Abwesenheit der Gemahlin des Fatf, rusischen Ge­sandten bei dem theatre pars und dem Seftballe hervor. Die Marcese Laetizia Popoli Murat it zu Bologna vom Schlage getroffen worden. Die mil­itärische Zeitung meldet, ein Projekt zur Neubildung von drei Eskadronen Karalferie sei reif. Die ‚‚Untone’ läßt sich aus der Schneiderinwerkstätte in­­spiriren und spricht mit lebhafter Einbildungskraft von 100.000 Uniformen, die bereitet werden, um eben­so stete Freiw­illige damit zu befleiden. Der ,‚‚Borriere mercantile‘ zu Genua meldet, daß die Kauffahrtenschiffe Drdre erhielten, einige Pläne im Hafen zu räumen, um einigen Kriegsfehd­en, die hier eintreffen sollen, Plas zu machen. Prinz Napoleon gab am 20. ein Diner, zu dem der Ministerpräsident, der S­riegsminister, Die Präsidenten der beiden Kammern, die Hofwürdenträger und andere Personen von Auszeichnung geladen waren. Vormittags musterte der Prinz gegen 800 napoleonische Veteranen, wobei er von dem Natio­nalgardegeneral Bisconti und dem Artilleriegeneral Sobrero begleitet war. Er hielt eine kurze Anrede an sie, worin er seine Befriedigung aussprach, sie in einem Lande, das für jede bevorstehende Eventualität mit Frankreich alltirt­­et, um sich geschaart zu erbliden. Nach der Revue zogen die Leute in den Hof des E. Palastes. Den Kammern wird näch­­stens ein Gefegserfchlag vorgelegt, welcher für Die Prinzessin Biotilde ein Setrathsgut von 500.000 Fr. festießt. Bei der Abendgesellschaft in den Salons des Grafen Ca­­vour die Prinz Napoleon mit seiner Gegenwart beehrte, hatte sich von den Damen der Turiner Arifivfratte fast seine eingefunden; auch die höhere Bourgeoiste war in ihrem weiblichen Theil sehr schwach vertreten. Generalmajor Gianotti sol zum Kommandanten von Alessandria ernannt und von dem Kriegsminister der Befehl gegeben worden sein, die Ambulancen in Bereit- BERNER WETTER EEE . 5

Next