Pester Lloyd, November 1867 (Jahrgang 14, nr. 257-281)

1867-11-08 / nr. 262

Zur Tagesgeschichte. Es liegt Heute aus Lond­on eine ausführliche Mit­­theilung Über das angebliche Rundschreiben vor, dag .d­. 9. Benft von Paris aus erlassen haben sol. Die lei­tenden Gedanken dieses Rundschreibens sollen in folgenden Si­ten enthalten sein : Die österreichische Regierung erswartet konstatiet mit Heft, 7. November, int­ehbite lebhafter Befriedigung die vollste Uebereinstimmung der Anschauungen Frankreich und el­er­­reits in Bezug auf die großen schwebenden politischen Fragen. Diese Harmonie sei die natürliche Folge, der Lage und der Ereignisse, ohne Bit­a Allianz zu Grunde lege. Eine solche eriftive nicht einmal in der dee, FAR AOL R der orientalischen Politik vollkommen übereinstimmen. e . . ·JuVezug a­uf Deutschland bleiben für·O«esterreich die Stipula­­tionen­ des Praer Friedens maßgebende Prinzipien jehrer deutschen Politik.Oesterreich perhorreszire jede Intervention in die Angelegenhei­­ten Teutschlands,die einzig und allein Sache des deutschen Volkes hier­­bei­stollen,und welchem letzteren freigestellt bleiben­ müsse,sich seine Zukunft selbstständig zu gestalte­n.­ Oesterreich hat mit Befriedigu­­g vernommen,daß die letzten Schritte,welche die Vertreter Frankreichs und·Rußlands bei der Pforte in Angelegen­heiten­ Kreta’s gelban­ haben,ein freundschaftlicher Rath war und durchaus nicht den­ Charakter einer Drohung in sich schloß. Von nun an werden Desterreich und Frankreich, da ihre Ansichten in im Oriente alle ihre Schritte nur gemeinsam thun. In Bezug auf die italienishen Wirren bemerkt Herr v. Beust, dab Deiterzeid, nachdem er seinen Theil an­ der Septemberkonvention erowhnnen und gegen ihre Haltbarkeit von auag, an schwere Bedenk­en ausgesprochen hatte, ihr nach wie vor ferne bleibe und sich jeder Einmiftung in die römischen Angelegenheiten enthalte. Doch begleiten seine bitten Wönsche die Französische Regierung in ihrem Bestreben, einen Diodus aufzufinden, welcher die Interessen der Rite und gleich­­zeitig die Italiens zu wahren vermöchte. Sollten andere Mächte eingela­­den werden, an der Berathung über diese Frage theilzunehmen, werde Oesterreich dieser Aufforderung gerne nachkommen und das Seinige mit Freuden beitragen, um den Frieden zwischen Rom und Italien herzustellen. Die Existenz des Beust’schen M­undschreibens ist augen­­leils noch zweifelhaft. Bestäitigen­ sich aber die obigen Mit­­theilungen, so muß man annehmen, daß das österreichische Zir­­tular denselben Vived verfolgt, den nach der Begegnung in Salzburg das französische Nunpfchreiben anstrebte. Wie das leßtere suchte auch nunmehr die Kundgebung des Freiherrn b. Beust die europäischen Höfe über die zwischen Frankreich und Oesterreich gepflogenen Besprechungen zu beruhigen. Wenn aber Freiherr 9. Beust einerseits Tonstatirt, daß zwischen Frankreich und Oesterreich in allen großen Fragen die vollste Ueberein- Stimmung bestehe, andererseits aber behauptet, daß nicht einmal die Nee einer Allianz existire, so darf man wohl Hinzufügen, daß ein auf gemeinschaftliche­nteressen und Anschauungen bafirs­tes Zusammengehen­ mehr werth sei, als alle geschriebenen Allianzverträge. Ueber den Aufenthalt Beust’s in London wird unterm 5. November geschrieben : Freiherr v. Beust, den der österreichische Botschafter, Graf Apponyi, von Paris herüberbegleitet hatte, ist heute Früh mit diesem und dem Sek­tonschef Herrn v. Semann nach Paris zurücgereist, von wo er am Donnerstag in Wien einzutreffen gedenst. Ihm zu Ehren war vorgestern Diner beim Grafen pbonit, dem unter Anderen Dis­raeli, Lord Stanley, Hon. Mr. Egerton (Unterstaatssekretär im Mini­sterium des Auswärtigen)‘, der zufftische Botschafter, der Vertreter der Hauptstadt und der Ti Charge d’Affaires beimwohnten. Ges­­tern hatte der österreichische Reichskanzler­en beim Prinzen v. Wa­­les, und war dann erst bei Baron Lionel Rothschild auf dessen Land, auf Gunneräburg, und zum Diner bei Lord Stanley zu Gaste, wno selbst die eben in der Hauptstadt anwesenden engl. Minister und Diplomaten versammelt waren. Auch sonst waren die beiden Tage seines­ hiesigen Aufenthaltes fast ausschließlich den Besuchen und politischen Besprechun­­gen gewidmet, denen die Zirkularnote gewissermaßen als Vorrede diente. Wenn es bisher unbegreiflich schien, wie Garibaldi sich von den Päpstlichen schlagen lassen konnte, so erklärt das Wunder sich jett auf eine sehr einfache