Pester Lloyd - Abendblatt, April 1862 (Jahrgang 9, nr. 75-98)

1862-04-01 / nr. 75

(Die einzelne N­ummer Eoftet & Er. 5. WB.) Abendblatt as Pester Lloyd, Dienfag, 1. April. Mr. 75. Ve, 1862. Sz, Paris, 29. März, Der Kaiser sol dahin ent­­schieden haben, daß Herrn Girardin die Direktion der „Presse” nicht gestattet werde; er wolle Girardins Verdienste nicht in Abrede fielen, aber zur Beruhigung der Gemüther sei es wünschenswerth, daß dieser Schriftsteller wie auch Beuil­­lot so wenig wie möglich an die Oeffentlichkeit trete. Was den angeblichen Fortschritt in der römischen Frage be­trifft, so lassen die darüber zurfüh­renden Gerüchte nicht viel Gutes erwarten. Denn derselbe sol ermöglicht worden sein im Einverständniß mit Oesterreich , Spanien und Batern­­y. Turin, 27. März. Das Dekret über die Einver­­leibung der Südarmee ist heute erschlenen. Die Offiziere werden dem Kriegsminister zur Verfügung gestellt,­ der sie allmälig im aktiven Dienst unterbringen wird. Natürlich wird die Organisation der Cadres der 16 neuen Regimenter , die Ausfüllung derselben mit der nöthigen Anzahl von der, den übrigen 64 Regimentern angehörigen Mannschaft und die Er­­gänzung der legteren durch Rekruten noch eine graume Zeit in Anspruch nehmen, während welcher die Garibaldi’spen Offiziere sich noch zum Theile wenigstens die Disponibilität gefallen haffen müssen. Uebrigens erhalten sie während dieser Z­wischenperiode ihr volles Gehalt. — Die Tinke hat nun, so weit sie unter Erts­pi?’ 3 Einfluß fleht, volltändig mit dem Ministerium­ gebrochen — ein Ergebniß, daß man bereits seit einiger­ Zeit voraussehen konnte. Rattayzi läßt sich dies jedoch wenig zu Herzen gehen und hofft vielmehr auf der Rechten, welche ganz besonders an der anfänglich unwahr­­scheinlichen Freundschaft der Regierung mit der fortgeschrit­­tenen Partei Anstoß nahm, volle Entschädigung zu­ finden. Es wird versiert, Garibaldi habe dem Kriegsminister einen Plan zur Unterdrückung des Banditentrums eingereicht, mit dem Anerbieten, denselben selbst zur Ausführung bringen zu wollen.­­­ Der Luftigminister Cordov­a wird in der näcften Woche einen Geiegserschlag zur Einführung der obligatorischen Zivilehe einbringen. — Ricaroli ist in Folge der Erfrankung seiner Täter nach Florenz sr rückgereist. K. K. Wien, 31. März. Die jüngstein aufgetauchte Nachricht, der hiesige turksische Sesandte habe dem Grafen Rechberg die Absicht der Pforte angezeigt, den Groß­­mädsten in einer Zirkularnote die von Serbien beob­­achtete Haltung zu erläutern und sie zur Geltendmachung ih­­res Einflusses in Belgrad aufzufordern, daß Bürst Michael seine, das­ Basallenverhältniß beeinträchtigende Politik aufgebe, gehört, wie wir aus verläßlichster Quelle versichern können, in das Gebiet der leeren Erfindungen. Das weitere Gerücht, die Pforte habe der serbischen Regierung eine Note zuge­­sendet, in welcher sie derselben anzeigt, daß sie gezwungen sei die serbische Grenze zu befegen, da sie auf amtlichem Wege von einem geheimen Einverständnisse Serbiens mit den Bulgaren, Bosniaken, Herzegowinern, Montenegrinern und Hellenen zur Zerstörung des türkischen Reiches Kunde erlangt habe, — kennzeichnet sich dadurch schon als ein reines Phan­­tasiegebilde, daß die Pforte mit V­asallenregierungen, wie die serbische, nicht vermittelt Noten, sondern im Wege von Erlässen korrespondirt, welche in der Regel dem in Kon­­stantinopel weilenden serbischen Bevollmächtigten zur Beför­­derung an seine Regierung mitgetheilt werden. Aus dem Finanzausschus ge­hören wir noch nachträglich , daß derselbe den neuen Weinsteuer-Geseh­­entwurf verworfen hat, und daß er in seiner morgigen Lö­­sung das Marinebudget berathen werde. Hinsicht­­lich des legteren beantragt die betreffende Sektion, das für 1862 präliminerte Ordinarium mit 5.965,000 Gul­­den, und das zum Bau von 3 Panzerfregatten angefeste Extraordinarium von 7.200.000 Gulden zu ge­­nehmigen, für die Zukunft aber der Regierung zu empfehlen, sie möge bis zur Beseitigung des Defizits den Neubau grö­­ßerer Schiffe unterlassen.