Pester Lloyd, Oktober 1867 (Jahrgang 14, nr. 230-256)

1867-10-19 / nr. 246

. 5 Frankreich m­ithalten. Pest-IS Oktober. Die Oktobertage,welche für Frankreich so böse Erinne­­rungen berget,sind diesmal durch Zwischenfälle getrübt,denen man ernsten,drohenden Charakter nicht abzusprechen vermag. Das Bild der Situation hat sich unerwartet schnell verändert. Wie mit einem Schlage ist die täuschende Strebenssicherheit der fetten Wochen durch die grelle Wirklichkeit vernichtet worden. Zwar nicht die Ufer des Rhyeins drohen vorläufig der Schau­­plag Friegerischer Kämpfe zu werben, und man hat sein Hecht an einen Winterfeldzug Nie!’ s gegen Deutschland zu glau­­ben ; aber aus der Heinen, Exum beachteten Wolfe in Italien hat sich ein Ungewitter entwicelt, das man einen großen Theil des Horizonts beliebt. Afinalunga , über das man mitleidig lächelte, scheint der Ausgangspunkt­ verhängnißsch­werer Ereig­­nisse werben zu sollen. Die Nachrichten , welche heute aus Paris eingetroffen sind, bedürfen seines Kommentars. Der Gedanke einer Intervention Frankreichs in Italien wird allen Ernstes im französischen Ministerrathe erwogen und die Sprache, welche die offiziöse , Batrie" gegenüber J3talien führt, läßt ent­­nehmen, daß in dieser Hinsicht die Dinge ziemlich weit vorge­­schritten sind. Nach den vorliegenden Mittheilungen ist der Schluß erlaubt , daß vielleicht fest schon ein Ultimatum an S­talien abgegangen ist, das dem König Biltor Emanuel die Wahl läßt, entweder in die französische Intervention zu willigen oder sich auf einen Zusammenflog mit der französischen Stadt vorzubereiten. Die „Opinion Nationale” stellt die Lage Italiens sehr richtig dar, wenn sie bemerkt, daß das ita­­lienische Kabinet unmöglich dem Verlangen Louis Napo­leons nachkommen könne in Zurückweichen Viktor Ema­­nuel’s in diesem Augenblicke wirde unvermeidlich zu einer Re­volution führen und man begreift, daß Victor Emanuel sogar einen Zusammenstoß mit Frankreich dem B­ürgerkriege verzieht. So liegt denn die Wahrscheinlichkeit einer Expedition Transreichs nach Rom und ein Zerwürfung, mit Italien nicht mehr sehr ferne. Napoleon steht im Begriffe, die ruhmvollste Schöpfung seines Lebens zu gefährden ; er ist nahe daran, gegen seine eigenen been­ Krieg zu führen. Werden ihn die Huldigungen der Herifalen Partei für die Folgen dieses Schrit­­tes entschädigen,, werden sie dem Kaiser einen Erlag für die italienische Allianz bieten ? Ein Kampf mit Italien würde ein furchtbares Dementi für die ganze Politik des zweiten Kaiser­­reiches sein. Es klingt allzu romantisch , wenn man in dem Grafen Bismarc den Urheber der italienischen Bewegung sucht. Aber eine unleugbare Thatsache ist es, daß die­­ preußisch-italie­­isihe Allianz das Unabhängigkeitsgefühl im italienischen Volke gestärkt hat. Unleugbar ist es­au, das die Differenzen zwi­­schen Frankreich und Italien der­ preußischen Politik großen Borshhub Leisten. Die Vertagungspolitik Napoleons des Dritten trägt Schlechte Früchte. Er gab sich im den legten Jahren die größte Mühe, allen gefährlichen Kollisionen auszu­weichen. Nun ist trot aller dieser Anstrengungen dennoch eine Krisis über Frankreich hereingebrochen, wie es seit dem 2. Dezember 1852. seine zu bestehen hatte. Wir versuchen nun eine Uebersicht der Meistheilungen zu geben, wie sie uns heute zugenommen sind. In Paris war bereits am 15 b. ein Telegramm eingetroffen, welches auf das Bestimmteste versichert, das französische Geschwader habe Befehl bekommen, sich zur Abfahrt­ bereit zu halten ; einige Schiffe desz felben machten bereits Anstalten zur Aufnahm­e von Beman­­nungstruppen. Im französischen politischen Kreisen ist man zu­­gleich der festen Ueberzeugung, das auf die erste Kunde von der Einschiffung französischer Ex­peditions-Truppen‘ in Toulon S­ta­­­teng Heere den Kirchenstaat belegen werden und der Bruch zwischen der Dynastie des Kaisers und dem Könige von Italien fertig­ ist. In Haris it man auch von der Furcht nicht frei, daß die Republif im Nömischen proklamirt ist, ehe die italie­­nische Armee die Mauern Rom’s erreicht hat. Mazzini, der vor seiner Abreise von Lugano eine Proklamation erlassen hat, worin er die Römer und die Garibaldianer auffordert, die Re­­publis zu erklären, ‚befindet sich , wenn nicht alle Angaben tra­­gen, auf r­ömischem Boden. Die Profiamirung der Republik, meint eine P­ariser Korrespondenz , könnte bei der Stimmung, die in ganz Atal­ett, aber besonders in Genua, Neapel, der Lombardei und auf Sizilien herrscht und bei dem von Mazzini fest so langen Jahren mit so großer Energie vorbereiteten Plane von einem, wenn auch nur augenblicklichen Erfolge gefrönt werden. Wir haben vor wenigen Tagen die Analyse eines Rund­­schreibens des Kardinals Antomelli mitgetheilt.