Weise. Der Sieg bei Mentana gehört den Franzosen. Die französischen Rer­gimenter nahmen an dem Kampfe Theil und der französische General BVothes Tommanddirte neben dem päpstlichen General Kanzler. Nicht etwa ein den Franzosen feindliches Organ be­richtet diese Details, vielmehr ist es der offiziöse „Etendard“, der die Welt durch diese Meldungen Überrascht. Nach dem genannten Blatte trafen 5000 Franzosen und päpstliche Sol­­daten unter dem Kommando der Generale Polhos und Kanzler mit beiläufig 10.000 Garibaldianern, welche sich bei Mentana verschanzten. Nach vierstündigem Kampfe verließen die Gari­­baldianer das Schlachtfeld und verloren 500 Todte und Ver­­wundete, 1600 Gefangene und 6000 Gewehre. Die Franzo­­sen und päpstlichen Soldaten hatten blos 150 Kampfunfähige. Sehr stolz sind die Franzosen auf diesen Steg eben nicht ; der „Moniteur" beobachtet über die Theilnahme der französis­­sen Truppen strenges Schweigen. Mehrere Pariser Blätte stellten sogar die bezügliche Thatsache völlig in Abrebe. Dafü­r weiß die „Opinione" die Regimenter aufguzählen, die am Kampfe Theil genommen Haben und bie !&laubwürdig fett des Florentiner Organs läßt sich mit gutem runde nicht angrei- Wenigstens sucht Frankreich sei das Mögliche zu thun, um die Folgen des unglück­chen Zwischenfalls abzusch­wächen. Die gefangenen Garibaldianer, 1100 am der Zahl, wurden be­reits an die italienischen Generale übergeben. Ein Oberst der italienisfchen Armee hat mit dem General de Failly eine Zu­­sammenkunft gehabt, um zu erlangen, bas diejenigen päpstlichen Unterthanen, welche in Folge der­legten Ereignisse kompromit­­tirt sind, doch die päpstliche Negierung nicht belästigt werden. De Failly versprach, zu diesem Ende seinen ganzen Einfluß anzuwenden. Endlich ist die Einschiffung neuer Truppen in Toulon fiftiet worden und ist Hoffnung vorhanden, da­ die französische Armee nicht Rom, sondern nur Civita­ Beccia ber­­ fest­halten wird. Der amerikanische Gesandte hat in Varignano mit Gar­ribaldi eine Unterredung gehabt. Die "Prod.-Eorr." schreibt : Die preußische Regierung, welche in der bisherigen Entwickklung der italienischen Angele­­genheiten ihr Interesse vorzugs­weise der Erhaltung des Frie­­dens gemidmet hat, wird ihre Wünsche und Nachschläge in der­­selben Richtung auch ferner geltend machen. Aus Baris, 4 November, wird geschrieben : € 3 fanden heute die Zusammenrottungen statt, nämlich an der Morte St. Martin und an der Ecole des Arts et Metiers. Dieselben waren jedoch nicht sehr bedentend und gingen nach der Aufforderung er Behörden sofort auseinander. Es wurde indes: „Nieder mit der Intervention­­ gerufen. Heute Abend sollen sich dieselben den ganzen Boulevard entlang erneuern. Die Bartfer Garnison ist Tonsignirt und Seitens des Generals Canrobert sind alle Vorsichtsmaßsegeln getroffen morten, um einer ernsteren Bewegung begegnen zu können. Zehn Bo­­lizeikommissäre wurden nämlich nach der Polizeipräfektur beschieden, um Privativverhaftungen vorzunehmen. Die Zusammenrottung an der Poste St. Martin bestand nur aus 150 Personen ; Paris ist aber doch in heftiger Erregung, da man einen Konflikt nicht für unmöglich hält, der unter den gegebenen Verhältnissen sehr ernst werden könnte. Der Kaiser wurde von der Lage der Dinge sofort in Kenntniß gefegt. Aus Petersburg wird von Nüftungen in der Türkei gemeldet. Laut dort eingetroffenen sicheren Nachrichten taufte die Türkei 50.000 Gewehre, Hinterlader nach Kent Sneyder-Shsteme, an. Im Frühjahre werden 60.000 Mann der türkischen Infanterie derartig bewaffnet sein. Außer Exzes­sum wird auch noch Kars befestigt. Schwere gezogene Kanonen werden aus Konstantinopel nach Kleinasien überführt, R. C. Wien, 6. Novem­ber. Der konfessionele Ausschuß trat eftern nach dem von ihm befehloffenen Vorgange an die Berathung des fogedtűjatet i Religionsgelebes, welches von dem seinerzeitigen fonfefftos nellen Ausschusse ausgearbeitet und in dieser Session durch den Dr. v. Miühlfeld’schen Antrag neuerdings in Anregung gebracht wurde. Der Ausschuß entschied sich dafür, vorerst die einzelnen Artikel des vorliegen­den Religionsgesehes zu und nach Beendigung dieser Bera­­thung über sein weiteres Vorgehen sich auszusprechen. Weitergehend zur Berathung der einzelnen Artikel des Gesetes wurde betreff3 des Artikels 1 beschlossen, daß an die Stelle desselben die bezüglichen Abläge der Artikel 14 und 15 des Grundgeseßes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, welche