Pester Lloyd - Abendblatt, Dezember 1863 (Jahrgang 10, nr. 275-298)

1863-12-03 / nr. 277

(Die einzelne Nummer Loftet , Er. ő, HB.) Yen, 1863.­ bendblatt as P­ester Eloyi Donnerstag, 3 Dezember. Nr. 277 X, Y, Berlin, 1. Dezember, Der erste Tag der par­amentarisschen Schlacht für die sdhleswig­­olfetnisdhe Frage­n­ vorüber. Mit hocgespannten­twartungen wurde sowohl den Erklärungen des Ministeriums je­der Haltung des Abgeordnetenhauses entgegengesehen. Da d­as Resultat nach beiden Seiten hin nicht befriedigt, liegt in der Stellung, welche Ministerium und Bollsvertretung einan­­der gegenüber einnehmen. Die Phyilognomie des Hauses bot einen charakteristischen Ausbruch dieser Anomalie in einer tage vom Höchsten nationalen Interesse. Die Erklärung des Herren v. Bismarck wurde mit eifesfaltem Schweigen an­­gehört und nur als er zum Schluffe sagte, das „wegen Be­­f­affung der nöthigen Geldmittel dem Landtage verfassunge­­mäßige Vorlagen gemacht würden“, antwortete man ihm mit einem allgemeinen höhnenden , 94". Die frostige Erklärung des Ministerpräsidenten , die diplom­atischen Windungen und Vorbehalte stehen in direktem Widefprug­ge mit dem Schwunge der Nation und ihrer Forderung für die Sache Schleswig- Holsteins. Das war es an, was die Wirkung der Reden Balders und Benoffen töbtete. Walde’ Rede war kaum unter der großen Unruhe des Hauses verständlich, und es mochte den alten parlamentarischen Sieger ein bitteres Gefühl überkommen sein, als er gegen die allgemeine Strö­­mung vergeblich ankämpfte. Einen um so günstigeren Moden hatten die Majoritätsredner und den Preis errang Dr. Löwe, der ehemalige Präsident des­ Stuttgarter Rumpfparlamentes, der in wash­aft finatsmännlscher Rede, auf die ich besonders aufmerksam mache, die Nationallache vertheidigte. Aber der Bunc­espalt innerhalb der Fortschrittis­­partei gab sich doch and­em dieser, wie in allen übrigen Reden fand und dies minderte eben den Einbruch, der sonst unter allen Umständen erzielt worden wäre; denn es ist nict ohne Bedeutung, wenn Männer­n­: Balded , femme, Jung, die zu den parlamentaristen Koryphäen Preußens gehören, sich in einer so bedeutungsvollen Frage von ihren Besinnungsgenossen trennen. Der Standpunkt der Regierung ist in der Erklärung Bismarc’s nicht hinlänglich gezeichnet. In Regierungskreisen sielt man als vornehmli­aftes Motiv die Besorgnisse vor dem Aufschwunge der Maffen ein, an deren Soige sich kann unfehlbar das Abgeordnetenhaus ftellen und das Ministerium flürgen würde. In der Erklärung D­ie­­mard’s wurde ein Parfus, der darauf Bezug hatte, in der lege­nen Stunde­ gestrichen. Einige Mitglieder der schleswig-holsteins­­chen Ständeversamm­lung wohnten der Heutigen Debatte bei; einer derselben theilte uns mit, daß die Batail­­lonskommandeure der dänischen Truppen’ Befehl erhalten hät­­ten, jede Weberschreitung der Drenge Seitens der deutschen Truppen mit den Waffen zurückumeifen. Im Laufe der Abgeordneten­zirkulistin Belte Auf­­lösungsgerüchte auf Grund einiger Weißerungen, welche Herr 9. Bismarc über die heute gewählte Untersuchun­g tommission in Sachen der Wahlkorrumpirungen gemacht hat. Der Minister will allen Organen der Regierung im Lande vere bieten, der Untersuchungstommiffton Rede zu stehen und be­­streitet derselben bag­recht vorgeladenen Zeugen den Eid ab­zunehmen. Nun erfahre ich aber, dag eine der ersten Maß­­regeln der Untersuchungstommisfion die Borlaßung des Herrn­­ Bismarc und seiner Kollegen Are Schranfen bei Kommiffton fen werbe, St. Paris, 30. November, Heute ü­­ber Dentu bie tolfride Brohüre mit dem Titels „Salier Napoleon III. und der Kongreß“ erschtenen. (Mnsere Leser kennen sie aus dem Morgenblatte, D. Red.) Ihre Ton ist ein dur und durch Krregerischer, und wenn man brbentt, bag der Kalser, wenn er an ihr eigentlicher Verfasser nicht if, body der Abfasfung derselben sehr nahe steht, so kann man biesem abermaligen und, wie :3 scheint, irkten Appel an Europa die tiefste Be­­deutung nicht apsprechen. Noch einmal werden die Rede vom 5. November und das Einladungsschreiben des Kaisers in ihrem wahren Wertk­ dargestellt, die Lage Europas als eine solche hervorgehoben, die verhängnislos zum Verlege führt und somit nicht länger aufrechtgehalten werden darf. Das einzige Mittel, einen bessern Zustand herbeizuführen, ist ein Kongres. Europa hat die einzige Wahl, entweder Kongreß oder Krieg, und zwar Krieg sehen im Hradjagr. Der Kongreß ist aber unmöglich dur) die Weigerung Englands und die bedingungs­­weise Annahme von Seiten der Übrigen Großmägie. Mithin steht Europa für Anfang nächsten Jahres nichts Anderes als ein Krieg bevor. Die Brohüre wird ohne Zweifel eine große Beflüigung hervorrufen, wenn sich an nur in Haren, bestimm­­ten Worten das wiederholt, was die Rede vom 5. November fon andeu­tet. Man weiß fest, weilen man 10 von Grtten Branfreiche zu versehen hat.­­ Her Budberg und Fürf Czartorgeott sind nicht nach Kompiegne eingeladen worden, weil der Kaiser dem rufsischen Besandten und dem Vertreter der polnischen Nationalregierung gegenüber unparteiisch sein wollte. — La­­tour HB’Aupvergne geht nach London, mit besonderen Instruktionen des Kaisers versehen. Politische Hundihban, 3. Dezember. Daß re in der Elbeherzogthü­mer- Frage hangt, fühl auf die Haltung der beiden deutschen Brotmächte ankommt, wird wohl Niemand in Zweifel ziehen ; wir fielen daher heute diejenigen Mittheilungen voran, melde ss mit dieser Haltung belästigen. Zunächst ist nun die Erklärung des Herrn v. Biömard in der vorgeti­­gen Abgeordnetenfigung von Bedeutung, dieselbe Tiegt .

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