­­Ein Korrespondent der "R. 3." erhält nun Kenntniß von dem In­halte eines zweiten päpstlichen Aktenstücks,­­welches vertraul­­ich mitgetheilt worden und dazu bestimmt ist, dem Kabinet von St. James . offiziös unterbreitet zu werden. Der Korres­­pondent theilt über das erwähnte Dokument Folgendes mit: ‚Das päpstliche Gouvernement macht darin aufmerksam, daß die italienischen Revolutionäre offen in England Unterstügung fanden, daß man ohne Scheu und ganz öffentlich den Garibaldianern Waffen und Geld liefere, und daß man wohl annehmen dürfe, wie ohne diese mat­terielle Unterstügung die­ aufständische Bewegung unmöglich gewesen wäre. Die päpstliche Regierung könne in diesen Thatsachen nichts An­­deres als eine offene Verlegung des Prinzips der Neutralität erbliden, sei um so augenfälliger, weil die Garibaldianer sein anderes nun als eine Konvention zu schäbigen und ummeirsam zu machen, die z­wischen d­rei Alliieten Englands abgetroffen wor­­den sei, um den Frieden Europas zu sihern ! Die Regierung St. Hei­­ligkeit weist im Ferneren darauf hin, daß ja an England mit Recht sich darüber befragt hätte, daß die Machinationen bei deiner Seitens der Vereinigten Staaten eine Unterfrügung gefunden , die body wahr­­lich weniger thätig und weniger eingestanden gewesen sei, als diejenige, welche England den Garibaldianern zu Theil werden lasse. Hierin liege selbst eine Verlegung des Völkerrechtes­. Die Washingtoner Regierung habe den Einfall in Kanada verhindert, während die britische nichts ge­than habe, um zu verhindern, daß in England­ die Garibaldianer Waf­­fen und Gelder empfingen. Dieser betrübende Ela erfülle die päpst­­liche Regierung mit Bedauern. 63 liege hier selbst ein Fall äußerster Unwantbarkeit vor, da das Bapstthum­ immer­ bestrebt gewesen sei, England so weit irgend möglich wüslich zu sein, und von Anfang an nie aufgehört hat, den Fontanismus zu bekämpfen. Ohne seine erklärte Opposition, hätte es in Irland und selbst in England wohl kaum einen Katholiken gegeben, der nicht ein gefährlicher Vnter geworden wäre, und dann hätte England gegen einen furchtbaren Aufstand zu kämpfen gehabt. Wenn die jenige Garibaldianische Bewegung, die nicht nur von England geduldet, Renkeen selbst ermuthigt werde, dahin gelangte, ernste Berwiclungen hervorzurufen, so wäre die britische Regierung in Augen des päpstlichen Gouvernements durchaus für Hilfe verlangen gegen England ? Da sei Gott für­ eine unglückkiche Katastrophe verantwortlich. So lange England Verschwörungen gegen die päpstliche Regierung begünstige, sei ein dauerhafter und nach altii­ger Friede nicht denkbar. Was solle aber die Regierung Pius’ IX. sol: den Verhältnissen gegenüber thun ? St. James vergilt Gutes mit Bösem, Solle sie vom katholischen Urland könne sich nie zu etwas Anderem verstehen, als Böses Das Kabinet von aber die päpstliche Regierung zehn Gensdarmen um die Grenze gebracht wurde, zu vergelten. Möge England, dem Lichte die Augen öffend, von nun an mit mehr Gerechtigkeit einer act gegenüber handeln, die nicht nur durchaus inoffensiv, sondern ihr sogar freundsgaftlic gesinnt ist ! Daß die Stimmung in Rom seine so beruhigte ist, wie Hekitale Blätter glauben machen wollen, braucht kaum gesagt zu werden. Aus Rom, 12. Oktober,, wird im Kiefer Hins­­icht geschrieben : „Bon jenseits der Grenze scheint eine andere politische Luft mit den Garibaldianern zu dem sonst so störrigen,, in sich hoffnungslosen Rolfe der römischen Provinzen herübergenommen. Die lebenskräftige Freiheit prüben wird freilich Rom GeBemUBEn noch manche schwere Ber­­endlung herbeiführen. Aber aug in Rom erkennt man, da­ bei allem konstitutionellen Wirrwarr doch eine leitende Grundidee in Florenz nicht fehlt, die dem italienischen Volke eine Zukunft­ verheikt. "Der Drud, den diese geringgem­äßte Frei­haaren-Expedition auf die ganze Grenze aus­­übt, muß unsere Lage ihrer endlichen Abtindlung bedeutend näher brin­­gen. Hier ist die Woliger angeh­engt wachsam. Vorgestern verbreitete sich das Gerücht von einem Mordanschlage auf die wenigen, als Gar­­nison zurückgebliebenen Zuaven ; man fand sogar myster­öse, damit zu­­sammenhängende Zettel angeklebt, doc geschah nichts. In diesem Augen­­blide stehen die Garibaldischen Freiihaaren auf zwölf Punkten diez­eit der Grenze. Man sprach von einem allgemeinen Angriff. Iu geistlichen Kreisen herrscht hier viel Bek­ommenheit. Mir sind Familien bekannt, welche zur Aufnahme von Nonnen, die ihnen verwandt sind, häusliche Einrichtungen treffen , die Bitte darum kam aus den­­ Klöstern selbst. Merkwürdig ist, daß die Zahl der Schlaganfälle sich in einer Weile mehrte, wie es hier no nit vorsam. Da ist fast kein römischer Art, ré, hgy in feiner Brazis einen oder einige Apoplestische zu behan­­deln hätte.