sich auf die­se der Glaubens- und Gewissensfreiheit und auf die gemeinsame häusliche Religionsübung auch von Seite derjenigen, welche einem geieglich nicht anerkannten Religionsbekenntnisse anhängen, beziehen, mit der Zitation dieses Grund­­gefäßes aufgeführt werden. Artikel 2, 3 und 4, welche lauten: „Die Maht des Glaubensbekenntnisses ist Jedermann nach seiner eigenen freien Weberzeugung überlafen. Derselbe muß jedoch das hiezu erforderliche Alter erlangt haben und darf sich zur Zeit der Wahl in keinem Geistes­­oder Gemüthazustande­­ befinden, welcher die eigene freie Weberzeugung ausschließt. Das zur Wahl des Religionsbekenntnisses erforderliche Alter wird für beide Geschlechter auf das erreichte 18. Lebensjahr festgelegt. Für Kinder, so lange sie das zur Wahl des Religionsbekenntnisses erfor­­derliche Alter nicht erlangt haben, wird das Religionsbekenntnik, dem sie angehören und in welchem sie daher unterrichtet und erzogen werden sollen, nach der im folgenden Artikel enthaltenen Anordnung bestimmt,” — werden unverändert angenommen. Artikel 5 wurde Gegenstand einer längeren Debatte, indem nament­­­­lich darüber sich verschiedene Meinungen geltend machten, ob bei gemisch­­ten Chen die Bestimmung der Religion in Ansehung der Söhne duch den Vater und der Töchter durch die Mutter gesciehen oder dur das Gefe verfügt werden solle, daß eben die Exsreren jenen und die Rechteren dieser im Religionsbekenntnisse zu folgen haben, ohne daß die betreffenden Elterntheile selbst eine hievon abweichende Bestimmung zu treffen hätten, sowie darüber, ob, insofern es auf eine Bestimmung der Elterntheile ans­tammt, dies nur in Ansehung ihrer beiderseitigen Religionen oder auch allgemein derart stattzufinden habe, daß auch ein von ihrem eige­­nen Religionsbekenntnis abweichendes für das Kind bestimmt werden kann. Das Ergebniß der Debatte war, daß die Bestimmung des Artikels, wonach für den Fall, als beide Elterntheile derselben Religion angehören, ihr Religionsbekenntniß für die Kinder maßgebend sein solle, angenom­­men wurde (nach welcher je ein im Ausfhufe angeführtes Beispiel, daß ein hiesiges israelitisches Elternpaar seine Kinder gleich Gebot an in der christlichen Religion erziehen ließ, geieglich nicht mehr statthaft wäre). Ebenso wurde die rechtliche Webereinkunft zu­­ den den Eltern verschiedener Religion hinsichtlich des Religionsbefennt,­­ von der d­riffes ihrer Kinder als entscheidend angenommen , jedoch nur insomeil , Ri at auf ein den Elterntheilen eigenes Religionsbekenntniß be­schränkt worden ist und ein drittes Religionsbekenntnis nicht gemählt werden dürfe. Bei dem Mangel einer solchen rechtlichen Webereinkunft wurde vom Ausschuß beschlossen , daß unbedingt die Söhne dem Vater und die Töchter der Mutter in der Religion zu folgen haben. Was das Religionsbekenntniß der unehelichen Kinder anbelangt, wurde die Bestim­­mung des Artikels 5, daß die Mutter das Religionsbekenntniß zu be­­stimmen habe, in Konsequenz des früheren Beischlusses dahin abgeändert, daß dieselben unbedingt der Religion der Mutter zu folgen haben. Der Ausschuß, welcher über den Bericht der Ausgleichs­­deputation mit Ungarn niedergefegt wurde, hat seine Sigungen wieder aufgenommen und verhandelte heute über den Gefegentwurf, bes­treffend den Abschlus des Zoll- und Handelsbündnisses, mit Ungarn. Vorerst war es die Dauer des Vertrages und der Termin, binnen welchem derselbe kündbar sein sol, welche in die Debatte gezogen wurden. Nachdem der Abgeordnete Winterstein seinen bereit frü­­her im Prinzip angenommenen Antrag formuliert vorgelegt hatte, beanf­tragt Abgeordneter Szene, es habe der Kümbigungstermin bereits nach 3 Jahren einzutreten. Dieser Antrag wurde bei mamentl­er Ab­­stimmung mit 11 gegen zehn Stimmen angenommen. Sodann wurden die Artikel 1­10 ohne wesentliche Renderungen angenommen, nur s wire­den über den Antrag des Dr. Herbst bei Arrifei 5 jene Bestimmungen, welche von den Hafens, Sanitäts- und Schifffahrtsgebühren handeln, zur besseren Stylisirung für di­eüchste Sikung vorbehalten. Bei Art. 11, welcher die Bestimmungen über die Ueberwachung der Konteole bei Einhebung der direkten Steuer enthält, beantragt Abge­­ordneter v. Blener eine Abänderung, welche dahin zielt, daß die Kontrole nur in bestimmten Zeiträumen, sondern wenn es immer angemessen gefunden werde, vorgenommen werden kann. Sowohl dieser Antrag , als au­cher des Abgeordneten MWinterstein, daß der legte Sat in