­­ Der V­oranschlag für die Erpar­­tfifd-flavoníisde Hoftanzlet wurde um 73.000 Gulden reduziert. — In der Sektion, welche­ die Banf­­frage beräth, ist ein förmliches Sch­ema ausgebrocgen. Von den neun Mitgliedern, welche dieselbe bilden, beharren vier auf dem Gedanken des Staatspapiergeldes, während andere vier eben­so entschieden Dagegen eifern ; das neunte Mitglied hat fd noch nicht definitiv entschieden. In­folge dieses Briefhaltes haben beide Gruppen fi vorläufig getrennt, um jede insbesondere ihren Plan auszuarbeiten, und dann vor das Plenum zu treten. Das Doktorenkollegium­ der hiesigen juriidischen Faku­ltät hat einen prinzipiell wichtigen­ Beschluß gefaßt. Es wurde nämlich der Antrag des Ausschusses, m wonach die Stipendien der­ Burfa’schen Stiftung au­f an­ Studdirende israelitischer Konfession verliehen werden sollen, zum Beschlusse erhoben, und zugleich festgefest, es solle ein solches Stipendium in diesem Schuljahre schon an einen Israeliten verliehen werden. S. K. Wien, 31. März, . Wie. wir. erfahren, begibt si der­­, englische Botschafter Lord Bloomfield in kur­­zer Zeit auf einige Wochen nach London, d­ie, Majestät der Kaiser, dürfte, den legten Meldungen zufolge, übermorgen, Donnerstag., wieder­ in Wien eintreffen. Auch der ungarische Hofkanzler, Graf Forgadh, wird "an bdiesem Tage, auf der Rückkehr von Venedig, in Wien erwartet. — Der heutige „Hirn.“ veröffentlicht eine Adresse des Beamtenkörpers des Esanaader Komitats an den Herrn Hofkanzler,, aus Anlaß der versuchsweisen ‚Einstel­­lung der militärischen Steuererolutionen , deren wesentlichste Stelle folgendermaßen lautet: „Ew. Ex­zellenz hat während­ Ihrer kurzen’ Verwal­­tungsperiode: sohen dur viele Verordnungen und festhin­dur das am 13. März, I. 9. unter 3, 4021, erlassene­ In­­timat, welchem zufolge die militärischen Steuerexekutionen auf gewisse bestimmte Grenzen beschränkt wurden, glänzende Beweise jener edlen patristischen Bestrebungen gegeben, melde Em­ Erzellenz­­behurs der Milderung und Einstellung der Folgen des gegenwärtigen Schief als unseres,theuern Bar­terlands und des unvermeidlich gewordenen Ausnahmszustan­­des mit seltener Ausdauer zur Geltung zu bringen bemüht­et. Indem Em. Erzellenz ein würdiger Sprößling jener­ alten ungarischen Familie, melde sich noch in dem Zeitalter des Árpad’schen Fürstenhauses durch ihren auf den Schlachtfel­­dern erkämpften Ruhm und durch die bürgerlichen Tugenden der zu allen Opfern bereitwilligen Vaterlandsliebe in der Geschichte unseres Vaterlandes einen glänzenden Namen erworben hat, — und der Erbe Dieter ‚Tugenden ft. erweist Em. Erzellenz, des großen Namens Ihrer verklärten Ahnen würdig, Sr. Faif, Majestät, unserem apostolischen Kö­­nig den treuesten, und unserem Vaterland den besten Dienst, indem Ew. Erzellenz dur­ch den mirksamen Einfluß oene Hindernisse zu beseitigen beabsichtigt, welche die Ausgleichung der abschwebenden staatsrechtlichen Fragen hemmen , indem Em. Erzellenz dur die vorläufige Regelung der militärd­­­en Steuerevolationen es möglich macht, daß einerseits dem Bolfe zur freiwilligen Erfüllung seiner nicht zurücweisbaren Verpflichtungen, in welcher Hinsicht es zufolge unserer uner­­müdeten moralischen Einwirkung schon eine erfreuliche Ber­­eitwilligkeit an den Tag Iegt, eine günstigere Art und Ge­legenheit geboten werde,­­ andererseits aber die Steuerzah­­lenden unter Berichti­ätigung jener Umstände, melde gewür­­digt zu werden beanspruchen, von allen, den Absichten der b. Regierung gewiß ferne, liegenden Pladereien verschont wer­­den, indem endlich Gw. Erzellenz, treu dem a. b. Willen St. Majestät, als wachsamer Hüter der Integrität des Lan­­des, der