“ Ueber den Stand der Insurrention auf römis­­chem Gebiete liegen seine zuverlässigen Nachrichten vor. Nach­ der „Italie” stehen die vier Hauptinsurgentenkorps im Römis­­chen gegenwärtig unter Acerbi, Menotti, Salomone und Nico­­tera.. Ersteres war am 10. Oktober 900, das zweite 1200 Mann stark; daneben streifen noch mehrere feinere Banden umher... Die Hauptfotos sind jet in der Konzentration begrif­­fen. Die Operation gegen Rom wird bald­ beginnen. — Die Proflamation, welche Oberst Acerbi bei Uebernahme der Ober­­leitung der Bewegung im Römischen erlassen hat, lautet : Torre Alpina, 9. Oktober. Soldaten ! Auf den Ruf Italiens sind wir nochmals, bewegt und, voll von patriotischer Begeisterung, hier Dei wo ein durch seine alten Tidaten berühmtes Bolt sich erhoz­en hat, um die Freiheit gen die allerdespotischste und barbarischste Regierung zurückzuerobern. Bei dem Rufe Rom sind wir Alle ergriffen worden , eingehend , daß Rom die wahre Mutter unseres Vaterlandes it und daß ohne Rom Italien nicht besteht. Rom an Italien zurückzu­­geben und die Freiheit um fein gefmechtetes Belt, welches entschlossen it, das Joch, von dem er gebrahht wird, ehmisättein, das it unser Bier. Das Unternehmen ist eben so edel, al die Anstrengungen, welche wir zu ertragen haben werden , eg und zahlreich sind. Soldaten ! Hunger und Durst, unerhörte tägliche Strapazen, beständige Märsche, Erduldungen aller Art, das wird demnächstt DR Leben sein, aber zur Belohnung dafür das Berwußtsein, unsere Pflicht gethan zu haben. — Soldaten ! Die zivilisirte Welt hat ihre Blide auf uns gerichtet und erhebt ihre Wünsche für unsern Sieg. Zeigen wir noch heute, daß mir, Soldaten der Revolution , erzogen in der Schule. des großen Führers Garibaldi, die Soldaten der Zivilisation sind ; achten wir, wie immer, das Eigenthum, achten wir die Meinungen und seien wir großmüthig, selbst gegen die feindlichen Söldnershaaren : für uns gibt es nur ita­­lienische Brüder , welche am nie theilnehmen müssen am erte des wiedererlangten Vaterlandes. Wenn vom Capitol die Römer durch ein Plebiszit das „einige und freie Italien“ prollamiren werden, dann werden uns zukünftige Geschlechter segnen. Der Generalkommandant Wcerbi. Eine Korrespondenz aus Rom behauptet, es seien wäh­­rend einiger Tage an sechzehn Offiziere vom Generalstabe Gar­ribaldi’8 dort gewesen, alle mit italienischen Päsfen versehen, ohne dak sie bis legten Sonntag von der Polizei beunruhigt worden wären. Man nennt u. A. den Obersten Caivoli und den Deputirten Cairolini. Diese Herren hätten die­ Mauern und die verschiedenen Thore von Rom studirt, namentlich Die Porta San Bancrazio ; am vergangenen Sonntage hat der Polizeiinvestor, Mfgr. Randi, ihnen den Befehl gegeben, die Stadt zu verlassen. Cairoli hat sich geweigert zu gehorchen, und blieb ruhig in seiner Wohnung, wo er verhaftet und durch­­ Wien, 17. Oktober. Einstimmig ist das Votum tiefster Bes­criedigung, welches in den weitesten Kreisen der Bevölkerung über das kaiserliche Handschreiben gefällt wird. Aber allenthalben, all in jenen Kreisen, welche zu den geschworenen und unerbittlichen­eg­­nern der gegenwärtigen Bolitit zählen, wird anerkannt, daß Baron Beust einen glänzenden Sieg über den gefährlichsten Feind, der ihm so gegenüberstand, errungen, einen Sieg, dessen segensreiche Folgen von unberechenbarer Tragweite sind. Ich zieh­e hier nur im Wesentlichen ein Untheil, welches ein dem Klerus angehöriges Mitglied der hiesigen Neidävertretung abgegeben. Man bedauert er daher nicht wenig, da­ die Fraktion der Bolen, deren Boltsstamm doch nur in der kympathis­ten Zustimmung der gebildeten Welt und der öffentlichen Meinung Europa’s eine Stüge für seine Wünsche und Hoffnungen erlangen kann, eine den freiheitlichen Forderungen feindliche Haltung anzuneh­­men sich nicht scheut. Bei der vom Präsidenten Dr. Gisfra angereg­ten huldigenden Manifestation, an welcher die Majorität des Abgeord­­netenhauses heute