diesem Artikel lauten sollte: Die zu diesem Z­wecke bestimmten Organe sind vom Finanzminister des anderen Theiles mit der nothm wendigen Beglaubigung zu versehen ; wird von der Majorität des Ausschhisses angenommen. — Zu einer längeren Debatte führte auch die Bestimmung des Art. 6, daß die Handelsschiffe beider Theile eine und dieselbe Flagge führen sollen, welche mit den bisherigen Emblemen die Farben und Waps­­en der Länder der ungarischen Krone in sich vereinigen wird. Die Debatte, an welcher sich die Abgeord­neten Skene, Menpl, Brettel, Krezer­gunowig, Schindler, sowie auch der an­wesende Herr Finanzminister beteiligten, führte schließlich zur Annahme dieser Bestimmung. Aus dem Unterhause. Heft, 7. November. Die heutige Litung des Unterhauses, die der Präsident Szentiványi kurz nach 10 Uhr Vormittags eröff­nete, wurde vom Meserate der M­etitionskommission und von Böpdrményi’schen Preßprozeßangelegenheiten ausgefüllt. Wir sprechen in der Mehrzahl, weil der Königl. Causarum-Direktor heute beim Hause um die Erlaubniß zur Einleitung zwei neuer Preßprozesse gegen den Ahg. Lapislaus Bökörményi, als Me­dafteur der "M. Újjág", nachgesucht hat. Nach Authentisa­­tion des gestrigen Situngsprotokolles meldete nämlich der Pr­ä­­sident, daß vom Kausarium-Direktor zwei amtliche Schrei­­ben eingelaufen seien. Sie wurden sofort vorgelesen und lautet bag erste derselben folgendermaßen : Hohgeborner Herr Präsident­­ der hier achtungsvoll beigelegten, am 3. November o. 3. ausgegebenen Nr. 178 des unter verantwortlicher Neuaktion des Herrn Reichstagsabgeordneten 2. Bößermenyi erscheinenden Blattes „M. Új­ság" ist ein anonymer Leitartikel mit der UWeberschrift: „Belt, 2. No­­vember" erschienen. Die ganze Fassung vieles Artikels und mehrere Säbe desselben, die nichts anderes als Aufreizung zur gewaltsamen Störung des öffentligen Friedens und der Ruhe, sowie Verleumdung gegen das kön. ung. Ministerium enthalten, begründen den Xhatbestand der in S$. 9 und 10 des Preßgesehes angegebenen Vergehen, für wel­­che eventuell auch Herr 2. Bökörményi, als verantwortlicher Redakteur i­ a) im Sinne des Prefgefebes $. 33 die Verantwortung fehul­­ig ist. , ,, Da aber der genannte Herr Redakteur in einem ähnlichen Falle, bezüglich dessen ich am 31. Oktober, 3. 3719, eine eigene Eingabe bei Ev. Hohlwohlgeboren einzureihen die Ehre hatte, die Zeugenschaft ver­­weigert hat, ohne Berhör mit ihm aber der in erster Reihe verantwort­­lige Verfasser nicht ermittelt werden kann, da andererseits der verant­­wortliche Redakteur vermöge seiner Eigenschaft als Abgeordneter ohne vorgängige Erlaubniß des Abgeordnetenhauses weder zur Untersuchung n noch unter Anklage gestellt werden kann , demzufolge und ents­prechend meinem Amte als öffentlicher Ankläger bitte ih­­m. Hoc­­mohl geboren, dem geehrten Abgeordnetenhaufe meine dahingehende Bitte zu unterbreiten, bar mir die vorläufige Bewilligung ertheilt werde, ge­­gen den Herrn Reichstagsabgeordneten L. Bößermenyi wegen des nm ob bezeichneten und in Nummer 178 des unter seiner verantwortlichen Redaktion erscheinenden Blattes „Magyar Uiság“ veröffentlichten Artikels enthaltenen Preßvergehens die Untersuchung und je nach dem Ergebniß derselben den etwaigen öffentlichen Prozest einleiten zu dürfen. Den vom hohen Abgeordnetenhause in dieser Angelegenheit zu fassenden Entschluß bitte ich unter Rückchluß der Beilage beburg der weiteren Amtshandlung eheitene an mich aelangen zu laffen — Veit, 4. November 1867. — Karl Rath, Caus. reg. Dir. und Anw. d. ung. Krone, als öffentlicher Ankläger. Das zweite amtliche Schreiben ist folgenden Iinhalts Sohm wohlgeborner Herr Präsivent ! In der hier beigeschlossenen, am 17. Oktober d. 3. ausgegebenen Nr. 164 best unter verantwortlicher Medidattion des Herrn Meidatags: Oftober"" veröffentlicht, in welchem das­­ Tönigl, ung. Ministerium in bei­ Shonungab­festen Ausdrüchen mit Verleumdungen angegriffen und aus Anlak des Verhaltens und Verfahrens, welches angeblich bei der Bel­­­sttebung des Urtheils gegen den wegen Nichteinhaltung der Vorsschriften ver Brekgefedes bezüglich der Kaution verurtheilten Zeitungsredakteur Karl Sziny befolgt worden, solcher Thaten beschuldigt wird, die laut des hier angeschlossenen amtlichen Berichtes des Kriminalgerichtes der F. Hreistadt West als un­wahr nachgetriefen worden, und wofür ohnehin auch nicht der königl. ungarischen Negierung die­­­erantwortlichen­ zufallen kann. »· Wegen Ahiidimades in­ dem bezeichneten Artikel enthalteneri und gegen den§.l­ des Preßgesetzes verstoßenden Vergebens habe ich infolge Wthfchkusses und der Ermächtigung der beleidigten­ Regierung an im­ Oitdberlszei dem untersuchu­ngsrichter des Pester SchWUtgettciks« bezirkes die vorläufige Klage anhängig gemacht,worau«­f auch um Ladislaus Bökörményi als verantwortlicher Negakteur jenes Blattes behufs der über den Verfaller des Artikels zu e­rtheilenden Aufklärungen dur den Untersuchungsrichter vorläufig als Zeuge zü­rnt wurde, auf welche an ihn gerichtete Vortanung er jedoch ohne geleglichen Grund einfach unt­erschien, und also die Zeugenschaft faktisch verweigerte. Da unter solchen Umständen der Berfafter des Artikels nicht ermittelt und zur Verantwoortung gezogen werden konnte, unterliegt es seinem Bioeifel tak im vorliegenden Kalle nach $. 38 des Bredgefekez auch der Redakteur des Blattes, also Herr Böhörmenyi, verantwortlich sein muß, indem jedoch der genannte verantwortliche Redakteur infolge seiner Eigenschaft als Abgeordneter ohne vorhergegangene Erlaubniß des Abgeordnetenhauses weder in Untersuchung gezogen, noch in Anklage­ zuständ eig werden kann, demgemäß bitte ich Kraft meines Amtes als Öffentlicher Anträger mit voller Hochachtung, Em. Hohm wohlgeboren wollen vorliegendes Erfuchtschreiben zu dem Zwecke dem gewisten Abger­ordnetenhaufe vorlegen, damit ich die vorläufige Erlaubniß des geehrten Abgeordnetenhauses erlange, gegen den Herrn Reichstagsabgeordneten Ladizlaus Bökörményi wegen des im oben flitzirten und in Nummer 167 be3 unter seiner verantwortlichen Redaktion erscheinenden Blattes „Dagyar Újfag" veröffentlichten Artikels enthaltenen Preßvergehens lie al , und je nach dem Ergebniß derselben die allenfallsige öffentliche Anklage einleiten zu können. Den durch das geehrte Abgeordnetenhaus in dieser Auge­­nheit zu fallenden Beschluß bitte ich unter Rücschluß vorliegender Mittheilung behuf3 weiterer Amtshandlung an mich gelangen zu lassen. — Bi 31. Oktober 1867. — Ew. Hochsohlgeboren ergebener Diener Karl Rathm, »., Caus. reg. Dir. und Anwalt der b. ungagarischen Krone, al öffentlicher Anträger. Beide Schreiben wurden der in­ der ersten Preßorreß­­angelegenheit Bößörmönyi’s en­tsendeten Zehnerkommission zur Berichterstattung zugewiesen.Madaråß verwendete sich dafür,daß die Kommission eventuell auch von Bößörmönyi aufklärende Mittheilungen annehmen möge,worauf Moriz Perczel,als Präses der Zehnerkommission,entgegnete,die Kommission werde,wie bisher,so d­nch ferner ohne besondere Aufforderung und Weisung gewissenhaft ihre Pflichten erfüllen. Das­ Haus fand es nicht für nöthig,diesbezüglich eigens einm Beschluß zu fassen. Zur Tagesordnung übergehend,sollte das Haus über den­ Bericht der Zehnerkommission bezüglich der ersten Böder­­mönyi’schen Preßprozeßangelegenheit berathen.Hiebei zeigte der Präsi­dent an,daß in dieser Angelegenheit vom­ königl. Causarum Direktor eine Nachtragserklärung angelangt sei,die er sofort vorlesen ließ.Diese Nachtragserklärung lautet: Hochwohlgeborener Herr Präsident! Am 15.Oktober d.J.,sab Nr.3514,hatte ich die Ehre,bei Euer Hochwohleboren ein Gesuch einzureichen,da­hingeend:in An­e­­legez­heit dessreßvergehens,welches in dem politisen Blatte«· Uisag,"«Nr.II-1 vom 28.August d.J.,bangen­ worden,vomolten­ Abgeordnetenhause die Erlaubniß zur Untersuchung un­d eventu zur Erhebung der Anklage gegen den errn Abgeordneten Ladislau­s Rößers möl­ligi, als den verantwortlichenedakteur der»M-Ujsäg«,erwirken­ zu wollen, oder einen Brief von dem Berfaffer AH noch ee BIG­A ohne Auf­­worden. ee gesandten Zuschrift e­rsichtlich ist, daß jener v­orangestellte Um A als öffentlicher Ankläger hervorgehende Pflicht z u erklären, daß ich diesen erschwerenden Umstand als ei aner: Al) 18, Gelep- Artikels vom Jahre 1848 die Verantwortlichkeit der bereich Bericht­e , fen. . . ; N , « u Ladislaus Bößermengi, erscheinenden politischen Blattes „Dr. Újfág" it ein anonymer Leitartikel mit der Mederschrift: „Veit, 16.­­­­­­ ».. Sc , Diner hen­nei vnsb rn Die Frau ethaliens. Von Dora d’Istria.­ ­Die auch in Deutschland wohlbekannte und hochgeschätzte Schriftstellerin Dorad’I­stria,welche,wie überhaupt für Freiheit und Menschenrecht,so auch ganz besonders in die Sache der Frauen schon mehrfach erfolgreich aufgetreten ist und die durch sich selbst schon­ den besten Beweis liefert,welche hohe Stufe der Wissenschaft die Frau zu erreichen vermag,hat jetzt wieder ein größeres Werk veröffentlicht,betitelt:,,Die Frauen der lateini­­­schen und germanischen Racen.