Pester Lloyd - Abendblatt, Juli 1860 (Jahrgang 7, nr. 150-174)

1860-07-02 / nr. 150

(Die einzelne Nummer Eoftet 3 Er. 6. 8.) Abendblatt as Pester Lloyd. Montag, 2. Suli, ir. 150. Pest, 1860. £ Ge, Erzellenz der Landesgeneralkommandant Herr FZM. Ritter v. Benedef trifft heute in Ofen ein. Politische IMtunofdau, 2. Suli. Es fehlen uns bis zur Stunde neuere Nachrichten aus Neapel, hof­­fentlich bringt uns der Telegraph noch solche im Laufe des Tages. Für jebt beschränken wir uns auf einige Er­­gänzungen und Kommentare der früheren Berichte : So mag hier angeführt werden, daß die amtliche De veihe aus Neapel von „ausländ­ishen Banden“ spricht, was darauf hinzudeuten scheint, hag die Bewegung in der Hauptstadt nicht von der dortigen Bevölkerung, vier doch nicht von ihr allein ausgegangen. Werner sagt die De­­gersche, daß die Aufständischen es versuchten, die Sträflinge aus den Gefängnissen zu befreien, und daß mehrere der Re­­bellen im Kampfe ihr Leben eingebüßt. Neben der Bek­ündi­­gung d­s Belagerungszuwandes ergriff die Regierung noch eine andere Mairegel. Sie errichtete nämlich eine „Bür­­gergarde. Die ‚„‚Morgenpost‘’ bemerkt dazu : „Das erscheint vielleicht auffallend, da man Doch weiß, dag sonst und in anderen Ländern gerade nach der Unterbrücung eines Aufstandes an die Bürgergarden zu verschwinden pflegen. In Neapel hat aber das Wort ‚„‚Bürgergarde‘“ eine ganz andere Bedeutung, es sollte eigentlich „Lanzaronigarde‘ heißen. Die , Dítb. 9." Kommentirt die Depesche aus Neapel mit folgenden Zeilen: , Das Königreich Neapel gleicht in diesem Augenblicke einem Haufe, das in vollem Brande steht, dem die Nachbarn theils ängstlich, theils schadenfroh zusehen, ohne mit ihren Sprigen herbei zu eilen. Das zweite Stock­­werk ist bereits zur Hälfte verloren. Die jüngsten Nachrichten melden indeß, daß die Flamme nun auch das erste Stockmerf ergriffen hat. Der König hat, wie man weiß, in Folge des Briefes des Kaisers der Franzosen sich zu Konzessionen ent­­schlossen, die im vollsten Widerspruche zu seiner früheren Politik stehen. Dieser Schritt hat bei beiden Parteien Auf­­regung erregt; die spexifisch ne politantische Partei (die al­­lerdings größtentheils auch die »eaftionäre if) hat sich in ihren Haß gegen Frankreich so eraltert, dag sie in roberter M Weife an der Person v8 franz­ösischen Gesandten sich ver­­griff; die Partei der Stal­antistint dagegen, der langen Drud und fill geleitete Konspiration eraltirt, hat die sicht­­bar gewordene Sch­wäche der Regierung zu wilden Thaten ermut­igt und Dolch und Feuer haben bereits der losgelasse­­nen Wuth der Revolutionen Opfer gebracht. Nach der oran­­stehenden Depesche aus Neapel scheint es zwischen den Auf­­rührern und dem Militär zu einem hartnäcigen Kampfe ge­­kommen zu sein, der in­soweit für die Truppen glücksch aus­­fiel, als Tags darauf Ruhe gehalten wurde. Südosten darf man sich Feiner fanguiniischen Tääuschung hingeben über die Dauer dieser Ruhe.’ Ueber das Attentat gegen Baron Brenter ist am 28. Juni in Paris folgende De­­pesche eingelaufen : „Lefter‘,. (27), erhielt der Baron Brenter, der die Toledostrafe, wo seit dem­ Morgen eine große Aufregung herrschte, pafsirte, zwei Hiebe mit einem mit Blei ausgegnf­­fenen Stod auf den Kopf. Besinnungslos in das Gesandt-­shaftshotel gebracht, erhielt er daselbst sofort die seinem Zustand angemessene Beihilfe. Man hoffte bei Abgang der Depesche, daß die Berlegungen keine üdeln Folgen haben werden. Das Attentat selbst gibt man der reformfeindlichen Partei [Kuld, weil der Baron dem Könige zu dessen neuesten liberalen Schritten gerathen hat,’­­ neapolitanischen Die "Patrie" enthält folgendes