einen so begeisterten Antheil nahm, hielten sich die Polen abseits und beobachteten ein demonstratives Schweigen. Wenn ein­mal die polnischen Abgeordneten die Deh­nung festtwurzeln lassen — und die heutige leidenschaftliche Auslasfung des Dr. Ziblikiewig zu Gunsten ultras montaner Interessen gab Veranlassung dazu­, daß das Kontordat an ihnen eine Stüße findet, dann werden sie die Mederzeugung gewinnen, daß man fortan nicht weiter gewillt ist, ihnen zuliebe an dem Gedanken der Reichseinheit rütteln zu lassen. Die Haltung der Polen bei den lebten Abstimmungen war eine solche, daß sie all bei den versühnlichsten Abgeordneten, die in den Ausschüssen die Anwaltschaft für die polni­­sen Forderungen übernahmen und nach hartem Kampfe das Kompro­­miß in der Frage der Verfassungsrevision zu Stande traten, ein Ge­­fühl der Entrüstung wachgerufen hat. Bei der heutigen dritten Lesung des Verfassungsrevisionsgefeges stimmten die Polen träg und entgegen der Erklärung, welche ihr einstiger Führer, Vizepräsident Dr. Bie­­mnial­omski, beim Beginne der Verfassungsdebatte abgegeben, gegen das Gefes. Man wird auf deutscher Seite — und das bes fürchte ih­n nicht vergessen, daß man an der jegigen Verfassungsarte so viele Mängel und Schwächen haften ließ, um nur das Einverständ­­niß mit den Poolen zu erzielen, daß "man auf die öffentlich abgegebenen Versprechungen dieser Fraktion nicht zu viel bauen darf , daß, sage ich, der Stachel des wahrlich nicht unberechtigten Mittrauens in Zukunft von der Majorität und eben nicht im Interessse der parlamentarischen Eintracht dürfte hervorgeführt werden. Die Polen, die sich ja immer auf ihren Ministerialismus quand même berufen, haben heute, troß, dem Graf Taaffe für das Geieg stimmte, an einem unglückkeligen, gegen die getroffene Vereinbarung gerichteten Klubbefluß festgehalten und haben sich so in die Reihen der Gegner der­­ Regierung, sowie der parlamentarischen Majorität gestellt. Der ruhige, entschieden Liberale 3iemiak­owski hat seinen früher bestimmenden und vermitteln­­den Einfluß auf die polnische Fraktion eingebüßt ; diese läßt sich jett von dem fanatischen Deutschen Stefir Ziblikiemis beherrschen, der die ausgleichenden Bemühungen des gesinnungstüchtigen und hart erprobten 3remsaltomats vurckreuzt. Unter dem Gindrude dieses unglückeligen Terrorismus faßte der polnische Klub seine festen Beichlüffe, melde in ihren Folgen vielleicht verhängnißvoll für das national­polnische Interesse werden künnen. Wenn der polnische Klub nicht diese Lähmenden Fesseln von sich zu streifen verstehen wird, dann dürfte der polnischen Sache noch manche schwere Unbill zugefügt wer­den. Möge die Majorität dieser Fraktion, welche der Fanatismus eines Diogfurenpaares in diesem Klub perhorreszirt , sich auch zu der muthigen That aufraffen, ih des Druces einer terroristischen Führer­­schaft zu entledigen ! Nach Andeutungen, welche von Seiten des Mini­steriums gestern in einem Ausschhisse gemacht wurden, wird die Regie­­rung das Zustandekommen der Staatsgrundgefege nach Möglichkeit bes­chleunigen. Nach der Rückunft des Reichskanzlers aus Paris wird — immer vorausgefeßt, daß die gestern und heute zur dritten Lesung gelangten Gefegenttwürfe die kaiserliche Sanktion erhalten — zur Bil­­dung eines zum großen Theile der parlamentarischen Majorität ent­­nommenen Ministeriums geschritten werden. Die Namen, die heute zirkuliren, können wohl nicht als unbestritten feststehend angesehen werden ; allein ihre Gruppirung, welche an wohlunterrichteter und zum Theil sogar betreffender Seite einer eingehenden Besprechung unterzogen wurde, bietet Interesse genug, um hier einer Erwähnung gewürdigt zu werden. Als den P­räsidenten des zukünftigen cisleithanischen Ministe­­riums bezeichnet man den Fürsten Carlos Auersperg Das Ministerium des Innern wurde, nach der angedeuteten Kombination, Graf Taaffe, der sich viele Freunde in parlamentarischen Kreisen erworben hat, übernehmen. Zum Minister der Justiz ist Dr. Berger designirt, während Dr. Gisfra den unter den gegenwärtigen Ver­­hältnissen ebenso schwierigen als hochsichtigen Posten eines Kultus­ und Unterrichtsministers übernehmen würde. Dr. Breftl nennt man als den Leiter des cisleithanischen Finanzdepartements. Am zukünftigen Handelminister bezeichnet man Baron Hod. Es fehlen, wie Sie se­ben, zwei der hervorragendsten Namen: die Kaiserfelds um Herbsts, in dieser Liste. Was Professor Herbst betrifft, so soll er in der entschiedensten Weise den Gedanken