«Gestützt auf tiefe,umfassende Studien,thut sie in demselben zur Evidenz dar,daß die Zivili­­sation einen Kolleg immer gleichen Schritt gehalten mit der Stel­­luug,die es seinen Frauen gewährte,mit der Bildung,die es ihnen zu Theil werden ließ,und daß in allen Ländern, wo man den Frauen verstattete,sich Wissenschaften und Kün­­sten zu widmen,von ihnen auch Bedeutendes darin geleistet wor­den ist. Das Werk der Frau Dora d’Istria dürfte sehr geeignet sein,die Behau­tlung zu entkräften,die Naitur habe den Frauen die Befähigung für eine gründlich wissenschaftliche,philosophische Ausbildung verfagt.Die geistreiche Verfasserin behandelt die Frauen der lateinischen­ und germanischen Racen nach den ver­­schiedenen­ Län­dernideellen,nach den verschieden­en Phasen­ der Entwicklung der einzelnen Völker,nach der Stellung,welche der­ Frauen die Familie,die Kirche,das bürgerliche Gesetz angewieim und nach ihren Leistungen au­f den Gebieten der Wissenschaft und­ Kun­st,des sozialen­,politischen und kirchlichen Lebens.So sorgs fäh­kg jeder Abschni­tt bearbeitet­,schein­t die Verfasserin doch bei den Frau erhalten­s mit besonderer Vorliebe verweilt zu sein; wir haben deshalb diesen zur au­sführlicheren Mittheilung ausge­­wählt,beh­alten nun sindeß vor,später auf andere Theile des in­­­teressanten Weis­es zurückzukom­m­en. Die Verfasserin leitet diesen Abschnitt ein mit der Bemer­­kung,dag die»Zivilisation Italien­s die älteste von­ ganz Europa sei.His­ 1·aufwir­ft sie einen Blick auf die Völker,welche das ZLa sich bewohrt gehe esk durch Rom­ unter einem­­ Szepter vereissigt ward und aus der Dämmerung des­ Lagerudcls Tageslicht der Geschich­te trat.Dann beschäftigt sie sich mit der abhängiges i­echtlosen Stelliug der Frau in Romz«Zeit der Köniige s und der Verbesserung derselben,welche dir Einflus griech­­isch­,chi duikgint­e!«Tagen der Republik herbeiführte Nur flüchtig, da sie beree­its in einem anderen Abschnül­te eine eingehende­ WEI- örter eingerfahren werden­ die Frauen der Kaiserzeit berüh­rt; aus gleichen Gründen geht die DVerfasserin schnell über den Fall bes innesrömischen Neid­es und die ersten Jahrhunderte Ehriffene und Papstthfums in Italien hinweg und beginnt die eigentliche Geschichte berü­h­mter Frauen Italiens mit der Gräfin­­ Mathilde, der entäuftastischen Freundin Gregors VIII, auf deren festem Schloffe Caniija Heinrich IV. Eichenbuße that. Sachh unserer Ansicht, möchten die Folgen ihrer Handlungen ihr eher einen Bla unter den „berüchtigten“, als unter den berü­hm­ten Veauen antreffen ; jedenfalls ist sie geschichtlich höchst bemerkens­­werth, und sie fleht auch berechtigt an der Sorge der nun fol­genden Italienerinen , welche sich sämmtlich in heldenmü­higer Vertheidigung ihres­­ Vaterlandes oder als Staatslenferinen aus­ Pisa vor der Wuth der anstü­rmenden Araber. Adelaide, Mark­­gräfin von Susa , gestorben 1091 , ist als die eigentliche Ber­gründerin des Staates zu betrachten der im unteren Tagen be­­stimmt war, das Königreich Italien­­ zu bilden. Die tapfere Eleonora D’Arboren , die berühmteste Italienerin des vierzehnten Jahrhunderts, gab Italien ein Geiegbuch, (La Carta di Logu), das für seine Zeit sehr freisinnig war. Marzia Ubaldini ver­­theidigte im Jahre 1357 Rocca di Gefena tapfer gegen die Waffen des spanischen Kardinals Alborny ; Katharina Appianis Orsini hielt 1448 Biombino gegen Alphons von Arragonien . Orfing Bisconti Torelli rettete am 17. März 1426 Guastalla­dur ihre energische Haltung. Die Berfafferin wendet sich nun zu der Epoche, wo fast überall in Italien auf den Trü­mmern des feudalen Systems die absolute Fürstenherrschaft aufgerichtet war, und zählt wieder eine Anzahl von Frauen als Vertheidigerinen der erleichenden Freiheit auf. In den Kämpfen der Florentiner gegen Bapst­lemens VII. und Karl V. spielen die Frauen eine hervorragende Rolle. Ihnen ebenbürtig zur Seite flehen die Frauen von Giena, als Cosm­o I., Großherzog von Toskana, die Stadt für das Haus Oesterreich in Besug nehmen wollte. Edelfrauen, wie B­ürgerinen, bewaffneten sich und bildeten drei regelrechte Schwadronen,, welche jede unter dem Befehle einer rau ftand. 