Telegramm : Am 26. Suni, Morgens, ist in Folge königlichen Be­fehles die konstituttionelle neapolitanische Flagge auf dem Fort St. Elmo unter dem Donner der Kanonen aller Forts der Stadt aufgezogen worden. Sie wird dort, wie im ganzen Königreiche, statt der bisherigen Königlichen neapolitanischen Flagge weben. Weiter erfahren wir aus Der Hauptstadt : Die Seele der neuen Richtung in Neapel ist der Dhelm des Königs, der Graf von Aquila, während der Graf von Syracus, der bekanntlich vor Garibaldi’s Abfahrt von Genua genau die Politit­en empfohlen­­ hatte, welche der König fett einschlägt, sich fern Hält und „überall gesehen wird, nur nicht bei Hofe‘, wie in einer neapolitanis­­chen Korrespondenz der ‚‚Independance‘ bemerkt wird ,­aus der wir auch erfahren, daß sich in Neapel ein panischer Schre­­cen verbreitete und Alle, die fort fonnten, auf’s Land eilten, während viele Fremde Geld und Geldeswerth zu ihren Kon­­suln braten.­­—­ Die , Morning Post’’ melder aus Neapel vom 29. d.M.: „Aufregung Die Reformen haben nicht befriedigt. Wenn dem französischen Gesandten Baron Brennier die Genugthuung verweigert wird, dürfte die französische Flotte handeln­d auftreten.’ — Es heißt, daß der König das Kommando der zum Schuge Neapels bestimmten Truppen in eigener Person übernehmen wolle. Meber die Beziehungen zwischen Neapel und Piemont gehen uns folgende Meldungen zu: Die neapolitanische Regierung hat die Auslieferung der gelagerten Schiffe und Passagiere angeordnet, aus Besorgte,­­ wie eine Turiner Depesche hinzufü­gt, — von Unordnungen und eines Konflikt­s zwischen den azza­mont’n und der übrigen Bevölkerung. — Der neapolitanische Korrespondent der „„I­ndepend.“ schreibt : „Die Mannschaf­­ten der farbinischen Handelsschiffe kommen an’s Land und flimmen ale möglichen patriotischen Gefänge u­ter dem Beifallsjauchzen der Menge an, während die sonst so eifrige Polizei sein Lebenszeichen gibt.” “ Die ‚„‚Opinione‘‘, das Organ Cavours, bringt bereits mehrere Artikel, in welcher jede Bereinbarung mit Neapel bestimmt zurückgewiesen wird, da durch eine solche das ganze bisherige liberale und nationale Programm über den Haufen geworfen werden müsse. Sardinien müsse sich, wie in früheren Fällen, darauf beschränken, das Prinzip der Nietintervention geltend zu machen, es müsse den Dingen so ihren natürlichen Verlauf sichern, und dann die Thatradjen anerkennen, die sichh auf diesem Wege vollzogen hätten. — Indes wurde dem Vertreter Garibaldi’8 in Turin, dem Gr. Amarti, gerathen, seinen Aufenthalt in Genua zu nehmen, nachdem man von neapolitanischer Seite gegen das Verbleiben desselben in der Hauptstadt remonstrirt hatte. — Dag Gari­­baldi die von den Palermitanern verlangte Annertion noch nicht ausgesprochen, hängt damit zusammen, daß er das Schiksal der Insel nicht den diplomatischen Händen Cavour’s, die wieder durch Napoleon gebunden sind, anvertrauen wollte. Aus Palermo liegen uns folgende Mitthei­­lungen vor: Ziüri sol bereits vor Meffina stehen. Der Komman­­dant von Meffina hat Befehl erhalten, die Defileen von Mancy­­pano mit den ihm zugeführten V­erstärkungen zu befegen. Die Engpäsfe von Mancovano liegen etwa 20 Kilometres von Mes­­fina. Die Garibaldi’sche Armee soll bereits auf 50.000­ Mann angewachsen sein. Am 15. Juni erließ Garibaldi folgende Proklamation : „‚Sizilianer! Ich habe auf Eure Baterlandsliebe gezählt, auf Euren antiken Muth. Ihr habt mir Euer großes Ü­ertrauen geschenkt. Als­ der Feind mir für die Stadt Palermo demüthigende Bedingungen vorschlug, erhob fi­euer uner­­schrochener Kriegsruf inmitten der Vorbereitungen zu einem

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