des Eintrittes in ein Mini­­sterium, sei dies sie immer gestaltet, in der legten Zeit von sich ge­wie­­sen haben. Wenn er bei der nun günstiger gewordenen Gestaltung der Verhältnisse diese seine Ents­ließung ändern sollte, so würde er das Kultusministerium übernehmen, da Dr. Gisfra nur mit gro­­bem Widerstehen die Annahme eines Minister-Bortefeuilles zugesagt hat. Dr. Raiserfeld sol Berfafsungsminister werden, ein Posten, der bei der so eigenthümlich gestalteten Natur unseres Berfassungsinwe­­sen3 und vor Allem bei der Stellung der 17 Landtage zum Reichsrathe von der höchsten Bedeutung if. AS Minister ohne Portefeuille nennt man v. Men­de und Alfred Brotocky. Alein es sol auch eine gänzliche Umgestaltung in den Personalien der Länderchefs bevorstehen und sollen die wichtigsten Statthaltereiposten mit Deönnern belegt wer­­den, die ausreichende Gewähr in ihrer politischen Vergangenheit und Stellung dafür geben, daß sie der neuen Gestaltung der Verhältnisse mit Herz und Sinn zugethan sind. In der That wird das Fonstitutios­nelle Syitem erst dann feste Wurzel auch in den praktischen Lebensver­­hältnissen faslen, wenn die Repräsentanten der Regisung in den einzel­­nen Provinzen nicht so fremd oder gar feindlich , wie es bis jett meistens der Fal war, dem S Konstitutionalismus gegenüber fies Nur dann, wenn das neue Ministerium — entgegen seinen Vorgängern — auch der Administration den Geist der Berfaffungaivez­iens einhauchen wird, nur wenn die höcsten Soigel der Verwaltung auch verläßliche Stügen des Konstitutionalismus bilden werden, wird eine gewaltsame Unterbrechung unserer Verfassungsentwickklung, eine zweite Auflage der Siftirungsaera zur Unmöglichkeit werden. Schließlich sei noch erwähnt, daß Baron Bede entweder das Reichsfinanzministerium übernehmen, oder auf einen hervorragenden Bosten in der Diplomatie — man spricht von der Nuntiatur in Konstantinopl­e übernommen werde. An leiterem Falle würde Baron Senny­ey Meichsfinanz­minister.­­ X. Agram, 16. Oktober. Was ich schon vor einigen Wochen Ihnen mitzutheilen in der Lage war, bestätigt heute die hiesige Amts­­zeitung. Die Erratisch:flanonische Hofkanzlei hat nämlich die R­e­st­a­us­ration sämmtlicher Munizipien der hbierlän­digen königlichen Freistädte angeordnet , zu melden Behufe gestern Seitens des hiesigen Fön. Statthaltereirathesg an die genannten Munizipien die entsprechenden administrativen Verfügungen erlassen wurden. Nach vollzogener Restauration der Stadtmunizipien kommt jene der Komitatsmunizipien, u. ziv. — wie ich soeben höre — erst im Dezember I. 3. an die Reihe, so zwar, daß dem Zusammentritt des Landtages Groß aller gegentheiligen Behauptungen, erst im Januar 1868 entgegengesehen werden kan. Durch die Restauration der Munis­zipien und der anderweitigen administrativen Läuterungsprozeß hoffen unsere gegenwärtigen­ Regierungsmänner zur gedeihlicheren Entiwides­lung der Ausgleichss, resp. Lebensfrage die Wege zu ebnen und sich noch bei Zeiten aus den öffentlichen Aemtern aller jener Elemente zu entledigen, die bei uns Opposition um jeden Preis treiben und der Regierung bei der endgültigen Regelung der Berfassungsfrage alle nur möglichen Hindernisse bereiten. Gleichzeitig erfahre­ ich, daß die Stellen­ bei den Stadtmunizipien künftighin durchgehende nur) aus den Reihen der aktiv dienenden Fönigl. Beamten befegt und diesen die in dem Fönigl. Dienste zugebrachten Dienstjahre in dem Munizipaldienste zu gute ges­­echnet werden sollen. Daß die Neumahlen nach dem, wenn aus provis­­orischen, Modus von 1861 vor sich zu gehen haben, hat hier allgemein befriedigt, nachdem es Niemanden mehr­­ gibt, der nach dem hödrift son­­derbaren Wahlmodus von 1847 zurückgreifen, oder nach, wemselben irgend­welche konstitutionelle Gelüste hegen würde. — General T­ürr ist mit dem gestrigen Abendzuge in Begleitung seiner Gemahlin hier angenommen und im Hotel „K­aiser von Oesterreich” abgestiegen. | Diese Verlobung mit Guten den | ben. Be­­­ne m­an­nn | presmmannastnnumeyn nassen en senasanes ne „sata nina Aus dem Unterhanfe. Pet, 13. Oktober Die heutige Situng des Unterh­auses wurde blos aus dem Grunde einberufen, weil das Ton­ Causarum- Direktorat mittelst einer an den Präsidenten des Unterhauses gerichteten Zuschrift um die Erlaubniß des Hauses nachsuchte, gegen den Abgeordneten Ladislaus Bökörményi, den verantwortlichen Redakteur der „Me. Újfág", des bekannten Organes der Äußersten Linken , einen Preßprozeß einleiten zu dürfen. B Präsident