8 . = Roh mehr, als an den kriegerischen und politischen Bewe­­gungen, betheiligten sich aber, wie die Verfasserin nachweist, die italienischen Frauen an den geistigen Bestrebungen ihres Vater- Landes, und zwar zu einer Zeit, wo Französinen und Deutsche noch gänzlich abgeschoffen von der äußern Welt waren. Nach Dante und Petrarca hielt es in Italien doch schwer, Beatricens Zeitgenossinen als „untergeordnete Geschöpfe” zu behandeln. Die Sprache, der getreue Spiegel der Sitten eines Volkes, gibt dafür den deutlichsten Beweis ; sie hat eine autrice, dottoressa, poe­­tessa, rimatrice, pittrice, scultrice, während dem flammver­­wandten Französisch alle diese Bezeichnungen bis auf den heutigen Tag fehlen. Das 16. Jahrhundert it so reich an berühmten Frauen,­­ mag die Berfafferin sich begnügen muss , einzelne Beispiele aus denselben herauszugreifen und wir uns genöthigt sehen, die Zahl derselben noch zu beschränken. Es gibt kaum eine Stadt Italiens, die zu dieser Epoche nicht ihre poetessa gehabt hätte. Neapel rühmt ib einer Rittoria Colonna , Tullia D’Arregona und Isa­­belle di Morra , Florenz einer Clarice bei Medici Strogzi ; in Rom ist Erfilia Cortese; in Maila und Camilla Scarampa ; in­­ Bologna Lucia Bertang u. s. w. u. s. w. Über nicht nur in der Poesie haben si die italienischen Brauen ausgezeichnet, auch Die Wissenschaft hat nach den verschie­­densten Richtungen ernste, strenge­­ Vertreterinen unter ihnen ge­­funden. Bor Allen erwähnt Frau Dora d’Itria die tapfere Glaubensstreiterin Olympia Morata, der sogar Deutiland die Ehre erwiesen, ihr den Lehrstuhl einer Universität (Heidelberg) einzuräumen. In Italien steht ein solcher Fall jedoch seineswege vereinzelt da, sondern wiederholt sich an der Universitäten von Padua, Bologna und Pavia. Schon im vierzehnten Jahrhundert war Dota d’Accorso Professorin der Rechte an der Universität von Bologna ; im fünf­zehnten Jahrhundert zählt Brescia Laura Breta-Serina zu seinen gezeichnet Haben. Unter ihnen rettete Chinzeia im Jahre 1005 Professoren, und diese Beispiele waren von so guter Wirkung auf RER De­nn­an­nee ; i­n­­­­­hre folgenden Jahrhunderte, daß man nicht wagte, von Frauen die Wege zur höcsten Ausbildung zu versperren. An unsterbliger Ruhm für Italiens Frauen aller Zeiten wird Maria Gaetana Agnesi hervorgehoben. Geboren zu Mai­­land im Jahre 1718 zeigte sie ion in frühester Jugend Spuren einer außerordentlichen Begabung. Mit neun Jahren schrieb sie bereits eine lateinische Abhandlung über die Berechtigung ihres Geldleggtes zu wissenschaftlichen Studien, mit elf Jahren verstand sie Altgriechisch , mit dreizehn überlegte sie Freinsheim’s Supple­­mente zu Duintus Curtius aus dem Lateinischen ins Griechische, Italienische, Französise und Deutsche und verstand mit siebzehn Jahren in Spanisch und Hebräisch. Alle diese Sprachen waren indes für sie nur Mittel, um die tiefsten Studien zu treiben. Sie war noch nicht zwanzig Jahre alt, als sie unter dem Titel pro­­positiones philosophicae die Vertheidigung von 191 philosophi­­schen Thesen herausgab. Durch ihre mathematischen Kenntnisse feierte sie Triumph über Triumph. D­enebift XIV., ein aufgeklärter Papst und Freund der Wissenschaften, berief sie auf den Lehrstuhl der Mathematik an der Universität Bologna. Weit entfernt, um öffentlichen Beifall zu buhlen, zog sich Gaetana Agnesi, wo es irgend anging, in die Einsamkeit zurück, widmete ihre Erholungs­­stunden Werken der Wohlthätigkeit, wie sie denn auch die­ legten Jahre ihres engen Lebens gänzlich dem Dienste der Armuth weihte, und um ihrem Herzen Genüge thun zu können, selbst die ihr von der Kaiserin Maria Theresia all Zeichen der Anerken­­nung verehrten Juwelen verkaufte. Kurze Zeit nachdem Gignora Agnesi Italien mit ihrem Ruhm erfüllte, nahm eine andere Frau, Laura Balfi, ebenfalls in Bologna den Lehrstuhl der Naturphilosophie ein und erfüllte dabei, nachdem sie sich mit Dr. Berati verheirathet hatte, die häuslichen Pflichten so eifrig und gewissenhaft, wie die ungelehr­­teste ihrer Schwestern. Dieselbe Universität zeichnete auch in Tagen, welche den unseren sehr nahe Liegen, zwei rauen auf das Schmeichelhafteste aus, indem sie die 1817 gestorbene Ciotilve Z­ambroni als Lehrerin berief und ihrer sie um mehrere Jahrze­­hende überlebenden Zeitgenossin, Maria dalle Donne, die Wü­rde einer Doktorin der Medizin verlieh. Diese dottoressa wurde im Jahre 1802 von Caterzani mit der Selbstverleugnung eines echten Philosophen für den Lehrstuhl der Philosophie vorges­lagen, jedoch die neueste Zeit war in ihren Ansichten über die Befähi­­gung ober vielleicht mehr über die Berechtigung der Frauen für eine solche Stellung sch­wieriger