Rechtspflege im Sinne unserer vaterländischen Ge­­hege und im Allgemeinen, der­ ungarischen Regierungsform durch eine versähnliche und , neben der Wahrung der Unver­­sehrtheit des Reichsverbandes ,­­ eine entschieden nationale Richtung einhaltende Politik alle Söhne dieser Nation für die heilige Sache des Vaterlandes zu gewinnen, alle Patrioten, welche sich bemühen die ungarische Regierung zu unterfrügen, und die ganze Nation bezüglich der ge­wünschten,, je früheren Wiederherstellung der ererbten Konstitution unseres Diater­­landes zu beruhigen strebt. Im Wiener Abgeordnetenh­ause gab es gestern wieder einen Kompetenzstreit und zwar ging er dies­­mal nicht von der Rechten, sondern von einem Mitgliede der deutschen Autonomisten aus. Als nämlich Dr. Stamm den Bericht des Finanzausschusses, betreffend das Gefeg über die Aufhebung d­er Bergfrohne, vorgelegt und die Bänfe der Rechten sich geleert hatten, fand folgende Kon­­versation und Abstimmung statt : Dr. Rehbauer: Wenn ich das Wort ergreife, so geschieht es unwesentlich deshalb, um den Bedenken, melde ich gegen die Form habe, in der uns das Geseh vorgelegt wird, Ausdruck zu geben ; ich habe bereits in der Geigung vom 3. September 1861 bei Gelegenheit der Adresdebatte dies­­falls erklärt, Daß wir uns in Ausübung der uns von der Verfassung gewährleisteten wichtigen­­ Rechte durch den Um­­stand nicht beirren lassen werden, daß die Vertreter anderer Königreiche und Länder hier nicht erschienen­ sind, und daß wir auch nicht widertrieben werden, Dinge in das Bereich unserer Berathung zu ziehen, welche eigentlich vor das Forum des Gesammtreichsrathes gehören, falls: Die Noth des Staa­­tes es erherrscht ; ich habe aber zugleich erklärt, daß unsere Beichlüfe nur Bedeutung haben sollen für jene Kö­­nigreige und Länder, welche hier vertreten sind. Damals schien meine Ansicht von der Mehrheit des Hauses nicht gethei­t zu werden, seither aber hat der Staatsminister am 17. Dezember­ 1861 eine Rede gehalten, aus der mir her­­vorzugehen scheint, dag wir, wenn wir an der Berathung der Finanzvorlagen theilnehmen, nur ein uns verfassungsmäßig zustehendes Recht ausüben, und dann, daß unsere Berathun­­gen, auch nach der Ansicht der Regierung, nur für die hier vertretenen Königreiche und Länder von Gewicht sein kön­­nen. Wir nehmen daher kein Bedenken, in die Bera­­thung der Finanzvorlagen einzugehen, jedoch mit der Be­­fränfung, daß unsere Berathungen nur für die hier vere tretenen Königreiche und Länder gelten sollen. Deshalb muß ich den Antrag stellen, daß der Parsus, mit dem der Ausschuß die Vorlage anführt, „giltig für das ganze Reich“, weg­­bleibe ; wir sind nicht berechtigt, für das ganze Rei Be­­schlüfe zu fallen ; findet die Regierung, daß unsere Beschlüsfe ersprießlich seien, so steht es bei ihr, sie in den hier nicht vertretenen Königreichen und Ländern im Berord­nungswege durchzuführen. Der Ausdruck „giftig für das ganze Rei“ erscheint übrigens nicht einmal in der Regie­­rungsvorlage und ist erst vom Ausschusse aufgenommen. Dr. Stamm gibt zu, daß die Regierungsvorlage jene Worte nicht enthalten habe, der Finanzminister jedoch habe im Namen der Regierung die Auslassung dieser Worte als eine unabsichtlic­he erklärt. Was die Art der Ausführung anbelange, so sei Dies Sade bei Evelativ­­gemalt, und das Haus habe deshalb, hierüber nicht zu ber ftimmen. §. 4 des Gefeßes besage denn auch Folgendes : „Mit der Ausführung dieses Gefeges werden der Finanzminister und der Minister für Handel und Bolfswirthschaft beauf­­tragt.” — Ministr Schmerling stimmt den Worten des Berichterstatters vollkommen bei und versichert, daß­ bei der­ Publizirung [des fanktionirten Gefeges ersichtlich ge­­macht werden würde, für welche Länder die verfassungsmäß­­ige Mitwirkung des Reicherathes stattgefunden Habe, und

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