Szentiványi eröffnete die Sigung kurz nach 11 Uhr Vormittags und zeigte nach Authentikation des Testen Sigungsprotokolles das Eintreffen folgender Petitio­­neu an: Das Sároser Komitat bittet, daß seine Bemerkungen zum 3. Punkt des Ministerialentwurfes über das Landeseisenbahnne berück­sichtigt werden mögen und daß die Bahn von Kafau nach Erzemyal über Eperies und Dufla geführt werde; — die Stadt Ra­a­b petitio­­nirt um Regelung der Vorspanngleistungen für das Militär ; — ebens­­als die Stadt Raab bittet um Aufhebung der von den Städten für die Eigenthbumsübertragung von Immobilien geforderten Gebührenzah­­lung. — Michael Krasl, Schlossermeister aus Baja , bittet um Auszahlung von 1000 fl. für seine Arbeiten zur Ausrüstung der Bär d­er berittenen Nationalgarde im Jahre 1849; — Ihanıy Karady aus Arad bittet um eine materielle Unterstügung ; — die Mitwe The­­resia Bánt­ó bittet um M Wiedererstattung von 1200 Silberzwanzigern, die von ihrem verstorbenen Gatten dem Staate geliehen worden ; — Gabriel Szalay aus Lea bittet um Auszahlung von 2000 fl. als Crlag für das Holzquantum, das ihm im Jahre 1849 im Requisi­­tionswege weggenommen wurde; — die Witwe BP. St­ommer und deren Sohn, Buchbrudereibeliser in Stuhlmeißenburg, petitionien um er von der Verpflichtung , die Kaution von 2000 fl. erlegen zu müssen. Diese Gesuche wurden der Petitionskommission zur Be­­richterstattung zugew­iesen, dann aber machte der Präsident Szentiványi das Haus mit der Veranlassung der heu­­tigen Litung bekannt und ließ er die Eingangs erwähnte amt­­liche Zuschrift des kön. Causarum-Dirertorates vorlesen. Diese Zuschrift lautet folgendermaßen : ‚Here Präsident ! Das unter der verantwortlichen Redaktion des Reichstagsabgeordneten Ladislaus Bökörményi in der Druderei des Ver­­legers und Gegenthümers Gustav Hedenast erscheinende Rapeokt u M. Viläg” brachte in Mr. 121 vom 28. August I. $., von welcher ich ein Gremplar achtungsvoll beilege, unter der Weberschrift „Lud­wig Kolluth’s Antwort an Heren Joseph Rudnay ala Wahlpräses des Maigner Bes zists in Maiken" einen aus Turin 20. August 1867 batirten, Artikel mit der Unterschriftt Lu­­wig Koffuth. Anhalt und Tendenz des Artikels sind so bekannt, daß ich mi anstatt der detaillirten Auseinanderlegung getrost auf die Hervorhebung des speziellen Saes beschränken kann, welcher mit den übrigen Gáten und dem ganzen Styl des Artikels zusammengehalten, vom Gescchtspuntt: mei ‚einsam­anat. sera + yp‚anaasammanepam un ann rum 4 S Holländische Kanäle und Gondelfahrten. Ganz Holland ist von größeren und kleineren Kanälen durchschnitten. ever kleine Ort hat­ sein System von Kanälen, welches ihn m­it feiner U­mgebung in Verbindung fegt. Was wären die Nieverlande ohne ihre Kanäle ? Sie sind die Lebensadern zu ihrer Existenz. Sie dienen als Gräben, um das überflüssige Was­­ser wegzuschaffen ; sie umzäunen, wie anderwo die Mauern, Heden und Zäune , Felder, Gärten und Häuser ; sie sind die Verkehrsstraßen des Landes. Ohne die Kanäle würde das Was­­ser viele fruchtbaren, mit Aderland, Weiden, Dörfern und Städten bewecrten "Polders", welche sünstlich dem Meere abgerungen sind, bald wieder in Seen, Stümpfe und Mioräste verwandeln. Auf diesen Kanälen war die „Iredjhuite“ früher das einzige Beför­­derungsmittel für Menschen und Waaren. Die Trekjhuite war der Holländische Postwagen , die holländische Equipage, wie die Gondel noch heute die Equipage der berühmten Lagunenstadt ist, der holländische Lastwagen , das Alpha und Omega aller hollän­­dischen Beförderungsmittel von einem Cube bes Landes zum ande­­ren. Wer früher in Holland reiste , reiste mit der Tredichuite oder ging bescheiden zu Fuß. Was ist denn nun aber eine „Tredichuite ?* höre ich meine ungarischen Leser fragen, welche’ noch nicht in Holland waren und dies exklusive Holländische Reise­­beförderungsmittel nicht aus eigener Anschauung fennen. Eine Tred­­fchuite ist ein großer, langgestreckter Kahn, der gewöhnlich in zwei Räume eingetheilt ist. Der vordere Raum nimmt zwei Drittel des Ganzen ein, wird „het ruim" genannt und ist für die Beförderung von Tan­zen, Thieren und Menschen bestimmt, welche mehr auf Billigkeit als auf Bequemlichkeit sehen. Der hintere Raum heißt „het roef“ — das Dag “ und besteht aus einem Dedh, auf dem eine Heine Kajlite steht, deren Räumlichkeit sich zur Hälfte unter dem Dech, zur Hälfte über demselben befindet. Gewöhnlich ist die Ka­­jüte recht komfortabel mit Teppichen , Plütschfesfeln, Plüschän­­fen und einem Tische möblirt. Am Badbord, wo zugleich der Steuermann steht, sind gewöhnlich noch ein paar Site auf dem Dech angebracht. Das ist die Gestalt der Tredschuite.