geworden, und man wählte, statt der von ihm Empfohlenen, Caterrant selbst. An der Universität Papyra Lehrte Helena Cornaro Pisco­­pin Philosophie, Mathematik, Astronomie und Theologie, und No­­velle d’Andrea trat an die Stelle ihres Vaters als Professorin des romantischen Rechtes. Sie war ebenso schön, wie gelehrt, so daß, um die Aufmerksamkeit ihres Auditoriums nicht doch ihren Anblick abzuleiken, ihr Stuhl immer durch einen Vorhang verhüllt war. Die Universität Brescia bewahrt das Andenken der zu An­­fang des sechzehnten Jahrhunderts noch nicht dreißig Jahre alt gestorbenen Laura Cereta-Serina, die bereits in ihrem zwanzig­ ften Jahre Professorin der Philosophie und Theologie war. Nur die Beschreibenheit der Neapolitanerin Marika Mardjine, welche, in den beschränktesten Verhältnissen geboren, ihre Nähhte den Studien widmete, während sie am Tage Seifenhändlerin war, verhinderte es, daß auch die Universität Rom eine Frau unter­­­­ ihren Professoren zählte, indem sie den ihr gebotenen Lehrstuhl der Philosophie nicht annahm. Ebenso zeichneten Neapel und Benedig mehrere ihrer gelehrten Mitb­ürgerinen durch hohe Ehren aus. „Vielleicht, fährt die Verfasserin, von der Wissenschaft zur Kunst übergehen, fort, „fett es die Widersahher der Frauen weniger in Erstaunen, daß Italien pittrici, aló bag es dotto­­resse hervorbrachte." Und in der That ist das Baterland für ‚ fael’8 und Correggio’8 auch reich an Künstlerinen gewesen. Es werden unter Anderen angeführt die 1518 zu Bologna geborene Madonna Properzia dei Koffi, ferner die im achtzehnten Jahr­ Hundert blühenden Mealerinen Rosa Alboni und Lucia Casalini- Sorellini und en­dlicy die ebenso durch ihre Kunst, wie durch ihr tragisches Ende bekannte Elisabetta Sirani. In der Italien sc­­hwer belastenden Fremd- und P­riester- Herrschaft sieht Dora d’Ifria die Fesfel, welche den Genius des Bolfes gefangen hielt, und die Ursache, weshalb die Zahl der ber beutenden Frauen sich von Jahrzehend zu Yahrzehend verrin­­gerte. Dennoch sei nicht zu verrennen, Das während des ganzen neunzehnten Jahrhunderts ernste, wenn auch vereinzelte Anstren­­gungen zur Regeneration gemacht wurden, und daß auch dabei die Frauen nicht müßig gewesen sind. Hierher gehören die Heldinen der ersten Revolution, die Opfer des Kardinal Ruffo und der Königin Karoline — eine Herzogin di Popoli, Eleonore fon Jesca und Luisa di San Felice. Ihnen würdig zur Geste sieht die aus den Jahren 1848 und 1849 bekannte Brinzeffin Belgiojoro, und endlich weiht der Auffag noch ein ehrenvolles Andenken Anita Garibaldi, die zwar nicht I­talienerin von Ges­burt, doch der lateinischen Race angehörte und, eine wü­rdige Ge­f­ährtin ihres einen Gatten, Herz, Seele und Leben dem Glide, der Ehre und der Freiheit ihres Adoptiv-Vaterlandes widmete. Als einen Beweis, dag den fest lebenden Frauen Italiens mit Unrecht der Vorwurf gemacht werde, mag sie gar keinen Ans­theil am geistigen Leben und Streben ihres Vaterlandes hätten, wird eine Reihe fest Lebenden Schriftstellerinen, Dichterinen und Improvisatricen gedacht; eben­so werden mehrere Malerinen und Bildhauerinen namhaft gemacht, und endlich erfährt Adelaide Kistori, die größte fest Lebende fragöbin, die verdiente Wü­rdi­­gung. Daß der Sängerinen, welche Italien Europa geschenkt, einer Grift, Alboni, Frezzolini u. s. w. nicht vergessen wird, bes darf wohl kaum der Erwähnung. Zum Schluffe brüdt Frau Dora d’Iflria den Wunsch, die Hoffnung, ja die feste Mederzeugung aus, daß der frische Hauch, welcher das befreite, aus langem, topfenähnlichem Schlafe ermas­sende Stalten angeweht, auch seinen belebenden Einfluß auf die Frauen nicht verfehlen werde. Die erwartet, daß ein verbessertes Schulwesen auch den Frauen zu Gute kommen, daß die Be­freiung vom Drude einer finsteren Priesterherrschaft sie erlösen­­ werde von der Last der Uumwissenheit und des Aberglaubens, daß Familie, Ehe, Erziehung, eine heilsame Umgestaltung erfahren, und daß der neue Staat, indem er seine Bürger mindig sprich­­und ihnen das selbstbewußten, selbstverantwortlichen Menschen zu, tommende Diaß politischer und sozialer Freiheit gewährt, auch seiner Bürgerinen nicht vergißt und eingebent ist, daß die Frauen ala Gattinen und Mütter Hochwichtige Trägerinen und Ber­­breiterinen der Zivilisation sind , daß ein untrüglices Kritersum , für den Bildungsgrad eines Volkes die Bildung und Stellung seiner Frauen ist. ! |

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