­­ Die bewegende Kraft derselben ist ein Pferd, welches vermittelst eines langen Striches mit dem Bord des Kahnes verbunden ist und am Ufer des Kanales trabt. “Der Treiber, der auf...vom Pferde­ reitet, heißt „Sager“. Der kurze Trab ist die gewöhnliche Gangart des Pferdes! "Der eigentliche Lenker der Treffchuite ist aber der Steuermann. Wie eine Bildsäule steht er an seinem Plage, alle Bewegungen des Botes, sowie alle Krümmungen des Kanales und die­ etwa be­­gegnenden Schiffe übermachend­ und überschauend. Pferd und Treiber wechseln alle zwei Stunden. Heute it ganz Holland von einem Straßenweg beliebt. Die großen Städte sind durch Eisenbahnstränge mit­einander verbun­­den ; große und bequeme Dampfer fahren auf den Ylüffen. Bei allen diesen modernen­­ Beförderungsmitteln ist die redidruite nach und nach in den Hintergrund getreten. So hatte auch ich Arnheim, Dortrecht, Rotterdam und Delft mittelst der Kraft des Dampfes befuht und auf den Gebrauch des unheimischen Beför­­derungsmittels der Tredjhuite, verzichtet. Al ich aber nach Delft kam, der holländischen Gräberstadt wo die Erfinder der Freiheit Hollands, wo Wilhelm von Oranien und sein Sohn, wo der große Gelehrte Hugo Crotius, wo der berühmte Seeheld Piet Hein, der die spanische Silberflotte eroberte, den ewigen Todegz Schlaf schlafen,, da konnte ich dem Verlangen , mich einmal zu meiner­­ Weiterreise des urheimischen Beförderungsmittels des fan bes zu bedienen, nicht länger widerstehen. Delft ist mit dem Hang, der Hauptstadt des fanbeg , d­urch mehrere eiserne Schienenstränge und duch eine Landstraße verbunden, auf denen allstündlich Pferde und Dampf den­reifenden in der bequem­ten und s­chnellsten Meife weiterbefördern. Name Tredschuite, dachte ich, als mir der Wirth des Hotel Kafıino in Delft alle die Beförderungsmittel, dureh welche ich von Delft nach dem Haag gelangen konnte, dors zählte, welche Konkurrenz wird dir gemacht ? Und wie bin ich dir dankbar , arme Tredschuite ; denn an deinem Bord habe ich eine der­ poetischsten Wafserfahrten meines Lebens gemacht, eine Spazierfahrt zwischen reizenden Landhäusern, bunten Blumenpar­­terres, herrlichen Baumgruppen, eine Fahrt ohne Nähergeraffel, ohne segrilles Pfeifen, ja ohne Nuberschlag, eine Fahrt auf einem anderen Kanale grande, dessen Rahmen freilic­heine gothischen und arabi­­schen Zauberpaläste, aber die Natur in reichem und buntem Bed­sel bildet. Um acht Uhr lag die Tredjchuite zur Abfahrt bereit. Den zweiten Raum fillten Waaren, einige Kühe und Menschen ; auf dem „Roef“ fand der Führer der Gondel, an sein Auber ges­­ehnt. Das Pferd stand bereits mittelst eines m wenigstens hundert Fuß langen Geiles angespannt. Der „Iager“ schwang fi in den Sattel und die sonderbare Fahrt begann. CS war ein heiterer Augustmorgen.­ Im Trade, fegte­­ fi, das Pferd in Bewegung, und schnell und leise,glitt das Schiff auf bent­baren Spiegel des Kanals dahin. Kein NRuderschlag flörte das gleichmäßige Tempo. 934 fühlte seine Bewegung ; nur mit dem­ Auge sah ich, wie das. Die Bewegung „war­ beshalb weit ange­­nehmer, als auf der venetianischen­­ Gondel , weil man sie weder hörte, noch fühlte; wenn ich die Augen fchloß, konnte ich glauben, still auf einem Punkte des Wassers zu ruhen. Die holländischen Kanäle rennen seine Wellen und­ seine Strudel. Statt und eben­­ Schiff vorwärts glitt, fließt das Wasser es hat immer dieselbe Tiefe; Steine, Felsen und Sandbänke sind den holländischen Kanälen fremde, unbekannte Dinge. Eine ganze Gemäldegallerie, Sauter van der Neers und Berghem’s, begann, wie ein Panorama an mir zu beiden Seiten des blauen, ungetrübten Wasserspiegeln vorü­berzuziehen und mir alle ihre Reize aufzurollen. Die Ufer der Kanäle sind fast durchweg in Holland mit hübschen Dörfern, reizenden Landhäusern, schönen Gärten, blumigen Wiesen und Heinem Gehölze belegt, welche man von der Landstraße oder aus dem Coupé der­­ Eisenbahn gar nicht sieht. Der Holländer ist ein Freund des L­andlebens, aber er liebt es, sein Landleben in der Ruhe und in der Ctille zu genießen; deshalb pflegt er seine schönen Landhäuser auch nicht dem Pfeifen und Geraffel der Eisenbahnzüge und ebenso wenig "bent Staube der Landstraßen auszufegen ; er zieht für ihre Anlage die slillen Ufer der Kanäle vor. Der von Delft nach dem Haag führende Kanal ist aber vor allen holländischen Kanälen beson­­ders bevorzugt , denn seine Ufer haben die im Haag wohnen­­den, reichen Leute ausersehen, um sie mit ihren „Herrenhuis“­ — Herrenfigen — und „Quitenplaats“ — A­ußenfigen — zu schmieden. Eine Fülle schöner Landhäuser und Gärten begann si zum Wasser heranzudrängen. Die reichen Blumenbeete voll seltener Blumen und Gewächse berührten mit ihren Buchsbaum­­ändern das Schilf des Kanals. Wenige Schritte von mir ent­­wickelten sich alle Reize holländischer Gartenanlagen. Dichte, kurze gehaltene Rafenpläge, wie in den englischen Parks, mit bunter Blumenfarben in der Mitte ; Springbrunnen in allen Formen und Gestalten , deren Wasser die strahlende Augusttonne in einen Diamanten- und Rubinenregen verwandelte , weiße Marmorbilder zwischen den bunten Blumenparterres und den hellen Sieswegen. Im Schatten hochstämmiger, nichtbelaubter Ulmen, Aüstern und Eichen reizende Cottages, ganz in Laub und Blumen verstect, Holzhäufer von gothischen und sch­weizerischen Formen mit bunten Fenstern, und moderne Lanbhäuser mit Spiegelfenstern und hohen Glasthüren, welche bis zum Boden reichten ; dazwischen kleine Häuser von echt holländischen Charakter, mit rothen Ziegelsteinen und mit foigen Giebeln. Der Steuermann am Ruder that sein Möglichstes, mir von den Befigern dieser „Herrenfige“ und „Außenfige“ und von ihrer Lebensweise und von ihren Neid t­imern in Java und Sumatra zu­ erzählen, wilden den Randhäusern dann wieder Streben fruchtbaren Aderlandes, blu­­mige Wiesen und reiche Baumgruppen. Zum eilen begegneten und Tredjhuiten, welche, ganz wie die unserigen gebaut, eben­­falls von ein­em trabenden Pferde fanalaufwärts gezogen wurden. Still und geräuschlos flogen sie an unserem Bord vorüber. Auch dort fand der Steuermann wie eine Bildsäule am Steuer, alle Bewegungen des Rotes und die Krümmungen des Kanals über­­wachend. Ganz den Gegensat von der Nähe auf dem Kanal und in den Gärten und Landfigen an seinen Ufern boten die grünen Ebenen, welche sich rechts und nur in fast unabsehbarer Ferne ausdehnten. Dort flogen Eisenbahnzüge, die brausende Lokomotive voran, vorüber, Dampfwolten und Feuergarben hinterbrein, von fegrillem Pfeifen, vom Pusten der Maschine und vom Geraffel der Räder begleitet ; auf der anderen Seite Reiter und Wagen, Buhrwerfe aller Art und Gestalt auf der Landstraße, zwischen wirbelnden Staubwolfen und weiterhin wieder ein Wagenzug, von Pferden auf Eisenschienen gezogen. Wie poetisch erschien mir im Kontrast zu diesem Lärm , zu diesem Geraffel , zu diesen Staubwirbeln und Dampfwolfen unsere file Fahrt auf dem­ blauen Spiegel des ruhigen Wassers ! Dann bog si der Kanal rechtwinkelig ; ich sah den „Lager“ auf seinem Nok über: eine Brüde traben ; plößlich erschien er am andern Ufer des Kanals, die Treffh­üite flog unter dem Brüdenbogen Durch und ein neuer Kanal dehnte sich wie ein blauer Streifen zwischen grünen Gelän­­den vor mir aus. Andere Gärten andere Baumgruppen und MWiesen, andere „Herrenfiger und „Außenfige“, andere Cottages und Villen. Nun ein Dorf, feine hübschen, weinlichen Häusers­gruppen, die rothen Ziegelhäuser mit den bunten Fensterrahmen, mit den blanten Spiegelscheiben und den grünen Thüren neben den blumigen Ufern des Wassers hingelagert. Dann von Neuem die frü­here , reiche, landschaftliche Szenerie mit ihren Blumen, Gebüschen und Bäumen. Es war eine reizende Fahrt, voll Stille, Poesie und immer neu­er entwickelnden Schönheiten einer reichen Vegetation. Zumeilen wurde das Pferd umgespannt. Ein frisches Pferd trat an die Stelle des ermordeten ; ein anderer , Fager" schwang sich in den Sattel ; fill, geräuschlos , wie die ganze Fahrt, ging auch das Umspannen von­statten , und geräuschlos flog der Kahn wieder die Wasserstraße entlang. Dann­ machten die grünen und blumigen Ufer , die stillen Landhäuser­­ anderen Umgebungen Plag. Ihre Stelle nahmen schmale holländische Gies­­elhäuser von drei, vier und fünf Stock ein; die Blumen und Gräser erregten steinerne Quadern ; der Kanal selbst wurde brei­­ter ; die Tredjhhuite flog zwischen aufernden Kähnen und Schiffe­­gefäßen aller Art hin." Ein geschäftiges Leben entwickelte sich an den Duals und auf den­­ Schiffen. Wannen und Pakete wurden aus- und eingeladen. Die Trediuite hielt. Der , Jager" flieg von Pferde. Wir waren im dem geschäftstreibenden Viertel, der Thhönsten Stadt Hollands, im Haag, angenommen. Die poetische Gondelfahrt war­ zu Ende, Gustav.NRaf d. |

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